Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

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Kaktusblatt
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Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Kaktusblatt »

Hätte noch mal einige weitere Anfängerfragen (wenn es den Pros zu trivial ist, bitte ins OT verschieben).

Die Güte der Abdichtung:
Man sieht oft Flaschen, welche zur Lagerung diverser Chemikalien dienen bzw. früher mal gedient haben bei ebay oder als Deko in Schaufenstern von Apothekern rumstehen.
Die haben Schliffverschlüsse.
Da stellt sich mir die Frage, wie dicht ist denn eigentlich so ein Schliff?
Vielleicht ist etwas hygroskopisches drin, das möchte man vielleicht nicht unbedingt als Suppe handhaben.

Und welchen Einfluß hätten nun
-Schlifffett
-oder eine Teflonmanschette?

Und - Fazit meines bisher gesammelten Halbwissens - wenn man etwas für die Ewigkeit eintuppern möchte, nimmt man GL45 Flaschen mit roten Deckeln (Meinung dazu?) - wie schlagen sich jene oben genannten Varianten im Vergleich dazu?


Und:
Mal angenommen ich habe eine Kolben an einem Aufbau amontiert, oder aber so eine Schliffflasche zur Lagerung verwendet, wie kriegt man z.B. den Inhalt ausgekippt, ohne dass das Fett in Inhalt kontaminiert?
Pipette zählt nicht, es könnte ja auch mal gegen den Schliff schwappen, oder kondensierender Dampf im Kolben, der kommt ja zwangsläufig auch mit dem Fett in Berührung...?
Vanadiumpentoxid
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Sog. Steilbrustflaschen eignen sich nicht für die Lagerung ausgasender Substanzen - dafür sind sie nicht dicht genug (nicht mal mit teurer Säurekappe zu 100 %!).
Sehr hygroskopische Stoffe - egal ob fest oder flüssig - können darin Feuchtigkeit ziehen. Am schlimmsten sind die mit PP-Stopfen.
Ausserdem sind sie nicht kippsicher und die Glasstopfen können sich festfressen.
Alles in allem: dekorativ, aber unpraktisch!
Manschetten und Schlifffett sind nur für Apparaturen gedacht, nicht für Vorratsflaschen. Dann gibt's auch keine Probleme mit Kontamination.

Laborglasflaschen sind zur Aufbewahrung die erste Wahl.
Die roten, innen mit PTFE beschichteten Schraubdeckel sind teuer und nur für aggressive oder ausgasende Stoffe notwendig. Bei allen anderen tut es auch der blaue Standarddeckel. Es müssen auch keine teuren DURAN-Flaschen sein, No-name geht auch (bis auf Braunglas von Rasotherm, das ist leider oft ungleichmässig gefärbt). Es gibt sogar bruchsichere Varianten mit Kunststoffummantelung (aber teuer)!
Zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten immer Ausgiessring mitbestellen, falls nicht eh inklusive.

Alkalilaugen hingegen dürfen nicht in Glas gelagert werden, weil sie dieses angreifen. Hier muss auf HDPE-Flaschen zurückgegriffen werden - wegen der Diffusionsundichtigkeit gegenüber CO2 allerdings zeitlich nicht unbefristet (regelmäßiger Frischansatz empfehlenswert).

Für die Ewigkeit ist nichts. Jedes Gebinde sollte regelmäßig auf Versprödung geprüft werden.
Für die halbe Ewigkeit und sehr aggressive/empfindliche Substanzen wie z. B. Brom empfiehlt sich die portionsweise Versiegelung in Ampullen (je nach Substanz auch unter Verwendung von Inertgas) - die ihrerseits in einer großen bruchsicheren Plastikdose mit dichtem Verschluss und inmitten von passendem Bindegranulat gelagert werden sollten.

