Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

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lemmi
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Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von lemmi »

Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetallegierungen

Bei der Scheidung eines Kontigentes Dentallegierungen habe ich zuletzt Metallreste übrigbehalten, die sich nicht oder nur sehr langsam in Königswasser lösten und dabei einen sehr hohem Säureverbrauch hatten. Wie hier dokumentiert, wurden zum Lösen von 4,4 g Metalllegierung 250 ml Königswasser verbraucht – mehr als zum Lösen des gesamten Rests der Dentallegierungen (42,5 g). Nun bin ich im Lauf der Beschäftigung mit der Dokimastie auf ein Verfahren gestoßen, das es erlaubt, auch solche schlecht in Königswasser löslichen Edelmetalllegierungen aufzuarbeiten. Das Zauberwort heißt Quartierung.


Material/Geräte:

Muffelofen, Porzellantiegel, Tiegelzange, Waage, eiserner Topf, Magnetrührer mit Heizung, Stativmaterial, Aquarienluftpumpe, Gasbrenner, 2-Hals-Rundkolben 100 ml, Tropfenfängeraufsatz, Gasableitungsschlauch, Destillierbrücke, weitere Kolben und Bechergläser, Nutsche, Filtrierpapier, Reagenzgläser, Porzellanschalen


Chemikalien:

Dentallegierung

Silber
Natriumtetraborat, wassefrei (!) Warnhinweis: attn Warnhinweis: n
Salzsäure 32 % (1,16 g/ml) Warnhinweis: cWarnhinweis: attn
Salpetersäure 53 % (1,32 g/ml) Warnhinweis: cWarnhinweis: t
Ammoniaklösung 10 % Warnhinweis: cWarnhinweis: nWarnhinweis: t
Sowie weitere zur Trennung der Metalle benötigte Reagenzien, siehe hier!
Gold

Silber
Diammindichloropalladium(II) Warnhinweis: unknown


Sicherheitshinweise:

Vorsicht beim Arbeiten mit konzentrierten Säuren! Wegen des Entstehens giftiger nitroser Gase ist für eine gute Gasableitung zu sorgen. Die Metallsalzlösungen geben auf Haut und Kleidungsstoffen sehr hartnäckige dunkle Flecke.


Versuchsdurchführung:

Vorbemerkung: unter Königswasser ist im folgenden eine Mischung aus 3 Volumenteilen Salzsäure (32 %) und 1 Volumenteil Salpetersäure (53 %) zu verstehen.


1. Quartierung und Scheidung

Als Ausgangsmaterial dienten 3,4 g Dentallegierung. Diese wurden mit einer Mischung aus 8 g pulverigem Silber und 0,5 g entwässertem Borax (zur Darstellung von wasserfreiem Borax siehe hier!) zusammen in einen Porzellantiegel gegeben und im Muffelofen bei 1000 °C zusammengeschmolzen. Nachdem die Zieltemperatur erreicht war (das Aufheizen dauerte ca. 1 Stunde) wurde der Tiegel mit der Zange kurz herausgenommen und geschwenkt und dann nochmals für 10 Minuten in den Ofen gestellt. Danach wurde das flüssige Metall in einen mit Wasser gefüllten Edelstahltopf ausgegossen, worin es zu einer “Sylvesterbleiguß“-ähnlichen Figur erstarrte. An deren Oberfläche hafteten noch glasartige, grüne Spuren den Fußmittels, die mit einem Schraubenzieher soweit als möglich entfernt wurden.

Ausgangsstoffe.jpg
Legieren mit Ag.jpg
Abb: Ausgangsstoffe und Einschmelzen

Legierung.jpg
Tiegelrückstand - Flussmittel 0.jpg
Abb.: Legierung und der Schmelztiegel nach der Quartierung

Die Innenseite des Tiegels war mit einer grün-braun-blauen Glasur überzogen, die sich beim Kochen mit Wasser oder Säure kein bisschen löste und auch auch nach Zerschlagen des Tiegels nicht von der Wand lösen ließ. Einige dünne Flitter der „Glasur“ wurden zerrieben und mit Borax am Magnesiastäbchen vor dem Lötrohr verschmolzen. Es wurde eine grüne, nach Erkalten blaue Perle erhalten die sich nach reduzierendem Schmelzen trübe braun-rot verfärbte. Somit wurde die grüne Farbe der Flussschmelze durch Kupfer verursacht.

