Nickelspiegel

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Alf
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Nickelspiegel

Beitrag von Alf »

Nickelspiegel


Dieses Experiment ist eine Abwandlung des klassischen Silberspiegel Experiments mit Nickel. Als Versuchsziel soll ein Reagenzglas mit einer Nickelschicht verspiegelt werden.


Geräte/Materialien:

Reagenzgläser, Spatel, dest. Wasser, evtl. Bunsenbrenner/Heizplatte


Chemikalien:

Nickel(II)sulfat Warnhinweis: attnWarnhinweis: xnWarnhinweis: n
Ammoniak 25% Warnhinweis: cWarnhinweis: n
Natriumdithionit Warnhinweis: attnWarnhinweis: f


Hinweis:

Nickel und seine Verbindungen gelten als erwiesenermaßen krebserregend und sind ein starkes Kontaktallergen!


Durchführung:

In einem Reagenzglas werden 2 Spatel Nickel(II)sulfat vorgelegt und in etwas destilliertem Wasser gelöst, so dass eine grüne Lösung entsteht. Im Anschluss wird mit einer Pipette 25%iges Ammoniak zugegeben, bis sich der Nickel(II)hydroxid Niederschlag wieder vollständig löst und eine dunkelblaue Hexamminnickel(II)-Lösung entsteht. Dann werden 2 Spatel Natriumdithionit zugegeben, wobei sich die Lösung sofort dunkel rotbraun verfärbt. Das Reagenzglas wird schräg in ein Stativ eingespannt und die Mischung mit dem Bunsenbrenner vorsichtig seitlich bis zum Sieden erhitzt. Die Lösung neigt stark zum Spritzen! Sobald sich im Reagenzglas ein deutlicher Nickelspiegel gebildet hat, wird der Bunsenbrenner weggestellt. Die überschüssige Lösung wird entsorgt und das Reagenzglas vorsichtig ausgewaschen.

Alternativ wird das Reagenzglas nicht erhitzt, sondern über Nacht stehen gelassen, wobei sich ebenfalls ein schöner Nickelspiegel bildet.


Entsorgung:

Die überschüssige Lösung wird dem Schwermetallabfall beigegeben.


Erklärung:

Durch das starke Reduktionsmittel Natriumdithionit werden die Hexamminnickel(II)-Ionen zu metallischem Nickel reduziert, wobei sich das Nickel am Glas in metallischer Form absetzt. Der Nickelspiegel ist etwas dunkler als der bekanntere Silberspiegel.


Bilder:


Bild
Ausgangsmaterialien


Bild
Hexamminnickel(II)-Lösung


Bild
Nach der Zugabe von Natriumdithionit, dunkelrote Färbung


Bild
Verspiegelte Reagenzgläser; links: nach Stehen bei Raumtemperatur für 12 Stunden; rechts: nach Erhitzen über dem Bunsenbrenner
Alf
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Alf »

Beim Erstellen der genauen Redox-Gleichung kann mir sicher jemand helfen, ich bin mir nämlich unsicher wozu genau das Natriumdithionit reduziert wird? Natriumsulfit? Man kann beim Erhitzen über dem Bunsenbrenner meiner Meinung nach auch eine leichte Schwefelwasserstoff Note wahrnehmen.. :?
aliquis
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Ni2+ wird zu Ni reduziert, Dithionit im Gegenzug OXIDIERT - vermutlich hauptsächlich zum Sulfit (Edit), wobei aber auch Nebenprodukte denkbar wären.

Spannend fände ich, bei welchen Schwermetallsalzen das noch funktioniert - sie müssten sich ja aber mindestens mit Ammoniak komplexeren lassen, also vll. Kupfer oder Zink? Die wären mir auch viel lieber als Nickelsalze (zumindest ein Wattebausch in der Reagenzglasmpndung wäre dabei eine gute Idee)...
Von Kupfer weiß man, dass es mit Hydrazin funktioniert.

Woher hast Du das Dithionit? Ich verwende - z. B. zur Herstellung von Farbstoffküpen - Heitmanns Power Entfärber: der besteht zwar nur zu 30 % aus Dithionit (Rest: Natriumcarbonat), ist dafür aber nicht selbstentzündlich...

Tipp: Das starke Stoßen alkalischer Lösungen kann man vermeiden, wenn die Erwärmung im Wasserbad erfolgt.
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Glaskocher
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Glaskocher »

Das ist ein schönes kleines Experiment. Jetzt wollte ich fragen, ob Du irgendeinen markanten Geruch wahrgenommen hast und erinnere mich an den Überschuß Ammoniak. Schade, sonst hätte ich nach SO2 gefragt, das aber als Ammoniumsulfit in der Lösung bleibt.

Hast Du noch eine Literaturquelle für die Reaktion? Einfach der Neugierde halber...

