Phosphorsäure

Anorganische Chemie.

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aliquis
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Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

Nach 40 Jahren Lagerung meines alten Vorrats überlege ich gerade, mir mal frische konz. Phosphorsäure zuzulegen.

In meinem alten 250 ml-Gebinde sind immer noch so ca. 120 ml vorhanden. Die Säure hat in dichter Schicht schon einen schwach bräunlichen Schimmer bekommen, vermutlich von über die Jahre hineingekommenen und dehydratisierten organischen Staubpartikeln (wie man es ja auch von konz. Schwefelsäure kennt, wenn man vor 2021 schon Hobbychemiker war...). Verdünnte Lösungen sind aber komplett farblos und Störung von Reaktionen durch Verunreinigungen konnte ich bislang auch noch nicht feststellen.
Somit suche ich nach Möglichkeiten, den alten Vorrat sinnvoll zu verbrauchen. Ich denke dabei an die Vergrößerung meines Vorrats an Phosphorsalz und die Herstellung von Manganviolett. Habt Ihr weitere Ideen?
Phosphorsäure scheint ja eine im Hobbylabor eher wenig verwendete Chemikalie zu sein. Nicht umsonst habe ich in 40 Jahren gerade mal 130 ml verbraucht - so wenig wie von keiner anderen Mineralsäure sonst...
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lemmi
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von lemmi »

Geht mir auch so. Phosphorsäure brauche ich äußerst selten. Dennoch würde ich sie nicht forciert umsetzen, bloss weil sie "in dicker Schicht etwas bräunlich" aussieht. Unter Umständen stört das gar nicht. Wenn du sie z.B. benutzt um aus Kaliumbromid HBr oder aus Kaliumiodid HI abzudestillieren (habe ich noch nie gemacht, sollte aber gehen und explodieren kann's auch nicht ... :wink: ) bleibt die Verunreinigung im Sumpf. Anderserseits würde sie in jedes Syntheseprodukt (Phopsphorsalz o.ä.) mit übergehen.

Ich würde versuchen, die Säure zu reinigen, z.B. mit etwas Aktivkohle verrühren, absaugen und gucken, ob die Verfärbung verschwindet. Es kann ja nur irgendwelcher organischer Dreck sein, der sich vom Verfschluss gelöst hat. An einem kleinen Aliquot ausprobieren, ob es klappt. Und dann die Säure in eine Flasche mit besserem Verschluss umfüllen. Oder eben sowie sie ist aufheben. Frisst ja kein Brot ... :)
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aliquis
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

Die restliche alte Phosphorsäure könnte ich schon problemlos opfern. Wenn S3 mich nicht mehr beliefern will, bleibt mir nur übrig, anderswo einen ganzen Liter zu kaufen - der reicht dann vermutlich auch noch für meine Urenkel...

Bei Iodwasserstoff ist in der Tat Phosphorsäure die einzige Möglichkeit (wenn man kein Lust hat, alternativ mit Unmengen Schwefelwasserstoff umzugehen), die Säure aus dem Salz zu verdrängen, ohne sie gleich zu Iod zu oxidieren. Selbst bei Bromwasserstoff zeigt sich diese Tendenz im gewissen Maße - allerdings nur bei Verwendung konzentrierterer Schwefelsäure, die eh nicht mehr zur Verfügung steht.
Verwendung habe ich für beide Halogenwasserstoffe aber ohnehin nicht. Iodwasserstoff ist nicht dauerhaft lagerstabil, Bromwasserstoffdämpfe sind noch korrosiver im Chemikalienschrank als Salzsäuredämpfe.
Konz. Phosphorsäure hat beim Erhitzen außerdem den Nachteil, dass sie Glas ähnlich stark korrodiert wie konz. Alkalilaugen. Da droht - je nach Dauer der Synthese - zwar keine Explosion, aber im Extremfall Glasbruch und Verschütten von viel heißer ätzender Flüssigkeit, mindestens aber unschöne Glastrübung. Muss nicht unbedingt sein...

Filtration durch Aktivkohle wäre eine Möglichkeit zur Aufreinigung. Da ich die Phosphate aber eh auskristallisiere, verbleiben etwaige Verunreinigungen weitestgehend in der Mutterlauge. Sichtbar ist von ihnen bereits nach Neutralisation nichts mehr. Gestört haben sie im Phosphorsalz auch noch nie.