Perle von Flussmittel 1.jpg
Perle von Flussmittel 2.jpg
Abb.: Boraxperle (oxidierend und reduzierend geschmolzen)

Die Metalllegierung wurde dann in einem kleinen 2-Hals-Rundkolben mit einer Mischung aus 8 ml Salpetersäure und 10 ml Wasser übergossen und im fast siedenden Wasserbad ½ stunde erhitzt. Es wurden reichlich nitrose Gase frei, die über einen durch die Apparatur gepumpten Luftstrom ins Freie abgeleitet wurden. Danach wurde die braungelbe Lösung abgegossen und die jetzt schwarz
gefärbten Metallreste erneut mit 4 ml Salpetersäure und 2 ml Wasser erhitzt, bis keinerlei Gasentwicklung mehr zu beobachten war. Die Lösung wurde erneut abgegossen. Die schwarzen Metallstücke hatten zwar ihre Form behalten, ließen sich jedoch leicht durch Drücken mit einem Glasstab zu feinen Flittern zerbröseln. Sie wurden zweimal mit je ca. 50 ml Wasser ausgekocht und dann auf dem Filter mit warmem Wasser gewaschen, bis dieses ganz farblos ablief. Die im ganzen knapp 150 ml betragenden, tief orangeroten Lösungen und Waschflüssigkeiten wurden asserviert. Der Metallrückstand bestand nach dem Trocknen aus schönen, golbraunen, metallisch glänzenden Flittern und wog noch 1960 mg.

Scheiden mit Salpetersäure 1.jpg
Scheiden mit Salpetersäure 2.jpg
geschiedenes Metall 2.jpg
Abb: Scheideprozess und das Metall danach


2. (Rück-)Gewinnung des Silbers

Das Filtrat der Scheidung wurde unter Rühren mit 13 ml 8N Salzsäure (ca. 0,1 mol) versetzt, zum Sieden erhitzt, das ausgefallene Silberchlorid abgesaugt und mit etwas heißem Wasser nachgewaschen. Das noch immer orangerote Filtrat und Waschwasser wurden asserviert.

Silberchlorid.jpg
Abb.: Fällen von Silberchlorid

Da der Niederschlag auch nach mehrfachem Auskochen mit heißem Wasser noch immer rötlich gefärbt war wurde er zuletzt mit 20 ml verdünntem Königswasser (1:1) für einige Minuten gekocht dann mit Wasser auf 100 ml aufgefüllt, abgesaugt und mit heißem Wasser ausgewaschen. Das erhaltene, jetzt rein weiße Silberchlorid wurde noch feucht in einem Becherglas in 30 ml 10%iger Salzsäure suspendiert und ca. 12 g Zink in Stangen eingelegt. Nach stehen über Nacht wurde das Zink herausgenommen, abgespült, der gebildete Silberschwamm mit etwas verdünnter Schwefelsäure, dann mit Wasser, dann mit Ammoniaklösung und erneut 2 x mit Wasser erhitzt und zuletzt auf dem Filter mit heißem Wasser ausgewaschen und getrocknet.

Erhalten wurden 8560 mg feinpulvriges, graues Silber.


3. Isolierung des Palladiums

Das Filtrat der Silberchloridfällung war tieforange gefärbt. Es wurde destillativ auf etwas weniger als 100 ml eingeengt und nach dem Abkühlen mit conc. Ammoniaklösung versetzt. Dabei entstand zuerst eine Trübung und dann ein dichter dunkel-rosafarbener Niederschlag. Nach weiterem Zusatz von Ammoniak färbte sich die Flüssigkeit trüb-violett. Sie wurde erhitzt, wobei sich die Trübung allmählich auflöste und eine klare, tiefblaue Lösung erhalten wurde. Diese wurde nach dem Abkühlen mit Salzsäure angesäuert und ein schwerer gelber Niederschlag fiel aus, der abgesaugt und mit dest Wasser ausgewaschen wurde. Das Filtrat war blassgrün gefärbt und gab mit Ammoniak eine dunkelblaue Farbe.

