Benzilsäure

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NI2
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Benzilsäure

Beitrag von NI2 »

Synthese von Benzilsäure aus Benzil

Die 1838 von J. v. Liebig entdeckte und als Benzilsäure-Umlagerung benannte Reaktion von 1,2-Diketonen mit Alkalihydroxiden wird hier genutzt um aus Benzil Benzilsäure herzustellen.


Geräte:

100 mL Rundkolben, Magnetheizrührer mit Ölbad, Rückflusskühler, Möglichkeit zur Vakuumfiltration, 500 mL Becherglas


Chemikalien:

Benzil
Ethanol, absolut Warnhinweis: f
Kaliumhydroxid Warnhinweis: c
Salzsäure konz. Warnhinweis: c
Benzilsäure Warnhinweis: xn


Durchführung:

In einem Rundkolben werden 6,0 g Benzil vorgelegt und unter Erwärmen in 18 mL absolutem Ethanol gelöst. Anschließend wird unter Rühren eine Lösung von 6,5 g Kaliumhydroxid in 15 mL Wasser zugetropft, wobei sich bereits während der Zugabe Kristalle abscheiden und sich die gelbe Lösung über Orange nach Violett verfärbt. Nach der vollständigen Zugabe wird die Lösung für 30 Minuten bei 100 °C Badtemperatur gehalten und anschließend abgekühlt. Die Kristalle werden filtriert, mit Ethanol (kein absolutes Ethanol notwendig) nachgewaschen und das Kaliumbenzilat trocken gesaugt. Anschließend wird es in 50 mL Wasser gelöst und unter Rühren bis zur deutlich sauren Reaktion mit konz. Salzsäure versetzt (4 mL) wobei ein farbloser Feststoff ausfällt. Dieser wird abgesaugt und mit Wasser nachgewaschen, um anhaftende Säure zu entfernen. Anschließend wird aus ca. 370 mL Wasser umkristallisiert und im Exsikkator getrocknet.

Ausbeute: 4,494 g (69,0 % d.Th.)


Entsorgung:

Die wässrigen und ethanolischen Lösungen können nach Neutralisation in den Abwasserkanal gegeben werden. Das Produkt wird aufgehoben oder dem organischen Feststoffabfall zugeführt.


Erklärung:

Die Benzilsäure wird durch Umlagerung von Benzil in einer wässrig-ethanolischen KOH Lösung gewonnen und im Sauren ausgefällt.

Bild


Dabei entsteht zunächst ein Additionsprodukt (I) welches die Polarität der C=O-Doppelbindung zusätzlich verstärkt und damit den nucleophilen Angriff des Hydroxidions erleichtert (II). Danach wandert der Arylrest anionisch zum benachbarten C-Atom (III) und bildet schließlich das Kaliumbenzilat.

Bild


Bilder:

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Vorgelegtes Benzil

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In Ethanol gelöstes Benzil

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Farbänderung nach vollständiger KOH-Zugabe

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Sich abscheidende Kristalle des Kaliumbezilats

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Ausgefallene Kristalle nach 30 Minuten Reaktionszeit

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Abgesaugtes Kaliumbenzilat

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Abgesaugte Benzilsäure nach der Fällung

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Abgesaugte Benzilsäure nach dem Umkristallisieren

Bild
Getrocknetes Produkt

Bild
Nahaufnahme der Kristalle


Quellen:

Bayer, Walter - Lehrbuch der Organischen Chemie, 24. Auflage, 2004, p. 594f.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Bemerkungen:

- Umkristallisieren ist nicht zwangsläufig notwendig. UK aus Wasser mindert die Ausbeute, da Benzilsäure auch in kaltem Wasser zu einem geringen Teil löslich ist, auf die Aufarbeitung der Mutterlauge wurde verzichtet. Alternativ kann auch aus Benzen umkristallisiert werden, wovon jedoch aus unnötigen Risiken abzuraten ist.
- die Verwendung von absolutem Ethanol ist ebenfalls nicht unbedingt notwendig, jedoch schien es mir sinnvoll, da MEK im Alkalischen bekannterweisen zur Polymerisation neigt. Mit Toluol vergälltes Ethanol eignet sich jedoch ebenfalls.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Sehr schön!! :thumbsup:

Und gut dokomentiert!

mfG
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lemmi
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Re: Benzilsäure

Beitrag von lemmi »

Schöne Versuchsbeschreibung!

Die Farbänderung während der Reaktion von Gelb über Violett wieder zu Gelb ist sehr auffällig. Weiß man, wodurch das hervorgerufen wird?
NI2 hat geschrieben:Die 1928 von J. v. Liebig entdeckte und als Benzilsäure-Umlagerung benannte Reaktion von 1,2-Diketonen mit Alkalihydroxiden wird hier genutzt um aus Benzil Benzilsäure herzustellen.
Ähem ... Justus v. Liebig lebte von 1803 bis 1873 - du meinst sicher 1828 :wink: (mit 25 hat der was entdeckt, was heute noch mit seinem Namen verbunden wird! War schon eine tolle Zeit, oder?)
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

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NI2
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Beitrag von NI2 »

Upps. :oops: Danke!

Da ich von der Farbveränderung (braun) auch in anderen Anleitungen gelesen habe und dort nie EtOH abs. verwendet wurde habe ich es extra mit absolutem gemacht, da ich sehen wollte, ob die Farbveränderung mit dem MEK zusammenhängt, aber dem ist scheinbar nicht so und die wunderschöne Violettfärbung hat mich überrascht und verwundert und ist mir bisher nicht wirklich erklärbar.
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Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Bei Wikipedia steht 1838, nicht 1828. :P
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Buch sagt ebenfalls 1838, keine Ahnung was los war :oops:
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Sehr schöne Synthese! :wink: Mir fällt auf, dass viele aromatische Säuren mit feinen langen "nadeligen" Kristallen auskristallisieren...
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

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NI2
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Beitrag von NI2 »

Das gilt nicht nur für aromatische. Zwar gibt es keine Regel, aber es fällt des öfteren auf.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[EDIT: ein paar Schreib- und Grammatikfehler korrigiert und verschoben]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

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