Probleme mit voluminösen Niederschlägen

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lemmi
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Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von lemmi »

Kennt ihr das auch? Manche Niederschläge sind sehr voluminös und fein und lassen sich äußerst schlecht filtrieren oder absaugen. Es dauert ewig, sie halten viel Mutterlauge zurück und man erhält mit Mühe und Not eine schlammige Pampe. Berlinerblau ist so ein notorischer Kandidat. Auch mit gefällten Zinksulfid, Antimon(V)-sulfid und Manganhydroxid hatte ich schon unangenehme Erfahrungen.

Habt ihr irgendwelche Tips, wie man das Problem angehen kann?
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aliquis
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von aliquis »

Klar, wer kennt das nicht.
Da hilft nur abnutschen oder - falls das Vakuum zu viel Partikel durch den Filter zieht oder bei Sinterglas die Gefahr besteht, die Filterplatte nachhaltig zu verunreinigen, so dass man auf Schwerkraftfiltration ausweichen muss (oder man bei selbiger vom nassen Ergebnis überrascht wurde) - der Abklatsch von Hand zwischen reichlich Papiertüchern.
Meine Hydroxide aus dem Schwermetallabfall neigen auch dazu. Die lasse ich dann einfach draussen im Filterpapier trocknen, was schon mal mehrere Wochen dauern kann. Stört dann ja aber niemanden mehr. Nur im Winter bei Minustemperaturen wird es wohl etwas schwieriger damit werden.
Wer den Niederschlag schnell und gründlich abtrennen will, kann vermutlich besser - sofern vorhanden - eine Zentrifuge nutzen und dann einfach abdekantieren. Stehenlassen über Nacht funktioniert nur bei schweren kompakten Niederschlägen gut.
Noch nerviger zu filtrieren ist grobes (meist organisches) Material, dass den Filter verstopft. Auch da hilft wohl eher die Zentrifuge oder das Durchseien durch Tücher wie in Großmutters Küche...

Hinweis: niemals Eisen-III-hydroxid durch Sinterglas filtrieren. Das ist da kaum wieder rauszukriegen (heisse konzentrierte Zitronen-, Oxal- oder Ascorbinsäure-Lösung beseitigt einiges, aber nicht alles). Besser Büchnertrichter + Filterpapier verwenden.
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MarbsLab
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von MarbsLab »

Evtl. Spritzenfilter. Da gibt es auch ein kleines Gerät, das beim Drücken unterstützt:
https://mz-at.de/fileadmin/user_upload/ ... igital.pdf
Man konnte aber auch eine modifizierte Schraubzwinge verwenden.
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lemmi
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von lemmi »

Gibt es keine Tricks, wie man solche Niederschläge grober/körniger und damit besser zu filtrieren bekommt? Kochen? Längere Zeit stehen lassen?
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Glaskocher
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von Glaskocher »

Das Erhitzen und langsame Abkühlen kann man machen, um Feinstanteile in Lösung zu bringen und sie dann auf den bereits größeren Partikeln kristallisieren zu lassen. Zur Not geht das auch mehrfach... Falls es möglich ist kann man auch versuchen, die Fällung bei erhöhten Temperaturen durchzuführen. Auch eine verdünntere und verlangsamte Zugabe des Fällmittels unter Rühren kann hilfreich sein.
aliquis
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von aliquis »

@lemmi:
Ich denke, es kommt auf die Substanz an.
Eisenhydoxid setzt sich z.B. rasch ab, reisst dabei sogar noch andere Ionen mit (bei Vanadiumabfällen war das damals mgritsch' Rat an mich, Du erinnerst Dich?), bleibt aber schlammig-voluminös.
Kupferhydroxid wird besser filtrierbar, wenn man es sauer aus Tetraamminkupfer rückfällt. Das könnte auch auf Zinkat, Aluminat und Plumbat übertragbar sein.
Kontrollierte Zugabe des Fällungsmittels unter Rühren ist bei vielen komplexierbaren oder pH-abhängigen Niederschlägen zwar eh ratsam (um eine Rückauflösung im Überschuss zu vermeiden), die Fällung erfolgt hier aber dennoch meist schlagartig am Aquivalenzpunkt.
Niederschlagssuspensionen zu kochen kann auch Nebeneffekte haben: veränderte Löslichkeiten in heissem Wasser (abkühlen lassen!), Stossen beim Erhitzen (magnetisch rühren!), etc.

