Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Fragen zur allgemeinen Chemie; alles, was in keine andere Kategorie passt.

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mgritsch
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Sonntag 26. Februar 2023, 22:39 Ich habe die Synthesevorschrift wiedergefunden, und zwar bei Vanino (1913).
Sieh an :)
Ja, der arbeitet mit wirklich wenig Wasser. Ich nehme an das „gewöhnliche phosphorsaure Natrium“ ist das dodecahydrat?
Wenn Berzelius auf 100 Teile Phosphat 16 Teile Salmiak einsetzt, ist das leicht über-stöchiometrisch. Rechnerisch reichen 15. ein Ammonium-Überschuss scheint zu helfen?

Meine experimentellen Erkenntnisse inzwischen:
  • Nachdem ich die Kristallisierschale ein wenig bei Zimmertemperatur stehen ließ, begannen sich die Kristalle bald wieder teils aufzulösen. Die 40 g (wasserfreies) Phosphorsalz auf 100 g Wasser dürften wohl in etwa die Löslichkeitsgrenze sein.
  • Alkohol ist nicht tauglich. Bildet 2 Phasen, keine Ausfällung. Die Verteilung der Phasen sagt mir dass sich anscheinend wirklich teilweise das Phosphat darin gelöst hat. Was auch immer der Hager da schreibt, das klappt nicht.
  • Wenn man die Lösung in dünner Schicht ausbringt dann klappt es mit Verdunstung, bald bilden sich Kristalle und das ganze wird zu einem dicken Brei. Hygroskopisch ist es wohl nicht.
  • Detto funktioniert ausfrieren. Nach ein paar Stunden im Gefrierfach erstarrt der Inhalt zu einer weißen Masse die man zu einem Brei rühren kann. Ich habe rasch abgenutscht bevor es sich in der anhaftenden Mutterlauge wieder lösen kann und ab damit in den Vakuumexsi. Es wird trotzdem zu einer sehr feuchten Masse. Mal sehen was morgen davon übrig ist. Mutterlauge muss wohl noch weiter eingeengt werden.
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

Wow, was für eine Diva von einem Salz!
Kein Wunder, wenn das oft so teuer angeboten wird.

Wenn ich doch nur wüsste, wie es mir damals so gut gelungen ist. Ich hatte es definitiv mit Alkohol ausgefällt, abfiltriert, zwischen Filtrierpapieren abgeklatscht und offen bei RT trocknen lassen. Es backt etwas im Vorratsröhrchen, nach etwas Schütteln rieselt es aber wieder und glitzert wie frisch gefallener trocknener Schnee...

Ich versuche es demnächst wie gesagt noch unter Verwendung von Natriumcarbonat, Verzicht aufs Einengen, mit kühl stellen und Ausfällen mit kaltem Ethanol.
Ich meine mich ausserdem zu erinnern, dass die Mischung damals noch etwas nach Ammoniak roch, ich also wohl mehr zufällig mit einem leichten Überschuss an Ammoniak gearbeitet haben muss. Wer weiß, vll. ist das der springende Punkt gewesen...
Sollte mir das im vierten Anlauf wieder misslingen, arbeite ich nach Verbrauch meines Vorrats halt wieder mit der Lösung oder bestelle mir die beiden Salze für eine Verreibung.

Danke, lemmi, fürs Raussuchen der Vorschrift. Aber wie bereits erwartet und dort beschrieben wird man wohl mit NaCl-Verunreinigungen zu tun haben - und das Umkristallisieren klappt dann womöglich auch wieder nicht...

Danke an alle für die reichliche Unterstützung, besonders an mgritsch für die Argumentationhilfe und das Ausprobieren.
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lemmi
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von lemmi »

@mgritsch: ja, es ist das 12-Hydrat. Berzelius schreibt ja auch von kristallisiertem Natriumphosphat. Ich habe die Stöchiometrie auch nachgerechnet und bin zum gleichen Ergebnis gekommen wie du. Scheinbar ist in der Rezeptur zu wenig Wasser damit sich das entstehende Kochsalz vollständig löst, das ist aber ein Irrtum! Dadurch, dass mit dem Hydrat sehr viel zusätzliches Wasser "eingeschleppt" wird, reicht es.