Erhalten wurden 404 mg trans-Diammindichloropalladium(II)

Einengen.jpg
Abb: Einengen des Filtrates der Silberchloridfällung

Fällen von Palladium 1.jpg
Fällen von Palladium 2.jpg
Fällen von Palladium 3.jpg
Abb: Stufen der Fällung von trans-Diammindichloropalladium(II) - beachte den dunkel-rosafarbenen Niederschlag im ersten Schritt!(siehe unter Erklärungen)

Die beim Auskochen des Silberchloridniederschlags erhaltenen Waschwässer waren ebenfalls noch ganz blass gelb gefärbt. Sie wurden mit Ammoniak schwach sauer eingestellt und dann mit Dimethylglyoximlösung (1% in Ethanol). Der gelbe Niederschlag von bis-Dimethylglyoximpalladium(II) wurde abgesaugt, mit Ethanol und Ether auf der Nutsche gewaschen und getrocknet. Erhalten wurden 16 mg eines schön goldgelben, seidenglänzenden Präparates.


4. Lösen des geschiedenen Edelmetalls und Weiterverarbeitung

Die unter 2. erhaltenen Metallflitter wurden im 100 ml-Zweihalskolben mit 10 ml Königswasser übergossen und im heißen Wasserbad erhitzt. Sie lösten sich unter Stickoxidbildung rasch und es entstand eine klare, braungelbe Lösung mit einem geringen, dunkelgrauen Bodensatz. Es wurde abgesaugt, das Filter mit etwas heißem Wasser nachgewaschen und der dunkelgraue Rückstand im Reagenzglas mit 5 ml Ammoniaklösung 10 % digeriert. Der klare Überstand wurde abgegossen und der jetzt sehr geringe schwarze Bodensatz durch mehrfaches Aufwirbeln mit Wasser und Absitzenlassen gewaschen. Leider sprang das Reagenzglas beim Trocknen des Bodensatzes im Trockenschrank, so dass dieser nicht korrekt ausgewogen werden konnte, seine Menge war aber gering und wurde auf 10-20 mg geschätzt. Aus dem Überstand wurde mit Salpetersäure Silberchlorid gefällt, erhalten wurden 25 mg (entsprechend 19 mg Silber).

AR-unlöslicher R.jpg
Abb.: in Königswasser unlöslicher Rückstand vor der Behandlung mit Ammoniak

Die Königswasserlösung wurde unter Zusatz von je 5 ml konzentrierter Salzsäure 3 x eingedampft und dann wie hier weiter verfahren. Durch Einleiten von Schwefeldioxid in die heiße Lösung wurde das Gold ausgefällt, erhalten wurden 1820 mg. Das Filtrat wurde mit 1 ml Wasserstoffperoxid (30%) und 1 ml Salzsäure (32%) zum Sieden erhitzt, dann unter Durchleiten von Luft und Ersatz des verdampfenden Wassers 15 Minuten gekocht und mit Ammoniumchlorid versetzt, wobei jedoch kein Niederschlag erhalten wurde (Platin abwesend). Bei der Zugabe von Ammoniaklösung wurde eine geringe Menge eines flockigen braunen Niederschlags erhalten, der abgesaugt wurde und sich überraschend als Eisen(III)-hydroxid erwies (löst sich in Salzsäure, gibt mit Kaliumhexacyanoferrat Berliner Blau). Das Filtrat war farblos und gab nach dem Ansäuern mit Salzsäure keinen Niederschlag (Palladium abwesend).

