Nachzulesen hier. Einige Spekulanten waren schon viel früher mit Vergleichen zu 1929 dabei. Zum Beispiel dieser hier. Das ist aber weniger relevant als die Prognosen vom ifo oder IfW, da sich immer ein schriller Börsianer findet, der 1929 zitiert. Eine sehr pessimistische Analyse gab es aber schon von Goldman Sachs Ende Februar, kurz bevor die Kursrutsche losgingen.
Eigentlich sind die während der vorhergehenden sehr optimistischen Aufschwungphase gewachsen. Man könnte fast meinen, dass Wirtschaftsboom und Despotismus sich gar nicht ausschließen, insbesondere weil der Wohlstand gar nicht bei allen ankommt und sich deswegen immer Spannungen finden, die man ausnutzen kann um sich zu profilieren. Ob den Populisten und Despoten diese harten Zeiten so gut gefallen ist mehr als fraglich. Trump zum Beispiel sieht nicht aus als wenn ihm Covid19 gut bekommt und Johnson auch nicht - politisch versteht sich.Aktuell haben wir dafür wieder ziemlich "gute" Bedingungen, wenn man sich die wachsende Zahl der Despoten weltweit ansieht.
Hat die große Depression denn wirklich primär der Demokratie so sehr geschadet? Ich habe eher den Eindruck, dort wo es keine bestehenden Vorschädigungen und Zerrüttungen durch den Weltkrieg und dessen Umfeld gab (Weltkriege bilden sich nicht von selbst, der imperialistische und menschenverachtende Nährboden dafür war langfristig aufgebaut worden), war die Weltwirtschaftskrise eher nur eine Gefahr für die Marktradikalisten oder andersherum, die Marktradikalisten waren eine Gefahr für alle anderen. Sie sind ja vermutlich daran Schuld, dass alles immer schlimmer geworden ist - keine heterodoxe Meinung, das sagt selbst Milton Friedmann.
Zitat von Friedmann:
Ich bin deswegen fast geneigt, Bernanke zuzustimmen, dass 2008 eigentlich schlimmer war als 1929 was die Krise selbst angeht. Die Antwort auf die Krise war einfach eine ganz andere. Wir wissen nicht, was 2008 alles hätte passieren können wenn man sich ideologisch verblendet verhalten hätte wie 1929. Ein interessanter Artikel für das Verhältnis von 1929 und 2008 hier. Auch zu der Anatomie der jetzigen Krise hat Ben etwas zu sagen. Link Es scheint als wären die beiden nicht gut vergleichbar, bzw. bei einem Vergleich fallen große Unterschiede auf. Die Argumentation ist mehr oder weniger nachvollziehbar, es handelt sich nicht um eine endogene Krise der formalen Wirtschaft (keine Deflations- oder Finanzkrise), sondern um einen externen Schock der die Realwirtschaft trifft und deswegen gibt es viel mehr Möglichkeiten für Aufholeffekte aber viel weniger Ansatzpunkte für nachfrageseitige Fiskalpolitik. Das wirklich Erschreckende an der Krise von 1929 war ja weniger die Depression an sich als vielmehr der fehlende Ausblick, denn es wusste einfach niemand, wie es wieder besser werden könnte und wann. Manche fürchteten eine säkulare Stagnation, also langfristiges, vielleicht länger als eine Generation andauerndes Nullwachstum. Aus postwachstumsökonomischer Sicht vielleicht eher eine Utopie, aber ich denke nicht, dass man es durch eine Krise erreichen möchte.I think the Austrian business-cycle theory has done the world a great deal of harm. If you go back to the 1930s, which is a key point, here you had the Austrians sitting in London, Hayek and Lionel Robbins, and saying you just have to let the bottom drop out of the world. You’ve just got to let it cure itself. You can’t do anything about it. You will only make it worse. … I think by encouraging that kind of do-nothing policy both in Britain and in the United States, they did harm.
Meine Einschätzung zu den wirtschaftlichen Folgen ist deswegen sehr zwiegespalten. Ein starker und schneller Depressions-Schock ist für mich nicht neu, das wundert mich gar nicht und ich denke das war mehr oder weniger Konsens unter den Marktakteuren als die schwarzen Tage mit zweistelligen Prozentverlusten begannen, sonst hätte es die so nicht gegeben und nicht in schneller Abfolge, das war beispiellos, selbst Warren Buffet sagte, er habe in den 89 Jahren seines Lebens sowas nicht erlebt und er hat sowohl 2008 als auch 1987 an der Börse gehandelt.
Aber welche Elemente von 1929 drohen noch zurück zu kommen? Ich glaube, die langfristigen Folgen der Quarantäne-Maßnahmen sind extrem davon abhängig was für ökonomische Maßnahmen ergriffen werden um die Schäden einzugrenzen. Wir reden also nicht nur über Folgen von Maßnahmen sondern auch über Maßnahmen gegen die Folgen von Maßnahmen. Das nimmt eine gewisse Tiefe an, die erschreckend ist, aber ich sehe keine Möglichkeit, das anders zu behandeln. Vielleicht kann die Bewältigung der Krise auch produktive Effekte zeigen, indem man sich mit Themen wie Globalisierung, Keynesianismus, sozialer Absicherung und den Nachteilen von lean production auseinandersetzt. Und nicht zuletzt wäre da natürlich noch der Ölpreisschock, der aber vermutlich eine eigene Behandlung braucht. Es wäre vielleicht zu optimistisch zu glauben, dass es sich da um das Platzen der Kohlenstoffblase handelt, aber es ist trotzdem fraglich, wie schnell und vollständig sich die Ölbranche davon erholen wird. Auf einmal hat sie keine Rückendeckung durch den Markt mehr.