@aliquis: man bekommt das Präparat vollkommen Chlorid-frei, wenn man es gut absaugt und dann mit etwas 70%igem Ethanol nachwäscht.
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mgritsch
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 07:59 Scheinbar ist in der Rezeptur zu wenig Wasser damit sich das entstehende Kochsalz vollständig löst, das ist aber ein Irrtum! Dadurch, dass mit dem Hydrat sehr viel zusätzliches Wasser "eingeschleppt" wird, reicht es.
ja, wenn man Berzelius' Rezeptur genau nachrechnet erhält man 16,3 g NaCl und (abzüglich des im Tetrahydrat gebundenen Wassers) 72 ml Wasser. 72 ml Wasser können ca 25,8 g NaCl lösen - also durchaus genug Abstand :) Hauptsache man wird die Mutterlauge gut los.
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mgritsch
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

Die neuesten experimentellen Erkenntnisse :)
Mutterlauge hat über Nacht am Heizkörper wunderschöne große Kristalle wachsen lassen. Man könnte sich also freuen. Könnte - dazu später mehr.
aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 01:03 Ich meine mich ausserdem zu erinnern, dass die Mischung damals noch etwas nach Ammoniak roch, ich also wohl mehr zufällig mit einem leichten Überschuss an Ammoniak gearbeitet haben muss. Wer weiß, vll. ist das der springende Punkt gewesen...
Dazu hatte ich dir ja empfohlen mal nachzurechnen. Wenn man nicht kompliziert rechnen will oder kann, hilft ein Hägg-Diagramm sich rasch Überblick zu verschaffen :) Für das Paar konjugierte Säure NH4+ (pKs = 14 - pKb = 9,25) / Base NH3 und eine 1 M Lösung sieht das so aus:
2023-02-27 10_39_57-Dissoziation und Komplex.xlsx - Excel.png
Daraus kann man viele Dinge ablesen.
zB der pH einer Lösung die 1 M an NH4+ ist (zB NH4Cl): nach NH4+ + H2O <-> NH3 + H3O+ muss im GG gleich viel NH3 und H3O+ vorhanden sein. Man liest den pH bequem dort ab wo sich die gelbe Linie NH3 und die strichlierte Linie H+ schneiden = ca. 4,6
zB der pH einer 1 M Ammoniaklösung: nach NH3 + H2O <-> NH4+ + OH- muss im GG gleich viel NH4+ und OH- sein. Man liest den pH bequem dort ab wo sich die rote Linie NH4+ und die strichlierte Linie OH- schneiden = ca. 11,6.
Was den Anteil an NH3 im Gleichgewicht betrifft, muss man nur die gelbe Linie betrachten. Bei pH 7 sind das in etwa 5x10^-3 = 0,5%. Bei pH 8 ist das schon auf etwa das 10-fache gestiegen (5%) und bei pH 9 sind es etwa 40%.

Was jetzt den pH des Phosphats betrifft, ist das leider eine nicht so triviale Aufgabe, da Phosphorsäure ab der 2. Dissoziationsstufe eine schwache Säure ist (pKs2 = 7,2) und somit 2 Gleichgewichte schwacher Säuren bzw Basen überlagern. Das Na2HPO4 ist jedenfalls als Salz einer schwachen Säure und einer Starken Base bereits ein stark basisches Salz. Auch hier kann man ein Hägg-Diagramm konstruieren und kommt mit den gleichen Überlegungen auf ca pH = 10,5 wobei das in so komplexen GG und bei mehrfach geladenen Ionen und hoher Konzentration aufgrund der großen Abweichung zwischen Konzentration und Aktivität schon ziemlich ungenau ist.