Gold.jpg
Abb.: erhaltenes Gold


Ausbeute insgesamt :

1820 mg metallisches Gold
560 mg metallisches Silber
24 mg AgCl, entsprechend 19 mg Silber
404 mg trans-Diammindichloropalladium(II), entsprechend 202 mg Palladium
16 mg bis-Dimethylglyoximpalladium(II), entsprechend 5 mg Palladium
ca. 15 mg unlöslicher schwarzer Rückstand
Summe: 2823 mg

Ich gehe davon aus, dass die Spuren von Eisen, die im letzten Schritt nachgewiesen wurden, durch die Benutzung einer stählernen Pinzette bei den Operationen eingeschleppt wurden. Eisen ist nicht Bestandteil von Dentallegierungen.

Vom Silber ist ein gewisser Verlust anzunehmen (Erfahrungswert), während man annehmen kann, dass das Gold quantitativ ausgewogen wurde. Das aufgearbetete Dentalmetall hatte also in etwa folgende Zusammensetzung: 54 % Gold, 20 % Kupfer, 20 % Silber, 6 % Palladium (und irgendwo dazwischen ca. 0,5 % unlösliche Platinbegleitmetalle).


Entsorgung:

Die letzte saure Mutterlauge und die säurehaltigen Destillate enthalten keine Schwermetalle mehr und werden mit Soda neutralisiert und ins Abwasser gegeben. Die Mutterlauge der Palladiumfällung enthält Kupfer, das (z.B. mit Na2S) ausgefällt und zum Schwermetallabafall gegeben wird. Die Präparate werden aufbewahrt, evtl. Reste mit dem Schwermetallabfall entsorgt.


Erklärungen:

Edelmetalllegierungen, die bedeutende Anteile Silber enthalten, sind in Königswasser schwer oder gar nicht löslich, weil das sich bildende Silberchlorid das Metall von weiterem Angriff der Säuremischung schützt. Andererseits lässt sich Silber aus Legierungen mit edleren Metallen mit Salpetersäure herauslösen, wenn der Gehalt hoch genug ist, so dass die Legierung von der Säure angegriffen werden kann. Von dieser Prozedur des Scheidens von Gold und Silber rührt die alte Bezeichnung Scheidewasser für die Salpetersäure her. Als günstig hat sich eine Zusammensetzung von mindestens 75 % Silber und 25 % Gold (oder anderer edlerer Metalle) erwiesen, weshalb man silberärmere Legierungen zunächst mit dem 2,3-2,5-fachen Gewicht Silber (oder eben so viel, bis man auf 75% kommt) zusammenschmelzen muss. Wegen des Verhältnisses Gold : Silber = ¼ : ¾ wird das Verfahren als Quartierung oder Scheidung durch die Quart bezeichnet (von lat. quarta = Viertel). Bei höheren Anteilen Silber geht die Scheidung schneller, bei dem hier gewählten 75%-Anteil ist der Vorteil, dass die Metallstücke der Form nach erhalten bleiben und beim Dekantieren der Säure, oder des Waschwassers, später weniger leicht Verluste an Gold auftreten.

Die Normalpotentiale der bei der Scheidung interessierenden Metalle sind die folgenden:

Cu2+ + 2 e- ---> Cu (Eo = + 0,34 V)

Ag+ + e- ---> Ag (Eo = + 0,8 V)

Pd2+ + 2 e- ---> Pd (Eo = + 0,92 V)

HNO3 + 3 e- + 3 H+ ---> NO + 2 H2O (Eo = + 0,96 V)

Pt2+ + 2 e- ---> Pt (Eo = + 1,12 V)

Au3+ + 3 e- ---> Au (Eo = + 1,52 V)

Wie aus den Werten zu ersehen ist, lösen sich Kupfer, Silber und Palladium in Salpetersäure, während Gold und Platin zurückbleiben (in der Literatur [1] wird beschrieben, dass Salpetersäure beim Quartieren und Scheiden auch Spuren von Platin auflösen kann, ich konnte dies in meinem Versuch jedoch nicht nachweisen – wobei die Ausgangslegierung offenbar kein Platin oder allenfalls Spuren davon enthielt). Gold und Platin lösen sich in Königswasser - wie schon hier beschrieben - unter Bildung komplexer Ionen ([AuCl4]- und [PtCl6]2-), wobei die Konzentration der Metallionen durch die Bindung in den Komplexen gesenkt, und das Normalpotential dadurch erniedrigt wird.

