Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

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Visko
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Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Visko »

Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Benzen (veralt. Benzol) ist ein nützliches organisches Lösemittel, Wasserschlepper bei der azeotropen Trocknung und vielseitiges Reagenz. Es lässt sich sehr preiswert aus Natriumbenzoat und Natriumhydroxid darstellen.


Geräte:

Rundkolben, Messzylinder, Waage, Mörser, Blechdose mit Kupferrohr, Küchenpapier, Kühler


Chemikalien:

Natriumbenzoat Warnhinweis: attn
Natriumhydroxid Warnhinweis: c
Benzen Warnhinweis: fWarnhinweis: attnWarnhinweis: xn


Hinweis:

Benzen ist krebserregend. Beim Zermörsern des Natriumhydroxides (idealerweise so trocken möglich!) sollte eine Staubmaske getragen werden.

Durchführung:

Konstruktion des Destillationsapparates:
Als Destillationsgefäß wird eine unlackierte, leere Weißblechdose mit Deckel verwendet, wie sie auch für Farben und Lacke zum Einsatz kommt. Außerdem wird ein Paar Kupfer- oder Messingteile mit ineinander passenden Gewinden benötigt, die den Deckel mit dem Kühler verbinden sollen. Zusätzlich wird ein längeres Kupferrohr als Kühler und ein 90° Rohrwinkel benötigt.
Zunächst muss, abhängig von der Größe der später verwendeten Gewinde, ein Loch in den Dosendeckel gebohrt werden. Hierfür bietet sich entweder ein Stufen- oder Schälbohrer oder eine Lochsäge an. Um das Blech nicht zu verbiegen ist es von Vorteil, den Deckel für die Bohrung zwischen zwei Holzstücken einzuspannen.
Dann werden der Winkel und das lange Rohr am oberen Gewinde festgelötet. Dadurch ist beim Löten noch nicht der Dosendeckel im Weg.
Wenn das Loch im Deckel ist, müssen nur noch die Gewindestücke in das Loch gesteckt und verschraubt werden, das Gewinde muss mit Teflonband abgedichtet werden; optimalerweise wird dabei das Teflonband auf der Verbindungsfläche zwischen Dose und Gewinde eingeklemmt, um einen bestmöglich gasdichten Verschluss zu erreichen.
Sitzen alle Verbindungen fest genug ist dieser Übergang sehr dicht - während der Destillation traten keine entzündbaren Dämpfe aus den Rohrübergängen aus.

Destillation:
Es werden 280 g (1,943 mol) Natriumbenzoat und 160 g (4 mol) Natriumhydroxid-Granulat abgewogen. Beide Stoffe sollten so trocken wie möglich sein. Das Natriumbenzoat liegt bereits als trockenes, staubfeines Pulver vor, das Natriumhydroxid-Granulat wird in Portionen in einem Mörser zerkleinert. Dabei ist es vorteilhaft, zwei Spatel Natriumbenzoat vor dem Zerkleinern dazuzugeben, um die Wasseraufnahme aus der Luft zu minimieren. Die beiden Pulver werden innig vermischt. Das Pulver sollte so wenig wie möglich unabgedeckt stehen bleiben.

Von diesem Pulvergemisch werden insgesamt drei gleichgroße Portionen der Destillation unterworfen. In der Blechdose, die als Retorte dient, wird ein flacher, kegelförmiger Haufen auf dem Dosenboden aufgeschichtet. Ein Kupferrohr, über dem feuchte Küchentücher hängen, dient als Kühler. Die Destillation wird auf kleiner Flamme begonnen und die Retorte so gut wie möglich mit Aluminiumfolie isoliert. Während der Destillation müssen die Küchentücher feucht gehalten werden. Nach etwa zwanzig Minuten beginnt das Herabtropfen von Produkt, wonach nun die Flamme auf die höchste Stufe gestellt wird. Die Destillation nimmt an Geschwindigkeit zu, binnen etwa 10 Minuten werden 30-40 mL rot-orangene Flüssigkeit aufgefangen, nach 15 Minuten setzt eine plötzliche Verlangsamung ein und etwa 20 Minuten nach dem ersten Tropfen ist die Destillation beendet. Die Gaszufuhr wird abgedreht und die Dose erkalten lassen. Das krude Benzen wird in einer verschlossenen Flasche über NaOH zwischengelagert. Da sich in der Blechdose noch gesundheitsschädliche Benzendämpfe befinden, bietet es sich an, diese nach dem Öffnen des Deckels kontrolliert abbrennen zu lassen. Die Asche, die nun grau und in einer überall gleich hohen Schicht ausgebreitet ist, kann nun vom Dosenboden entfernt werden. Die weiteren zwei Drittel werden jeweils in der gleichen Weise verarbeitet, wobei die Zeiten, die zwischen den Destillationsphasen vergehen, sich kaum unterscheiden.