Manchmal ist aber auch einfach das Originalgebinde nicht die schlechteste Lösung auf Zeit - zumindest solange der Zahn derselbigen noch nicht an ihr nagt...
Gott gebe mir die Kraft, zu ändern, was ich verändern kann,
die Gelassenheit, hinzunehmen, was ich nicht verändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
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Glaskocher
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Glaskocher »

Im Normalfall reichen die Steilbrustflaschen für die Lagerung von Feststoffen und Lösungen aus, wenn sie mit PP-Stopfen verschlossen sind. Reste von Lösungen, die im Schliff austrocknen können sollte man vor dem Wegräumen heraus wischen. Dies ist die Erfahrung aus über zehn Jahren eigener Beobachtung im Experimentalbetrieb, denen mindestens vierzig oder mehr Jahre dieser Praxis voraus gegangen sind. Im Normalfall werden die Schliffe auch bei Verwendung von Glasstopfen nicht extra abgedichtet oder gefettet und halten erstaunlich dicht. Nur im Ausnahmefall verwende ich Teflonhülsen zum Glasstopfen (konz. Salpetersäure), wenn der PP-Stopfen angegriffen wird.

Fest sitzende PP-Stopfen konnte ich bisher alle lösen und bin an nur sehr wenigen Glasstopfen gescheitert. Die genannten Glasstopfen waren allerdings in Flaschen mit individuell eingeschliffenem Stopfen, wo der Originalstopfen vermutlich mal ersetzt wurde. Anders Herum muß man gelegentlich kontrollieren, ob der PP-Stopfen nicht in der Mitte eingerissen ist. Das ist eine typische Alterungserscheinung, die bei Glasstopfen nicht auftritt.

Nicht umsonst haben sich diese Flaschen über so lange Zeit (bis mindestens in die Siebziger Jahre) im allgemeinen Laborgebrauch gehalten, obwohl es schon gute Flaschen mit Schraubverschluß gab. Ich verwende sie immer noch dort, wo sie alle Anforderungen zum Schutz ihres Inhaltes erfüllen. In den Praktikumssälen sind sie zur Bereitstellung fast sämtlicher Reagenzien zur qualitativen Analytik immer noch aktueller Standard.

Zur Lagerung von absolutierten Lösemitteln verwenden wir im Arbeitskreis Seithahnkolben mit PP-Stopfen, die mit einer Spiralfeder gesichert sind. Das ist, solange der Stopfen nicht reißt oder versprödet ist, die beste Lösung. Der Stopfen wird mit einer leicht drehenden Bewegung in den Schliff eingesetzt und hält schon nur durch die Reibung und Klemmkraft. Die Feder dient nur als "Flugsicherung".


Ich müßte mal testen, wie sich wasserfreies Calciumchlorid verhält, wenn man es in einer verschlossenen Steilbrustflasche gelagert wird. Das würde dann aber ein Langzeitexperiment, weil man der Diffusion Zeit geben muß, bis sie messbare Resultate zeigt.
Vanadiumpentoxid
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Ja, ohne jeden Zweifel: Glasstopfenflaschen haben in Labor und Apotheke eine lange Tradition, die noch viel weiter zurückreicht als nur bis in die 70er Jahre. Ich habe schon derartige Flaschen aus dem vorletzten Jahrhundert gesehen...
Mit einem Handgriff zügig zu öffnen und absolut nett anzusehen (die Flaschen, die ich jetzt nicht mehr nutze, stehen bei mir jetzt auch als Staubfänger... äh... Dekoration rum...).

Tradition allein rechtfertigt aber nicht ein unbedingtes Festhalten an derselbigen.
Ich fasse mal zusammen:
- Man muss die Flaschen IM Hals auswischen, damit sich der Stopfen nicht festsetzt - braucht man bei Laborglasflaschen nicht, höchstens außen am Gewinde, wenn man keinen Ausgießring verwendet hat...
- PP-Stopfen müssen auf Risse kontrolliert werden - mit dem Melaminharz bzw. PBT der roten Verschlüsse ist das garantiert nicht notwendig, die haben schon fast etwas von Ewigkeit...
- Kippt die Flasche um, rutscht meist der Stopfen raus, was je nach Inhalt ein kleineres oder größeres Problem werden kann - das Problem gibt es bei Schraubverschlüssen nicht.
- Bruchsichere Flaschen gibt es bei Stopfenflaschen nicht - bei Laborglasflaschen schon.