Bei der HDPE-Flasche handelt es sich schon lange nicht mehr um das Originalgebinde. Das habe ich schon vor ca. 15 Jahren einmal ausgetauscht - aber nicht weil der Deckel angegriffen aussah, sondern weil mir die Schweißnähte der Flasche nicht ganz geheuer waren. Die Verunreinigung ist Staub, der bei jedem Öffnen der Flasche zwangsläufig hineingerät (einen Reinraum habe ich leider nicht zur Verfügung... :wink: ).

P.S.: Ich bekomme seit Tagen nach jedem Posting eine Fehlermeldung. Wenn ich dann aktualisiere, ist der Beitrag aber da.
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lemmi
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von lemmi »

Dass es Staub ist , kann ich mir nicht vorstellen. Bei jedem der paar Mal, wo du sie geöffnet hast drei Staubkörnchen? Dann eher schon aus dem Kunststoff der Flasche! ( Ich ging davon aus, dass die Flasche aus Glas ist, daher die Idee mit dem Deckel). Außerdem wirkt Phosphorsäure im Gegensatz zu Schwefelsäure nicht dehydratisierend (jedenfalls nicht in der üblichen Konzentration von 85 %).

Wieso greift Phosphorsäure Glas an?
P.S.: Ich bekomme seit Tagen nach jedem Posting eine Fehlermeldung. Wenn ich dann aktualisiere, ist der Beitrag aber da.
Das haben wir auch bemerkt. Kommt offenbar vom letzten Upgrade auf die neueste php-Version. Wir arbeiten an der Lösung des Problems :mrgreen:
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

lemmi hat geschrieben: Samstag 10. Februar 2024, 18:28 Wieso greift Phosphorsäure Glas an?
Ist eine weithin bekannte Tatsache. Hier nur eine von zahlreichen Fundstellen: https://www.interelectronix.com/de/was- ... -glas.html

Das mit der Kunststoffflasche könnte passen. Das war damals ein billiges schwarzes LDPE-Gebinde aus dem Fotogeschäft. Vll. hat der Kunststoff abgefärbt. Und schwach nach Gummi riecht die Säure auch.
Andererseits verschwindet die schwach bräunliche Verfärbung der konz. Säure, sobald man sie verdünnt oder neutralisiert - ein Verhalten, das mir von staubkontaminierter Schwefelsäure her (aus der Erinnerung an früher) bekannt vorkommt...
UN-Flaschen aus HDPE halte ich für die am besten geeignete Aufbewahrungsform für Phosphorsäure. In einer Glasflasche ist die Säure zwar nicht heiss, aber wer weiss, was der Zahn der Zeit da vll. doch bewirkt. Von Alkalilaugen kennt man dass ja auch.
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lemmi
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von lemmi »

Eine "weithin bekannte Tatsache" ist nicht dasselbe wie eine "relevante Tatsache". Ich habe noch nie gehört, dass man Phosphorsäure nicht in Glasgefäßen erhitzen sollte und ich beschäftige mich nicht erst seit 10 Jahren mit Chemie.

Zur Stärke des Angriffs habe auch nichts gefunden (und nichts zum Chemismus ...). In einer Präsentation die ich im Netz gefunden habe, wird Phosphorsäure mit Flußsäure in einem Atemzug genannt, das ist ganz sicher übertrieben. Auch der Vergleich mit Natronlauge ist nicht statthaft, die ist viel aggressiver gehen Glas, schon in der Kälte.

Ich kenne die Aufbewahrung von Phosphorsäure nur in Glasflaschen (ich meide Kunststoffflaschen generell, weil ich der Stabilität nicht traue, ich nehme sie nur für Laugen und EDTA- Lösung).

Siehe auch viewtopic.php?t=3705.
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

Viele namhafte Laborglashersteller verweisen in ihren Beschreibungen von Borosilikatglas auf die Empfindlichkeit gegen die genannten Chemikalien - und zwar immer diese drei in einem Atemzug. Ich denke also nicht, dass das nur ein Gerücht ist...
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von lemmi »

Na irgendwas wird schon dran sein - nur was ?

