chemisches Verhalten von Arzneistoffen
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Ich tippe mal, daß der Abstand im pKs-Wert zur zweiten Protonierung recht weit ist. Ansonsten hätte man Probleme mit der Titration.
Wenn man die pKs-Werte der isolierten Gruppen ansieht, dann sticht die "Pyridin-N-oxid-Gruppe" als sauerste heraus (0,79 im Py-O). Pyridin hat pKs=5,23 und die Amine (NH3, Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin) Werte von 9,24 (NH3) bis 10,73 (Dimethylamin). Allerdings muß man da noch die "Vernetzung" über das aromatische System und die Möglichkeit der Wasserstoffbrückenbindung zwischen N-O und den beiden NH2-Gruppen mit einkalkulieren, was das Ganze zur Herausforderung macht. Damit ist zumindest der ermittelte Wert plausibel.
Nebenbei: Eisessig als Lösemittel scheint bei vielen "schwierigeren" Titrationen Vorteile zu bieten.
[OT] Sag bloß, daß Du eine uralte Flasche "Wachstumsförderndes Haarwasser" ausgebuddelt hast und wissen willst, was davon noch übrig ist... [/]
Wenn man die pKs-Werte der isolierten Gruppen ansieht, dann sticht die "Pyridin-N-oxid-Gruppe" als sauerste heraus (0,79 im Py-O). Pyridin hat pKs=5,23 und die Amine (NH3, Methylamin, Dimethylamin, Trimethylamin) Werte von 9,24 (NH3) bis 10,73 (Dimethylamin). Allerdings muß man da noch die "Vernetzung" über das aromatische System und die Möglichkeit der Wasserstoffbrückenbindung zwischen N-O und den beiden NH2-Gruppen mit einkalkulieren, was das Ganze zur Herausforderung macht. Damit ist zumindest der ermittelte Wert plausibel.
Nebenbei: Eisessig als Lösemittel scheint bei vielen "schwierigeren" Titrationen Vorteile zu bieten.
[OT] Sag bloß, daß Du eine uralte Flasche "Wachstumsförderndes Haarwasser" ausgebuddelt hast und wissen willst, was davon noch übrig ist... [/]
Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
du kennst mich schon ein bisschen...!
Ganz so historisch ist esdann aber doch nicht . Es geht um die Kontrolle der Konzentration von Minoxidil in einer pharmazeutischen Zubereitung. Ich werd's aber photometrisch versuchen.
Ganz so historisch ist esdann aber doch nicht . Es geht um die Kontrolle der Konzentration von Minoxidil in einer pharmazeutischen Zubereitung. Ich werd's aber photometrisch versuchen.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Guten Abend! Es wird euch hoffentlich nicht langweilig, wenn ich immer wieder mit der gleichen Frage komme ...
Diesmal im Angebot: Hydrochlorothiazid, ein Diuretikum:
HCT hat einen pKs-Wert von 7,9 ist also eine sehr schwache Säure. Es löst sich in verdünnter Natronlauge und lässt sich daraus nicht mit Ether ausschütteln. Wenn man die Lösung ansäuert kann man die Substanz problemlos vollständig mit Ether extrahieren (alles ausprobiert).
Ich gehe davon aus, dass die Sulfonamid-Gruppe links in der Formel nicht basisch ist, weil das Elektronenpaar am N mit dem O der Sulfongruppe in Resonanz steht, so wie bei den Säureamiden. stimmt das?
Aber wo hat dieses Molekül ein hydrolysierbares Proton? Wie kann es mit Natronlauge Salze bilden?
Auch die folgende Substanz macht mir Kopfzerbrechen: Benzocain
Die Substanz hat eine Aminogruppe mit einem pKb von 11,5 (korrespondierender pKs 2,5) ist also eine sehr schwache Base, noch schwächer als Anilin (pKb 9,4). Dennoch löst sie sich in verdünnter Salzsäure völlig auf (q.a.d. bestimmt sonderbarerweise schwerer in Schwefelsäure - obwohl der resultierende pH 1 ist). Aus der schwefelsauren Lösung lässt sie sich mit Ether vollständig extrahieren.