Die drei kruden Benzenausbeuten werden eine Nacht über jeweils 2 g NaOH zum Trocknen gelagert. Die Trübung des Benzens verschwindet und eine konzentrierte NaOH-Phase sammelt sich am Boden. Die organischen Phasen werden abpipettiert und in einen Rundkolben überführt, worauf nun einfach destilliert wird. Die Destillation wird beendet, wenn die farbigen Nebenprodukte zu refluxieren beginnen. Im Kolben verbleibt ein roter Sumpf, der beim Verdunsten des restlichen Benzens viele Kristalle zurücklässt, auf die später zurückgekommen wird. Das Benzen ist nun wasserklar.

Die Ausbeute betrug 128 mL (74 %)


Entsorgung:

Die Asche aus der Destillation ist weitestgehend unbedenklich (nachdem die Benzendämpfe in der Dose kontrolliert abgebrannt sind) und kann im Hausmüll entsorgt werden. Der rote Destillationssumpf wird in den organischen Abfall überführt.


Erklärung:

Bei dieser Reaktion handelt es sich um eine Decarboxylierung. Das Benzoat verliert seine Carboxylgruppe, welche mit den Natriumhydroxid Natriumcarbonat bildet. Das Benzen destilliert ab.

C6H5COONa + NaOH → C6H6 + Na2CO3

Dabei ist es vorteilhafter, immer kleinere Mengen auf einmal zu destillieren, da diese viel gleichmäßiger und stärker erhitzt werden können. Wenn größere Mengen auf einmal verarbeitet werden, sinkt die Ausbeute ab.

Dabei entstehen geringe Mengen an rot bis orangefarbigen Nebenprodukten. Dabei handelt es sich um ein komplex zusammengesetztes Gemisch, wie folgende Dünnschichtchromatographie zeigt:
chroma.png
chroma.png (524.36 KiB) 6900 mal betrachtet
Das Laufmittel ist Cyclohexan mit etwas Chlorbenzol (links mit etwas Naphthalin im Laufmittel), etwa 10:1, und die Fluoreszenz wurde bei 356 nm UV aufgenommen. Vielen Dank an Xyrofl, der die DC durchgeführt und mir erlaubt hat, seine Bilder zu verwenden!

Die vielen verschiedenfarbigen, fluoreszenten Banden sind sehr interesannt, und waren sehr überraschend zu sehen. Welche Verbindungen hierfür verantwortlich sind, ist unklar.


Bilder:

IMG_20200731_165209.jpg
Der Übergang von Dose zu Kühler

IMG_20200731_165642.jpg
Ein Drittel des Gemisches wird in die Dose gegeben und zu einem Haufen aufgeschichtet

IMG_20200731_170450.jpg
Der Aufbau der Destillation

IMG_2087.JPG
Die Destillation beginnt

IMG_2120.JPG
Orangefarbene Nebenprodukte sammeln sich auch am Ende des Kühlers an

IMG_20200731_181321.jpg
Der graue Destillationsrückstand

IMG_20200731_201837.jpg
Nach einer Nacht über NaOH ist das Benzen nicht mehr trübe

IMG_20200801_091310.jpg
Das krude Benzen wird redistilliert

IMG_20200801_122408.jpg
Die stark gefärbten Nebenprodukte

IMG_2149.JPG
Das gereinigte Benzen weist eine hohe Lichtbrechung auf


Literatur:

http://www.sciencemadness.org/member_pu ... uction.pdf
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
Glaskocher
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Glaskocher »

Das Experiment sieht gut aus. Die Apparatur sieht sehr praktisch aus, auch wenn man die Improvisation erkennt. Aber besser mit einfacher Apparatur gemacht, als auf das Optimale vergeblich gewartet.

Ich tippe mal darauf, daß die Nebenprodukte entweder Phenylbenzene sind oder auch Benzoylbenzene sein können. Der einfachste Vertreter der Phenylbenzene ist das Biphenyl und das kleinste Benzoylbenzen ist das Benzophenon. Mit diesen beiden Mustern und dem Triphenylmethan müßte man jetzt herumbasteln, um höhere Homologe zu konstruieren. Irgendwas davon läßt sich bestimmt darin nachweisen, wenn man es darauf anlegt. Das Triphenylmethan läßt sich zum Triphenylmethyl-Radikal und ~Kation oxidieren. Durch das dann "leitend" verbundene pi-Elektronensystem kommt die Absorption in den blauen Bereich und die Substanz sieht gelb-orange aus.