Dazu noch ein paar eigene Erfahrungswerte:
- Ich hatte auch früher schon nicht viele Glasstopfenflaschen in meinem Heimlabor (da waren die noch richtig teuer!) - aber diejenigen, die ich hatte, haben sich während meiner 26-jährigen Chemie-Pause so unwiederbringlich zugesetzt, dass ich sie dauerverschlossen samt Inhalt nur noch zur Problemstoffsammlung bringen konnte (um den Inhalt, der meist eh nicht mehr verwendbar gewesen wäre, war es zumindest nicht schade...).
Die eine Flasche, die sich mit gutem Zureden noch vorsichtig öffnen ließ, auch wenn das Bruchrisiko angesichts des Inhalts kein Vergnügen war, war die mit vormals konz. Schwefelsäure, die nach all den Jahren voller war als nach letzter Verwendung damals - somit nennenswert Wasser gezogen hatte (ich habe mir interessehalber sogar die Mühe einer Analyse gemacht: ganze 70 % hatte die noch!).
Die wenigen Flaschen, die ich heute noch habe (inzwischen nur noch als Deko, s. o.), waren in den all den Jahren leer und mit einem Papierstreifen zwischen Hals und Stopfen gelagert worden - und nur deshalb noch nicht zugesetzt...
- Auch ich hatte meine konz. Salpetersäure (die ich ausschließlich gewerblich zum Metallätzen verwende - bevor jemand Bluthochdruck bekommt... :wink: ) zunächst in einer Schliffstopfenflasche untergebracht: die Säuredämpfe zogen da munter raus! Danach zuerst ein Stück Teflonband verwendet und anschließend sogar noch einen Voll-PTFE-Stopfen (richtig teuer!) gekauft: in beiden Fällen wurde es nur noch schlimmer (= undichter). Dann endlich auf eine (natürlich ebenfalls braune) Laborglasflasche mit rotem Deckel und PTFE-Einlage umgestiegen - seitdem ist Ruhe im Karton! 8)
Eine ähnliche Erfahrung habe ich auch mit Bromwasser gemacht, wobei ich die Flasche zusätzlich noch in einen Behälter mit Thiosulfatlösung stelle: mit der Schliffstopfenflasche wurde die immer ruckzuck milchig (und das enthaltene Bromwasser hinter dem Braunglas immer heller...), in der Laborglasflasche samt rotem Deckel bleibt die Lösung seitdem klar, das Bromwasser dunkel, beides wird daher nur noch bei turnusgemäßem Neuansatz standardmäßig gegen frische/s ausgetauscht.
Iod lässt sich übrigens genauso ungern einsperren - ganz egal, ob elementar/trocken oder mit Kaliumiodid gelöst: hat die Flasche keinen PTFE-Verschluss, dünstet das raus - gut zu erkennen an den infolge der außen an der Flasche herabsinkenden Dämpfe verfärbten Etiketten (sofern man nicht chemikalienresistente Spezialetiketten verwendet...).

Fazit:
- Glasstopfen sind dort weitestgehend vor Festsetzen geschützt, wo sie regelmäßig bewegt werden - idealerweise im Gebrauch. Alternativ hätte ich jedenfalls keine Lust, ständig an den Stopfen wenig benutzter Flaschen herumdrehen zu müssen...
Eine weitere Rolle spielen dabei auch etwaige Temperaturschwankungen: im klimatisierten Labor kommen die kaum vor, in dem Raum, wo ich meine Chemikalien lagere (außerhalb des Wohnbereichs, für Unbefugte unzugänglich), durchaus.
- Es macht keinen Sinn, größere Bestände ad hoc und ohne Not entsprechend umzurüsten, wenn sich die Verwendung noch als praktikabel erweist. Wo jemand sein Labor aber neu einrichtet oder Bestände aufstockt, kann ich zur Neuanschaffung von Schliffstopfenflaschen nicht mehr raten.
- Konz./rauchende Säuren oder konz. Ammoniaklösung, die in Glasstopfenflaschen gelagert werden (auch die mit Säurekappen wohlgemerkt) gehören in entsprechende Schränke (und zwar im Fall von Ammoniak sogar in getrennte!) mit Dauerabsaugung! Warum wohl?
Für Schulen werden Laborglasflaschen mit PTFE-Verschluss für solche Flüssigkeiten längst empfohlen (vgl. RISU oder die entsprechenden Artikel bei Seilnacht). Auch werden die wenigsten Hobbychemiker derartige Abzugsschränke bei sich zu Hause haben...
Wer konz. Salzsäure nur unter einem einfachen Glasstöpsel lagert, muss sich nicht wundern, wenn ihm drumherum alles aus Metall langsam wegkorrodiert... Originalgebinde aus Kunststoff sind dahingehend übrigens auch nicht viel besser....

