Benzil, alternativ

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Sharam
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Benzil, alternativ

Beitrag von Sharam »

Synthese von Benzil
Dibenzoyl

Benzil kann Edukt für die Synthese von Heterocyclen wie Pyrazinen und Imidazolen, aber auch der pharmazeutisch relevanten Benzilsäure sein. Aus diesem Grund wurden bereits zahlreiche Synthesen publiziert, wobei die Oxidation mit konzentrierter Salpetersäure oder Kupfer(II)-sulfat in Pyridin vertretbare Ausbeuten liefern. Nachteilig ist die Bildung von Stickoxiden im ersten Fall, nach Absorbtion der Gase resultiert, ebenso bei der Kupfersulfat-Route, gesundheitlich wie unter dem Aspekt des umweltschonenden Arbeitens problematischer Abfall. Eine Zusammenführung beider Methoden zu einer effizienten und sicheren Vorschrift soll hier vorgestellt werden.


Geräte:

Magnetheizrührer, Magnetrührfisch, Silikonölbad, Rundkolben, Rückflusskühler, Eisbad, Büchnertrichter, Saugflasche, Vakuumpumpe, Standardequipment


Chemikalien:

Benzoin

Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat Warnhinweis: nWarnhinweis: xn
Natriumhydroxid Warnhinweis: c
Essigsäure Warnhinweis: c
Ammoniumnitrat Warnhinweis: o
Ethanol, absolut
Benzil Warnhinweis: attn

Hinweis:
Da Essigsäure zu Geruchsbelästigung führen kann, ist das Arbeiten unter dem Abzug fakultativ.


Durchführung:

Herstellung des Katalysators:

Es werden 5 g Kupfer(II)-sulfat-Pentahydrat in etwas Wasser gelöst, eine Lösung von 1,6 g Natriumhydroxid unter Rühren hinzugetropft und der ausfallende Festoff abfiltriert. Die trockengesaugte Masse wird in einem Überschuss an Eisessig resuspendiert und für einige Minuten gerührt, danach erfolgt wiederum Vakuumfiltration des ausfallenden Kupfer(II)-acetat-Monohydrats, welches mit Eisessig gewaschen und an der Luft für 2 Tage stehen gelassen wird.

Oxidation des Benzoins:

In einem 50 ml Rundkolben werden 15 ml Eisessig vorgelegt, in die 4,5 g rekristallisiertes Benzoin, 2,5 g gepulvertes, trockenes Ammoniumnitrat und eine gehäufte Spatelspitze Kupfer(II)-acetat-Monohydrat eingetragen werden. Die Reaktanden gehen nicht in Lösung. Nun wird der Kolben mit einem Rückflusskühler versehen und im Silikonölbad erhitzt. Allmählich lösen sich alle Edukte, wobei die flüssige Phase zunächst eine blaue Farbe zeigt. Ab einer Ölbadtemperatur von 113 °C springt die Reaktion an, was an der Entwicklung eines farblosen Gases (Stickstoff), ohne dass Substanz im Kühler kondensiert, erkennbar ist. Von dort an verändert sich die Färbung der Lösung rasch von blau über türkis nach gelbgrün. Ab 120 °C Badtemperatur setzt Refluxieren ein, was so lange aufrecht erhalten wird, bis keine Gasentwicklung mehr erkennbar ist. Der Ansatz wird abkühlen gelassen. Inzwischen wird ein 100-ml-Becherglas zu der Hälfte seines Volumens mit crushed ice und etwas Wasser beschickt und in ein Eisbad gestellt (nicht zu kalt, andernfalls friert das Glas zu). In dieses wird der auf Raumtemperatur abgekühlte Ansatz samt Rührfisch darinnen gegossen und solange kräftig gerührt, bis keine Klumpen von Rohprodukt mehr übrig sind. Der Niederschlag wird abfiltriert und mit destilliertem Wasser gewaschen. Hernach wird aus absolutem Ethanol umkristallisiert und die Fällung im Eisbad vervollständigt. Die erhaltenen Kristalle trocknen über Nacht.

Ausbeute: 3.62 g (81,2 % d.Th.)

Schmelzpunkt = 95 °C (entspricht)

Benzil bildet farblose bis blassgelbe, nadelförmige Kristalle mit aromatischem Geruch.


Entsorgung:

Die Abfälle können stark verdünnt ins Abwasser gegeben werden.


