mgritsch hat geschrieben: ↑Sonntag 16. Mai 2021, 09:36
Die Teilchengröße ist umgekehrt proportional zur Wellenlänge des absorbierten Lichtes, so dass die Farbe der Lösung je nach Teilchengröße verschieden ist.
Die Erklärung sollte man physikalisch mal genauer unter die Lupe nehmen bzw vertiefen
Wie können Partikel von ca 1/100 der Wellenlänge Größe noch wechselwirken? Warum kommt es überhaupt zu so einer Absorption bzw. Abhängigkeit? Hinweis: In modernen Papers/Produkten nennt man das heute wohl „
Quantum Dots“ und macht es aus fast allem, nicht nur Gold...
In diesen Größenordnungen bei "Nanokristallen" skalieren viele Eigenschaften nicht mehr so, wie mal es normalerweise kennt. Viel hängt damit zusammen, dass der Anteil der Oberflächenatomen stark ansteigt. Beispiel Eisen: Bei einem Würfel mit 1 cm Kantenlnge sind 10E-5% der Atome Oberflächenatome, bei 10 nm Kantenlänge sind es 10%, bei 1 nm 100%!
Das erklärt z.B. die dramatischen Verringerung der Schmelztemperature bei kleinen Goldpartikeln: Bulk Gold und Partikel bis ca. 10 nm Radius schmelzen bei 1064 °C, ab 5 nm Radius sinkt diese Temperatur stark, bis auf 500 °C bei 2 nm Radius, da die Oberflächenatome eine geringere Koordinationszahl zu anderen Atomen haben und dementsprechend mobiler sind, bzw. in ihrer Bewegung leichter anregbar.
Zur Farbe (erstmal nur gültig für Metallnanopartikeln, bei Halbleitern sieht das anders aus): Hier geht es primär um Plasmonenresonanz, welche quantitativ durch die Mie Theorie erklärt werden kann. Grundsätzlich muss man, wen die Größe der Nanopartikel der der einfallenden Wellenlänge entspricht oder kleiner ist, quantenmechanisch und nicht mehr klassisch argumentieren (siehe auch:
quantenconfinement of electrons). Schaut man sich die Fermilevel von Metallen an, so gibt es im Bulk ein Kontinuum, während im Nanobereich diskrete Energielevel auftreten (Stichpunkt hier
density of states). Das heißt das kleine Partikel sich eher wie Moleküle mit diskreten Orbitalniveaus verhalten. Damit sind die Elektronen nicht mehr im Leitungsband delokalisiert. Diese Größenordnung wird erreicht, wenn die Größe von Metallpartikeln unter die de Broglie Wellenlänge fällt, ab dann sind die Elektronen zwischen den Atomkernen lokalisiert. Im Grenzbereich (Partikeldurchmesser = de Broglie-Wellenlänge/2) haben das Valenz- und das Leitungsband keinen Überlapp mehr, wir haben nun quasi ein s-Orbital eines riesigen Metallatomes (dem Nanopartikel), welches im Grundzustand mit zwei Elektronen besetzt ist und einen n=1 Zustand, welches im Molekül einem p-Orbital entsprechen würde mit einer "Bandlücke" dazwischen. Werden wir noch kleiner (für Metallnanopartikel: deutlich weniger als 2 nm im Radius, damit der energetische Abstand der Zustände 26 meV übersteigt (thermische Energie)) bekommen wir bindende und antibindenden Molekülorbitale, welche die lokalisierten Bindungen zwischen den Atomen im Cluster darstellen.
Der energetische Abstand zwischen diesen Zuständen verhält sich nun, analog zum Teilchen im Kasten, zunehmend mit abnehmender Größe der Teilchen (--> Blauverschiebung der Absorption).