Wie gesagt: ich kann gut verstehen, wenn man die Stöpselflaschen rein von der Optik oder von der Gewohnheit her mag. Von daher geht das Ganze schon in Richtung einer Laborphilosophie, über die sich ohne befriedigendes Ergebnis lange und vortrefflich streiten ließe.
Von der Abwägung der Vor- und Nachteile im Gegenüber zu anderen Modellen her ist es aber nicht von der Hand zu weisen, dass es mittlerweile praktikablere Lösungen gibt - natürlich ohne jegliche Notwendigkeit, Vorhandenes sofort und komplett entsorgen und ersetzen zu müssen...
Es werden immer Liebhaber da sein, die die hübschen "Stöpselchen" entgegen aller Nachteile mögen und sie notfalls auch aufwändig rausfriemeln - von daher wird es sie wohl auch noch in 100 Jahren geben, so wie sie auch schon vor 100 Jahren gab... Ich gehöre heute jedenfalls nicht mehr zu den Nutzern.* Aber jeder so, wie er mag - und das ist auch gut so (oder so...).

* Eine Ausnahme ist mir eingefallen: für die Sauerstoffbestimmung nach Winkler - da verwende ich noch solch eine Flasche...
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Cumarinderivat
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Cumarinderivat »

Vanadiumpentoxid hat geschrieben: Samstag 10. Juli 2021, 22:22 Sog. Steilbrustflaschen eignen sich nicht für die Lagerung ausgasender Substanzen - dafür sind sie nicht dicht genug (nicht mal mit teurer Säurekappe zu 100 %!).
Die Säurekappen sind vom Handling auch nicht toll. Da kommt einem dann beim Abnehmen der Kappe schön der gesammelte Säuredampf auf einmal entgegen.
Chemistry is like cooking - just don't lick the spoon!

Sag' nicht, es funktioniert nicht, bevor du es nicht versucht hast!
Kaktusblatt
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Kaktusblatt »

Danke für die umfangreichen Antworten.

Ich hatte jetzt auch nicht vor mich mit Schliffflaschen zu bewaffnen.
Alkalilaugen hingegen dürfen nicht in Glas gelagert werden, weil sie dieses angreifen. Hier muss auf HDPE-Flaschen zurückgegriffen werden - wegen der Diffusionsundichtigkeit gegenüber CO2 allerdings zeitlich nicht unbefristet (regelmäßiger Frischansatz empfehlenswert).
Aber solange Kaliumhydroxid trocken bleibt ist es OK...?

Wer konz. Salzsäure nur unter einem einfachen Glasstöpsel lagert, muss sich nicht wundern, wenn ihm drumherum alles aus Metall langsam wegkorrodiert... Originalgebinde aus Kunststoff sind dahingehend übrigens auch nicht viel besser....
Ja Salzsäure ist so richtig ausbruchsfreudig, das hab ich auch schon gemerkt...
Wobei die später mal in eine Flasche mit GL45 rot gekommen ist und ich behaupte, die dünstet immer noch. Es war aber auch 37%ige. Vermutlich sollte die Betonung auch auf "war" liegen... Egal, kann man ja nachkaufen.


