Misslungene Synthese von Manganviolett

Anorganische Chemie.

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aliquis
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Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Ich habe versucht, Manganviolett nach dieser Anleitung herzustellen: www.youtube.com/watch?v=6pbQ_feNaEk&pp= ... ttom-sheet
Um auf die notwendige Reaktionstemperatur zu kommen, musste ich jedoch direkt auf der Heizplatte des Magnetrührers statt im Ölbad erhitzen (die Temperatur wurde dabei regelmäßig kontrolliert).
Am Ende erhielt ich eine zähe klebrige Schmelze, die auch nach dem Abkühlen ihre Konsistenz behielt. Diese war aber mit etwas Zureden in Wasser suspendierbar.
Anstatt eines schönen violetten Pigments hatte ich nach Filtration jedoch nur nicht umgesetzten Braunstein als Filterkuchen sowie eine Permanganatlösung als Filtrat.
Was ist schiefgelaufen? :?
Saure Disproportionierung von Manganat-Verunreinigungen im Braunstein würde ich vorab mal ausschliessen: eine Suspension des Pulvers in Wasser ergibt keinerlei Grünfärbung.
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lemmi
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von lemmi »

Na, das ist in Unkenntnis dessen, was da eigentlich passiert/passieren soll, etwas schwierig! Ich bin ja bei allem Darstellungen dafür, Originalliteratur zu konsultieren. Gibt's keine seriösen Veröffentlichungen zu der Synthese?

Was ich mich frage ist: wieso wird das Mn(IV) zu Mn(III) reduziert und nicht gleich zu Mn(II)?
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aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Wohl wahr. Ich habe auch nichts anderes darüber gefunden und mir ist zugegebenermaßen die gesamte Redoxreaktion unklar, die hier ablaufen soll.
Das Pigment an sich existiert und ist auch im Handel erhältlich. Das steht also schon mal ausser Frage.
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SebastianV
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von SebastianV »

Woher willst du wissen, dass du eine Permanganatlösung hast? Das wäre ja großartig, wenn man KMnO4 so leicht herstellen kann. Geht aber nicht. Wo soll die Oxidationskraft herkommen?

Außerdem hängt das vom MnO2 ab. Hast du es so wie im Video aus Batterien gewonnen? Falls nein, ist das eine Fehlerquelle. MnO2 sollte sicher fein und frisch sein, denke ich. Gekauftes ist oft inert und gebrannt oder so etwas.

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6165037/
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aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Es wird durch Disulfit enffärbt, also Permanganat. Die Umsetzungsrate ist gering, für eine Synthese ungeeignet.
Woher die Oxidationswirkung? Tja, das frage ich mich auch...

Mein Braunsteinpulver ist aus dem Fachhandel. Zu alt oder inert kann natürlich sein.
Aus Batterien ist es hingegen meist stark verunreinigt.
Frisch gefällt und gut gespült wäre vll. eine Alternative. Es fällt ja oft als Abfallstoff an.
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SebastianV
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von SebastianV »

Ich habe mich geirrt weil KMnO4 ein wenig doch gebildet werden kann.

Zum Thema: dein Braunstein ist schuld, ganz sicher.
aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Schon möglich.
Das nächste Mangansalzabfall-Recycling kommt bestimmt... :wink:
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Glaskocher
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von Glaskocher »

Derr Inhalt alter Batterien ist zum Teil bereits zu Manganat(III) reduziert. Das ist dann das, was zur Bildung des Farbstoffes gebraucht wird. Je frischer der Braunstein gefällt ist, desto besser sollte die Synthese funktionieren. Optimal ist es, wenn er durch Komproportionierung von MnSO4 und KMnO4 frisch erzeugt und dann salzarm gewaschen, jedoch nie komplett getrocknet wurde. Dann ist er so fein verteilt, daß er in sinnvoller Zeit wieder aufgelöst werden kann. Das im Schlamm vorhandene Wasser müßte dann allerdings aus der Reaktionsmischung ausgetrieben werden, um auf die Solltemperaturen zu kommen.
aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Sonntag 18. Februar 2024, 20:53 Das im Schlamm vorhandene Wasser müßte dann allerdings aus der Reaktionsmischung ausgetrieben werden, um auf die Solltemperaturen zu kommen.
Daher ja auch die Anlaufzeit bei niedrigerer Temperatur. Eigens auf deren Einhaltung achten muss man aber nicht: solange das Wasser nicht raus ist, erreicht man eh keine Temperaturen von über 200 Grad. Einzig die Restkochzeit sollte danach eingehalten werden.
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von Glaskocher »

Das bedeutet, daß die Kochzeit immer erst nach Erereichen der Zieltemperatur gerechnet werden darf. In den Aufheizphassen muß dann der Überschuß an Wasser ausgetrieben werden. Danach sollte es wieder stimmen.

