Silbernitrat nach EP0568259A1

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BJ68
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Silbernitrat nach EP0568259A1

Beitrag von BJ68 »

mit Wasserstoffperoxid und Salpetersäure:
https://patentimages.storage.googleapis ... 8259A1.pdf

Versuch 1:

100 ml 10.1% HNO3 aus 15.54 ml 65% HNO3 @ 100 ml mit Wasser hergestellt.
Zugabe von 6 ml 50% Wasserstoffperoxid gefolgt von 20 g (Einwaage: 19.99625 g) Silber in Form von Gra­na­li­en.

Nach 40 min bei RT, keine Reaktion, der Test auf AgCl ist negativ (400 µl Probe + 20 µl 18.5% HCl).
Auf 50°C erwärmt, Gasentwicklung, Silberperlen werden matt und der Test auf AgCl ist positiv.
Zugabe von weiteren 5 ml 50% Wasserstoffperoxid und erwärmen auf 70°C über mehre Stunden....wird daheim fortgesetzt.....


Versuch 2:

50 ml 29.9% HNO3 aus 23 ml 65% HNO3 @50 ml mit Wasser hergestellt. Diese Säure vorgelegt und 25 g (Einwaage: 25.01329 g) Silber-Granalien zugegeben.

Auch bei RT Reaktionseintritt in Form von sehr wenig NOx und matt werden der Silberperlen. Bei einer kurzen Standzeit ergab sich bei dem Metall eine weißlich-blaue Phase, die beim bewegen wieder verschwand.

Zugabe von 9 ml Wasserstoffperoxid: Nitrose Gase verschwinden und Gasentwicklung setzt ein.....erwärmt auf 70° bis 80°C, dabei sporadisch NOx-Entwicklung, sehr, sehr schwach, was dann zur Zugabe von weiterem Wasserstoffperoxid genutzt wurde. Insg. 6 ml verteilt auf 3 x 2 ml Portionen.

Reaktionszeit (geschätzt): 6 bis 7 h

Nur noch sehr wenig Ag übrig, das Meiste hat sich aufgelöst.....


Bilder:

Granalien werden matt (Versuch 1):
Bild


Gasentwicklung (Versuch 1):
Bild

"Reste" (Versuch 1) (Gefühlt ist es weniger geworden):
Bild


"Reste" (Versuch 2):
Bild



Überlegung:

- Säurestärke 15 bis 25%, so gewählt, dass bei RT keine Reaktion eintritt. Diese in einem Schlifferlenmeyerkolben vorlegen, das Silber dazugeben auf Rückfluss erhitzen und über einen sehr dünnen PTFE-Schlauch und eine Spritzenpumpe vgl. https://illumina-chemie.org/casein-t4606.html das Wasserstoffperoxid sehr langsam zugeben, dabei den PTFE-Schlauch in die Granalien "versenken", damit dort eine hohe Konz. von Wasserstoffperoxid entsteht.
Aus den Beispielen 4 und 5 aus dem Patent wird ersichtlich, dass die Salpetersäure und das Wasserstoffperoxid getrennt in die Säule geben werden, da beide Reaktanten mit unterschiedlichen Temperaturen zugegeben werden.


Bj68
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Beitrag von BJ68 »

Update aus der Hexenküche:

Versuch 1:

Nachdem der nun im Wasserbad mit 77.7°C steht ist auch dort erkennbar, dass die Granalien beträchtlich kleiner werden d.h. auch mit der verdünnten Salpetersäure und der etwas größeren Menge an Wasseerstoffperoxid kann Silbernitrat bereitet werden.


Bild

Bild


Versuch 2:

6 g Silber hinzu gegeben um einen Überschuss zu haben und zu sehen, ob sich die Salpetersäure komplett verbrauchen lässt-


Bj68
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Aha, auch interessant. Gibt es abgesehen von keine nitrosen Gase einen Vorteil dieser Methode?
BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Vorteile...gute Frage...nach dem Patent kann das Ganze so weit getrieben werden, dass keine Säure mehr vorhanden ist, was die Aufreinigung vereinfachen dürfte....plus dass 10% Salpetersäure anscheinend auch schon ausreichen d.h. ziemlich geringe Konzentration reicht, wahrscheinlich kann man damit noch weiter runtergehen. Plus dass damit zwei Fliegen des 98/2013 Teils mit einer Klappe geschlagen werden....

Update:

Am Morgen alles Silber bei beiden Ansätzen komplett verschwunden, wobei der Ansatz 2 nach Salpetersäure riecht.
Daher zu

a) Ansatz 1: 2.05 g Ag und 1 ml 50% Wasserstoffperoxid

b) Ansatz 2: 5.02 g Ag und 1 ml 50% Wasserstoffperoxid

gegeben....nach 5 h bei 77.7°C folgende Auswaagen:

a) Ansatz 1: 0.9 g

b) Ansatz 2: 1.54 g

Beide Ansätze bei 60°C in den Ofen gestellt um das Volumen zu reduzieren.....mal sehen was da rauskommt..... pH-Wert bei beiden Ansätzen immer noch 1
So wie es aussieht sind die noch nicht am Ende der Kapazität von der Salpetersäure her.....



