Fragen zu Wolle beizen
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Fragen zu Wolle beizen
Hoffe die Frage passt hier rein. Mich interessieren mal ein paar Infos zum Beizen von Wollfasern. So wie ich es verstanden habe dient die Beize dazu die Farbstoffe fester an die Wollfasern zu binden. Beizen enthalten ja Metallionen, die sich dann mit den Farbstoffmolekülen verbinden. Z. B. Aluminium aus Alaun oder Eisen aus Eisen(II)sulfat. Was passiert jetzt aber mit dem Säurerest? Mit wem verbindet der sich?
Und die zweite Frage warum eignen sich manche Metallsalze zum Beizen wie Eisen-, Kupfer-, Aluminiumsalze von anderen wie Mg-, Ca-, Na-, K-Salzen konnte ich nichts finden. Also warum kann man nicht mit Kochsalzlösung beizen?
Und die zweite Frage warum eignen sich manche Metallsalze zum Beizen wie Eisen-, Kupfer-, Aluminiumsalze von anderen wie Mg-, Ca-, Na-, K-Salzen konnte ich nichts finden. Also warum kann man nicht mit Kochsalzlösung beizen?
- mgritsch
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Re: Fragen zu Wolle beizen
Ein sehr schönes Gebiet
All das beruht grundsätzlich auf der Komplexchemie - wann/wie können sich stabile, farbige Komplexe bilden.
Zum einen mit der Faser - bei Wolle oder Seide sind das Proteine die viele funktionelle Gruppen haben die mit dem Metallion Komplexe bilden können (Amidbindung, freie Amino- und Carbonsäuregruppen).
Zum anderen mit dem Farbstoff - viele Beizenfarbstoffe sind zB als metallochrome Indikatoren in der Komplexometrie im Einsatz. Die Strukturen enthalten gut bindende idR chelatartige Strukturen (zB R-C(OH)-N=N-C(OH)-R)
Entscheidend ist, dass die Komplexe die sich da bilden:
- stark gefärbt
- möglichst stabil
- möglichst unlöslich
sind sodass die Färbung beständig ist. Am Ende hast du im Idealfall eine stabile Verbindung Faser - Metall - Farbstoff. Fe, Cr, Al bilden so stabile Komplexe und können als Zentralatom entsprechend mit vielen Liganden koordinieren um die Bindung in beide Richtungen zu gewährleisten. Mg und Ca nur schwach, Na und K gar nicht.
Da die dafür erforderlichen Schwermetalle eher nicht zum gesündesten gehören, sind Beizenfarbstoffe heute etwas aus der Mode gekommen. Speziell bei Synthetikfasern sind ohnehin Spinnfärbungen (Farbstoff ins Basismaterial eingemischt) die viel bessere Alternative.
All das beruht grundsätzlich auf der Komplexchemie - wann/wie können sich stabile, farbige Komplexe bilden.
Zum einen mit der Faser - bei Wolle oder Seide sind das Proteine die viele funktionelle Gruppen haben die mit dem Metallion Komplexe bilden können (Amidbindung, freie Amino- und Carbonsäuregruppen).
Zum anderen mit dem Farbstoff - viele Beizenfarbstoffe sind zB als metallochrome Indikatoren in der Komplexometrie im Einsatz. Die Strukturen enthalten gut bindende idR chelatartige Strukturen (zB R-C(OH)-N=N-C(OH)-R)
Entscheidend ist, dass die Komplexe die sich da bilden:
- stark gefärbt
- möglichst stabil
- möglichst unlöslich
sind sodass die Färbung beständig ist. Am Ende hast du im Idealfall eine stabile Verbindung Faser - Metall - Farbstoff. Fe, Cr, Al bilden so stabile Komplexe und können als Zentralatom entsprechend mit vielen Liganden koordinieren um die Bindung in beide Richtungen zu gewährleisten. Mg und Ca nur schwach, Na und K gar nicht.
Da die dafür erforderlichen Schwermetalle eher nicht zum gesündesten gehören, sind Beizenfarbstoffe heute etwas aus der Mode gekommen. Speziell bei Synthetikfasern sind ohnehin Spinnfärbungen (Farbstoff ins Basismaterial eingemischt) die viel bessere Alternative.
Re: Fragen zu Wolle beizen
Ah, danke schon mal, nun muss ich erst mal Begriffe googeln...
Aber soviel hab ich kapiert, dass K, Na und so nicht zur Komplexbildung taugen. Was passiert denn nun aber mit dem SO4 vom Eisen beispielsweise. Geht das mit in den Komplex?