Die anschließende Trennung der Metalle wurde ebenfalls bereits diskutiert (s. obigen link). Bemerkenswert ist bei der Isolierung des Palladiums die zwischenzeitliche Bildung von unlöslichem Tetraaminpalladium(II)-tetrachloropalladat(II), ([Pd(NH3)4][PdCl4), dem Vauquelin‘schen Salz, dessen Aussehen in der Literatur passend als "fleischfarben" beschrieben wird (vergleiche das analoge Magnus’sche Salz!).

An Metallen die in dem in Königswasser unlöslichen, schwarzen Rest vorhanden sein könnten kommen theoretisch in Frage: Osmium, Iridium, Rhodium und Ruthenium. Osmium schließe ich aus, da es kein typischer Bestandteil von Dentallegierungen ist. Gegen Ruthenium spricht, dass eine kleine Probe der Substanz beim Schmelzen mit Kaliumhydrogensulfat nicht reagierte (Rhodium hätte eine gelb gefärbte Schmelze ergeben, die mit Salzsäure eine rote Lösung gibt). Der Rückstand löst sich in Kaliumcyanidlösung in der Kälte zu einer farblosen Flüssigkeit. Beim Schmelzen mit Kaliumnitrat und Kaliumhydroxid, Auslaugen mit Wasser und Behandeln des Rückstands mit Königswasser erhielt ich eine olivgrüne Lösung, die beim Alkalisieren mit KOH blaugraue Flocken ausschied.

Rückstand nach aufschluss -1.jpg
Rückstand nach aufschluss -2.jpg

Iridium(IV)-hydroxid ist tiefblau gefärbt, so dass die Anwesenheit von Iridium möglich ist. Die Reaktion ist aber nicht so eindeutig wie es in den Büchern steht.


Literatur:

1. Chemikerausschuss der Gesellschaft deutscher Hütten- und Bergleute (Hrsg.): Edelmetallanalyse – Probierkunde und naßchemische Verfahren; Springer-Verlag Berlin-Göttingen-Heidelberg 1964

2. Kolbeck, F: Carl Friedrich Plattners Probierkunst mit dem Lötrohre; 8. Umgearbeitete Auflag 1927, Leipzig, Verlag von Johann Ambrosius Barth (ältere Ausgaben online, z.B. unter https://archive.org/details/dieprobirku ... 8/mode/1up)
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von Uranylacetat »

Hallo lemmi,

das ist hohe „Scheidekunst“ vom Feinsten! :thumbsup:
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von MarbsLab »

Wow, du haust hier einen schönen Artikel nach dem anderen raus! Und wie ich sehe, bist du doch noch an eine Mengkapsel gekommen.

Grüße

Markus
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lemmi
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von lemmi »

@ Uranylacetat und MarbsLab: Danke für das Lob!

Nein, das ist keine Mengkapsel (schön wärs...!), die Schnauze ist viel zu breit! Das ist ein Wägeschiffchen aus Alu, etwa 4,5 cm lang :)
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mgritsch
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von mgritsch »

Na, es geht weiter edel zu bei dir :)
Feine Sache wieder, nur bei der daraus angegebenen Zusammensetzung stellen sich noch Fragen…

Cu ergibt sich also nur aus der Differenz der ermittelten Massen zur Einwaage, verbleibt im übrigen entweder im Borax oder der HNO3? Die Lösung in HNO3 hat keinen blaustich, denkst du dass alles im Borax gelandet ist? Das erschiene mir für ~700 mg Cu bei nur 500 mg Borax viel. Wo soll das sonst sein?

Die 10% Verluste beim Ag, wie ist das zu verstehen? Sicher nicht auf die Gesamtmenge inklusive der 8 g zulegiertes Ag, und bei der sonstigen Menge wird es wohl stark drauf ankommen wie viel vorhanden. Einen gewissen „fixen“ Verlust durch Löslichkeit, Verschleppen, Rückstände etc kann ich mir eher vorstellen als einen prozentualen. Macht bei kleinem Silbergehalt natürlich gleich viel aus.

