Chloressigsäureethylester ist ein interessanter und nützlicher Synthesebaustein - unter anderem kann sie für die Darzens-Glycidester-Kondensation eingesetzt werden, auch andere Kondensationsreaktionsreaktionen wie z.B. Veretherungen sind damit möglich. Am einfachsten und in guter Ausbeute kann er durch azeotrope Veresterung mit Chloroform als Wasser-Schleppmittel gewonnen werden.
Geräte:
250 ml Rundhalskolben, Wasserabscheider für schwere organische Phasen, Rückflusskühler, Destillationsapparatur für Normaldruck, Heizplatte mit Magnetrührer, Ölbad
Chemikalien:
Chloressigsäure
Ethanol
Chloroform
p-Toluensulfonsäure

Chloressigsäureethylester




Hinweis:
Chloroform ist giftig und wirkt betäubend, Chloressigsäureethylester ist tränenreizend und giftig - unbedingt im Abzug arbeiten!
Durchführung:
Zuerst wurde die Apparatur zur Wasserabscheidung zusammengebaut, dampfführende Rohre wurden gut mit Alufolie isoliert um Wärmeverluste und ungenutzten Rückfluss zu minimieren. Im 250 ml 2-Hals-Rundkolben wurden dann 45,0 g (0,476 mol) Chloressigsäure, 8,2 g (0,048 mol) p-Toluolsulfonsäure, sowie 60 ml Ethanol (100 % molarer Überschuss bezogen auf die Chloressigsäure plus Zuschlag für Verluste bei der azeotropen Destillation) und 100 ml Chloroform vorgelegt. Das Heizbad wurde eingeschaltet und es stellte sich bald ein kräftiger Rückfluss am Wasserabscheider ein. Unter kräftigem Rühren wurde nun ca. 2 Stunden lang gekocht, bis sich ca. die abgeschätzte Menge wässriger Phase (ca. 12 ml) gebildet hatte und keine weitere Wasserabscheidung mehr zu beobachten war. Das Kochen wurde beendet, die Reaktionsmischung etwas auskühlen gelassen und die Flüssigkeit aus dem Wasserabscheider vorsichtig abgelassen. Die untere, chloroformreiche Phase wurde aufbewahrt um bei zukünftigen Veresterungen mit Ethanol wieder eingesetzt zu werden. Die obere, wässrige Phase wurde verworfen.
Die Apparatur wurde nun auf eine einfache Destillation mit Liebig-Kühler umgebaut und zuerst das überschüssige Ethanol und Chloroform abgezogen. Insgesamt destillierten in einem Temperaturbereich von 56 - 73° C noch über 100 ml ab, überwiegend Chloroform bzw. Azeotrop Ethanol-Chloroform. Das Destillat wird aufbewahrt und der bis ca 60° erhaltene Anteil kann zusammen mit der Chloroformphase aus dem Wasserabscheider bei zukünftigen Veresterungen mit Ethanol wieder eingesetzt werden. Dann stieg die Kopftemperatur rasch weiter an und bei 136-140° wurden ingesamt ca 45 ml Destillat aufgefangen.
Der Siedepunkt lt. Literatur ist 143,5 °C - die bei der Destillation gemessene Temperatur liegt merklich darunter. Ansich sollte die Siedepunktsdifferenz zu allen anderen möglichen Reaktionspartnern ausreichend für eine gute Trennung sein (die nächst niedriger siedende Komponente wäre Ethanol mit 78 °C), eine Azetropbildung dürfte auszuschließen sein (Azeotrop mit 45% Wasser bei 95 °C siedend ist das einzige das sich bei den vorhandenen Substanzen bilden könnte). Fehlmessungen der Temperatur z.B. durch zu geringe Eintauchtiefe des Thermometers oder mangelnde Isolierung am Kopf können nicht ausgeschlossen werden und erscheinen als die plausibelste Erklärung.
Zur Reinheitsprüfung wurde daher einerseits der Brechungsindex gemessen - der Wert von 1,4210 entspricht genau der Literatur.
Weiters wurde eine Siedepunktsbestimmung mit der Siwoloboff-Wiegand Methode[1] durchgeführt. Dabei wird eine kleine Probe der Flüssigkeit erhitzt in der ein umgedrehtes (oben zugeschmolzenes) Kapillarröhrchen steht. Nach einiger Zeit des Siedens (ca 1 Minute, evtl auch einmal auskühlen lassen und erneut zum Sieden erhitzen) wird die Anfangs in der Kapillare eingeschlossene Luft durch Dampf der Probe verdrängt. Lässt man nun langsam auskühlen, so beginnt die Flüssigkeit erst dann in die Kapillare zurückzusteigen, wenn der Dampfdruck wieder sinkt, also das Sieden beendet ist. Das ist dann genau der Siedepunkt. Mit dieser Methode lassen sich Siedepunkte mit kleinen Stoffemengen (ca 1 ml) und genauer als bei einer Destillation bestimmen. Der so ermittelte Siedepunkt lag bei 143-144 °C und entspricht somit ebenfalls genau der Literatur, Identität und Reinheit sind somit nochmals bestätigt.
Chloressigsäureethylester ist eine farblose leichtbewegliche Flüssigkeit. Der Geruch hat Ähnlichkeit mit Ethylacetat jedoch etwas schwächer, es ist stark reizend.
Ausbeute: 52,2 g (89,4 % d.Th.)
Entsorgung:
Das wiedergewonnene Chloroform/Ethanol-Gemisch sollte aufbewahrt und für weitere Veresterungen mit Ethanol eingesetzt werden. Sonst kommen alle Abfälle zu den halogenhaltigen organischen Abfällen.
Erklärung:
Es erfolgt eine klassische säurekatalysierte Fischer-Veresterung mit Ethanol und Chloressigsäure:

Bilder:

Apparatur zur azeotropen Veresterung

kräftiges Kochen im Kolben

Destillation

Das fertige Produkt

Apparatur zur Siedepunktsbestimmung - ein Thiele-Apparat, ein kleines Reagenzglas das mit einer Klammer darin gehalten wird, Thermometer und Kapillare.

Siedepunktsbestimmung: wenn die Flüssigkeit nach einiger Zeit des Siedens beim Auskühlen in die Kapillare zurück steigt, kann der Siedepunkt abgelesen werden.
Literatur:
[1] Modified Siwoloboff–Wiegand Procedure for the Determination of Boiling Points on a Microscale; J. Chem. Educ. 2018, 95, 8, 1406-1410