Jetzt mal zu Versuchsaufbauten mit Normschliffgeräten, z.B. einer Destille oder einem Refluxaufbau:
Wie sieht es jetzt hier aus, ich verweise noch mal auf meine Ausgangsfrage, hinsichtlich Kontamination mit dem Schlifffett, wie problematisch ist das in der Praxis, passiert es überhaupt?
Sollte man da von vorneherein auf die PTFE Manschetten gehen?
Glaskocher
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Glaskocher »

Ich verwende gerne die Teflonmanschetten, wo es möglich ist. Sie dichten recht gut ab und sind langzeitstabil. Allerdings sind sie im Schutzgasbetrieb nicht so üblich, da wird immer noch Schlifffett in unterschiedlichen Qualitäten verwendet. Eine radikalische Bromierung mit NBS in Benzol mache ich mit den Manschetten, weil die Reaktion eine Woche am Stück kocht. Bei der Synthese von Trimethylphosphan dagegen verwende ich Teflonfett. Bei Grignard-Synthesen, die an einem Tag "durch" sind verwende ich auch Glisseal (fließgehemmte Vaseline) für Reaktionen unter Schutzgas. Generell verwende ich möglichst immer die am leichtesten zu reinigende Möglichkeit zum Abdichten, das Teflonfett ist nicht nur die teuerste, sondern auch die reinigungsintensivste Variante.
Vanadiumpentoxid
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Kaktusblatt hat geschrieben: Sonntag 11. Juli 2021, 11:59 Aber solange Kaliumhydroxid trocken bleibt ist es OK...?
In HDPE-Behältern schon, zumindest für viele Jahre. Irgendwann bilden sich aber auch darin nennenswerte Mengen Carbonat, die z. B. Analyseergebnisse verfälschen können. 5 kg "lifelong" anzuschaffen macht also keinen Sinn, sondern dann lieber alle paar Jahre den kleineren Vorrat bedarfsgerecht auffüllen. Bei den Alkalihydroxiden ist ja so schnell nicht mit gesetzlichen Restriktionen zu rechnen...
In Glasflaschen gehört selbst das anfänglich trockene Hydroxid nicht: selbst mit geringsten Mengen Luftfeuchtigkeit bilden sich Spuren von Kalilauge, die das Glas angreifen. Mangels Kenntnis um diesen Umstand hatte ich von 30 Jahren mein KOH so eingelagert. Als ich mir die verschlossene Flasche vor 2 Jahren dann wieder angeschaut habe, war das KOH zerlaufen, unter Carbonatbildung wieder erstarrt und die Flasche hatte von innen regelrechte Ätzringe. Das konnte man dann nur noch entsorgen...

Kaktusblatt hat geschrieben: Sonntag 11. Juli 2021, 11:59Ja Salzsäure ist so richtig ausbruchsfreudig, das hab ich auch schon gemerkt...
Wobei die später mal in eine Flasche mit GL45 rot gekommen ist und ich behaupte, die dünstet immer noch. Es war aber auch 37%ige. Vermutlich sollte die Betonung auch auf "war" liegen... Egal, kann man ja nachkaufen.
Ja, vermutlich ist die grundsätzlich ein Fall für die Dauerbelüftung. Kann man das nicht gewährleisten, sollte man auf die 32 % ige umsteigen. Die macht da schon deutlich weniger Probleme, bleibt für die meisten Anwendungen aber genauso geeignet. Bei der technischen Qualität sollte man aber vor Ort/vor Kauf darauf achten, dass die Säure keinen Gelbstich zeigt: das darin enthaltene Eisen (III) kann einige Reaktionen und vor allem Analysen empfindlich stören.
In einer Laborflasche mit PTFE-Verschluss lagert aber auch die bei mir. Außerdem habe ich sie darüber hinaus noch in einen großen Druckverschlussbeutel eingetütet und zusammen mit der konz. Salpeter- und Essigsäure (letztere finde ich noch heftiger als sie anderen beiden!) in einen Auffangbehälter (für die Lagerung aller Säuren und Laugen grundsätzlich empfehlenswert!) mit Deckel gestellt. Da kommt dann eigentlich fast nichts mehr durch.
Auch Disulfit sollte man in Laborflaschen mit PTFE-Deckeln lagern: das andernfalls entweichende Schwefeldioxid ist noch korrosiver als Chlorwasserstoff!