Sind bei Dentallegierungen so wie bei Schmuck auch gewisse Gehalte handelsüblich? 14 Karat wäre 58,3%, vielleicht ist der Goldgehalt eigentlich etwas höher?

Wie schaffst du es eigentlich kleine Mengen einigermaßen vollständig von den Filtern zu bekommen?
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lemmi
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von lemmi »

Naja, wenn ich nicht irgendwo unverhofft nochmal eine Ladung Zahngold finde wars das aber auch. Die letzten 3,4 g sind verarbeitet...

Das Kupfer ist in der Tat die Differenz, denn ich habe es nicht extra bestimmt. Das ginge auch gar nicht, denn aus der Boraxglasur bekäme ich das nie raus. Aber der größte Teil ist in der Salpetersäure gelöst. Die Lösung ist durch das Palladium zwar orangefarben. Aber wie du siehst bildet sich bei der Übersättigung mit Ammoniak der Kupfertetraaminkomplex (blau). Ich habe kurz überlegt, es photometrisch zu bestimmen, aber da ich nicht weiß wie viel im Borax geblieben ist, hätte das wenig Sinn gehabt.

Die 10% Verlust des Silbers sind nur geschätzt, weil ich bei ähnlichen Versuchen so eine Ausbeute hatte. Das meiste geht verloren, weil ich ungeduldig bin und beim Dekantieren sich nicht alles ganz fein absetzen lasse ... :oops: Aber es wäre durchaus zu überlegen, ob die vVrluste fix sind statt prozentual. Ich glaube, ich habe überhaupt falsch gerechnet, denn ich habe nur 10% auf den Silber-Zugewinn (über die eingesetzten 8 g hinaus - die auch nicht auf der Analysenwaage abngewogen waren ...) gerechnet. eiegntlich müsste ich es auf die Gesamtmenge berechnen, aber das ergäbe im ganzen über 1,4 g und damit mehr, als das Metall ursprünglich gewogen hatte. Es sind zu viele Unsicherheitsfaktoren dabei. Ich denke eine Schätzung 54% AU + 20 % Ag + 20 % Cu + 6 % Pd und irgendwo dazwischen noch 0,5% andere Metalle dürfte hinkommen. Es kam mir ja nicht auf eine Analyse an, sondern auf die präparative Trennung.

Soweit mir bekannt werden Dentalmetalle nicht nach Karat-Stufen hergestellt.

Das Lösen der Niederschläge vom Filter ist ein Problem. Bei manchen geht es erstaunlich gut, bei anderen bleiben gefühlte 50% hängen, z.B. bei dem sehr feinpulvrigen schwarzen, in Königswasser unlöslichen Metallresten. Die hinterließen beim Abkratzen einen bleigrauen, speigelnden Belag auf dem Filter. Seit neuestemhabe ich deshalb einen Pinsel in Benutzung! Damit lassen sich (trockene!) Niederschläge ziemlich gut vom Filter lösen, mit dem Sptel drückt man sie oft erst richtig hinein - oder schabt Zellulose mit ab. Der Pinsel darf nur nicht zu alt sein, sonst "haart" er. Am besten ist natürlich Saugfiltration, da hat man ein kleineres, glattes Filter vor sich.

Ganz kleine Mengen filtriere ich über ein möglichst kleines Spitzfilter ab und löse sie dann auf dem Filter wieder auf. Auf diese Weise habe ich das Eisen identifiziert. Das hat mich wirklich erstaunt! Ich habe nur einmal mit der Pinzette kurz in die heiße, HCl-saure Goldlösung gegriffen, um die beiden Siedekugeln herauszunehmen - und schon hatte ich Eisen in der Lösung! (Ich habe sogar Fotos davon gemacht, die leider verschütt gegangen sind :wall: )
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von lemmi »

Ich bin noch nicht ganz am Ende mit den edlen Metallen ... ungeklärt ist noch immer, woraus das schwarze Pulver besteht, das in Königswasser unlöslich ist!

