Glasgerät zu identifizieren

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HoffmannJ68
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Glasgerät zu identifizieren

Beitrag von HoffmannJ68 »

Hallo zusammen

Ich bin neu hier und möchte mich darum kurz vorstellen:
Jürgen ist mein Name und ich wohne in Unna. Als Teenager hab ich mit den damals noch guten Kosmos Chemiebaukästen angefangen. Später dann an der Uni Dortmund im Fach Chemietechnik noch die erforderliche Handvoll Chemie-Praktika gemacht.
Danach war erstmal Chemie-Wissen nicht mehr so gefragt, es ging mehr in den Anlagenbau. Heute ist meine jüngste Tochter 12, ist ganz wild darauf zu erfahren, was es mit dieser Chemie auf sich hat, aber leider gibts das erst im Übernächsten Jahr in der Schule. Da meine alten Sachen noch auf dem Dachboden eingelagert waren, über die Jahre immer mal wieder Glasgeräte durch gute Beziehungen hinzukamen und ich selbst auch mal den alten Kram aussortieren wollte, hab ich ihr in einem separaten Kellerraum ein kleines Labor eingerichtet. Mal sehen ob sie die Grundlagen der anorganischen Chemie durchsteht.


Bei der Aktion habe ich mich entschlossen von einigen Glasgeräten zu trennen, mangels passender Anschlussstücke und Anwendbarkeit.
Bei zwei Exemplaren bin ich mir nicht so wirklich sicher was es sein könnte. Das größere vielleicht ein Gasreaktor? Die beiden kleinen Hahnzuleitungen enden offen im großen Raum. Von dort geht es dann einfach als Rohr weiter zu den beiden anderen Anschlüssen.

Bild

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Auf diesem hier ist eine Skala drauf die oben am seitlichen Überlauf mit 0 beginnt. Oben und unten ist das Rohr offen. Irgend eine Art von Bürette?
Mit dem komischen seitlichen Eingang funktioniert es jedenfalls nicht als Stechheber:

Bild

Und noch einen Tip brauche ich: Ich habe versucht den Dreck aus dem großen Glasteil herauszukriegen mit
-Ölfleckenterner (kalt)
-Petroleumersatz (kalt)
-Waschbenzin (kalt)
-Heißem Wasser
Es hat sich eigentlich nix bewegt, es ist nur etwas weißer geworden.
Meint Ihr ich sollte Aceton auch noch eine Chance geben oder ist die Wirkung mit Waschbenzin vergleichbar?

Gruß und besten Dank
Jürgen
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Hi und willkommen im Forum!

Das erste erinnert optisch an eine Subboiling Apparatur, aber es ist mit Sicherheit keine, da kann ich dir nicht weiterhelfen. Das Zweite ist vermutlich eine alte Automatik Bürette, diese Befüllen sich selbst bis zur 0 mL Markierung.

Ja, Aceton ist was ganz andere als Waschbenzin. Kalkverunreinigungen bekommt man aber mit beidem nicht weg. Da sind Säuren und Laugen hilfreicher.
IOC

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HoffmannJ68
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Beitrag von HoffmannJ68 »

Hi NI2, ja mit der Automatikbürette liegst Du wohl richtig. Ich hab sie grad mal zusammengebaut: unten einen Schlauch mit Schlauchklemme dran als Hahn.
An den seitlichen Abgang ein dickes Reagenzglas mit 2 Löchern im Stopfen. An das zweite Stopfen-Loch eine große Einwegspritze zum Saugen.

Hahn schließen, Bürette von oben mit Trichter großzügig befüllen. Ein kurzer Zug an der Einwegspritze und alles was über 0 steht landet im Reagenzglas. Dann Hahn auf zum Titrieren.
Klappt prima. Macht was her, aber fürs Hobby-Labor nicht gerade ein Zeitgewinn der Auf- und Abbau :-).


Ich werd das Reinigen dann noch mal mit Aceton probieren. 2 Tage in Salzsäure einlegen hat auch nur wenig bis nix gebracht.


Danke Dir

Gruß
Jürgen
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NI2
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Beitrag von NI2 »

HoffmannJ68 hat geschrieben:unten einen Schlauch mit Schlauchklemme dran als Hahn.
Genau deswegen meinte ich "alt". Habe auch noch solche, aber naja ich mag sie nicht sonderlich.
Bei dem anderen könnte man versuchen mit Ultraschall und/oder Reinigungskugeln oder eine Bürste durch den KS etwas zu reißen. Aber wenn 2 Tage HCl wenig bringt bleiben bloß noch aggressivere oder mechanische Reinigungsmethoden.