Kaktusblatt hat geschrieben: Sonntag 11. Juli 2021, 11:59Jetzt mal zu Versuchsaufbauten mit Normschliffgeräten, z.B. einer Destille oder einem Refluxaufbau:
Wie sieht es jetzt hier aus, ich verweise noch mal auf meine Ausgangsfrage, hinsichtlich Kontamination mit dem Schlifffett, wie problematisch ist das in der Praxis, passiert es überhaupt?
Sollte man da von vorneherein auf die PTFE Manschetten gehen?
PTFE-Manschetten sind teuer, aber nicht beliebig oft wiederverwendbar (zumindest nicht die günstigeren Sorten). Auch erhält man sie als Privatkunde nicht in allen Schliffgrößen.

Schlifffett ist zwar vollflächig aber dünn aufzutragen. Damit gab es bei mir noch nie Kontaminationsprobleme. Wenn es beim Ineinanderdrehen der Schliffteile oben rausquillt, war es zu viel... :wink:
Im Zweifel kann man den Hals des Auffangkolbens ja auch vorsichtig auswischen, bevor man den Inhalt ausgießt (im Gegensatz zur Glasstopfenflasche wäre das ja auch nur eine einmalige Maßnahme...).
PTFE-Paste bildet während der Destillation einen recht stabilen Film, der sich beim Ausgießen (selbst von aggressiven Flüssigkeiten) nicht so ohne Weiteres löst. Man muss beim Reinigen dann schon etwas Spüli und ein Schwammtuch zur Hilfe nehmen, um es zu beseitigen - ist aber trotzdem kein großer Aufwand.
Kontaminationen bei nachträglicher Zuführung von flüssigen Edukten vermeidet man automatisch, wenn man dafür einen Mehrhalskolben und einen Tropftrichter mit Druckausgleich verwendet. Ob der auch im Vakuum anwendbar wäre, entzieht sich (mangels Verwendung meinerseits) leider meiner Kenntnis. Vll. können die anderen mehr dazu sagen...
Eine weitere Alternative sind starre Griffbundhülsen aus PTFE. Die sind zwar lange wiederverwendbar. Ich habe allerdings Bedenken, dass die Schliffverbindung dabei noch so dicht hält - zumindest unter Vakuum dürfte das Probleme geben. Außerdem erschweren sie das Anbringen von Schliffklemmen.
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eule
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von eule »

Mir geht bei dieser Diskussion immer wieder durch den Kopf, wie nützlich dabei wohl PTFE-Spray sein könnte. Ich habe das zum Abdichten von Schliffen noch nie probiert, weil mir die Möglichkeit, den Schliff damit schwer lösbar zu verkleben, etwas schwer im Magen liegt.
Ähnliches gilt für das PVC-Spray, mit dem ich zuweilen Elektronik, also die Platinen nach guter Prüfung wasserdicht versiegele. Das als dünner Film auf den Schliffkern aufgebracht und noch während des Erstarrens/Lösemittel-abdampfens in die Hülse gesteckt und ein wenig gedreht, um gute Passgenauigkeit zu erhalten könnte gute Dichtigkeit erzeugen, aber es könnte eben auch die Vorteile der modularen Gerätschaft zunichtemachen.
Unendliche Vielfalt in unendlicher Kombination.

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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

PVC ist als Kontaktflächenmedium in der Destillationsanwendung zu temperaturempfindlich und chemisch nicht stabil genug.

Warum sollte ich mir mit einer Dauerverklebung die Flexibilität nehmen? Dann könnte ich ja gleich eine Destillationsbrücke verwenden...