Ich kann mir das nur so erklären: Das Gleichgewicht
Benzocain + H2SO4 ↔ Benzocainium+ + HSO4-
liegt weit genug links, so dass es möglich ist, immer wieder nicht-protoniertes Benzocain aus der Lösung zu entziehen. Das Gleichgewicht setllt sich erneut ein, so dass schließlich die gesamte Substanz in das organische Lösungsmittel übergeht (Löslichkeit der nicht-protonierten Form in Wasser 1: >1000, in Ether 1:5).
Wieso ist Benzocain eine noch schwächere Base als Anilin? Das kann m.E nur am negativen induktiven Effekt der Estergruppe liegen, die das freie Elektronenpaar vom Stickstoff weg lokalisiert, oder?
Und da wir grad dabei sind, zuletzt noch Coffein:
Coffein ist eine gar nicht so schwache Base (pKs 10,4 entspricht pKb 3,6 - das ist stärker als Ammoniak!). Die einzige Stelle wo es m.E. protoniert werden kann ist das freie N im Imidazolring, in der Formel unten rechts. Komischerweise sind aber gar keine "einfachen" Koffeinsalze in Gebrauch, ganz anders als bei anderen Alkaloiden die Hydrochloride oder Sulfate. Coffein wird entweder als Reinstoff oder in Form der Citronensäureverbindung ("Coffeincitrat") verwendet. Mit Natriumbenzoat oder Salicylat geht es sehr gut in Lösung (1:2 in Wasser), währen reines Coffein in Wasser wenig löslich ist (1:60). Ausserdem lässt es sich im Gegensatz zu "richtigen" Alkaloiden aus weinsaurer Lösung gut ausschütteln (bei pH 4-5). Atropin - das einen pKb von 4,1 hat (pKs 9,9) - kann man aus weinsaurer Lösung nicht ausschütteln. Wie lässt sich das erklären?
Diesmal im Angebot: Hydrochlorothiazid, ein Diuretikum:
HCT hat einen pKs-Wert von 7,9 ist also eine sehr schwache Säure. Es löst sich in verdünnter Natronlauge und lässt sich daraus nicht mit Ether ausschütteln. Wenn man die Lösung ansäuert kann man die Substanz problemlos vollständig mit Ether extrahieren (alles ausprobiert).
Ich gehe davon aus, dass die Sulfonamid-Gruppe links in der Formel nicht basisch ist, weil das Elektronenpaar am N mit dem O der Sulfongruppe in Resonanz steht, so wie bei den Säureamiden. stimmt das?
Aber wo hat dieses Molekül ein hydrolysierbares Proton? Wie kann es mit Natronlauge Salze bilden?
Auch die folgende Substanz macht mir Kopfzerbrechen: Benzocain
Die Substanz hat eine Aminogruppe mit einem pKb von 11,5 (korrespondierender pKs 2,5) ist also eine sehr schwache Base, noch schwächer als Anilin (pKb 9,4). Dennoch löst sie sich in verdünnter Salzsäure völlig auf (q.a.d. bestimmt sonderbarerweise schwerer in Schwefelsäure - obwohl der resultierende pH 1 ist). Aus der schwefelsauren Lösung lässt sie sich mit Ether vollständig extrahieren.
Ich kann mir das nur so erklären: Das Gleichgewicht
Benzocain + H2SO4 ↔ Benzocainium+ + HSO4-
liegt weit genug links, so dass es möglich ist, immer wieder nicht-protoniertes Benzocain aus der Lösung zu entziehen. Das Gleichgewicht setllt sich erneut ein, so dass schließlich die gesamte Substanz in das organische Lösungsmittel übergeht (Löslichkeit der nicht-protonierten Form in Wasser 1: >1000, in Ether 1:5).