Gemessen hat eine Lösung von 1 Spatel Diamm.Phosphat in 15 ml H2O einen pH von 8,2 und die von Dinatriumphosphat pH 9,1. noch konzentrierter steigt der pH natürlich noch mal weiter.
Wir sind also in einem pH-Bereich wo gut 10-40% im GG als NH3 vorliegt - und das kann sich verflüchtigen. Deine Erinnerung täuscht dich nicht und das hat auch nichts mit einem Überschuss zu tun sondern tritt bei stöchiometrischen Verhältnissen auf jeden Fall auf!

Damit begründet sich wohl auch Berzelius' wohl gewählter Überschuss an Salmiak. Wenn du diesmal nichts bemerkt hast bedeutet das, dass du unterstöchiometrisch gearbeitet hast (oder einfach alles schon verkocht war noch bevor du daran gerochen hast...). Viel Eindampfen schadet in dem Fall viel. Du musst von Anfang an viel konzentrierter arbeiten.

So, und jetzt zurück zu mir. Von wegen "man könnte sich also freuen".
Als ich die Messung des pH gemacht habe - beim Diamm.Phosphat - alles gut. Beim Di-Na-Phosphat: pH 4,2!?!? WTF? :shock: Das kann nicht sein, nicht mal durch geringfügige Verunreinigung, Phosphat ist ein super Puffer. Ganz offensichtlich befindet sich in dem Gebinde nicht das was drauf steht. Das kann nur ein Dihydrogenphosphat sein. Welches (Na? K? H2O?) - das mag ich evtl später analysieren, oder ich entsorge es einfach. Learning daraus: Es gibt einen Grund warum die Pharmakopoen Identitätsprüfungen vorsehen. Man kann sich auf nichts verlassen. Für den Versuch - schade drum aber egal, ab in die Entsorgung. Bei einer pharmazeutischen Anwendung möglicherweise katastrophal.

Ergo: neuer Ansatz, diesmal mit einem anderen (vorher geprüften ;) ) Gebinde.
50 g Na2HPO4 . 12 H2O + 19 g (NH4)2HPO4 + 35 ml H2O (nahe an Berzelius' Verhältnissen, etwas konzentrierter) lösen sich beim Erwärmen (ca bis 75 °C) auch bald. 35 ml Wasser auf 69 g Salz klingt nach echt wenig, aber das 12-Hydrat besteht zu 60% aus Wasser. In Wirklichkeit sind es also nur 39g Salze in 65 ml H2O. Die heiße Lösung riecht stark nach NH3, also bedecken um Verluste zu minimieren. Heiß durch Wattebäuschchen filtriert in die Kristallisierschale und schon nach kurzer Zeit sieht das so aus:
IMG_0593.JPG

auch mit dem Alkohol klappt es jetzt. 1 ml der Mutterlage + 1 ml Ethanol ergibt zunächst 2 Phasen. Nach kurzem heftigem Schütteln kommt es jedoch zur Kristallisation und ein Kristallbrei setzt sich ab. Der RG Inhalt erwärmt sich dabei durch die Kristallisationswärme sogar, etwas Kühlung vervollständigt. Hager ist hiermit auch vollständig rehabilitiert :)

So, ich denke jetzt ist endgültig klar welche Fehler zum Misslingen führen. Abweichung von der Stöchiometrie (durch falsches Edukt oder verkochtes NH3) und/oder zu verdünntes Arbeiten.
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

Wow, beeindruckend kalkuliert und überzeugend durchgeführt. :thumbsup:

