Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

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lemmi
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von lemmi »

lemmi hat geschrieben:Auch organische Verbindungen, die Stickstoff als Amin, Amid, Oxo- oder Thiocyanat, Nitril, oder heterocyclisch ohne N-N-Bindung enthalten, lassen sich mit Schwefelsäure problemlos aufschließen ... Schwieriger ist die Bestimmung von Nitro-, Nitroso-, Oxim- und Hydroxylamin-Verbindungen. Hier wird beim Aufschluss Phenol zugesetzt. Die im Gemisch vorhandene Phenolsulfonsäure wird dabei nitriert und das Nitrophenol anschließend durch Zusatz von Natriumthiosulfat zum Amin reduziert, welches sich nach Kjeldahl in Ammoniumsulfat überführen lässt

Immer unvollständig ist die Erfassung von Azo-, Diazo- und Hydrazo-Stickstoff, der beim Aufschluss gasförmig entweicht, weshalb die Kjeldahl-Methode bei der Analyse solcher Verbindungen keine verwertbaren Resultate ergibt.
@aliquis: das klingt zwar gut, aber hast du schon mal so eine Anleitung gesehen? Ich nicht und ich vermute, das hat seinen Grund. Die Reduktion zum Ammoniak verläuft nicht so ohne weiteres glatt und quantitativ. Dazu hatte mgritsch mal eine ausführliche Diskussion verfasst, siehe hier!
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mgritsch
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Sonntag 14. April 2024, 11:44 Schwieriger ist die Bestimmung von Nitro-, Nitroso-, Oxim- und Hydroxylamin-Verbindungen. Hier wird beim Aufschluss Phenol zugesetzt. Die im Gemisch vorhandene Phenolsulfonsäure wird dabei nitriert und das Nitrophenol anschließend durch Zusatz von Natriumthiosulfat zum Amin reduziert, welches sich nach Kjeldahl in Ammoniumsulfat überführen lässt
Thiosulfat macht aus Nitro ein Amin? Interessant… kenne ich präparativ nur mit Sulfid. Ich nehme an da gibt es dann einschlägige Literatur wie genau man da vorgehen muss.

Das mit Piranha muss ich wohl einfach mal probieren was da genau als Abbauprodukte übrig bleibt und ob das auch quantitativ funktioniert.
aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

lemmi hat geschrieben: Sonntag 14. April 2024, 11:44 @aliquis: das klingt zwar gut, aber hast du schon mal so eine Anleitung gesehen? Ich nicht und ich vermute, das hat seinen Grund. Die Reduktion zum Ammoniak verläuft nicht so ohne weiteres glatt und quantitativ. Dazu hatte mgritsch mal eine ausführliche Diskussion verfasst, siehe hier!
Ja, in einem alten, uns beiden wohlbekannten und geschätzten Experimentierbuch - dort allerdings nur zum qualitativen Nachweis.
Die Variante mit Eisen und Schwefelsäure beruht doch aber letztlich auch nur auf Reduktion von Nitrat zu Ammoniak/Ammonium mit Hnasc. Ich sehe bei der abgekürzten Vorgehensweise in alkalischem Millieu somit weder Unterschied noch Nachteil.
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lemmi
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von lemmi »

@mgritsch: ich vermute, Knabberwasser oxidiert Ammoniak zu Stickstoff, mindestens teilweise - Versuch macht kluch...

@aliquis: als qualitativen Nachweis kenne ich das natürlich, aber als quantitativen - hast du die Methode da schon mal irgendwo beschrieben gesehen? Du kannst es ja mal ausprobieren!
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aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

Was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte: wenn die Umsetzung zu Ammoniak mittels naszierendem Wasserstoff nicht quantitativ verläuft, müsste das Problem erst recht den hier beschriebenen Ansatz betreffen. Vielmehr noch: während im Alkalischen der Ammoniak sogleich durch Gleichgewichtsverschiebung und hohe Reaktionstemperaturen freigesetzt und ausgetrieben wird, besteht im Sauren die Möglichkeit, dass Nitrat nur zum Hydroxylammoniumsalz reduziert wird (wenn die Mischung eisgekühlt wird, passiert das auf jeden Fall - das habe ich früher mal ausprobiert: im Filtrat der abreagierten sauren Mischung liess sich mittels Fehlingscher Probe Hydroxylamin nachweisen - auch dieses Experiment findet sich im guten alten Waselowsky).
Daher meine Annahme: solange die Temperatur hoch genug ist, verläuft die Reaktion bis zum Ammoniak - egal, ob im alkalischen oder sauren Milieu. Der einzige Unterschied im Sauren ist die Bindung als Ammoniumsalz - und die Notwendigkeit, daraus Ammoniak anschliessend noch im zusätzlichen Arbeitsschritt wieder freisetzen zu müssen.
Um meine Annahme zu überprüfen, werde ich die Vorgehensweise im alkalischen Millieu bei Gelegenheit tatsächlich mal ausprobieren, denke ich.
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lemmi
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von lemmi »

Gut, wir sind auf das Ergebnis gespannt!
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aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

Ich auch (wenigstens kommen da mal mein neuer Zweihalskolben und der Normschlifftropftrichter zum Einsatz...).
Mich beschleichen jedoch Zweifel ob der Genauigkeit der Methode im Generellen (egal, ob zunächst im sauren oder gleich im alkalischen Milieu) - nicht mal bzgl. der quantitativen Umsetzung zu Ammoniak, sondern vielmehr bzgl. ihrer "Sauberkeit":
- Gelingt es wirklich, den Ammoniak vollständig auszutreiben und in die Vorlage zu überführen oder bleiben Teile gasförmig oder im Kondensat gelöst in der Apparatur zurück?
- Gehen Alkalihydroxid-Aerosole mit über und verfälschen das Ergebnis?
Die beiden genannten Faktoren verursachen jedoch gegenläufige Fehler, die sich einander vll. wiederum teilweise aufheben, so dass die o. g. Abweichung mit 2 % noch relativ gemäßigt ausfällt. Von der Genauigkeit anderer titrimetrischer Bestimmungen ist das aber immer noch recht weit entfernt. :|
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von Glaskocher »

