Seife ist eines der ältesten chemischen Produkte der Menschheit, sogar im alten Testament gab es dazu bereits Erwähnungen. Sie ist heute ein allgegenwärtiges Haushalts-Produkt, wenngleich sie teilweise durch moderne, teils wirksamere und effizientere Detergenzien ersetzt wurde. Von der Haptik und dem Gefühl bei der Anwendung her ist sie zumindest als Kulturgut und Toiletteartikel nach wie vor aktuell, nützlich und beliebt.
Der Prozess der Seifenherstellung ist relativ simpel und kann bequem zuhause durchgeführt werden. Bei der Seifenherstellung wird ein Triglycerid (Tri-Ester aus drei Fettsäuren und Glycerin) durch alkalische Hydrolyse gespalten. Die Tatsache, dass der Prozess der Ester-Hydrolyse in der chemischen Fachsprache auch heute noch ganz allgemein "Verseifung" genannt wird, ist eine schöne historische Reminiszenz an dieses Verfahren.
Um eine qualitativ hochwertige Seife herstellen zu können, muss genau die für die Verseifung erforderliche Menge an Natronlauge eingesetzt werden. Die richtige Menge lässt sich aus der sogenannten "Verseifungszahl" leicht errechnen. Diese Zahl gibt an, wie viel Gramm reines NaOH bzw. KOH für eine vollständige Verseifung von 1 Gramm Fett erforderlich sind. (wenn Angabe <1, sonst sind mg pro g gemeint). Zahlenwerte für viele Fette findet man in Tabellen online, auf manchen Seiten gibt es auch fertige "Rezept-Rechner" für rechenfaule.
Sollte man ein unbekanntes Fett vorliegen haben oder sich nicht sicher sein, kann man die Verseifungszahl sehr leicht titrimetrisch selbst bestimmen. Ich habe das für Olivenöl, eine handelsübliche Margarine und für ein etwas ungewöhnlicheres Produkt "Lorbeeröl Pressum" gemacht.
Für die Seifenherstellung gibt es zwei grundsätzliche Prozesse. Bei der Heißverseifung ("Seifensieden") werden die Fette zusammen mit der Natronlauge unter Rühren gekocht, bis die Verseifung abgeschlossen ist. Dann wird Kochsalz zugegeben (Fällung durch gleichionigen Zusatz), wodurch sich aus dem dicken Seifenleim die "Kernseife" abscheidet - diese wird von der Lauge abgetrennt in der sich Wasser, restliche Lauge und das Glycerin der Verseifung befinden. Die Kernseife kann nun mit Zusatzstoffen vermischt, gut geknetet und in Formen gepresst werden wo sie aushärtet. Dieses Verfahren ist etwas aufwändiger und erfordert mehr Erfahrung. Es ergibt eine feste Kernseife die fast kein Glycerin enthält und rasch benutzbar ist. Größter Vorteil ist, dass das Produkt viel einfacher mit Duftstoffen versetzt werden kann, die sonst von der konzentrierten Natronlauge zerstört würden.
Beim Kaltverfahren werden Fett und Lauge kalt vermischt und unter kräftigem Rühren emulgiert. Schon bald setzt die Reaktion ein und die Masse erwärmt sich, sie wird cremiger und dickflüssiger. Der "Seifenleim" wird rasch in passende Formen gegossen und an einem warmen Ort zur Beendigung der Reaktion ruhig stehen gelassen. Das Verfahren ist sehr einfach und rasch durchführbar und ergibt eine glycerinhaltige, pflegende Seife von hoher Qualität. Lediglich bei der Parfümierung kann es zu Problemen kommen. Im Folgenden wird die Durchführung nach dem Kaltverfahren beschrieben.
Geräte:
Für die Analyse: Rundkolben, Rückflusskühler, Titrierkolben, Bürette
Für die Herstellung: Bechergläser, Stabmixer, Formen (zB Silikon, andere flexible Kunststoffbehälter)
Chemikalien:
für die Analyse:
Kaliumhydroxid
Ethanol
Phenolphthalein
Salzsäure
Für die Herstellung:
Natriumhydroxid
Diverse Fette und Öle (bevorzugt pflanzlich)
Optional: mineralische Farbpigmente, Duftöle, EDTA
Seife
Hinweis:
Bei der Herstellung der Seife wird mit konzentrierter, heißer Natronlauge gearbeitet. Spritzer - vor allem im Auge - können schwerste Verätzungen hervorrufen, es ist unbedingt mit geeigneter Schutzkleidung (Brille, Handschuhe) zu arbeiten!