Erklärung:

Die Reakton verläuft in in zwei Cyclen: Benzoin wird durch Kupfer(II)-Ionen über einen radikalischen Mechanismus zu Benzil oxidiert.

Bild

Die Regeneration des Katalysators erfolgt über Oxidation des Cu(I) zu Cu(II) mit Ammoniumnitrat, wobei Stickstoff ausgast und dem System entzogen wird, wodurch die Gleichgewichte auf die gewünschte Seite gedrängt werden. Essigsäure dient als Protonenüberträger und Solvens.

2 Cu+ + NH4NO3 + 2 CH3COOH ---> 2 Cu2+ + N2 + 3 H2O + 2 CH3COO-


Bilder:

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Beginnendes Erwärmen, es hat noch keine Farbveränderung stattgefunden.

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Die Reaktion springt an

Bild
Die konstante, grüne Farbe im fortgeschrittenen Stadium

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Aufarbeitung im Eisbad

Bild
Während des Umkristallisierens


Quellen:
http://www.sciencemadness.org/talk/file ... &aid=12973
Sharam
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Beitrag von Sharam »

Mechanismus, mp und ggf DC folgen
Sharam
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Beitrag von Sharam »

Im Mechanismus an Struktur III sollen natürlich einelektronenpfeile angeschrieben sein. Wie zeichnet man diese in ChemsSketch?
Benötigt ihr des Weiteren noch eine DC (der mp sieht ja ganz gut aus)?
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Die halben Pfeilköpfe kann kann man irgendwo da einstellen wo man halt die Pfeilköpfe einstellt :mrgreen: Hab lange nicht mehr damit gearbeitet, aber soweit ich weiß kann man die nachträglich gut verändern.

DCs sind grundsätzlich nicht gefordert, aber es ist immer schön wenn man eine dabei hat, damit man evtl Besonderheiten des Spots sieht und einen Rf-Wert und ein Laufmittel "archiviert" hat.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Wieder eine sehr schöne Versuchsanleitung. Dein Stil gefällt mir. :D

Gibt es einen Grund, wegen dem man das Kupferazetat selbst herstellen müsste - manchmal ist das ja so, daß sich frisch dargestellte Katalysatoren besser eignen - oder könnte man auch gekauftes verwenden? Und warum muss es zwei Tage offen an der Luft liegen? Einfach zum Trocknen oder hat das noch andere Gründe?
Oxidation des Cu(I) zu Cu(II) mit Ammonium- durch Nitrat-Ionen, wobei Stickstoff und Wasser als Nebenprodukte anfallen
Das scheint mir unklar. Meinst du "mit Ammoniumnitrat, durch die Nitrat-ionen" Die Reaktionsgleicheung sollte auch noch hinzugefügt werden. Vermutlich wird das Nitrat zu Nitrit reduziert, was dann mit dem Ammmonium in N2 und H2O zerfällt. Richtig?
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Sharam
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Beitrag von Sharam »

@lemmi: Den Kat hatte ich frisch hergestellt, da mir kein Kupfer(II)-acetat vorlag (ich wüsste auch nicht wozu ich mir größere Mengen kaufen sollte), eigentlich gibt es keinen wirklichen Grund. Basisches Acetat setzt sich im Reaktionsmedium ohnhin um und da bei der Reaktion Wasser entsteht und die Reaktion nicht feuchtigkeitsempfindlich ist, kannst Du auch jedes änder Cu(ac)2-Präparat einsetzten, andere Cu Salze sollten strenggenommen auch kein Problem darstellen. Ebenso diente das Trocknen mehr dazu, ein vernünftiges Präparat zu erhalten. Solange Cu(II) in Lösung vorliegt gelingt es. Der Vollständigkeit wegen wollte ich es im Artikel erwähnt haben (Reproduzierbarkeit und so).

Die Oxidation des Cu(I) kann ich gern noch ergänzen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[Edit: Formatierung angepasst und verschoben]
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mgritsch
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Re: Benzil, alternativ

Beitrag von mgritsch »

Sharam hat geschrieben:Aus diesem Grund wurden bereits zahlreiche Synthesen publiziert, wobei die Oxidation mit konzentrierter Salpetersäure oder Kupfer(II)-sulfat in Pyridin vertretbare Ausbeuten liefern. Nachteilig ist die Bildung von Stickoxiden im ersten Fall, nach Absorbtion der Gase resultiert, ebenso bei der Kupfersulfat-Route, gesundheitlich wie unter dem Aspekt des umweltschonenden Arbeitens problematischer Abfall. Eine Zusammenführung beider Methoden zu einer effizienten und sicheren Vorschrift soll hier vorgestellt werden.
[...]
Quellen:
http://www.sciencemadness.org/talk/file ... &aid=12973
Fyi, weil ich das gestern auch gerade gekocht habe - evtl etwas für die ergänzenden Kommentare:

