Na, dann machen wir das doch!Glaskocher hat geschrieben: ↑Sonntag 27. Juni 2021, 17:37 Man sollte einen Demonstrationsversuch mindestens einmal vorher getestet haben, wenn man ihn zum ersten Mal macht oder die Reagenzien unbekannter Qualität sind. Aber es gehört auch etwas Interesse und Handwerkskunst dazu, daß der Versuch gelingt. Natürlich spielt auch die Qualität der Ausbildung eine wichtige Rolle. Bei bestimmten Reagenzien testet man immer, Andere werden immer frisch zubereitet und der Rest ist zuverlässig, auch nach Jahrenden. Aber dieses Thema läßt sich besser im separaten Thread diskutieren.
Um auf meinen Chemielehrer zurückzukommen: es war irgendwie schon auffällig und sowohl im Schüler- wie im Kollegenkreis bekannt, dass Versuche des häufigeren bei ihm nicht so funktionierten, wie sie es eigentlich sollten. An kleinen Showvorführungen, wie sie zu Beginn oder Ende eines Schuljahrs, im Rahmen von Projektwochen oder einfach nur mal für einen kleinen Kreis besonders interessierter Schüler hin und wieder mal durchgeführt wurden, hat er sich auffälliger Weise nie beteiligt. Das machten meist die Kollegen - um des Gelingens willen?
Ich habe in Erinnerung, dass oft auch einfach etwas Zerstreutheit (trotz allenfalls mittleren Alters) bei Pannen mit im Spiel war: mal wurde eine Gasflasche schon wegtransportiert, während die Waschflasche noch dranhing, ein anderes Mal wurde beim CuO-Al-Thermit vergessen, die Schutzscheibe am Abzug herunterzuziehen, was dazu führte, dass eine vermutlich ohnehin schon viel zu grosse Reaktionsmasse aus Aluminiumpulver und Kupferoxid blendgranatenähnlich unter reichlich Rauch, Funkenregen und Reagenzglasscherben (in Glas macht man so etwas ja eigentlich ohnehin nicht und erst recht nicht mit der Öffnung in Richtung Zuschauer!) noch über den Lehrertisch hinweg bis knapp vor die erste Schülerreihe im Hörsaal schoss - erfreulicherweise ohne irgendwelche Personen- oder nenneswerte Sachschäden...
Vll. er hat auch einfach die Heftigkeit dieser Reaktion unterschätzt (Schulstandard als Redoxpartner für CuO ist ja sonst eigentlich eher Zn oder C, nicht aber Al!). Geplant und erprobt war das so sicherlich nicht...
An Interesse hat es bei ihm nie gemangelt. Fachlich-theoretisch war er topfit, didaktisch gut aufgestellt, immer motiviert und engagiert (er hat uns auch bei Jugend forscht unterstützt). Wir haben als Schüler bei ihm viel selbst experimentieren dürfen (weil er wollte, dass es uns nie so erginge wie ihm in Schule und Studium). Ich kann mir gut vorstellen, dass es bei ihm wirklich die fehlende Laborpraxis war (was Hänschen nicht lernt,...). An wirkungslose Chemikalien kann ich mich nicht erinnern, auch die Ausrüstung des Fachbereichs war erstklassig!
Was bei den verschiedenen Fachlehrern deutlich unterschiedlich ausgeprägt war, war die Intensität der Unterrichtsvorbereitung. Manche Lehrer traf man noch oft nach deren Unterrichtsschluss oder in ihren Freistunden in den Nebenräumen bei entsprechenden Arbeiten an - andere eher selten. Meinen eher selten. Vll. war manches mit der heißen Nadel gestrickt, Probeläufe gab's dann wohl eher nicht...
Aber seltsamer Weise: wenn's wirklich mal drauf ankam (z. B. die experimentelle Grundlage für die Vorabiklausur, ich weiß es noch wie heute: das Kolbenproberexperiment zum chemischen Gleichgewicht bei Stickoxiden) war alles tiptop vorbereitet und nichts lief schief. Geht also doch!
Ich würde nicht sagen, dass er als Lehrer das Klischee der gut bezahlten Halbtagskraft bedient hat - ganz im Gegenteil (s. o.). Aber wahrscheinlich hat ihm nie jemand richtig vorgelebt, wie wichtig es (gerade als Lehrer) ist, die zu zeigenden Experimente vorher intensiv gedanklich und praktisch durchzuspielen. Das hatte oft eher was von "wir probieren das jetzt einfach mal aus"...
P.S.: Ich hatte übrigens in der gesamten Gymnasialzeit immer nur diesen einen Chemielehrer - insgesamt 6 Jahre lang. Leidenschaftschemiker, Vollblutpädagoge, verlässlicher Kursstufentutor und herzensguter Mensch - es hätte mich als Schüler auch schlechter treffen können. Aber er war halt eben immer auch der "Pannen-Andi"... (Spitzname absichtlich verändert).