Bj68
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Aufreinigen - kommt aufs H2O2 an. Wenn es mit Phosphorsäure stabilisirt ist dann ist das eine Verunreinigung. Ist aber mit konz. hNO3 auch kein Thema - einengen bis Kristallisation...
BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Update:

Versuch 1:
Das Volumen der Lösung hat sich sehr langsam reduziert. Am Abend war immer noch Lösung vorhanden, allerdings wenn auf diese geblasen wurde, schieden sich auf der Oberfläche Kristalle in Form von Platten ab. Am Morgen war im Gefäß ein weißer Rückstand, der nach Salpetersäure roch.

Eine Auswaage ergab eine Masse von 34.90 g. Insgesamt wurden 21.15 g metallisches Silber eingesetzt, was zu einer theoretischen Ausbeute von 33.31 g Silbernitrat führen sollte. Da das Silbernitrat noch nicht umgeschmolzen ist vgl. die alten Ausgaben von "Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis" dürften da noch Reste von Salpetersäure vorhanden sein.


Versuch 2: Kristallisierte schon am Abend im Gefäß, wobei der weiße Rückstand nicht nach Salpetersäure roch.

Auswaage: 54.53 g wobei insgesamt 34.48 g Silber eingesetzt wurden die 53.30 g Silbernitrat ergeben sollten.


Bj68
BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Silbernitrat mittels Salpetersäure und Wasserstoffperoxid



Geräte: Magnetrührer mit Heizfunktion, 500 ml Erlenmeyer mit Normschliff, Rückflusskühler, Spritzenpumpe mit Spritze und Teflonschlauch, Rührfisch, Prozellanschale, Meßzylinder


Chemikalien:

Silber in Form von Granalien

Salpetersäure 65% (w/w) Warnhinweis: cWarnhinweis: o

Salpetersäure 10.39% (w/v) Warnhinweis: c

Wasserstoffperoxid 50% Warnhinweis: cWarnhinweis: oWarnhinweis: attn

Wasser

Silbernitrat Warnhinweis: cWarnhinweis: nWarnhinweis: o

Hinweis::
Salpetersäure 65% und Wasserstoffperoxid 50% sind außerhalb der für Sterbliche erlaubten Konzentrationen nach der EU-Verordnung 98/2013.


Durchführung:

a) Herstellung der Salpetersäure mit 10.39% (w/v):

In einem 250 ml Meßzylinder werden 100 ml Wasser vorgelegt und 23 ml 65% (w/w) Salpetersäure zugegeben. Nach dem Mischen und Abkühlen auf RT wird auf 200 ml mit Wasser aufgefüllt. Dichte der 65% Salpetersäure = 1.39 g/ml d.h. 23 ml = 31.97 g die 20.78 g HNO3 enthalten.


b) Herstellung von Silbernitrat:

Die 200 ml verdünnte Salpetersäure werden in den 500 ml Erlenmeyer gegeben, gefolgt von 50 g Silbergranalien. Danach wird der Rückflusskühler aufgesetzt und die Mischung langsam knapp bis unter dem Siedepunkt erhitzt. Über den Teflonschlauch werden mit der Spritzenpumpe ca. 17 ml 50% Wasserstoffperoxid innerhalb 6 bis 8 h zugegeben, wobei Gasentwicklung eintritt und sich das Silber langsam auflöst. Die Reaktion läuft glatt ohne Bildung von Stickoxiden ab, so dass ein Abzug unnötig ist.
Nach der Zugabe des Wasserstoffperoxids wird noch einige Zeit weiter erhitzt, bis die Gasentwicklung fast abgeklungen ist, dabei zeigte sich dass der pH-Wert auf 4 anstieg und damit fast die gesamte HNO3 verbraucht wurde. Dabei zeigte sich allerdings ein Problem, es schied sich ein feines gräuliches Sediment ab, was bei ersten Eindampfen der Lösung zu braunen Verfärbungen führte (ohne Bild)*. Eine Zugabe von 0.5 ml Salpetersäure führte zu einem weißem Produkt, mit leicht gelblichen Touch. Allerdings wurden beim Eindampfen** (mit Ventilator) Silbernitrat-Partikel freigesetzt wie bei dem Trocken-Bild zu sehen. Diese sind etwas störend, weil überall Flecken entstehen.
Nach dem Trocknen wurde das Silbernitrat auf der Heizplatte über den Schmelzpunkt (212°C) erhitzt, dabei schied sich wieder metallisches Silber ab, was allerdings für meine Zwecke nicht weiter stört.


*= Die gesamte Lösung wurde am Anfang auf der Heizplatte mit einem Ventilator eingedampft und als noch ein Rest von Lösung vorhanden war, diese bei 80°C ins Ofenrohr o.n. gegeben. Keine gute Idee, da das Silbernitrat aus der Porzellanschale kroch....