Der "Kjeldal" ist eine verifizierbare und reproduzierbare Methode. Wenn man die Natronlauge nach dem Sulfataufschluß zugibt, dann hat man im Kondensat (eine verdünnte Borsäure wurde vorgelegt) quantitative Wiederfindung. Man kann die Dämpfe ja durch eine kurze Kolonne schicken, die als Spritzschutz dient, wenn Bedenken bestehen, daß Aerosol... Ich habe nach 35 Jahren die Details leider nicht mehr abrufbar, aber alte Pharmakopoen müßten Zeichnungen von der Apparatur haben.
aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

Ich dachte, die verdünnte Schwefelsäure soll mit Zink naszierenden Wasserstoff liefern und nicht die Probe aufschließen... :?

Was ist mit dem Kondensat, das bereits in der Kühlung hängen bleibt, viel Ammoniak lösen und zurückhalten kann?

Eine möglichst direkte Einleitung der Gase und Dämpfe in die Vorlage mittels Trichterfallle ohne zwischengeschalteten Kühler scheint mir die sinnvollste Lösung zu sein. Evtl. sollte man Rohr bzw. Schlauch auch durchspülen und das Spülwasser mit der Vorlage vereinen.
Ggf. muss man die Vorlage kühlen und den Sumpf gleichmässig per Ölbad heizen und magnetisch rühren. Beim Erhitzen alkalischer Suspensionen über der Brennerflamme sind Siedeverzüge sonst vorprogrammiert.
Allzu konzentrierte Lauge greift in der Hitze ausserden das Laborglas an.
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lemmi
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von lemmi »

Der Übergang des Ammoniaks ist quantitativ, da entstehen keine Fehler. Siehe oben die Bestimmung des Mohr'schen Salzes oder auch der Kobsltkomplexsalze.
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Glaskocher
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von Glaskocher »

Bei Kjeldal-Automaten (oder Halbautomaten) wird oft Heißdampf in den Aufschlußkolben eingeleitet, um den Ammoniak rüber zu treiben. Das mit dem Nachspülen erledigen einige Extraminuten. Der Dampf geht dann durch einen absteigenden Schlangenkühler, dessen Ausgang knapp über der Vlüssigkeitsoberfläche in der Vorlage endet. Da dort eine schwache Säure auf das NH3 wartet, kann es nur dort hin gehen... Der Konzentrationsgradient des NH3 macht das schon.
aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

@lemmi:
Bleiben also noch die Aerosole...
Aber o.k., man wird sehen.

@Glaskocher: Ammoniak ist weniger dicht als Luft, oberhalb des Flüssigkeitsspiegels zugeleitet, könnte Gas entweichen.
Daher bediene ich mich lieber der knapp eintauchenden Trichterfalle: einfach, aber effektiv gegen Rückstieg von Flüssigkeiten in die Apparatur infolge hoch wasserlöslicher Gase oder Volumenkontraktion beim Abkühlen.
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Glaskocher
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von Glaskocher »

Nicht rum-Abern, sondern die Stelle mit der Kolonne suchen und umsetzen. Raschigringe müßten hier brauchbar sein.
aliquis
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Mittwoch 17. April 2024, 22:57 Nicht rum-Abern, sondern die Stelle mit der Kolonne suchen und umsetzen. Raschigringe müßten hier brauchbar sein.
Halte ich an dieser Stelle eher für kontraproduktiv (da würde sich nicht nur Aerosol, sondern auch Ammoniaklöung sammeln). Als reiner Spritzschutz taugt bereits ein oben zugestöpselter Destillationsaufsatz, der seitlich direkt mit einem einfachen Vorstoß verbunden ist (oder noch einfacher: ein Steigrohr im Thermometeradapter). Aber ob das auch gegen die Aerosole hilft, weiß ich nicht.
Kolonne und Ringe besitze ich übrigens nicht - da könnte ich lange suchen.
Habe im Moment - wenn überhaupt - dann nur am Wochenende Zeit, bereits ein paar Projekte auf der Warteliste und bin dabei teilweise auf besseres Wetter angewiesen. Kann also durchaus noch ein paar Wochen dauern, bis es soweit ist.
Wobei: das Ammoniak wird in der Vorlage ja gut weggefangen - ist also durchaus auch als Indoor-Experiment für einen typisch norddeutschen, d. h. kühlen, windigen und regnerischen Samstagnachmittag im April/Mai geeignet.
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mgritsch
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Re: Ammoniak-/Gesamtstickstoffbestimmung nach Kjeldahl

Beitrag von mgritsch »

aliquis hat geschrieben: Mittwoch 17. April 2024, 23:19 scheint mir […] evtl. […] man wird sehen […] könnte […] Halte ich […] weiß ich nicht […] besitze ich übrigens nicht
Ich verstehe den ganzen theoretischen Eiertanz um das Thema nicht.
Die Methode ist seit Ewigkeiten in Theorie und Praxis millionenfach erprobt und standardisiert. Kjeldahl ist ein „Goldstandard“. Alle deine Überlegungen gehen somit völlig ins Leere. Entweder Vorgehensweise lt Vorschrift einhalten und fertig oder bleiben lassen wenn nicht interessant/möglich…
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