Wenn kein entsprechendes Becherglas zur Verfügung steht, kann alternativ auch in Gefäßen aus Edelstahl oder Kunststoff (sofern ausreichend temperaturbeständig bis min. 100 °C) gearbeitet werden. Keinesfalls darf man jedoch Gefäße aus Aluminium benutzen, da das Metall durch die heiße Lauge unter Auflösung und Bildung von explosivem Wasserstoff sehr rasch angegriffen und zerstört wird!
Durchführung:
Analyse
Zuerst wurde durch Auflösen von 2,8 g KOH in 100 ml Ethanol (empfohlen: Weingeist, kein Spiritus - die Vergällungszusätze stören) eine ca. 0,5 mol/l ethanolische KOH hergestellt. 25 ml dieser ethanolischen KOH wurden im Titrierkolben mit 25 ml dest. Wasser versetzt und mit einer 1 mol/l Salzsäure (Titer = 1,057) gegen Phenolphthalein titriert. Verbrauch = 11,85 ml (Leerwert).
In einem 50 ml Rundkolben wurden ca. 2 Gramm des zu bestimmenden Fetts genau eingewogen und mit 25 ml der ethanolischen KOH versetzt. Nun wurde 1 Stunde unter Rückfluss und Rühren (oder Zugabe von Siedesteinchen) gekocht. Der Ansatz wurde in den Titrierkolben überführt und der Rundkolben mehrfach mit kleinen Mengen dest. Wasser nachgewaschen und ebenfalls in den Titrierkolben überführt. Nun wurde ebenfalls gegen Phenolphthalein titriert.
Ergebnis:
Leerwert = 11,85 ml
Messwert = 6,30 ml
Verbrauch für die Verseifung = 5,55 ml
Das entspricht bei einer 1 mol/l Salzsäure (Titer = 1,057) einem Verbrauch von 5,87 mmol oder 0,329 g KOH.
Bezogen auf die Einsatzmenge Fett von 1,905 g ist das eine Verseifungszahl von 0,173 g KOH pro g Fett.
Für Natronlauge kann die Verseifungszahl einfach über die molaren Massen umgerechnet werden - in dieem Fall wären das 0,123 g NaOH pro g Fett.
Für Olivenöl konnte der "Literaturwert" (Tabellenwert 0,1345 g NaOH pro Gramm) auf diesem Weg weitgehend bestätigt werden (Messwert: 0,136 g NaOH pro Gramm; nur 1,25 % höher). Auch wenn es sich hier um ein Naturprodukt handelt, das immer gewissen Schwankungen unterliegt, ist doch eine bemerkenswerte artenspezifische Konstanz dieser Werte zu finden. Margarine besteht meist hauptsächlich aus Kokos- und Palmfett das mit Stärke, Wasser und Farbstoffen (z.B. Carotin) gemischt ist. Durch den relativ hohen Wasseranteil (Angabe auf der Verpackung: 70 % Fettgehalt!) ergeben sich niedrigere Verseifungszahlen.
Herstellung von Seife
In einem 2-Liter Becherglas wurden anderthalb Würfel Kokosfett (356,7 g) vorgelegt und bei geringer Hitze verflüssigt. Nachdem das Öl etwas ausgekühlt war, wurden 322,6 g Olivenöl und 354,2 g Rapsöl zugegeben und alles gut gemischt. Genaues Einwiegen der Komponenten ist hier wichtig! Will man Farbstoffe zusetzen, dann können diese jetzt im Öl gut mit dem Stabmixer verteilt werden.
Aus diesen Einwaagen und den Verseifungszahlen lt. Tabelle bzw. eigener Analyse (0,183 für Kokosöl, 0,136 für Olivenöl und 0,135 für Rapsöl) errechnet sich ein Bedarf an NaOH von 157 g. Damit die Seife nicht durch Restmengen NaOH zu stark alkalisch wird, wird eine sogenannte "Überfettung" von bis zu 10% empfohlen - um diesen Anteil ist die NaOH zu reduzieren. Nicht verseifte Fette verleihen dem fertigen Produkt auch einen pflegenden, rückfettenden Anteil. Für mein Rezept wählte ich eine Überfettung von 5%, die einzusetzende NaOH-Menge betrug somit 149,2 g NaOH.
