Einleitung
In diesem kleinen Thread soll es um Vakuumausrüstung im Hobbylabor gehen.
Da gibt es so einiges zu beachten -gerade wenn man erst anfängt- wodurch das ganze Thema relativ komplex erscheinen kann.
Deshalb möchte ich hier eine anfängerfreundliche Einleitung in das Arbeiten mit Vakuumapparaturen präsentieren.
Ich bin selbst kein Experte auf dem Gebiet und nicht unfehlbar, weshalb ich ausdrücklich um Kritik bitte!
Beispiel für eine relativ umfangreiche Vakuumapparatur mit Drehschieberpumpe, Vacuumcontroller, Schutzgaseinspeisung und Wasserkühlungsfalle (Quelle: Selbst)
Inhaltsverzeichnis
- Wozu brauche ich ein Vakuum
- Vakuumpumpen
2.1. Drehschieberpumpen
2.2. Membranpumpen
2.3. (Wasser-)Strahlpumpen
2.4. Andere Pumpen - Abscheidevorrichtungen
3.1. Wasserkühlfallen
3.2. Tiefkühlfallen - Weiteres nützliches Equipment
1. Wozu brauche ich ein Vakuum
Eine Vakuum- bzw. Dunterdruckvorrichtung kann für ein Labor sehr nützlich bis unabdingbar sein.
Eine solche Vorrichtung -sofern sie denn die nötigen Eigenschaften besitzt- kann beispielsweise für Vakuumfiltration, -destillation, -rektifikation oder für das Arbeiten mit Luftempfindlichen Substanzen von Nutzen sein.
Die Anforderungen dieser Anwendungsgebiete sind jedoch sehr unterschiedlich, weshalb die richtige Ausrüstung für den Erfolg eines Experiments essenziell ist. In den folgenden Kapiteln wird darauf näher eingegangen.
2. Vakuumpumpen
Es gibt sehr viele Arten von Vakuumpumpen in allen möglichen Preisklassen. von billigen 12V Membranpumpen bis hin zu hochwertigen Pumpsationen im bereich mehrerer tausend Euro kann man z.B. auf Ebay alles finden.
Diese Erfüllen alle einen Zweck und sind somit auch alle Existenzberechtigt, allerdings kann ich aus Erfahrung sagen, dass es meist intelligenter ist eine gebrauchte, hochwertige Pumpe zu kaufen als eine neue Pumpe zum selben Preis.
Das kann mit mehr Arbeit bei der Angebotssuche verbunden sein, lohnt sich aber meistens trotzdem. Im Folgenden werde ich näher auf die im Labor gängigen Pumpentypen eingehen:
2.1. Drehschieberpumpen
Alte Drehschieberpumpe aus den 1950er Jahren, die trotz ihres Alters und umfangreichen Nutzung noch sehr gut funktioniert. (Quelle: Selbst)
Drehschieberpumpen sind oftmals für große Volumina und niedrige Enddrücke ausgelegt. Sie sind Mechanisch sehr belastbar und selbst einstufige Modelle können teilweise sub-Millibar Enddrücke bei beachtlichen Durchsatzvolumina erreichen. Dies haben sie ihrer Bauweise zu verdanken. Im inneren der Pumpe befindet sich ein Rotor mit zwei federgeladenen Bolzen, welcher in einem ölgefüllten Raum rotiert. Dabei wird Luft vom Einlass in Rotationsrichtung zum Auslass geschoben. Theoretisch erlaubt diese Bauweise einen Enddruck in Höhe des Dampfdruckes des verwendeten Öls bei der entsprechenden Temperatur, praktisch liegt der Enddruck immer leicht darüber. Die mechanische Belastbarkeit verdanken die Pumpen ihren meist komplett aus Stahl gefertigten Bestandteilen und der Tatsache, dass das abdichtende Öl flüssig ist und somit nicht porös oder brüchig werden kann.
Aufbau einer Drehschieberpumpe (Quelle: Wikipedia)
Leider birgt diese Bauweise auch einige -teils gravierende- Nachteile. Zum einen sind Drehschieberpumpen häufig sehr schwer und deshalb wenig portabel (Dies trifft vorallem auf ältere Modelle zu, die noch Massiver gebaut sind als neuere.), zum anderen ist die Chemikalienbeständigkeit meistens eher gering. Das Öl ist anfällig gegenüber Lösemitteln, da diese die Eigenschaften des Öls verändern und so für erhöhten Verschleiß und schlechtere Enddrücke aufgrund höherer Dampfdrücke verursachen können. Die Metallbestandteile sind anfällig gegenüber korrosiven Substanzen, unter Anderem HCl und NOx, da diese das Metall angreifen und den reibungslosen Lauf der Pumpe irreversibel stören. Aus diesem Grund ist eine Drehschieberpumpe IN JEDEM FALL mit einer geeigneten Schutzvorrichtung (siehe Abschnitt 3.) zu betreiben!