Bin mal gespannt auf den Folgeansatz und deine Variationen zur Verbesserung.

[OT/2]
Beim Experiment "Flaschengeist" wird 30%-iges Wasserstoffperoxid durch Braunstein katalysiert zersetzt und es steigt eine Dampfwolke mit dem gebildeten Sauerstoff auf. Wenn der Braunstein als abgelagertes Pulver zugesetzt wird, dann ist die Reaktion moderat und dauert deutlich länger, als bei der Zugabe einer deutlich kleineren Menge an KMnO4. Der Zerteilungsgrad des Braunsteins scheint hier eine große Rolle zu spielen.
[/OT]
aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Sonntag 18. Februar 2024, 21:02 Meine Worte.
Ja, sorry, war ein Fehlposting. Habe ich entsprechend überarbeitet.
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aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Sonntag 18. Februar 2024, 21:02 Bin mal gespannt auf den Folgeansatz und deine Variationen zur Verbesserung.
Ja, wie gesagt: sobald sich eine grössere Menge Mangansalzlösung als Abfall angesammelt hat, die ich mit Natronlauge und Persulfat zu Braunstein umsetzen kann. Kann allerdings etwas dauern... Etwas öfter fällt ja aber auch direkt Braunstein als Abfall an, das man entsprechend wiederverwenden könnte. Eigens rares Kaliumpermanganat dafür opfern werde ich nicht...
Der Zerteilungsgrad des Braunsteins scheint hier eine große Rolle zu spielen.
Oh ja, das tut er. Ich habe mir mal für gleichmässige Sauerstoffentwicklung Braunsteintabletten mit Kalkmörtel hergestellt. Insgesamt war die Gasentwicklung damit leider etwas zu lahm.
Grundsätzlich schätze ich es aber, nicht immer eine komplette Glasschliffapparatur als Gasentwickler aufbauen zu müssen (auch wenn es grundsätzlich schon extrem praktisch ist, die Geräte dafür zur Verfügung zu haben), sondern einfach Zinkgranalien, Marmorbröckchen oder ein Stückchen Pooltab in einen Kolben mit halbkonzentrieter Salzsäure werfen zu können und die Gase auch ohne großartige Zutropfregelung in einem schönen gleichmässigem Strom generieren und per durchbohrtem Gummistopfen, Winkelrohr und Gummischlauch ableiten zu können. Mit der gleichmäßigen Entwicklung von Sauerstoff ist es da ja leider nicht ganz so einfach.
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

VibbzLab scheint in seinem Video ja auch nur handelsüblichen Braunstein verwendet zu haben und trotzdem ist die Synthese bei ihm gelungen.
Es gibt auch noch mindestens drei weitere Kanäle mit dieser Synthese, von denen keiner frischen Braunstein eingesetzt hat.
Und besonders grob sieht mein Pulver auch nicht gerade aus...
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von FrankBL »

Ich habe diese Synthese im Rahmen der Ausbildung (zum Lacklaboranten) durchgeführt, jedoch haben wir damals speziell aktivierten Braunstein genommen. Dazu haben wir den "normalen" Braunstein in einer konz. Kaliumpermanganatlösung suspendiert und die Suspension dann unter Rühren mit einer Mangan(II)-sulfatlösung versetzt. Dabei entsteht der aktivierte Braunstein und bildet zusammen mit dem suspendierten (normalen) Braunstein das eigentliche Edukt für die Synthese. Wenn ich mich recht erinnere, klappte das damals sehr gut...
aliquis
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Re: Misslungene Synthese von Manganviolett

Beitrag von aliquis »

Das klingt plausibel und hat offensichtlich schon funktioniert (ist das Pigment wirklich für Lacke geeignet?).
Ich werde bei Gelegenheit auf frisch generierten und anschließend gut gespülten Abfallbraunstein aus anderen Reaktionen zurückgreifen, feiner und aktiver geht ja kaum.
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