Ich fürchte aber, dass die Dauerverbindung dabei eher zu einer dauerhafte Verunreinigung gerät, die schlussendlich zur Entsorgung der betroffenen Schliffteile führt...
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Vanadiumpentoxid »

Wenn man gern eine noch günstigere Lösung als die Laborglasflaschen hätte, dann eignen sich zum Aufbewahren von nicht-aggressiven, nicht-ausgasenden Flüssigkeiten auch Aponorm Medizinflaschen (GL 28, Braunglas, mit rotem Schraubkappendeckel ohne Einlage) aus der Apotheke (oder noch billiger online). Und für die Lagerung von Feststoffen kann man dort auch gleich die entsprechenden Weithalsflaschen oder (sofern kein besonders hygroskopischer Stoff darin aufbewahrt werden soll) einfache Salbenkruken bekommen.
Von den Apothekenflaschen und -dosen hatte ich schon vor 30 Jahren jede Menge, die benutze ich heute einfach weiter. Die Dosen verspröden kein bisschen, lediglich die Flaschendeckel können nach langer Zeit des häufigen und (ggf. zu) festen Zudrehens Querrisse entlang der Gewinderillen bekommen und müssen dann ausgetauscht werden, was bei den Stückpreisen ja aber kein großes Problem darstellt.
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Sebacylbrause
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Sebacylbrause »

Hat jemand noch eine Idee, wie man ein durch Dow Corning festgebaksten Kern noch von einer Hülse entfernen kann, die auf keinen Fall kaputt gehen darf, das Stück mit Kern kann auch zertrümmert werden. Probiert habe ich Erhitzen, Kühlen, Aceton, Ethyl acetat, Ether, DCM, rohe Gewalt.
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von aliquis »

Wenn das hier nicht mehr hilft www.youtube.com/watch?v=r4K_ToQHvKw, dann bei Silikon nochmal mit purem Spüli, Essig & Öl (kein Scherz!), Glycerin oder Silikonentferner aus dem Baumarkt versuchen. Sonst wirst Du die Teile samt Inhalt wohl oder übel abschreiben müssen... Nichts von den Glasschliffgeräten kostet aber eigentlich heute mehr die Welt. Warum darf das eine kaputtgehen, das andere aber nicht? Teure Reagenzien im Kolben, langer Präparationsvorlauf?
Wenn Du den Kern opfern kannst, etwas inerter Glasstaub im Präparat nicht stört und Du einen kleinen Diamanttrennschleifer zur Hand hast, könntest Du damit versuchen, die Hülse wieder frei zu bekommen - ohne Gewähr...

Beim nächsten Mal besser Original Schliffpasten verwenden (am besten Triboflon - sauteuer, hat sich bei mir aber noch nie festgefressen...) Selbst gar kein Schlifffett ist immer noch besser als so ein "Kleber"... :wink: Wie kommt man auf die Idee, solch ein Zeug dafür zu verwenden? :conf:
"Es lebe die Freiheit!" (Hans Scholl)
Glaskocher
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von Glaskocher »

Dow Corning ist ein ziemlicher Gemischtwarenladen.

Bei Silikonfetten kann ein Bad in halbkonzentrierter Lauge helfen (mindestens über Nacht, besser einige Tage). Im Uni-Labor lege ich derartige "Kandidaten" in ein Isopropanol-KOH-Bad (~1%-ig). Das frisst nahezu jedes Fett raus. Was dann nicht will, das geht zum Glasbläser. Der versucht es zunächst mit der Flamme und klopfen, ansonsten wird im Ofen ausgebrannt. Oberhartnäckige Fälle werden zersägt und neu angesetzt.

Mach bitte mal ein Bild vom ganzen Objekt. Ich will wissen, welche Bauteiile wie ineinander stecken, um exaktere Tipps zum Klopfen und für andere mechanische Tricks geben zu können. Dazu will ich die Massenträgheit abschätzen können.
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eule
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Re: Normschliff, Schlifffett und PTFE Dichtungen

Beitrag von eule »

Hab da gestern etwas erstaunt im großen Supermarkt (globus) ein Silikonfett gefunden, das für Dichtungen von Kaffeemaschinen, Heißwasserbereitern usw. sein soll. Klingt für mich erstmal hinreichend ähnlich wie Schliffett, um zumindest aufmerksam zu werden. Kennt jemand solches Zeug oder weiß da mehr drüber? Naja, ist vmtl. eher nicht für Vakuumanwendungen oder stark saure/basische Anwendungen geeignet, aber manchmal sind diese Sachen ja besser als man erstmal glaubt.
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