Kurz: Ich vermute, daß das Dithionit zu zwei Molekülen SO2 oxidiert wird und dabei zwei Elektronen abgibt. Das wäre die Bildungsreaktion über das Zinkstaubverfahren in Rückwärts. Das wäre die erste Reaktion, die möglich ist. Da Nickel deutlich edler als Zink ist oxidieren die Nickel(II)ionen das Dithionit zum SO2, während das Zink sich vom SO2 die Elektronen "klauen" läßt. Zum Endprodukt Sulfat kommt man nicht, da man sonst auch mit Sulfit hätte reduzieren können, das leichter verfügbar und billiger wäre.

S2O42- --> 2 SO2 + 2 e-
SO2 + H2O + 2 NH3 --> (NH4)2SO3


Tante EDIT sagt:
Unter Metallcarbonyle findet man die Aussage "In wässriger Phase lassen sich zum Beispiel Nickel- oder Cobaltsalze mit Natriumdithionit reduzieren." Das würde einen Hinweis geben, daß eventuell auch ein Cobaltspiegel in ähnlicher Reakton möglich ist. Unter der Fußnote ist folgendes Literaturzitat hinterlegt: A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1, S. 1780–1822.
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mgritsch
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von mgritsch »

Nice, das ist doch mal eine Alternative zum Silber :) :) :)
Alf hat geschrieben: Montag 28. März 2022, 10:57 Beim Erstellen der genauen Redox-Gleichung kann mir sicher jemand helfen, ich bin mir nämlich unsicher wozu genau das Natriumdithionit reduziert wird? Natriumsulfit?
Wir haben folgende Redoxsysteme am Start:
https://www.periodensystem-online.de/in ... edox&el=16
S2O42- + 4 OH- → 2 SO32- + 2 H2O + 2 e- E0 = -1.12 V
SO32- + 2 OH- → SO42- + H2O + 2 e- E0 = -0.94 V
Sollte der pH in der ammoniakalischen, gepufferten Lösung nicht 14 sein wie unter Standardbedingungen sondern zB nur 10 dann verschieben sich die Potenziale um 4 * 2 * 0,059 = 0,472 V, das heißt sie betragen dann -0,648 bzw. -0,468 V.

Auf der anderen Seite haben wir:
https://www.periodensystem-online.de/in ... edox&el=28
Ni + 6 NH3 → [Ni(NH3)6]2+ + 2 e- E0 = -0.49 V.
Das gilt bei [NH3] = 1 mol/l und ist etwas schwerer zu kontrollieren bzw verschiebt sich ganz schon rasch mit der NH3-Konzentration.

Sulfit ist jedenfalls unter den genannten Bedigungen eher ein zu schwaches Reduktionsmittel, nur Dithionit schafft das noch, es trifft die erste Gleichung zu.
Man kann beim Erhitzen über dem Bunsenbrenner meiner Meinung nach auch eine leichte Schwefelwasserstoff Note wahrnehmen.. :?
das würde ich eher diversen Verunreinigungen, Hydrolyse- und Nebenprodukten zuschreiben. Sulfid ist selbst ein starkes Reduktionsmittel, in der Oxidationsstufe unter dem Dithionit.
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Vermutung:
Falls das Dithionit selbst hergestellt war und noch Spuren von Zinkstaub enthält, welches in alkalischer Lösung Wasserstoff freisetzt, so könnte H nasc. Sulfit zum Sulfid reduzieren, was den Geruch erklären würde. Viel wäre dazu gar nicht nötig, da die Geruchsschwelle ja sehr niedrig ist...
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Glaskocher
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Glaskocher »

Kleiner Tipp zum Erhitzen von Reagenzgläsern:
Wenn man das RG schräg einspannt (45°) und dann bewußt nur das untere Ende von der Spitze her erwärmt, dann kann sich im RG eine Thermik-Strömung ausbilden. Dadurch sinkt immer kalte, dichtere Lösung nach unten und die Erhitzte kann oben aufsteigen. Dazu muß man natürlich mit allen Sinnen auf den Glasinhalt achten, da man mit etwas Übung schon am Geräusch hört, in welchem Zustand der Inhalt ist. Zur Not lieber die Oberseite des schräg gehaltenen Glasbodens erwärmen. Oft gilft auch vorsichtiges Schütteln in Längsrichtung des schräg gehaltenen RG, den Inhalt gut zu durchmischen.
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mgritsch
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von mgritsch »

Alf hat geschrieben: Montag 28. März 2022, 10:55 …Dazu werden 2 Spatel Natriumthiosulfat zugegeben, …

Ich glaube das ist ein Verwechsler :)

Was mir auffällt: kommerzielle Vernickelung auf Alltagsgegenständen hat idR einen sehr hellen, typisch weißlich-gelben Farbstich. Deine Reagenzgläser wirken eher dunkel rotbraun-metallisch. Täuscht die Farbe am Bild oder ist das so?
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Ammoniakalkalische Suspensionen "schießen" auch ohne geräuschbezogene Vorwarnungen beim Erhitzen aus dem Reagenzglas - ein brauner Fleck von Eisenhydroxid an der Wand zeugt bei mir davon...
Seitdem gibt's für mich nur drei Alternativen zum Erhitzen solcher Kandidaten, mit denen ich bisher gut und unfallfrei gefahren bin:
- Wasserbad (s. o.)
- magnetisches Rühren in breiten Gefäßen
- wo möglich: Feststoff durch Filtrieren abtrennen und außerhalb eines ammoniakalkalischen Millieus weiterverarbeiten
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Zink dürfte wohl definitiv zu unedel sein, Gleiches gilt für Chrom, dessen Ammin-Komplex mir zwischenzeitlich noch in den Sinn gekommen war. Cobalt fände ich hingegen interessant.