1) die originale Quelle zu dieser Arbeitsvorschrift ist eigentlich: The Catalytic Oxidation of Benzoin to Benzil; Marvin Weiss, Mildred Appel; J. Am. Chem. Soc., 1948, 70 (11), pp 3666–3667 (DOI: 10.1021/ja01191a036, Publication Date: November 1948).

2) hier wie auch im Original wird Cu(OAc)2 als Kat eingesetzt, tatsächlich kommt es aber nur auf die Anwesenheit von Cu2+ an. Ich habe das gestern genau gemäß Original gemacht, lediglich die ensprechende molare Menge CuSO4.5H2O eingesetzt (0,125g) und habe ebenfalls eine quantitative Umsetzung so wie im Orginalpaper erreicht (Ausbeute nach dem Umkristallisieren waren respektable 94,7%). Der in deinem Artikel beschriebene Schritt aus dem Sulfat das Acetat zu machen ist also nicht erforderlich, nur leere Kilometer.

3) Detail zum Reaktionsmechanismus: lt Paper erfolgt die Regenerierung des Cu+2 nach:
2 CuOAc+ NH4NO3 + AcOH -> 2Cu(OAc)2 + NH4NO2 + H2O; NH4NO2 -> N2 + 2 H2O
Das ist insofern relevant als intermediär Nitrit vorliegt, ich habe das auch daran gemerkt dass im sauren Reaktionsgemisch aus der HNO2 nicht nur N2 entsteht sondern auch geringe mengen an NOx - vor allem gegen Ende der Reeaktion ist das schön zu bemerken wenn kein Gas mehr durch den Rückflusskühler aufsteigt, dann kommt Sauerstoff zum NO und es bildet sich im Rückflussklühler braunes NO2, auch so merkt man dass man fertig ist.

4) auf Organic Syntheses und auch in anderen Quellen ist für die Salpetersäure-Oxidation erwähnt dass es schwer ist, damit ein reines Produkt zu erhalten. Auch ein wesentlicher Grund der gegen diesen Weg spricht.

5) Deine Ausbeute is vermutlich einen Ticken niedriger als meine 95% weil du aus reinem (abs) EtOH umkristallisierst. Darin löst sich das Benzil zu gut. Alternative: in den 10 ml siedendes Ethanol (95%ig genügt) auflösen und so lange (unter weiterem Heizen) Wasser zutropfen bis die Trübung ganz leicht bestehen bleibt. Dann langsam auskühlen.

6) ergänzend: zwei einfache Reinheitstests können den Erfolg der Umsetzung/Reinigung bestätigen: Fehling (reagiert mit Benzoin) und Test auf Benzoin mittels lila-Färbung einer ethanolischn Lösung bei Zugabe von ein paar Tropfen NaOH. Aber dein Schmelzpunkt sagt ja auch schon alles :)
aliquis
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Re: Benzil, alternativ

Beitrag von aliquis »

Da ein Firmenkunde von mir als Labor-Inhaber so freundlich war, mir 2,5 g Ammoniumnitrat in 15 ml Eisessig (Stickstoffgehalt der Mischung unter 16 % gemäß AusgStG) zur Verfügung zu stellen, konnte ich diese Synthese nun auch erfolgreich durchführen.
(Edit: Wer es auch nachkochen will, aber keinen Zugang zu individuellen legalen Mischungen hat, könnte es stattdessen auch einfach mit einer entsprechend angepassten Menge Ammonsulfatsalpeter-Dünger versuchen.)
Ich habe nach Umkristallisieren und Trocken 3,6 g Benzil erhalten, was einer Ausbeute von 80,8 % d. Th. entspricht (Entnahme von 0,3 g für den Red-Bottle-Versuch ist bereits berücksichtigt).
Sieht genauso aus wie Dibenzalaceton, riecht aber nicht ganz so blumig-würzig.
Auf Benzoin-Reste getestet (in Ethanol gelöst und mit NaOH vesetzt): keine Violett-Färbung = hoher Reinheitsgrad. 8)

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"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
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