Ja, ich werde es auch nochmal auf dem Neutralisationswege versuchen, diesmal aber mit konzentrierteren Lösungen arbeiten und aufs Einengen verzichten.
Vermutlich macht es dann doppelt Sinn, die Mischung von außen mit einem Eisbad zu kühlen: einmal, damit sich nicht soviel Ammoniak verflüchtigt, und zum zweiten, damit mir das Zeug nicht um die Ohren spritzt.
Von der Reihenfolge her würde ich dabei bleiben, erst Natronlauge und Phosphorsäure miteinander reagieren zu lassen und dann Ammoniaklösung zuzugeben. Überschuss Ammoniaklösung geht allerdings nicht, sonst entsteht ja Natriumdiammoniumphosphat. Und ich bleibe bei Natronlauge, sonst bringt mir das Kohlendioxid aus dem Soda womöglich das Gleichgewicht auch durcheinander.
Ich frage mich nur, von was nehme ich welche Konzentration. Alles konzentriert zusammenzukippen, wäre wohl der Overkill. Natriumhydroxid habe ich fest zur Verfügung, sowie als 10 und 30 %ige Natronlauge. Phosphorsäure 75 oder 25 %, Ammoniaklösungen knapp 10 oder 25 % (ich hasse es allerdings, mit der konzentrierten zu arbeiten - ertrage ich nur mit Luftanhalten, Gasmaske oder draußen...).
Anschließend filtrieren, mit Folie abgedeckt nach draußen in die Winternacht (derzeit hier knapp um den Gefrierpunkt) stellen und am nächsten Morgen mit noch kaltem Spiritus aus dem Vorratsraum fällen.

Ja, bei Chemikalienlieferungen bin ich auch immer vorsichtig. Ich analysiere zunächst immer erst grob qualitativ, ob wirklich drin ist, was drauf steht, wenn nötig auch quantitativ, bevor ich eine Synthese damit fahre. Insbesondere bei manchen osteuropäischen Händlern bin ich mir gerade bei Hydraten oder Hydrogensalzen nicht so sicher, ob sie überhaupt selber so genau wissen, was sie da verkaufen, was man oft schon an total konfusen Bezeichnungen erkennen kann. Echte Reklamationsfälle hatte ich erfreulicherweise aber nur selten.
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mgritsch
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 14:02 Wow, beeindruckend kalkuliert und überzeugend durchgeführt. :thumbsup:
für Hägg-Diagramme braucht man keinen Rechner, dafür reicht mm-Papier und die Konstruktionsregeln.
Überschuss Ammoniaklösung geht allerdings nicht, sonst entsteht ja Natriumdiammoniumphosphat.
ich denke nicht dass das möglich ist. Schau dir den pKs3 von Phosphorsäure an. zu schwach. Überschüssiger NH3 kann nur ausgasen.
Ich frage mich nur, von was nehme ich welche Konzentration. Alles konzentriert zusammenzukippen, wäre wohl der Overkill.
Mach eine Bilanzrechnung, ausgehend von der 75% Phosphorsäure, 25% Ammoniak und 100% NaOH. Dann ermittle wie viel Wasser du jetzt aus der Reaktion NaOH+H3PO4 bzw aus den nicht 100% Lösungen schon im System hast und wie viel noch hinein passen würde um auf das o.g. Verhältnis von etwa 39g wasserfreie Salze in 65-90 ml H2O zu kommen. Sollte da noch was übrig bleiben benutze es um zB die NaOH aufzulösen oder den NH3 zu verdünnen.
Anschließend filtrieren, mit Folie abgedeckt nach draußen in die Winternacht (derzeit hier knapp um den Gefrierpunkt) stellen und am nächsten Morgen mit noch kaltem Spiritus aus dem Vorratsraum fällen.
Bei den Konzentrationen braucht es weder Winternacht noch Spiritus. Mir sind bei RT auf Anhieb >85% auskristallisiert. Der Rest ist Fleißaufgabe :)
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

Ausgehend von den genannten Konzentrationen könnte ich bei 39 g wasserfreiem Phosphorsalz noch etwa 36 ml Wasser hinzugeben - darin würde ich bevorzugt das NaOH (11,4 g) auflösen. Wird bei den dann vorliegenden Konzentrationen aber trotzdem noch eine heiße und evtl. spritzige Angelegenheit... :? Gute Kühlung dürfte also unverzichtbar sein.
Edit: Oder stattdessen lieber die Phosphorsäure verdünnen und doch wasserfreies Natriumcarbonat statt Natriumhydroxid (trägt auch nochmals weniger Wasser ein) verwenden?

Ja, Natriumdiammoniumphosphat existiert als Substanz tatsächlich nicht (gerade recherchiert).