Hast du schonmal gehört dass Phosphorsäure zum Glasätzen verwendet wird? So wie Flußsäure? Hast du schon mal gesehen dass Glasflaschen trüb werden wenn man Phosphorsäure drin aufbewahrt, so wie bei Laugen? Na also!
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von mgritsch »

https://www.sciencedirect.com/science/a ... via%3Dihub

Wenn man wissenschaftliche Fragen im Web sucht, empfiehlt es sich fast immer englische Stichwörter zu benutzen, dann gibt es entsprechende top-Treffer.
aliquis
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

Also ist das Problem auf heisse Phosphorsäure beschränkt.
Aufbewahrung in Glasflaschen wäre also o.k., die Iodwasserstoff-Synthese sollte noch unterhalb des kritischen Temperaturpunktes bleiben, für die Herstellung von Manganviolett suche ich mir dann aber besser ein älteres Becherglas aus, das ich eh zeitnah ersetzen möchte.
Apropos: habt Ihr das auch, dass die Magnetrührstäbchen mit der Zeit ihre Spuren auf dem Glasboden hinterlassen? Ist das eine rein optische Geschichte oder wird das irgendwann auch zum Stabilitätsproblem? Immerhin muss der Glasboden ja auch hitzemässig immer am meisten aushalten...
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von Glaskocher »

Du kannst im Becherglas ab und zu mal nachmessen, ob im Boden bereits eine Kuhle drin ist. Bisher sind bei mir die Glasgeräte immer einen anderen Tod (plötzliches Auftreten von Rissen) gestorben, statt daß der Boden vom Magnetrührer durchbohrt wurde. Besagte Risse traten immer dann auf, wenn etwas Hartes (Rührstab, Fußboden, Keramiktischplatte, ...) mit dem kalten (<550°C) Glas zusammengestoßen ist;---)
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Sonntag 11. Februar 2024, 13:22 Also ist das Problem auf heisse Phosphorsäure beschränkt.
Genau, die besagten 200°C sind wohl die Grenze unter der nichts passiert.
Aufbewahrung in Glasflaschen wäre also o.k., die Iodwasserstoff-Synthese sollte noch unterhalb des kritischen Temperaturpunktes bleiben, für die Herstellung von Manganviolett suche ich mir dann aber besser ein älteres Becherglas aus, das ich eh zeitnah ersetzen möchte.
Muss nicht schlimm sein, im Prinzip ist eine kürzere Behandlung mit heißer Phosphorsäure sogar vorteilhaft, eine halbe Stunde bei 300° hat sogar die Bruchfestigkeit fast verdoppelt! Erst bei sehr heiß (und so lange bis sich entsprechend viel Metaphosphorsäure bildet) nimmt es wieder ab und das Glas wird trüb.
aliquis
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von aliquis »

Für Manganviolett braucht man 2 Stunden bei 200 Grad - das wird Spuren hinterlassen.
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Glaskocher
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von Glaskocher »

Nimm statt des Becherglases ein Konservenglas und mache es zum Forschungsprojekt. Wiege es vor der Reaktion leer sehr genau und vermiss die permanent benetzte Oberfläche während der Reaktion. Durch eine Rückwägung ermittelst Du den Abtrag je Quadratzentimeter. Das schont dein teures Laborglas und Du kannst den Abtrag quantifizieren, das sind gleich zwei Experimente in Einem! So funktioniert rationelle Forschung. Das Konservenglas läßt sich später auf den üblichen Wegen zum Recycling bringen, falls Du es nicht als Beweisstück verwahren willst oder das Experiment bis zum messbaren Abtrag in Dauerschleife wiederholst.
K2Cr2O7
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Re: Phosphorsäure

Beitrag von K2Cr2O7 »

Sind solche Gläser nicht eher aus Kalk-Soda-Glas? Wie sieht es da eigentlich mit der Beständichkeit gegen H3PO4 aus?
Kommt ein Chemiker in eine Apotheke und sagt: "Ich hätte gerne Acetylsalicylsäure."
Der Apotheker antwortet: "Sie meinen Aspirin?"
Der Chemiker: "Genau, ich kann mir bloß dieses blöde Wort nie merken."
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