Mir fällt auf, daß Du mit einem recht großen Überschuß an NaOH arbeitest. Theoretisch müßte die Hälfte ausreichen, aber es kann sein, daß die Reaktion mit dem Überschuß rascher und vollständiger abläuft. Ist das Bild "Ein Drittel des Gemisches wird in die Dose gegeben und zu einem Haufen aufgeschichtet" vor der ersten Destillation gemacht worden? Die Dose sieht von innen noch so unbenutzt aus. Hat sie sich im Laufe der weiteren Ansätze deutlich verändert? Eventuell kommen die farbigen Nebenkomponenten auch aus der weißen Schicht in der Dose, falls es eine Lackschicht ist.

Die Lichtbrechung vom Benzol ist echt enorm. Ich mußte mal für die Ausstellung zu Kekule im Deutschen Museum Bonn eine "Benzolflasche" liefern. Um nicht das krebserzeugende Original verwenden zu müssen war Toluol drin ;--) Und "natürlich" mußte sich ein Oberlehrer echauffieren, daß da in der Öffentlichkeit das pöhse Benzol einfach so in einer Flasche steht! Gut, daß es kein originales, sondern methyliertes Benzol war. Von der Brechzahl her hätte man es nur schwer unterscheiden können, zu ähnlich.


Im Artikel müssen wir noch ein Bisschen an einigen wenigen Sätzen "feilen", dann ist der Text bald gut. Näheres demnächst per PN.
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mgritsch
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von mgritsch »

Sieh an :) hübsch! Basteln gehört auch dazu und solche Grundstoffe kann man immer brauchen. Hast du was spezielles vor damit oder einfach für die Präparate-Sammlung?
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Visko
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Visko »

Glaskocher hat geschrieben: Montag 28. September 2020, 23:00 Mir fällt auf, daß Du mit einem recht großen Überschuß an NaOH arbeitest. Theoretisch müßte die Hälfte ausreichen, aber es kann sein, daß die Reaktion mit dem Überschuß rascher und vollständiger abläuft.
Das stimmt tatsächlich. Wenn man mit dem verlinkten Dokument von Sciencemadness vergleicht (die mit 1:1 arbeiten) haben wir aber auch fast die doppelte Ausbeute (75 % vs. 45 %). In einem anderen, vorherigen Testlauf konnten 90 % erzielt werden. Ein kleinerer Ansatz scheint sich positiv auf die Ausbeute auszuwirken. Vielleicht kann aber Natriumhydroxid eingespart werden.
Glaskocher hat geschrieben: Montag 28. September 2020, 23:00Ist das Bild "Ein Drittel des Gemisches wird in die Dose gegeben und zu einem Haufen aufgeschichtet" vor der ersten Destillation gemacht worden? Die Dose sieht von innen noch so unbenutzt aus. Hat sie sich im Laufe der weiteren Ansätze deutlich verändert? Eventuell kommen die farbigen Nebenkomponenten auch aus der weißen Schicht in der Dose, falls es eine Lackschicht ist.
Ja, das Bild ist vor der ersten Destillation aufgenommen, aber die Dose hat sich nicht nennenswert verändert. Ich bezweifle, dass da eine Lackschicht vorhanden war. So sah sie danach aus:
IMG_20200731_181321.jpg
Gegen die Hypothese, dass die Farben aus der Lackschicht kommen, spricht auch, dass die Färbung bei jeder Destillation des Produktes so ziemlich gleich stark war.
mgritsch hat geschrieben: Montag 28. September 2020, 23:22 Hast du was spezielles vor damit oder einfach für die Präparate-Sammlung?
Das Benzen ist schon in Teilen zu Nitrobenzen und zu Anilin weiterverarbeitet worden, aber da da noch ein paar Details noch nicht ganz so funktionieren, wie wir uns das vorstellen, müssen die Artikel dafür noch warten ^^
Es ist eine bedeutende und allgemein verbreitete Tatsache, dass Dinge nicht immer das sind, was sie zu sein scheinen.
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mgritsch
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von mgritsch »