Ich wüsste nicht mal, wie und womit ich ein Hägg-Diagramm generieren sollte - geht sowas bereits mit Excel? (sorry, bin bei allen Anwendungen, die über Browser und MS Word hinausgehen, leider totaler EDV-Analphabet... :oops: ).
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 16:12 Ausgehend von den genannten Konzentrationen könnte ich für 39 g wasserfreies Phosphorsalz noch etwa 36 ml Wasser hinzugeben - darin würde ich bevorzugt das NaOH (11,4 g) auflösen. Wird bei den dann vorliegenden Konzentrationen aber trotzdem noch eine heiße und evtl. spritzige Angelegenheit... :? Gute Kühlung dürfte also unverzichtbar sein.
na bitte, geht sich doch alles aus. 11,4 g NaOH in 36 ml Wasser ist nicht schlimm, das sollte bei der Umsetzung mit der H3PO4 unter gutem Rühren und leichter Kühlung gut gehen bzw ist es eh vorteilhaft wenn die Lösung zumindest etwas heiß ist (50°?) und nicht gleich alles ausfällt. Dann noch mit Ammoniak "auffüllen", e voila.

Ich wüsste nicht mal, wie und womit ich ein Hägg-Diagramm generieren sollte - geht sowas bereits mit Excel? (sorry, bin bei allen Anwendungen, die über Browser und MS Word hinausgehen, leider totaler EDV-Analphabet... :oops: ).
ich mache es heute mit Excel weil ich die exakten Lösungen der Gleichungssysteme darin mal abgebildet habe. Aber gelernt habe ich es auf mm-Papier, mit Lineal, Kurvenlineal und Stift, man braucht gar keinen Rechner dafür - das ist ja der Charme.

Für eine einfache, einbasige Säure:
  • Auf mm-Papier legst du dir zuerst deine Achsen fest. X-Achse = pH 0-14, y-Achse = Konzentration (logarithmisch - 1 cm = 1 Zehnerpotenz, nach unten kleiner werdend)
  • die Linien für H+ und OH- sind selbsterklärend die Diagonalen c = pH, kann man schon mal direkt einzeichnen
  • Auf Höhe der gewünschten zu betrachtenden Konzentration zeichnest du dir eine horizontale Linie vor, von der ausgehend markiere 4 Punkte: (1) bei pH=pKs ein Punkt auf der Linie und (2) einer der 0,3 Einheiten unter der Linie ist (warum?), dann auf der Linie 1,5 Einheiten rechts (3) und links (4) von pH=pKs auch noch 2 Punkte.
  • Zeichne ausgehend von Punkt (1) zwei Linien nach unten in 45° Winkel (Steigung 1), das werden deine beiden HX und X-.
  • Mit dem Kurvenlineal zeichne eine Kurve die ausgehend von (4) über (2) tangential in die Diagonale für HX übergeht. Detto eine die von (3) über (2) in die Diagonale für X- übergeht.
  • Linien schön farbig stark malen, übrig gebliebene Hilfskonstruktionen (Strecke 3-4 und alles von 1 bis dort wo du mit dem Kurvenlineal die Diagonale schneidest) wegradieren.
Fertig!

Bei einer 2-Basigen Säure mach mal die Stufe bei pH=pKs1, dann bei pH=pKs2 das selbe in Grün. Die Diagonalen für (in dem Fall) H2X jenseits von pH=pKs2 müssen nun eine Steigung von 2 haben (steiler abfallen, wegen Konkurrenzreaktion) usw usf.