Aber soviel hab ich kapiert, dass K, Na und so nicht zur Komplexbildung taugen. Was passiert denn nun aber mit dem SO4 vom Eisen beispielsweise. Geht das mit in den Komplex?
- mgritsch
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Re: Fragen zu Wolle beizen
nö, das Anion geht idR nicht mit.
Die Komplexbildung läuft auf eine Säure-Basen-Reaktion hinaus, die Rolle des Anions übernimmt der (Farbstoff-)Ligand. -OH Gruppen können zB deprotoniert werden.
Die Komplexbildung läuft auf eine Säure-Basen-Reaktion hinaus, die Rolle des Anions übernimmt der (Farbstoff-)Ligand. -OH Gruppen können zB deprotoniert werden.
Re: Fragen zu Wolle beizen
Der Saeurerest verbindet sich bei der Komplexbildung mit den frei werdenden Protonen und wird einfach ausgewaschen.
Eisen- und Aluminiumsalze sind ungiftig und auch so so gut wie gar nicht allergen, so dass sie zum Faerben von Wolle eigentlich kein wirklichrs Problem darstellen.
Eisen- und Aluminiumsalze sind ungiftig und auch so so gut wie gar nicht allergen, so dass sie zum Faerben von Wolle eigentlich kein wirklichrs Problem darstellen.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)
"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)
"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Re: Fragen zu Wolle beizen
Aha, also würde sich beim Beizen mit z.B. Eisen(II)-sulfat das Eisen an das Eiweiß (Wolle) heften und der Rest bildet dann Schwefelsäure oder ein anderes Sulfat welches ausgewaschen wird, bzw. mit Eisenazetat Essigsäure/Azetat?
- mgritsch
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Re: Fragen zu Wolle beizen
Vielleicht nicht am Produkt im Gebrauch - aber durchaus im Sinne von belasteten Abwässern bei industrieller Anwendung.
Eisen (II) schon mal gar nicht - schlechter Komplexbildner. Fe(III) ja. IdR schaut man dass man die Salze eher zu Hydroxiden hydrolysiert, die waschen sich am wenigsten aus und tun dann im Färbebad perfekt den Job.
Re: Fragen zu Wolle beizen
Hm, nun frag ich mich warum wird in manchen Färberezepten Eisen(II)sulfat als Beizmittel u.A. zur Nachbearbeitung angegeben (und das funktioniert sogar). Das finde ich verwirrend. Bildet sich dann aus dem Fe(II) ein Fe(III)? Schon recht komplex diese Komplexverbindungen...
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Re: Fragen zu Wolle beizen
Man nimmt das Eisen(II)salz, weil es deutlich einfacher in der Handhabung ist. Für Eisen(III)-Salze braucht man eine stark saure Lösung, damit sie nicht als Hydroxid ausfallen. Die an der Faser umd im Farbstoff absorbierten Mengen Eisensalz werden später vom Luftsauerstoff oxidiert.
In der Gobelin-Weberei nimmt man ungerne mit Eisen gebeizte oder nachentwickelte Färbungen, weil das Eisen den Alterungsprozess der Garne beschleunigt. In diesem Fall wirkt das Eisenion als Sauerstoffüberträger oder Oxidationsmittel. Bei normaler Kleidung ist der mechanische Verschleiß schneller als diese chemische Alterung.
In der Gobelin-Weberei nimmt man ungerne mit Eisen gebeizte oder nachentwickelte Färbungen, weil das Eisen den Alterungsprozess der Garne beschleunigt. In diesem Fall wirkt das Eisenion als Sauerstoffüberträger oder Oxidationsmittel. Bei normaler Kleidung ist der mechanische Verschleiß schneller als diese chemische Alterung.
Re: Fragen zu Wolle beizen
Auf Baumwollstoffen hinterlässt Eisen-III-chlorid zunächst Flecken, die nur frisch mit Hilfe von Oxalsäure, gealtert gar nicht mehr rausgehen und schließlich wie Salzsäure ein Loch an betroffener Stelle hinterlassen.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Re: Fragen zu Wolle beizen
Nun, hab ich nochmal einige Fragen zu einer Beize: Im Netz hab ich ein Rezept gefunden wo mit Hilfe von Ameisensäure, Soda und Aluminiumsulfat eine Beize hergestellt wird. Hab den Link leider nicht mehr.