Die Wassermenge in der die NaOH gelöst wird kann ebenfalls variabel gestaltet werden - ein geringerer Wasseranteil ermöglicht ein rascheres Festwerden und eine bessere Formstabilität des Produkts; setzt man mehr Wasser ein dann bleibt der Seifenleim länger gut verarbeitbar. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, 30% des Fett-Gewichts als Wasser einzusetzen, das entspricht in diesem Fall 310 ml.
In ein Becherglas wurden 149,2 g NaOH eingewogen und unter gutem Rühren rasch 310 ml dest. Waser zugesetzt. Vorsicht, beim Auflösen kommt es zu einer sehr starken Erwärmung und Aerosolbildung - hier ist unbedingt mit Schutzausrüstung und ggfs. im Abzug oder im Freien oder mit Atemschutz zu arbeiten! Die NaOH wurde nun auskühlen gelassen, bis sie nur noch handwarm war.
Das vorbereitete Öl wurde mit dem Stabmixer auf maximaler Drehzahl gut gerührt und dann langsam die Natronlauge zugegeben. Nun wurde so lange gut gemixt und umgerührt, bis sich eine optimale cremige Konsistenz eingestellt hatte. Erkennbar ist das daran, dass ein Tropfen des Seifenleims nicht mehr sofort in der Oberfläche versinkt bzw. der Becherglasinhalt vom Stabmixer nicht mehr komplett umgewälzt wird. Will man Duftöle zusetzen, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, aber man muss bereits sehr rasch handeln - sonst wird der Seifenleim im Becherglas so dickflüssig, dass er nur noch schwer in Formen gegossen werden kann.
Nun wurde der Seifenleim rasch in die vorbereiteten Formen gegossen und ruhig an einen warmen Ort gestellt. Nach 24-48 Stunden sollte die Konsistenz vorsichtig überprüft werden - die Seife sollte jetzt bereits fest genug sein um unbeschadet ausgeformt werden zu können. Speziell bei größeren Blöcken ist es zu empfehlen, jetzt auszuformen und in gebrauchsfertige Stücke zu schneiden. Jetzt ist die Seife noch relativ weich und kann wie warmes Wachs einfach mit dem Messer geschnitten werden. Ist die Seife erst mal ganz ausgehärtet, kann sie nur noch schwer unbeschadet geschnitten werden.
Die Seifenstücke wurden locker auf einem Holzbrettchen aufgestellt und noch 2 Wochen fertig "reifen" und trocknen gelassen, dann waren sie gebrauchsfertig. Von einem früheren Gebrauch wird dringend abgeraten, da die Seife noch größere Anteile unverbrauchte NaOH bzw unverseiftes Fett enthält. Sie ist noch bei weitem zu alkalisch und würde empfindliche Hautstellen reizen bzw. wäre mit dem Fettanteil auch keine gute Reinigungswirkung zu erzielen. Manche Rezepte geben auch Reifezeiten von 4-6 Wochen an, meiner Erfahrung nach ist das aber nicht unbedingt notwendig.
Entsorgung:
Abfälle und Restmengen können ggfs. nach Neutralisation über den Hausmüll oder die Kanalisation entsorgt werden.