Die Wartung von Drehschieberpumpen kann bei pfleglichem Umgang sehr einfach, bei Vernachlässigung sehr langwierig sein. Im Idealfall beläuft sich die Wartung lediglich auf einen Ölwechsel, welcher bei Verwendung einer geeigneten Schutzvorrichtung nichteinmal Jährlich stattfinden muss. Wird jedoch keine Schutzvorrichtung verwendet und der Ölwechsel nicht in angemessenen Zeitabständen durchgeführt, kann es sein, dass die Pumpe komplett auseinandergenommen und gereinigt werden muss, da ansonsten permanente Schäden auftreten können. Der richtige Zeitpunkt für einen Ölwechsel kann an einer verschlechterung des Endvakuums, sowie bei Pumpen mit Einsichtsfenster an einer deutlichen Verfärbung des Öls erkannt werden. Am Besten ist spezielles Vakuumpumpenöl geeignet, bei begrenztem Budget kann auch Melkmaschinenöl verwendet werden. Normales Motorenöl sollte aufgrund der deutlich unterschiedlichen Bestimmungsverwendung und somit unterschiedlichen Eigenschaften (z.B. höhere Viskosität) nicht verwendet werden. Ich rate dringend zur regelmäßigen Reinigung, da das Auseinandernehmen einer Pumpe kompliziert sein kann und der Vorgang auch stark mit verschiedenen Modellen variiert.
Im folgenden Video sieht man die teilweise Reinigung einer Vernachlässigten Pumpe: https://www.youtube.com/watch?v=e9BvrqCnOgQ
2.2. Membranpumpen
Zwei Membranpumpen verschiedener Preisklassen (Quelle: Illumina Nutzer Visko, vielen Dank für die Bilder)
Membranpumpen sind relativ simpel aufgebaute Geräte, welche ihre Pumpleistung durch zwei Ventile und eine Kammer variablen Volumens, was durch mechanische kontraktion und expansion einer Membran, oder durch einen Zylinder erreicht wird.
Funktionsweise einer Membranpumpe (Quelle: Wikipedia)
Membranpumpen haben wohl die günstigsten Vertreter in dieser Auflistung. Es gibt Modelle die mit 12V laufen und ab unter 20€ auf Ebay oder Amazon erstanden werden können. Diese Modelle sind allerdings leider meist eher ungeeignet für die Verwendung im Labor. Die erreichten Enddrücke liegen Teilweise bei über 100 mBar absolut und die Membranen sind nicht für die Verwendung unter Laborbedingungen gedacht, weshalb sie schnell porös werden und nicht mehr funktionieren. Es gibt jedoch auch deutlich hochwertigere Modelle, die Teilweise mit PTFE ausgekleidete Zylinder besitzen und dadurch eine ausgezeichnete Resistenz gegen Lösemitteldämpfe und saure/oxidierende Gase aufweisen. Dennoch erreichen einstufige Modelle im Allgemeinen nicht die selben Enddrücke wie Drehschieberpumpen, wodurch z.B. für manche Vakuumdestillationen eine Zweistufige Pumpe nötig ist. Für die meisten anderen Anwendungen sind diese Pumpen jedoch völlig ausreichend und können im Falle von PTFE Membranen auch ohne Schutzvorrichtung verwendet werden.
Wartung einer Membranpumpe ist meist nicht nötig, oft sogar unmöglich. Bei Hochwertigeren Modellen kann der Zylinder oder die Membran ausgetauscht werden. Da diese Preislich allerdings fast an eine "neue" Pumpe kommen, lohnt sich die Reparatur auch hier nur selten. Deshalb sollte eine Membranpumpe stets pfleglich behandelt werden.
2.3. (Wasser-)Strahlpumpen
Glasaspiratorpumpe (Quelle: Selbst)
Wasserstrahlpumpen oder Aspiratorpumpen sind sehr universelle Geräte. Es gibt Varianten, die einfach an einen Wasserhahn angeschlossen werden können, es gibt ölbetriebene Pumpen, manche Modelle haben einen Glaskern. Aufgrund dieser Diversität ist eine genaue Einordnung beliebig schwer, das Funktionsprinzip ist jedoch immer das selbe. Ein Flüssigkeitsstrahl wird entlang einer T-Abzweigung geführt. von dieser Abzweigung nimmt der Strahl dann Luft auf, es entsteht ein Unterdruck.