Kein Problem :)
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Die Automatikbürette wurde etwas anders betrieben, als oben beschrieben. Der Vorrat an Maßlösung war in einem z.B. Dreihalskolben, der im Mittelhals ein Tauchrohr zum Boden hatte. Ein daran befestigter Schlauch ging zum seitlichen Stutzen der Bürette und übernahm das Füllen und Justieren. Gefördert wurde die Lösung mit Luftdruck, der mittels Gummigebläse auf den einen Seithals gegeben wurde, während man den Anderen abdichtete. Sobald die Bürette übervoll war öffnete man den zweiten Seithals, der Überdruck entwich und das Gewicht der Flüssigkeit im Schlauch zog den Überschuß zurück ins Vorratsgefäß. Jetzt konnte titriert werden.

Derartige Aufsätze gibt es auch komplett in Glas, wobei nur eine breite Standflasche mit NS29 im Hals zusätzlich als Glasgerät gebraucht wird. Der Luftdruck wird ebenfalls per Gummigebläse erzeugt. Der Auslauf ist in diesem Fall ein zur Seite herausgeführtes Rohr mit Schliffhahn. Einige Exemplare haben auch einen zusätzlichen Hahn, mit dem man die restliche Lösung in das Vorratsgefäß ablassen kann.


Eine Bürette mit Schlauchhahn ist mir noch nie begegnet. Dieses Teil muß schon ziemlich alt sein, ich tippe mal auf Anfang 20. Jahrhundert oder früher.
CD-ROM-LAUFWERK
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Hier noch mal als Bild.
Über die Tülle unten pumpt man einfach Luft rein, z.B. mit einem Peleusball. Wobei seitlich daneben noch eine Öffnung sein sollte, die man mit dem Finger zuhält, bis die Bürette voll ist.
Linus 03
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Reinigung

Beitrag von Linus 03 »

HoffmannJ68
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Beitrag von HoffmannJ68 »

OK. Danke für die Tips. Die von Glaskocher beschriebene Methode kommt mir auch bekannt vor.

Gruß
Jürgen
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Glaskocher hat geschrieben:Eine Bürette mit Schlauchhahn ist mir noch nie begegnet. Dieses Teil muß schon ziemlich alt sein, ich tippe mal auf Anfang 20. Jahrhundert oder früher.
Eine Bürette mit Schlauchhahn und Kugelventil war noch in den 70ern im kosmos-Experimetierkasten C2 Jahren enthalten. Ich habe sie heute noch.
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

"Wer nur Chemie versteht, versteht auch die nicht recht!" (G.C. Lichtenberg, 1742 - 1799)

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

gestern habe ich auf dem Flohmarkt eine Kiste Laborglas günstig ertanden und darin folgende Sachen gefunden, die mir unbekannt sind:

Bild
Das sieht mir wie eine Chlorcalciumröhre aus - aber den Anschluss mit dem NS finde ich höchst sonderbar, weil das offene Ende dann nach untern zeigen würde. Könnte es noch was anderes sein?

Bild
Dies ist ein hohler Glasstab, ringsum geschlossen, ca. 25-28 cm lang. Das Mittelteil ist 10 mm dick, die Enden jeweils 8 mm. Könnte das irgendeine spezifische Verwendung haben?
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Das obere Bild zeigt, richtig vermutet, ein CaCl2-Rohr. Um bei längerer Verwendung ein "Aussuppen" des feucht gewordenen CaCl2 ins verschlossene Gefäß (=Wassereintrag) zu verhindern ist das Rohr nach unten gebogen, um das Tropfen in die andere Richtung zu lenken..

Im unteren Bild ist eine KPG-Welle zu sehen, wie sie als Ersatzteil für kraftbetriebene Rührer verwendet wird. Man muß nur an einem Ende eine Verlängerung mit zum Kolben passendem Rührflügel anschweißen, um das Ganze zu vervollständigen. KPG = Kerngezogenes Präzisions-Glasrohr.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Kann Glaskochers Interpretation nur bestätigen.
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Heliumoxid
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Beitrag von Heliumoxid »

Einen Hinweis zu Glaskochers Interpretation würde ich noch inzufügen: Gab es nicht mal Gummi/Plaste- Flügel als Adapter für den KPG-Stab ?
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Es gibt verschiedene Rührflügel für die KPG-Welle.
- Der "Halbmondrührer" hat seinen Drehpunkt knapp neben der Mitte und ist aus einem Stück Teflon gefertigt. Es gibt zwei Arten, ihn aufzuhängen: In einer Gabel mit einem Teflonpin oder seitlich am einfach gelochten Stabende mit einer Schraube/Mutter.
- Der "zweiteilige Ankerrührer" mit zwei halben Halbmonden, der meist mit einer Schraube/Mutter besfestigt ist.
- Der gläserne "Talerrührer", der als seitlicher Anbau direkt an der Welle befestigt ist.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Danke für die Kommentare! Bedeutet das, dass sich der Mittelteil der KPG-Welle in einer passenden Führung dreht? Dieser Teil hat nämlich feine Schleifspuren.
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