Sorry, in meinem Kopf hat sich „Benzol“ festgefressen auch wenn die Endung für Alkohole/Phenole reserviert ist... an Benzen kann ich mich nicht mehr gewöhnen auch wenn es englisch so heißt ;) Beginnender Altersstarrsinn? :angel: :out:
Glaskocher
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Glaskocher »

Visko hat geschrieben: Dienstag 29. September 2020, 00:07 ...
Das Benzen ist schon in Teilen zu Nitrobenzen und zu Anilin weiterverarbeitet worden, aber da da noch ein paar Details noch nicht ganz so funktionieren, wie wir uns das vorstellen, müssen die Artikel dafür noch warten ^^
Wenn es irgendwo noch hakt, dann immer heraus mit den Fragen. Beide Reaktionen lesen sich einfach, haben aber ihre Tücken im Detail. Ich hoffe, daß Du sie noch mit ausreichender "Konspiration" rund bekommst, um damit schöne Artikel zu schreiben.

Ich vermute mal, daß das Anilin auch nur eine Zwischenstufe ist. Es ist eine recht vielseitig nutzbare Verbindung.
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lemmi
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von lemmi »

Schön! Und die selbst zusammengebastelte Destille ist auch beeindruckend. Erinnert mich an eine aus Kupfer vom Ende des 19. Jahrhunderts, die ich im deutschen Apothekenmuseum gesehen habe. :D

Dazu aber gleichzeitig auch eine Frage! Ich nehme an, der Sinn der Eigenbau-Apparatur soll sein, keinen Glaskolben mit den zu erwartenden Rückständen zu versauen. Sind die Rückstände wirklich so problematisch bzw schlecht aus dem Kolben zu entfernen? Denn die verwendete Apparatur hat möglicherweise doch nicht eine so gute Kühlleistung, so dass ein Teil des Produkts doch verloren geht. Und man muss sie ob ihrer Größe schon im Freien verwenden - in einen Abzug passt sie ja nicht. Wäre eine Glasapparatur nicht auch verwendbar?
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Glaskocher »

Unter diesen Bedingungen halte ich den Glaskolben für ungeeignet, da Natriumhydroxid und ~Carbonat mit offener Flamme erhitzt wird. Das schmilzt sich rasch ins Glas ein, verändert den AK vom Glas und zerstört beim Abkühlen den Kolben.
Visko hat geschrieben: Dienstag 29. September 2020, 00:07 In einem anderen, vorherigen Testlauf konnten 90 % erzielt werden.
Ich nehme an, daß die Kühlleistung recht brauchbar ist. Bei Wind würde ich den Übergang vom Rohr in das Auffanggefäß mit Hilfe eines gebogenen Vakuumvorstoßes verbessern, ansonsten finde ich Wenig zu Meckern daran.

Das Einzige, was ich für etwas frickelig zum Nachbau halte, ist der dichte Übergang zum Blechdeckel. Aber der sieht in diesem Fall gut gelöst aus (siehe Spitzenausbeute).
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Visko
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Visko »

Vielen Dank lemmi! ^^
lemmi hat geschrieben: Mittwoch 30. September 2020, 17:14 Ich nehme an, der Sinn der Eigenbau-Apparatur soll sein, keinen Glaskolben mit den zu erwartenden Rückständen zu versauen. Sind die Rückstände wirklich so problematisch bzw schlecht aus dem Kolben zu entfernen? [...] Wäre eine Glasapparatur nicht auch verwendbar?
Wie Glaskocher bereits angemerkt hat ist das Natriumhydroxid selbst das Problem. Da bei Temperaturen von über 318 °C NaOH schmilzt befindet sich während der Destillation eine hochkorrosive Schmelze im der Dose, und diese ist berüchtigt dafür, auch Glas aufzulösen, wie NurdRage hier demonstriert hat.

Was aber möglich wäre ist eine Blechdose als Kolben zu verwenden und etwas wie eine zerbrochene Schliffhülse in den Deckel zu verbauen, so dass ein normaler Destillationskopf und Kühler verwendet werden können. Extractions&Ire hat das so ähnlich gemacht. Das Problem ist aber der dichte Übergang zwischen Deckel und Schliffhülse. Durch die hohen Temperaturen und die heißen Aromatendämpfe ist man sehr eingeschränkt, was die Verbindungsmöglichkeiten betrifft.