Ich kann folgende Eigenschaften angeben:

1. es reagiert nicht mit geschmolzenem Kaliumhydrogensulfat
2. es reagiert offenbar partiell mit einer Schmelze aus Kaliumnitrat und Kaliumhydroxid, denn der danach erhaltene wasserunlösliche Rest löst sich zum größten Teil in Königswasser zu einer olivgrünen Lösung. Diese gibt, fast ganz abgeraucht und mit 15% KOH ufgenommen, einen bläulichgrauen Niederschlag (siehe eingangspost!)
3. in Kaliumcyanidlösung löst es sich nach einigem warten und Schütteln zu einer farblosen Lösung

Hat jemand eine idee, um was es sich handelt?
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von mgritsch »

Also auf der Suche nach Dentallegierungen habe ich diese Tabelle eines größeren Anbieters gefunden.
Natürlich kein Anspruch auf Vollständigkeit, aber ich denke es gibt einen ersten Überblick was wo "üblich" ist:
https://www.wegold.de/docs/wegold/produ ... rsicht.pdf

Was auffällt:
- Keine Legierung hat mehr als 13% Cu!
- Auch Sn, Zn, Ta, Fe, Mn, Ga, In, Ti, Nb, B kommen vor (ich lese das so dass "x" für 0,x% steht)

Ich halte es für sehr unwahrscheinlich dass einmal kurz mit der Pinzette rein fassen ausreichend Fe auflöst um einen NS zu erzeugen. Nachweisbar evtl ja, NS eher nicht. Von daher vermute ich dass entweder tatsächlich eine deiner Legierungen (sind vermutlich auch nicht alle Stücke aus genau dem selben Material, oder?) Fe enthält, evtl auch Bestandteile einer sonstigen "Befestigung" rein gerutscht sind.
lemmi hat geschrieben: Montag 25. September 2023, 00:26Aber wie du siehst bildet sich bei der Übersättigung mit Ammoniak der Kupfertetraaminkomplex (blau).
Das hätte ich nicht zwingend als Cu Tetrammin erkannt. Du schreibst:
Dabei entstand zuerst eine Trübung und dann ein dichter dunkel-rosafarbener Niederschlag. Nach weiterem Zusatz von Ammoniak färbte sich die Flüssigkeit trüb-violett. Sie wurde erhitzt, wobei sich die Trübung allmählich auflöste und eine klare, tiefblaue Lösung erhalten wurde.
der Zwischenzustand mit dem dunkel-rosafarbenen NS - müsste nicht da schon ein verdächtiges blau auftreten? oder ist die Lösung da noch zu sauer? Gibt es noch andere edle Amin-Komplexe die blau wären? Warum braucht es Erhitzen um blau zu werden? Aber kann schon sein.
Das meiste geht verloren, weil ich ungeduldig bin und beim Dekantieren sich nicht alles ganz fein absetzen lasse ... :oops:
Meiner Erfahrung nach verschätzt man sich dabei leicht wie viel das ist. Das sind idR absolut vernachlässigbar kleine Verluste, >50 mg eher voluminösen AgCl wäre schon sehr merklich viel, wo du sogar noch die letzten 24 mg erfasst hast!
Damit lassen sich (trockene!) Niederschläge ziemlich gut vom Filter lösen, mit dem Sptel drückt man sie oft erst richtig hinein - oder schabt Zellulose mit ab. Der Pinsel darf nur nicht zu alt sein, sonst "haart" er. Am besten ist natürlich Saugfiltration, da hat man ein kleineres, glattes Filter vor sich.
ja, das geht noch am ehesten - vom trockenen Filter abschütteln, bloß nicht schaben. Saugfiltration - ja hast du denn nicht generell genutscht? Für alles andere fehlt mir jedenfalls die Geduld :)

Was die Flitter betrifft - evtl haben wir es hier wirklich mit Boriden zu tun, die sind oft sehr unlöslich. Und sehr wenige Massen-% B sind schon viele Atom-%. Ob das zur Löslichkeit in CN passt... keine Ahnung.
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lemmi
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Re: Scheidung von in Königswasser unlöslichen Edelmetall-Legierungen durch Quartierung

Beitrag von lemmi »

Interessante Tabelle! Nur kann man sie auf meine Proben nicht unbedingt anwenden, denn die sind über 50 Jahre alt und seither kann sich die Zusammensetzung geändert haben. Ausserdem wurden sie mit Königswasser vorbehandelt (okay, das dürfte nicht sehr in die Tiefe gedrungen sein ...)