Der klare Vorteil dieser Pumpen ist, dass sie keine Beweglichen Bauteile haben. Dies ermöglicht es, chemikalienbeständigere Materialien wie Glas oder PTFE zu verwenden und die gesamte Pumpeinheit daraus zu fertigen, was zu einer ausgezeichneten chemischen Beständigkeit bei sehr geringem Verschleiß führt. Durch die kompakte Form sind Strahlpumpen zusätzlich günstig im Vergleich zu anderen Laborpumpen. Der Enddruck ist theoretisch wie bei der Drehschieberpumpe durch den Dampfdruck der Betriebsflüssigkeit begrenzt. Da die Bauweise allerdings eine geringe Viskosität voraussetzt, können typische Vakuumöle nicht verwendet werden. Meistens wird Wasser verwendet, was zusätzlich den Nachteil mit sich bringt, dass mit einer solchen Pumpe keine Wasserempfindlichen Reaktionen durchgeführt werden können. Es ist allerdings dennoch möglich, ein geschlossenes System mit niedrigviskosem Öl als Betriebsflüssigkeit zu verwenden, was diesen Nachteil eliminiert. Die Verwendung einer Abscheidevorrichtung ist hier nicht empfehlenswert, da die Förderleistung von Strahlpumpen eher gering ist und so das Totvolumen der Schutzvorrichtung selbst kleine undichte Stellen zu einem größeren Problem als sie sowieso schon sind macht. Eine Wartung der eigentlichen Pumpeinheit ist nicht nötig.
2.4. Andere Pumpen
Neben den genannten Pumpenarten gibt es noch weitere, weniger bekannte Pumpen. Diese unterscheiden sich zwar in der Bauweise von den bisher beschriebenen, ähneln aber meistens einem dieser Pumpentypen in ihrer Funktionsweise. Vakuumpumpen wie die Turbomolekularpumpe, Sprengelpumpe oder die Öldiffusionspumpe verhalten sich anderst, da sie aber alle für Hochvakuumbetrieb mit Vorstufe gedacht sind, besteht im Chemielabor (bis auf ein paar Ausnahmen) wenig Nutzen für diese.
3. Abscheidevorrichtungen
Wie bereits in den vorherigen Abschnitten erwähnt, dürfen manche Pumpen nicht ohne eine vorgeschaltete Schutzvorrichtung betrieben werden. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen Vorrichtungen um Kondensationsfallen, d.h. Fallen, die Lösemittel und zum Teil hochsiedende Gase kondensieren und so deren Eintritt in die Vakuumpumpe verhindern. Es gibt -neben ein paar exotischeren Konstruktionen- zwei Arten von Abscheidevorrichtungen:
3.1. Wasserkühlfallen
Eine Wasserkühlfalle, der Erdgasschlauch im Vordergrund hängt nicht mit der Apparatur zusammen (Quelle: Selbst)
Wasserkühlfallen sind im Endeffekt effiziente Destillationskolonnen, die zum Beispiel in Rotationsverdampfern zum Einsatz kommen. Kommerzielle Bausätze sind oft sehr Teuer, allerdings können sie aus einem Rundkolben, einem Vakuumvorstoß, einem effizienten Kühler mit Pumpe und einer Olive preiswert selbst gebaut werden. Wenn der Vakuumvorstoß gegen einen Anschütz-Thiele Vorstoß ausgetauscht wird, kann außerdem eine Schutzgasleitung angeschlossen werden. Das Kühlwasser muss möglichst kälter als die Umgebungstemperatur sein, damit so wenig Verunreinigungen wie möglich in die Pumpe gelangen. Leider werden niedrigsiedende Lösemittel und Gase nur schlecht oder garnicht gefiltert, weshalb in diesem Fall immer ein zusätzlicher Filter angebracht werden muss. Dieser muss spezifisch für jede Situation ausgewählt werden.
3.2. Tiefkühlfallen
Eine Alternative zu wassergekühlten Kondensationsfallen sind Tiefkühlfallen. Sie bestehen aus einem Kühlfinger, der meistens mit Flüssigstickstoff gekühlt wird. Dadurch werden in der Falle deutlich tiefere Temperaturen als mit Wasserkühlung erreicht, und auch leicht flüchtige Gase wie NO2 oder HCl auskondensiert. Die Verwendbarkeit im Heimlabor ist aber beschränkt, da Flüssigstickstoff für die meisten Hobbychemiker schwer zu bekommen ist. Eine Alternative wäre die Verwendung mit Trockeneis in Aceton, da Trockeneis leichter zu bekommen ist. Lagerung ist allerdings sowohl mit Flüssigstickstoff als auch mit Trockeneis ein Problem.
4. Weiteres nützliches Equipment
Gerade für Vakuumrektifikationen kann es nützlich sein, den Druck in der Apparatur steuern zu können. Dafür kann schon ein eingebauter Dreiwegehahn mit einer nicht angeschlossenen Öffnung genügen. Eine komfortablere Methode zur Einstellung des Drucks ist die Verwendung eines Vakuumcontrollers. Diese können den Enddruck selbst messen und justieren, wodurch eine Distillation im Idealfall auf einen Knopfdruck reduziert wird.
Ein Vacuubrand CVC 24 Vakuumcontroller, wie er manchmal günstig auf Ebay erstanden werden kann (Quelle: Selbst)