**= daher wurde beim zweiten Eindampfversuch die Lösung in kleinen Portionen in die Schale gegeben und darauf geachtet, dass am Rand keine Kristalle hochgeklettert sind.


Entsorgung:
Wegen des Wertes empfiehlt sich eher ein Recycling, falls es aber doch entsorgt werden soll, dann wäre als schwermetallhaltiger Abfall zu entsorgen.


Erklärung:

Laut dem Patent läuft folgende Reaktion ab:

2 Ag + 2 HNO3 + H2O2 ———> 2 AgNO3 + 2 H2O

Inwiefern das Wasserstoffperoxid da noch andere Reaktionen machen kann, wäre eine interessante Frage....


Ausbeuten und Co.:

Auswage Ag: 13.72 g d.h. es wurden 36.28 g Ag verbraucht, was 0.336 mol entspricht.

Theoretische Ausbeute (vom verbrauchten Ag ausgehend): 57.13 g

Auswage Silbernitrat: 49.74 g was 87.06 % der Theorie entspricht....

Mögliche Erklärung:

a) Verluste durch die Partikel-Bildung beim Eindampfen

b) Beim ersten Einfampfversuch musste die Kristallmasse die an der Schale haftete mit Wasser in mehreren Portionen wieder in Lösung gebracht werden, was zu Verlusten führte.


Bilder:

50 g Silber:
Bild


Die Reaktion:
Bild


Endvolumen Wasserstoffperoxid:
Bild


Ende der Reaktion:
Bild


Abklingen und die erwähnte Trübung:
Bild


pH-Wert-Messung:
Bild


Auswaage Rest Silber:
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Eindampfen und Trocknen des Silbernitrats:
Bild



Schmelzen:
Bild

Bild


Ergebnis:
Bild


Bj68
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

BJ68 hat geschrieben:...

Laut dem Patent läuft folgende Reaktion ab:

2 Ag + 2 HNO3 + 2 H2O2 ———> 2 AgNO3 + 2 H2O

Inwiefern das Wasserstoffperoxid da noch andere Reaktionen machen kann, wäre eine interessante Frage....
...
Mir fällt auf, daß die Reaktionsgleichung nicht ausgeglichen ist. Rechts fehlen 2 "H" und 2 "O". Eventuell ist links auch "nur" ein "H2O2" zuviel. Ohne jetzt die Redoxpotentiale zu verrechnen tippe ich mal darauf, daß das Wasserstoffperoxid die Potentialdifferenz zur Reduktion der Protonen überbrückt. Theoretisch sollte kein Abgas entstehen, jedoch wird praktisch ein Teil des Wasserstoffperoxides katalytisch zu Sauerstoff und Wasser disproportionieren.

Kannst Du bei einer Wiederholung mal testen, ob das Abgas brandfördernd wirkt (Glimmspanprobe)?
BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Shit da ist eine 2 zuviel reingerutscht...

2 Ag + 2 HNO3 + H2O2 ———> 2 AgNO3 + 2 H2O

Jetzt stimmt es....

Wiederholung wird nicht so schnell sein...meine Badewanne sieht jetzt aus wie Harry....der Ventilator hat wohl etwas mehr Silbernitrat-Staub verblasen, als zuerst sichtbar war....

Wer ein gutes Mittel gegen diese Art von Flecken auf altem Email kennt her damit.....

Bj68
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Kann man da nicht mit verdünnter HNO3 ran?
IOC

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Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Ich würde es ja mal mit einer verdünnten Mischung aus H2O2 und HNO3 probieren :D
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Beitrag von BJ68 »

Ja...die Überlegung hatte ich auch schon....

Mal sehen....wenigstens ist die Wanne uralt und weiter oben sind im Email Abdrücke so einer Antirutschmatte die anscheinend Jahre in der Wanne war....hier mal ein Ausschnitt der neuen Verzierung:
Bild

Alternative wäre das gesamte Teil auf die Art zu "versilbern" wäre immerhin u.U. besser als die Joseph Beuys’ Badewanne https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Be ... _Badewanne als Kunstwerk....


Bj68
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Pok
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Beitrag von Pok »

Silberflecken kann man doch leicht mit Lugolscher Lösung und anschließend Thiosulfat entfernen.
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Alternativ: mit konz. Lösung von rotem Blutlaugensalz geht Silber super weg...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Pok hat geschrieben:Silberflecken kann man doch leicht mit Lugolscher Lösung und anschließend Thiosulfat entfernen.
Hast du das mal gemacht? Ich finde das geht gar nicht gut! Vor allem auf der Wäsche versagt das völlig. AgI ist ja auch in Thiosulfat nicht besonders gut löslich.
Aus Kleidungsstücken habe ich Ag-Flecken bisher nur durch Einweichen mit KCN wirklich gut rausbekommen... 8)
mgritsch hat geschrieben:Alternativ: mit konz. Lösung von rotem Blutlaugensalz geht Silber super weg...
Das ist neu, das muss ich mal probieren!
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