Wieso ist Benzocain eine noch schwächere Base als Anilin? Das kann m.E nur am negativen induktiven Effekt der Estergruppe liegen, die das freie Elektronenpaar vom Stickstoff weg lokalisiert, oder?
Und da wir grad dabei sind, zuletzt noch Coffein:
Coffein ist eine gar nicht so schwache Base (pKs 10,4 entspricht pKb 3,6 - das ist stärker als Ammoniak!). Die einzige Stelle wo es m.E. protoniert werden kann ist das freie N im Imidazolring, in der Formel unten rechts. Komischerweise sind aber gar keine "einfachen" Koffeinsalze in Gebrauch, ganz anders als bei anderen Alkaloiden die Hydrochloride oder Sulfate. Coffein wird entweder als Reinstoff oder in Form der Citronensäureverbindung ("Coffeincitrat") verwendet. Mit Natriumbenzoat oder Salicylat geht es sehr gut in Lösung (1:2 in Wasser), währen reines Coffein in Wasser wenig löslich ist (1:60). Ausserdem lässt es sich im Gegensatz zu "richtigen" Alkaloiden aus weinsaurer Lösung gut ausschütteln (bei pH 4-5). Atropin - das einen pKb von 4,1 hat (pKs 9,9) - kann man aus weinsaurer Lösung nicht ausschütteln. Wie lässt sich das erklären?
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"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Zum HTC würde ich jetzt vom aus dem Gefühl heraus sagen, dass die Methylengruppe deprotoniert wird unter Ausbildung eines Imins wie auch beim Theobromin (durch die fehlende Methylgruppen wird einer der Amide deprotoniert).
I❤OC
There is no sadder sight in the world than to see a beautiful theory killed by a brutal fact. [T. Huxley]
The pursuit of knowledge is hopeless and eternal. Hooray! [Prof. H. J. Farnsworth]
Trust the rhythm and the rhyme of your own heartbeat. [C. Douglas]
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Wo hat Theobromin eine Methylengruppe?
Die ganze Salzbildung mit den Purinen ist sowieso eine unklare Angelegenheit. Ich habe jetzt mal bei Harry G. Brittain
(Profiles of Drug Substances, Excipients and Related Methodology 23: Critical Compilation of pKa Values for Pharmaceutical Substances) nachgesehen und zu Coffein folgendes gefunden:
Das würde bedeuten, dass der Clarke (Clarkes Analysis of Drugs and Poisons, 4th. Ed. 2011), aus dem ich den o.g. Wert von pKs 10,4 habe, einfach eine falsche Angabe enthält. Soll ja vorkommen (die dort abgebildete Strukturformel ist auch irgendwas anderes, was weiß ich nicht, jedenfalls kein Coffein)
Die ganze Salzbildung mit den Purinen ist sowieso eine unklare Angelegenheit. Ich habe jetzt mal bei Harry G. Brittain
(Profiles of Drug Substances, Excipients and Related Methodology 23: Critical Compilation of pKa Values for Pharmaceutical Substances) nachgesehen und zu Coffein folgendes gefunden:
Das würde bedeuten, dass der Clarke (Clarkes Analysis of Drugs and Poisons, 4th. Ed. 2011), aus dem ich den o.g. Wert von pKs 10,4 habe, einfach eine falsche Angabe enthält. Soll ja vorkommen (die dort abgebildete Strukturformel ist auch irgendwas anderes, was weiß ich nicht, jedenfalls kein Coffein)
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Das ist Pemolin, stimuliert wahrscheinlich auch, nur nicht natürlich
Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
War mir nicht bekannt, danke!
Das mit dem Coffein hat sich geklärt. Der im Clarke angegebene Wert ist falsch (vielleicht wollten sie pKb schreiben...).
Was ist mit meinen anderen Fragen?