Jedenfalls wird Soda in Wasser gelöst dazu gibt man Ameisensäure und danach dazu eine Lösung von Aluminiumsulfat. Das Beizmittel soll Aluminiumtriformiat sein was sich ergibt. Mir ist nun nicht klar wozu das Soda dient. Hab mal versucht die Gleichungen aufzustellen, aber keine Ahnung ob das so stimmt.
Na2CO3 + 2HCOOH > 2HCOONa + CO2 + H2O
6HCOONa + Al2(SO4)3 > 2(HCOO)3Al + 3Na2SO4
Kann man nicht auch direkt mit Al und Ameisensäure arbeiten?
Jedenfalls wird Soda in Wasser gelöst dazu gibt man Ameisensäure und danach dazu eine Lösung von Aluminiumsulfat. Das Beizmittel soll Aluminiumtriformiat sein was sich ergibt. Mir ist nun nicht klar wozu das Soda dient. Hab mal versucht die Gleichungen aufzustellen, aber keine Ahnung ob das so stimmt.
Na2CO3 + 2HCOOH > 2HCOONa + CO2 + H2O
6HCOONa + Al2(SO4)3 > 2(HCOO)3Al + 3Na2SO4
Kann man nicht auch direkt mit Al und Ameisensäure arbeiten?
Re: Fragen zu Wolle beizen
Nein, Al besitzt eine passivierende Oxidschicht, so dass es von organischen Säuren nicht oder nur wenig angegriffen wird.
Soda dient zur Neutralisation der Ameisensäure, damit das entstehende Natriumformiat anschließend zum Ionentausch mit dem Aluminiumsulfat zur Verfügung steht.
Soda dient zur Neutralisation der Ameisensäure, damit das entstehende Natriumformiat anschließend zum Ionentausch mit dem Aluminiumsulfat zur Verfügung steht.
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Re: Fragen zu Wolle beizen
Ok, verstehe. Wenn ich nun eine Sodalösung herstelle, die ja basisch reagiert. Und ich gebe da dann Al zu, würde diese dann mit dem Aluminium reagieren?
Re: Fragen zu Wolle beizen
Wenn die Lösung heiß und konzentriert ist und Du genug Geduld hast, ja...
Ansonsten löst sich Aluminium leichter und schneller in Natronlauge, mit der sich ebenso das Aluminat bildet, welches sich wiederum direkt mit Ameisensäure zu Aluminiumformiat umsetzen ließe. Einfach die Säure zugeben, bis sich der im Zwischenschritt gebildete Niederschlag von Aluminiumhydroxid gerade wieder gelöst hat.
Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob auch die Kalium- und Sulfat-Ionen des Alauns in der Beize eine Rolle spielen. Meist haben solche Rezepte ja doch irgendeinen Sinn - und sei es nur, dass dabei die am günstigsten verfügbaren Ausgangsstoffe genutzt werden: Alaun ist billig, während Aluminium als Metall erst energieaufwendig hergestellt werden muss - nur, um dann anschließend wieder aufgelöst zu werden... Wobei es im industriellen Maßstab mehr Sinn macht, solche Fakten mitzuerwägen, als im Heimlabor... Hier gilt eher: Probieren geht über Studieren, und: Versuch macht kluch, äh.. klug...
Ansonsten löst sich Aluminium leichter und schneller in Natronlauge, mit der sich ebenso das Aluminat bildet, welches sich wiederum direkt mit Ameisensäure zu Aluminiumformiat umsetzen ließe. Einfach die Säure zugeben, bis sich der im Zwischenschritt gebildete Niederschlag von Aluminiumhydroxid gerade wieder gelöst hat.
Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob auch die Kalium- und Sulfat-Ionen des Alauns in der Beize eine Rolle spielen. Meist haben solche Rezepte ja doch irgendeinen Sinn - und sei es nur, dass dabei die am günstigsten verfügbaren Ausgangsstoffe genutzt werden: Alaun ist billig, während Aluminium als Metall erst energieaufwendig hergestellt werden muss - nur, um dann anschließend wieder aufgelöst zu werden... Wobei es im industriellen Maßstab mehr Sinn macht, solche Fakten mitzuerwägen, als im Heimlabor... Hier gilt eher: Probieren geht über Studieren, und: Versuch macht kluch, äh.. klug...
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Re: Fragen zu Wolle beizen
Ich gehe davon aus, daß Kalium und Sulfat nur "Zugabe" sind und das Aluminium3+ die wirksame Komponente ist. In vorindustrieller Zeit war Alaun, oft aus Alaunschiefern gewonnen, die einzige Quelle für lösliche Aluminiumverbindungen.