Dithionit kann auch die ansatzweise Bildung eines (schwachen) Kupfer-Spiegels hervorrufen, wenn beim pH-Wert mit Alkalihydroxid nachgeholfen wird: https://woelen.homescience.net/science/ ... index.html.

Erhöhung des pH-Werts durch zusätzliches Alkalihydroxid erleichtert/beschleunigt nach meiner Erfahrung auch die Bildung von gleichmäßigen Silber-Spiegeln aus dem Diammin-Silber-Komplex (vorzugsweise unter Verwendung von Glucose als Reduktionsmittel).
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Mit Cobalt habe ich es ausprobiert: sofortige Schwarzbraunfärbung der Mischung nach Dithionit-Zugabe. Kein Spiegel (auch nicht im Wasserbad), nur ein schwach dunkler Beschlag im Glas, der sich in etwas kalter verdünnter Schwefelsäure spielend wieder löst und dafür sorgt, dass sich beim Ausschütten der Mischung in den Sammelbehälter für Schmermetallabfälle ein unverkennbarer Geruch nach faulen Eiern bemerkbar macht.
Meine Vermutung: Cobalt-II-sulfid. Vll. hat zuvor mit Luftsauerstoff in alkalischem Millieu gebildetes Co3+ das Dithionit zu Sulfid oxidiert.
Ni scheint also das einzige vergleichsweise unedle Metall im Bunde mit Cu, Ag und Au zu bleiben, das Spiegel bildet.
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Alf
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Alf »

Danke allseits für die Ergänzungen! :thumbsup:
Hast Du noch eine Literaturquelle für die Reaktion? Einfach der Neugierde halber...
Nein leider nicht, der Spiegel war ein Zufallsfund als ich die Mischung über Nacht stehen gelassen habe und am nächsten Tag überraschenderweise diesen schönen Nickelspiegel fand.

Das Spritzen lässt sich auch einigermaßen verhindern, wenn man seitlich gleichmäßig zügig erhitzt. Im Wasserbad habe ich nur schlechte Resultate erhalten, mit dem Bunsenbrenner wesentlich bessere (zumindest über kurze Zeit).
Was mir auffällt: kommerzielle Vernickelung auf Alltagsgegenständen hat idR einen sehr hellen, typisch weißlich-gelben Farbstich. Deine Reagenzgläser wirken eher dunkel rotbraun-metallisch. Täuscht die Farbe am Bild oder ist das so?
Nein das täuscht nicht, der Spiegel ist wirklich wesentlich dunkler als ich ihn z.B. vom Silber kenne. Meine Vermutung wäre auch, dass sich hier Nickelsulfid als Nebenprodukt bildet. Der Geruch nach Schwefelwasserstoff war schwach aber neben Ammoniak wahrnehmbar.
Meine Vermutung: Cobalt-II-sulfid
JA das würde ganz gut passen eigentlich.
Glaskocher
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Glaskocher »

aliquis hat geschrieben: Dienstag 29. März 2022, 00:41 Zink dürfte wohl definitiv zu unedel sein, ...
Man lese nochmal meinen Satz vollständig. Der endet auf ... RÜCKWÄRTS.
Glaskocher
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von Glaskocher »

aliquis hat geschrieben: Dienstag 29. März 2022, 06:29 ...
Meine Vermutung: Cobalt-II-sulfid. Vll. hat zuvor mit Luftsauerstoff in alkalischem Millieu gebildetes Co3+ das Dithionit zu Sulfid oxidiert.
...
Das wäre aber eine Reduktion, wenn Sulfid entsteht! Man muß elementaren Schwefel reduzieren, um Sulfid zu erhalten!
Cobalt3+ ist hier das falsche Reagenz.
Sulfid kann hier mur durch Disproportion des Dithionits entstehen oder durch einen andere Reaktion zwischen zwei schwefelhaltigen Spezies.
aliquis
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Re: Nickel Spiegel

Beitrag von aliquis »

Schwefelwasserstoff war schwach aber neben Ammoniak wahrnehmbar.
Ja, H2S drängt sich olfaktorisch neben Ammoniak eigentlich immer in den Vordergrund: man fächele sich sich mal etwas von dem Geruch einer Ammoniumsulfidlösung zu...
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