Erklärung:
Natronlauge reagiert mit Fetten (Triglyceriden) zu Natriumsalzen der Fettsäuren und Glycerin. mit R1, R2 und R3 = Alkylreste mit überwiegend C11 - C17, teils mit 1 - 3 Doppelbindungen. Häufigste Vertreter sind:
- Laurinsäure (C12; 41 - 46% in Kokosfett)
- Myristinsäure (C14; 18 - 21% in Kokosfett)
- Palmitinsäure (C16; 41 - 46% in Palmöl)
- Stearinsäure (C18; 30-37% in Kakaobutter)
- Ölsäure (C18 - einfach ungesättigt; 70-75% in Olivenöl)
- Linolsäure (C18 - zweifach ungesättigt; 34–62% in Maiskeimöl)
- Linolensäure (C18 - dreifach ungesättigt; 56–71% in Leinöl)
Bei allen Seifenrezepten macht es Sinn, ausgewogene Mischungen von Fetten und somit Fettsäuren einzusetzen. Kurzkettige Fettsäuren (C10-C16) ergeben eine sehr harte, feste Seife mit einem groben und wenig stabilen Schaum; langkettige (C18-C22) ergeben eine eher rasch erweichende, sehr cremige Seife. Seifen aus nur einem einzigen Fett sind selten besonders gut. Fette mit hohem Anteil ungesättigter Fettsäuren (Linolsäure, Linolensäure) neigen auch in der Seife noch dazu ranzig zu werden und sollten daher nicht in zu großer Menge enthalten sein. Olivenöl ist von Anfang an recht gut ausgewogen in der Zusammensetzung und kann als "Basis" in größerer Menge eingesetzt werden. Als Quelle für ausreichend kurzkettige Fettsäuren bietet sich vor allem Kokosfett an, es sollte daher immer ein Bestandteil sein. Fette mit markantem Eigengeruch (z.B. Leinöl) sollte man nur sparsam einsetzen. Seifenrezepte (Ölmischungen) findet man im Internet in großer Menge.
Benutzt man statt Natronlauge Kalilauge, so erhält man eine Schmierseife die nicht fest wird. Einen gewissen Anteil an KOH tolerieren die Seifenrezepte aber (getestet: 20% war kein Problem) und werden trotzdem noch normal fest. Seifen die KOH enthalten, schäumen besonders gut und haben auch eine sehr gute Reinigungswirkung. Die Mengen an NaOH sind natürlich entsprechend molar zu reduzieren.
Als Farbstoffe sollte man unbedingt (mineralische) unlösliche Pigment-Farben benutzen (z.B. Chromoxid-Grün, Titan-Weiß, Eisenoxidrot). Lösliche Farbstoffe würden später die Hände und das Badezimmer färben. Auf 1 kg Öl genügt je nach gewünschter Farbintensität ca. ein Teelöffel Pigment.
Optional kann auch etwas EDTA in der Natronlauge mit aufgelöst werden (z.B. 1-3% bezogen auf die Fettmenge). EDTA hilft, das Ca und Mg im Leitungswasser zu komplexieren, dadurch bilden sich im Gebrauch weniger Ablagerungen an "Kalkseife" und die Seife schäumt besser.
Da im Kaltprozess für lange Zeit eine große Menge freier Natronlauge vorliegt, kann es bei Verwendung von Duftstoffen zu mehreren Problemen kommen. Zum einen werden viele Duftstoffe (vor allem Ester, Aldehyde, Ketone) durch die Natronlauge angegriffen und zersetzt - das fertige Produkt riecht daher anders oder nur noch sehr schwach. Gut stabil sind Alkohole (Zimtalkohol, Linalool). Auch fertige Duftöl-Mischungen der Noten Patchouli, Zitrusfrüchte oder "Winterzauber" aus dem Billig-Laden haben sich als ausreichend stabil erwiesen - Dosierung: 20 ml auf 1 kg Öl. Ggfs kann man auch passende kommerzielle Seifen-Parfums erwerben.Zum anderen beeinflussen die Duftstoffe auch den Verseifungsprozess, vor allem wenn sie Alkohol oder andere Bestandteile enthalten, die als Lösungsvermittler zwischen Öl und Natronlauge wirken. Der Verseifungsprozess kann dadurch so stark beschleunigt werden, dass es zu einer Klumpenbildung oder Überhitzung kommt, der ganze Ansatz kann dann unbrauchbar werden. Ob ein Duftstoff geeignet ist, sollte daher immer mit einem kleinen Testansatz geprüft werden.
Auch andere Zusatz- oder Füllstoffe können nach belieben beigemischt werden, sollten aber immer vorher auf Kompatibilität getestet werden.
Bilder:
Fett-Analytik: Bestimmung der Verseifungszahl.
Alle Komponenten sind griffbereit vorbereitet
Seifenleim ist in die Formen abgefüllt
fertig geschnitten - bereit zur Reife!