An den Anwesenheit von Kupfer besteht kein Zweifel. Erstens ist die Perlenprobe positiv. Zweitens ist die dunkelblaue Farbe typisch Kupfertetraammin - ich kenne nichts anderes, das so eine Farbe hat. Nach dem Ansäuern war die Lösung auch hellgrün.

Fällen von Palladium 4+.jpg
Dass das Vauquelinsche Salz ausfällt, bevor sich Kupfertetraammin bildet ist klar, denn dazu muss genau die Hälfte des Palladiums mit NH3 komplexiert sein, die andere Hälfte aber noch nicht. Die Beobachtung der Reaktion war ziemlich eindrücklich: zuerst der fleischrote Niederschlag, dann eine violette Mischfarbe von diesem mit [Cu(NH3)4]2+, da war die Mischung schon deutlich mit Ammoniak übersättigt. Das [PdCl4]2- hat sich dann beim Erwärmen ohne weiteren Ammoniakzusatz zu [Pd(NH3)4]2+ gelöst (so wie bei den analogen Platin(II)-Komplexen) und die Flüssigkeit wurde klar dunkelblau.

Ich denke schon, die Zusammensetzung war ungefähr so, wie ich sie angegeben habe. Das Gold dürfte ziemlich akkurat bestimmt sein, denn das kann eigentlich an keiner Stelle verloren gehen. Du argumentierst selbst, dass größere Silberverluste wenig wahrscheinlich sind, ich hatte von meinen gefundenen 19 % schon auf 20 % aufgerundet. Palladium waren 6,2 % nachweisbar, lass es 6,5 % gewesen sein. Platin konnte ich nicht nachweisen - in der Lösung in Königswasser sicher keines, allenfalls im Salpetersäureauszug könnte welches drin gewesen sein, das der Fällung entgangen ist, wenn es als Pt2+ vorlag (ich habe eine Probe mit NH4Cl versetzt, wäre [PtCl6]2- drin gewesen, hätte Platinsalmiak ausfallen müssen). Aber dass das 5 % gewesen sein sollen (150 mg Pt) glaube ich nicht. Also muss der Rest Kupfer gewesen sein.

Klar sauge ich auch immer wo´s geht ab. Nur den mini-Eisenniederschlag habe ich in einem kleinen Spitzfilter gesammelt, von dem ich ihn nicht abgekratzt, sondern mit HCl ausgewaschen habe. Dafür war mir die Nutsche zu groß. A propos! Ich habe die Bilder wiedergefunden!!! :D

IMG20230923233630.jpg
IMG20230924000233.jpg
Daran, dass das Eisen auch aus einem Bauteil stammen könnte, habe ich auch schon gedacht (Rest einer Schraube oder so...), aber ich habe an den Teilen nichts derartiges bemerkt. Die ausgfallene Menge Fe(OH)3 waren auch maximal 2-3 mg und ich halte es durchaus für möglich, dass sich 1-2 mg Eisen von einer Pinzette in wenigen Sekunden lösen - insbesondere wenn sich zugleich ein viel edleres Metall statt dessen abscheidet, hier Gold. Wäre es ein Legierungsbestandteil oder sonst in den Metall-Werkstücken vorhanden gewesen, hätte man mehr finden müssen, und es hätte sich auch schon zu Beginn in der Salpetersäure lösen müssen. Diese Lösung war aber frei von Eisen (nach Ammoniakzusatz völlig klar).

An Boride habe ich noch gar nicht gedacht! Wie kommst du auf die? Wurde/wird Bor in Edelmetallegierungen verarbeitet?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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