Ein Kupferrohr mit feuchten Küchentüchern ist sicher nicht die beste mögliche Lösung, aber sie ist recht einfach, praktikabel und hat gut funktioniert. Verbesserungsmöglichkeiten (wie der von Glaskocher angesprochene Vorstoß am Ende des Kühlers) gibt es natürlich trotzdem.
Glaskocher hat geschrieben: Mittwoch 30. September 2020, 20:21 Ich nehme an, daß die Kühlleistung recht brauchbar ist.
Das ist korrekt. Als wir zwischenzeitlich einmal nicht genügend Wasser auf die Küchentücher gegeben haben entwichen kleine Schwaden von Benzentröpfchen, was aber nicht zu sehen war, als wieder Wasser auf die Tücher gegeben wurde. Daraus würden wir schlussfolgern, dass der Kühler in diesem Aufbau so gut wie alles kondensieren konnte.
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Uranylacetat
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Uranylacetat »

Hallo Visko,

ich finde die gut improvisierte Reaktionsapparatur bzw. Destille schon sehr beeindruckend! :thumbsup: Ich wünsche Dir gute Ideen für weitere interessante Experimente in der umfangreichen Chemie des Benzols. :wink:

Lange ist es her - rund 40 Jahre -, da bin ich einfach in die Dorf-Apotheke gegangen und habe Benzol regelmäßig in kleineren Mengen gekauft.... :wink:
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mgritsch
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von mgritsch »

Uranylacetat hat geschrieben: Donnerstag 1. Oktober 2020, 16:43 Lange ist es her - rund 40 Jahre -, da bin ich einfach in die Dorf-Apotheke gegangen und habe Benzol regelmäßig in kleineren Mengen gekauft.... :wink:
die Luxusvariante ;) ich habe es vor 35 Jahren im Baumarkt gekauft, wurde aus dem großen Tank in eine mitgebrachte Flasche abgefüllt...
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Cumarinderivat
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Cumarinderivat »

Visko hat geschrieben: Donnerstag 1. Oktober 2020, 11:21 Wie Glaskocher bereits angemerkt hat ist das Natriumhydroxid selbst das Problem. Da bei Temperaturen von über 318 °C NaOH schmilzt befindet sich während der Destillation eine hochkorrosive Schmelze im der Dose, und diese ist berüchtigt dafür, auch Glas aufzulösen, wie NurdRage hier demonstriert hat.
Kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Den Kolben kann man danach direkt entsorgen. Ich hatte mal eine KOH-Schmelze in einem Beckerglas – das hat zwischenzeitlich seinen Boden verloren.
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von Holger Pfahls »

mgritsch hat geschrieben: Dienstag 29. September 2020, 00:12 Sorry, in meinem Kopf hat sich „Benzol“ festgefressen auch wenn die Endung für Alkohole/Phenole reserviert ist... an Benzen kann ich mich nicht mehr gewöhnen auch wenn es englisch so heißt ;) Beginnender Altersstarrsinn? :angel: :out:
Trivialnamen wie Benzol oder Glycerin sind nicht falsch, aber in gewissem Sinne unsystematisch. Gebräuchliche Namen können nicht falsch sein.

Zur Perspektive des Verfahrens:
Wenn anstatt Natriumbenzoat das aus PET durch alkalische Hydrolyse gewinnbare Natriumterephthalat decarboxyliert wird, so ergibt das Verfahren eine praktisch unerschöpfliche Quelle für Benzol und andere aromatische Verbindungen wie z.B. Anilin. Könnte wirklich nützlich sein.
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mgritsch
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von mgritsch »

Holger Pfahls hat geschrieben: Samstag 3. Oktober 2020, 15:37 Wenn anstatt Natriumbenzoat das aus PET durch alkalische Hydrolyse gewinnbare Natriumterephthalat decarboxyliert wird, so ergibt das Verfahren eine praktisch unerschöpfliche Quelle für Benzol und andere aromatische Verbindungen wie z.B. Anilin.
Das wäre allerdings super, idealerweise wenn man PET Granulat direkt mit NaOH decarboxylieren könnte ohne dazwischen die Terephtalsäure zu isolieren.
Beides (sowohl die hydrolyse als auch das abnutschen des sehr feinen, schlammigen Terephthalsäure-NS) ist ein bisschen ein „PITA“ ;)

Blöd nur dass Benzol nicht wahnsinnig reaktiv ist - das einzige was einigermaßen geht ist nitrieren und das ist leider wenig hobbytauglich mit den Verboten... Friedel-Crafts gibt schon eher magere Ausbeute...
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lemmi
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Re: Darstellung von Benzen aus Natriumbenzoat

Beitrag von lemmi »

[EDIT: Formatierung angepasst und verschoben]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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