Voluminös und fein zugleich habe ich eher selten, meist entweder das eine oder das andere: voluminöse Niederschläge lassen sich meistens ohne Partikeldurchgang filtrieren, die Filterkuchen sind dann aber sehr wässrig und es dauert ewig lang (ohne Vakuum eher schwierig). Feine Niederschläge sind auf ihre Weise ebenfalls problematisch: sie gehen leicht durch den Filter. Oft hilft schon der Verzicht aufs Vakuum oder man wechselt von Büchner+Papier auf Sinterplatte.
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lemmi
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von lemmi »

Danke für eure Antworten!
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mgritsch
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von mgritsch »

Ich denke dafür gibt es kein Patentrezept.
Manche Niederschläge sind einfach mühsam, da hilft gar nichts - am ehesten noch zentrifugieren, für finale Entwässerung ggfs auch ein poröser Ton-Teller (oder auf Filterpapier auf Küchenpapier legen) und die Kapillarität ihr Werk tun lassen…

In manchen Fällen können geänderte Bedingungen helfen - neben den genannten wie Temperatur oder pH zB auch Salzkonzentration oder Zugabe org Lösungsmittel (mischbare wie Alkohol aber auch unmischbare…) um die Zusammenballung zu verbessern.

Wenn man denn die Zeit hat - Versuch macht kluch :) Oder Geduld und Vakuum. Habe auch schon oft genug tröpfchenweise genutscht.
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lemmi
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von lemmi »

dafür gibt es kein Patentrezept
Oooch ! :cry:

Na gut, gibt's es halt nicht und jeder Stoff muss einzeln betrachtet werden. Ich hatte aber irgendwie gehofft, jemand kennt einen Super-Trick. *Seufz*

Wenn ich von blöden voluminösen Niederschläge abfiltrieren muss, habe ich mit Zugabe von Kieselgur gute Erfahrungen gemacht (z.b hier). Auch wenn ich eine Lösung mit Aktivkohle reinige gebe ich vor dem Filtrieren immer Kieselgur zu und bildet mir ein, das Filtrat sei dadurch frei von mitgerissen Kohlepartikeln ( Beispiel). Geht aber halt nur, wenn es auf das Filtrat ankommt, und nicht auf den Niederschlag.

Bei kleinen Mengen ist Zentrifugieren super, aber halt nur bei kleinen. Und den Bodensatz aus dem Zentrifugenglas zu kratzen ist auch nicht so ohne. Bei größeren Ansätzen habe ich schon einfache Sedimentation ihr Werk tun lassen, so 2-3 x 24 Stunden und dann den letzten, möglichst konzentrierten Test filtrieren/ abnutschen.

Fällen in der Siedehitze scheint bei manchen Stoffen zu klappen (hab' gerade einen Artikel in der mache).
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mgritsch
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von mgritsch »

Versuch mal Alkohol. (Also zusetzen, nicht trinken! :P :yeah: ) Das voluminöse Festhalten an Wasser hat auch mit polaren Wechselwirkungen und Dielektrizität des Mediums zu tun. Alkohol könnte das brechen. Und es senkt die Viskosität und Kapillarität = schnelleres Ablaufen. Oder Aceton vonmiraus.

Sollte es nicht klappen kann man immer noch auf trinken setzen (kein Aceton!), das macht zumindest das Warten auf die Filtration vielleicht kurzweiliger.., :angel:
Glaskocher
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Re: Probleme mit voluminösen Niederschlägen

Beitrag von Glaskocher »

Bei verdünnten wässrigen Filtratem könnte auch ein Gefrier-Tau-Zyklus wirken. Die Eiskristalle schieben den Niederschlag zusammen und er flockt dazwischen besser. Beim Tauen verflüssigt sich das Eis und kann besser weg laufen.
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