Eine kleine Rechnung: Bei Metallpartikeln ist der Leitungsband halb gefüllt und die Dichte der Energielevel ist so hoch, dass es eine signifikante Separation der Energielevel im Leitungsband gibt (Intrabandübergang). Dazu darf der Partikel nur einige Atome groß sein. Der Abstand der Einelektronenzustände ist nun proportional zu E
Fermi/N. E
Fermi ist für die meisten Metalle ca. 5 eV, damit kommen wir für einen 10 nm Goldpartikel (entspricht 30000 Atomen als perfekte Kugel) auf einen Abstand von ca. 0.167 meV (entspricht 7.4 mm als Wellenlänge). Die Farbe ist in dieser Größenordnung also noch nicht durch Quantenconfinement zu erklären. Bei einem 30-Atomcluster kommen wir auf ca. 167 meV, das ist nun mehr als
kBT und entspricht 7.4 µm, immer noch zuviel um die optischen Effekte hier zu erklären. Wie können wir diese bei Metallen nun also erklären:
Wie oben erwähnt, mit Oberflächenplasmonenresonanz. Wenn die "freien" Elektronen im Leitungsband kohärent angeregt werden, schwingen sie in Phase (resonant). Für sehr kleine Partikel ist diese Schwinugung stark gedämpft, im Bereich von einigen 10 Nanometern (also immer noch klein im Vergleich zu optischen Wellenlängen), liegt die Anregungswellenlänge für Plasmonenresonanz im sichtbaren Bereich. (Die Volumenplasmonen dieser Partikel liegt energetisch viel höher, etwa 6-9 eV). Das erklärt auch den immensen Einfluss der Oberfläche (Geometrie, Liganden), da hier die Polarisierbarkeit des Metalls an der Oberfläche geändert wird und sich damit die Resonanzfrequenz verschiebt. Caveat: Oberflächenplasmoneneffekte haben nichts mit den o.g. Quanteneffekten zu tuen. Die Wellenlänge shiftet auch hier rot und die Banden verbreitern sich mit zunehmender Partikelgröße. Um die Wellenlänge errechnen zu können, muss man die Maxwellgleichungen für eine elektromagnetische Welle, die mit einer kleinen Kugel (welche die selbe frequenzabhängige Dielektrische Konstante wie das Bulkmaterial hat) interagiert, lösen. Mie hat das 1908 getan: Für Nanopartikel viel kleiner als die einfallende Wellenlänge kontributiert nur die Dipolioszillation signifikant zur Extinktions cross section, damit kam Mie zu:
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Hier ist V das Partikelvolumen, Omega die Winkelfrequenz des Anregungslicht, c die Lichtgeschwindigkeit, eta_m and eta(omega) sind dielektrische Funktionen des umgebenden Mediums und des Materials selbst. Die Resonanzbedingung ist nun erfüllt wenn eta
1(omega) = 2eta
m and eta
2 kleiner oder nur wenig an omega gekoppelt ist (was für Metalle im UV/vis Bereicht ok ist). Der farbliche Unterschied zwischen Gold und Silberpartikeln kann hier also durch die unterschiedliche Wellenlängenabhängigkeit von eta
1(omega) beschrieben werden.
Interessant: sigma
ext(omega) skaliert mit R
3, während die number density mit R
3 abnimmt. Der Absorptionskoeffizient ist also nicht an die Partikelgrößé gekoppelt. Das gilt bis etwas R = 30 nm, wo Streuungseffekte signifikant werden. Auf der anderen Seite (R < 5-10 nm), ändern sich die Materialeigenschaften selber (s.o., Oberflächenatome...), und damit auch die Dielektrische Funktion.
Für sehr große Nanopartikel (bei Au > 20 nm), ist die Dipolnäherung nicht mehr gültig. Damit hängt die Plasmonenresonanz plötzlich sehr wohl mit der Partikelgröße zusammen: Je größer der Partikel nun wird, umso wichtiger werden die Moden höherer Ordnung da das Licht die Nanopartikel nicht mehr homogen polarisieren kann. Diese höheren-Ordnungs Moden haben ihr Maximum bei kleineren Energien, damit verschiebt sich das Plasmonenband rot mit zunehmender Partikelgröße. Die Plasmonenbandbreit nimmt aber gleichzeitig ab. (Beschreibbar als das Dephasing der kohärenten Elektronenoszillation.) Große Bandbreiten korrespondieren mit einem schnellen Verlust der kohärenten Elektronenbewegung (einige wenige Femtosekunden, also kommt die Relaxation primär von Elektron-Elektron-Kollisionen).
Der Zusammenhang zwischen Farbe und Partikelgröße ist für kleine Metallpartikel, in denen nur der Dipolterm wichtig ist, also komplizierter zu erklären als für größere Metallpartikel oder kleine Halbleiterpartikel. Warum ist nun also die Absorption für Partikel mit R < 5 nm so stark gedämpft und breit und verschwindet komplett bei Partikeln kleiner als 2 nm im Durchmesser?
- Die Elektronendichte im "Leitungsband" wird sehr klein
- Die Annahme, dass die Bänder und elektronischen und optischen Eigenschaftem dem Bulkmaterial entsprechen ist nicht mehr tragbar
--> Mie Theorie muss angepasst werden! --> eta ist nicht mehr nur von omega, sondern auch vom Partikelradius abhängig. Des Weiteren erhöht sich das Elektronen-Oberflächen scattering, da die mittlere freie Weglänge der Leitungselektronen durch die Partikelgröße begrenzt ist. In Ag oder Au ist sie sonst etwas 40-50 nm. Je kleiner die Partikel sind, desto schneller erreichen die Eletronen also die Oberfläche, streuen dort und verlieren ihre Kohärenz schneller. --> Plasmonenbandbreite erhöht sich mit kleinerer Größe, sie ist invers proportional zum Partikelradius.
Ein klassisches Forschungsbeispiel an der Grenze zwischem Mie und Quantenverhalten ist der Cluster Au
55(PPh
3)Cl
6. Hier gibt es kaum noch Mie-Resonanz, der Cluster verhält sich schon eher als Molekül (nicht mehr genügend mobile Elektronen für Plasmonenresonanz) und ist nun fluoreszent! Woran liegt das nun?
Wenn die Größe von Halbleiter oder Metallpartikeln die Nanometer erreicht, entstehen einzigartige elektronische Effekte. Dazu und zu den Effekten, die die Form und Größe bei der Synthese bestimmen, kommt aber später noch was, bevor das hier zu lang wird...