NI2, wo wird Theobromin deprotoniert? Und Theophyllin scheint von den drei Xanthinen die "stärkste" Säure zu sein. Wie das ?
Was ist mit meinen Überlegungen zum Benzocain? Findet ihr die stimmig?
Das mit dem Coffein hat sich geklärt. Der im Clarke angegebene Wert ist falsch (vielleicht wollten sie pKb schreiben...).
Was ist mit meinen anderen Fragen?
NI2, wo wird Theobromin deprotoniert? Und Theophyllin scheint von den drei Xanthinen die "stärkste" Säure zu sein. Wie das ?
Was ist mit meinen Überlegungen zum Benzocain? Findet ihr die stimmig?
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Hat es natürlich nicht, aber der mechanismus ist ähnlich,... es können Amie/Imide mit elektronenziehenden Subsituenten deprotiniert werden,... ähnlich auch dem Acesulfam K
Hier fürs Theorbromin: Hier fürs HTC:
Hier fürs Theorbromin: Hier fürs HTC:
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Das würde aber bedeuten, dass erstmal nicht die Methylengruppe, sondern der Stickstoff deprotoniert wird. Die dazugehörige mesomere Stuktur (rechts) müsste dann aber eine Doppelbindung mit dem Schwefelatom beinhalten. Oder geht sowas wie die linke Grenzstruktur auch?
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
An sowas wie die Linke dachte ich zuerst, daher hatte ich die Methylengruppe erwähnt, aber das geht nicht so richtig auf.... ein S-OH mit einem C^- ist eher nicht drin, aber 2 und 3 stimme ich zu, auch wenn das Chlor fehlt
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Wobei der Schwefel sowieso nicht hypervalent ist... In der mittleren (und allen anderen auch) Struktur hat er also nur vier Bindungen, dafür eine doppelt positive Ladung und die Sauerstoffe jeweils eine negative.
- mgritsch
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Einspruch - was du hier zeichnest ist die Begründung warum Barbitursäure sauer ist. Das ist im Theophyllin zwar noch begrenzt richtig (Theobromin hat sehr schwach basische (pKS1 < 1) und schwach saure Eigenschaften (pKS2 = 10,0) (EAB 1997).), im Coffein aufgrund der N-Methylgruppen aber unmöglich.
Basizität von Coffein beruht darauf:
Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Bitte nicht anfangen Dinge zu vermischen. Theobromin, Theophyllin und Coffein haben unterschiedliche Eigenschaften, gerade durch die fehlende(n) Methylgruppen an den Stickstoffen der Amide. Coffein ist nicht auf diese Weise deprotonierbar, weil einfach kein entsprechendes Proton vorhanden ist. Das Theobromin war ein beispiel, dass Amide (!) ganz passabel deprotonierbar sind, sofern genau zwei Substituenten dran hängen, von denen einer z.B. ein oxidierter Schwefel oder eine ehemalige Carbonsäure ist. Das hat nichts, aber auch gar nicht mit der Protonierbarkeit von Coffein oder dem Benzocain zu tun, es ging nur um ein Beispiel für das HTC. Und Theobromin ist mir da eingefallen, weil ich stets dachte, dass Theobrominnatriumsalicylat ein gemisch aus der freien Theobrominbase ist, dem ist aber nicht so, sondern es ist das Theobromin-natriumsalz - im Zuge der Recherche wurde mir dann die Deprotonierbarkeit erst bewusst und es schien mir sinnvoll das als Beispiel für das HTC anzubringen.
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- mgritsch
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Zum Thema Coffein-Hydrochlorid siehe zB hier:
https://doi.org/10.1021/cg300878j
https://doi.org/10.1021/cg300878j
- mgritsch
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Re: chemisches Verhalten von Arzneistoffen
Was die sauren Eigenschaften von HTC betrifft - muss es eine Brönsted-Säure sein? Hat die SO2N-Gruppe evtl Lewis-saure Eigenschaften?