5 Minuten Zeichnen und alles liegt vor dir.
Hausaufgabe: Konstruiere das Hägg-Diagramm für Essigsäure. Was ist der pH einer 0,01 M Essigsäure? Was ist der pH einer 0,01 M NaOAc Lösung? wie viel % der Essigsäure liegen bei pH 2 dissoziiert und wie viel undissoziiert vor? :yeah: :lol: :angel:
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

Millimeterpapier und Kurvenlineal müsste ich mir erst besorgen...
(2) einer der 0,3 Einheiten unter der Linie ist (warum?)
Keine Ahnung... :oops:

Im Chemie-LK habe ich früher mal - soweit ich mich erinnere - die pH-Werte verschiedener Konzentrationen anhand des pKs-Werts der gelösten Substanz ausgerechnet - und das seitdem (vor ca. 32 Jahren!) nicht mehr gemacht. Müsste ich mal wieder rauskramen...
Gezeichnet haben wir dabei m. W. aber nie... Auch das Hägg-Diagramm sagte mir bis gerade eben nichts... :idea2:
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 16:12 Edit: Oder stattdessen lieber die Phosphorsäure verdünnen und doch wasserfreies Natriumcarbonat statt Natriumhydroxid (trägt auch nochmals weniger Wasser ein) verwenden?
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 17:32 Millimeterpapier und Kurvenlineal müsste ich mir erst besorgen...
Kariertes Papier tut es auch. Kurvenlineal ist hilfreich, zur not kann man auch freihand eine "glatte" Kurve zeichnen
(2) einer der 0,3 Einheiten unter der Linie ist (warum?)
Keine Ahnung... :oops:
Puffer-Bedingung, Henderson Hasselbalch. Bei pH = pKs liegt gleich viel (50%) HX und X- vor. und der dekad. Logarithmus von 0,5 ist -0,3
Auch das Hägg-Diagramm sagte mir bis gerade eben nichts... :idea2:
es scheint in der Lehre nur mäßig verbreitet zu sein, dabei visualisiert es die Verhältnisse perfekt. Man bekommt viel mehr Gefühl dafür als beim reinen rechnen.
aliquis hat geschrieben: Montag 27. Februar 2023, 16:12 Edit: Oder stattdessen lieber die Phosphorsäure verdünnen und doch wasserfreies Natriumcarbonat statt Natriumhydroxid (trägt auch nochmals weniger Wasser ein) verwenden?
sehe ich keinen Vorteil darin. Am Ende trägst du so oder so die Menge Wasser ein. Eher nachteilig - das lästige Geschäume und Aerosol-Gespritze beim Carbonat, einen reaktiven Feststoff in einer doch eher viskosen Flüssigkeit lösen macht gerne Klümpchen, ggfs Reste davon im Produkt.
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von mgritsch »

Nachtrag zur Praxis:
Die Produkte - grobkristallin direkt auskristallisiert, als feines Kristallmehl durch Fällung:
IMG_0596.JPG
Ausbeute in Summe quantitativ, chloridfrei.
Die Fällung mit dem EtOH geht so gut, wenn du keine größeren Kristalle brauchst, kannst du bei der Herstellung auch etwas großzügiger mit dem Wasser sein.

Und wenn man schon Phosphorsalz hat - so Perlchen hab ich eh noch nie gemacht, eine Premiere :)
IMG_0598.JPG
Die werten Mitforisti die mit der Methode erfahren sind können sicher sofort sagen welche Perle was ist :angel: Achtung, eines davon ist ein etwas weniger verbreitetes Kation :yeah:
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von lemmi »

Meine "Perlenzeit" ist zwar auch schon ein wenig her :wink: , aber ich versuch's mal! Ich nehme mal an, Du hast alle ein Perlen mit einer oxidationsflamme zusammengeschmolzen, und das Foto wurde nach dem Abkühlen gemacht!?

Von links nach rechts:
Chrom - Kupfer - Kobalt - Mangan - ? (Nickel?) - Eisen - das letzte könnte das ungewöhnliche Kation sein, Vanadium ?
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Re: Gewinnung von Natriumammoniumhydrogenphosphat-Tetrahydrat (Phosphorsalz)

Beitrag von aliquis »

Aussen links tippe ich eher auf Reduktionsflamme und Eisen.
Und von rechts nach links: Chrom, Vanadium, Nickel.
Bei den übrigen dreien schließe ich mich lemmi an.

Wie schafft man es, dass das Salz nicht zerfliesst und herabtropft?
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