2-Hydroxy-1,2-diphenylethanon
Benzoin ist als Vorläufer von Benzil und verschiedentlicher Heterocyclen eine synthesechemisch bedeutende Verbindung. Es tritt in der Natur als Bestandteil des Bittermandelaromas auf, wobei sich seine Bildung aus Benzaldehyd durch Cyanidionen vollzieht; beide entstammen dem Benzaldehydcyanhydrin (Mandelsäurenitril) als Aglykon des Amygdalins. Die klassische Synthese verläuft (wie in den Mandeln) ebenfalls Cyanid-katalysiert, wobei einschränkende Faktoren die Giftigkeit und schlechte Verfügbarkeit von Alkalicyaniden sind. Um diese zu umgehen ist es sinnvoll, andere nukleophile Spezies heranzuziehen, so hat sich das Ylid des Thiamins etabliert. Das Vitamin ist leicht zugänglich und von erschwinglichem Preis, allerdings kursieren mehrere Methoden. Die hier dargestellte arbeitet unter Rückflussbedingungen bei 80 ℃, wodurch jedoch der Katalysator teilweise zersetzt wird. Sinnstiftend scheint es daher, die Reaktion bei Zimmertemperatur stattfinden zu lassen. In meiner Versuchsreihe gelang bislang lediglich die Variante in der Wärme mit erwartungsgemäß nur mäßiger Ausbeute.
Geräte:
Magnetheizrührer, Magnetfisch, Wasserbad, 250ml Rundkolben, Rückflusskühler, 100ml Erlenmeyer-Standkolben, Saugflasche, Büchnertrichter mit Gummidichtung, Vakuumpumpe, diverses Standardequipment
Chemikalien:
Benzaldehyd

Thiamin-Hydrochlorid
2-Propanol


Ethanol

Natriumhydroxid

Benzoin
Durchführung:
In einem 250 ml Rundkolben werden 5 g Thiamin-Hydrochlorid in einer Mischung aus 8 ml Wasser und 32ml Isopropanol (IPA, besser: Ethanol, siehe Anm. 1) vorgelegt und unter magnetischem Rühren vollständig zu einer klaren Flüssigkeit gelöst. Hierein wird langsam aus einer Spritze eine Lösung von 1 g Natriumhydroxid in ca 12 ml Wasser hinzugetropft, wobei sich der Ansatz mit fortgeschrittenem Eintrag kräftig gelb färbt. Zuletzt erfolgt unter Rühren die Zugabe von 16 ml Benzaldehyd. Nach dem Abkühlen (das Alkalisieren führt zu leichter Erwärmung) trübt sich das Reaktionsgemisch. Nun wird der Rückflusskühler aufgesetzt und in einem Wasserbad für 1,5 h refluxiert. In dieser Zeit wechselt die Farbe im Kolben nach orange und ein strenger Geruch nach Schwefelwasserstoff wird bemerkbar, da eine teilweise Zersetzung des Katalysators eintritt. Nach dem Abkühlen bilden sich zwei Phasen aus, wobei die obere die organische und von wesentlich höherem Volumen ist. Der Ansatz wird leicht geschwenkt und nach kurzer Zeit kristallisiert, ausgehend von der Phasengrenze, das Rohprodukt aus der organischen Phase aus. Zwischen den Kristallen und dem wässrigen Untersatz ist später ein gelbes Öl erkennbar (restliches Benzaldehyd). Die Masse wird aufgebrochen, vakuumfiltriert und mehrmals mit Wasser und kaltem Ethanol nachgewaschen. Um reines Benzoin zu erhalten folgt Umkristallisation aus heißem absolutem Ethanol (96% ist ebenfalls möglich), wobei Ethanolreste aufbewahrt werden, um Benzoin aus späteren Ansätzen in höherer Ausbeute zu reinigen (siehe Anm. 2). Die weißen bis blassgelben Nadeln werden an der Luft getrocknet.
Ausbeute: 8,14 g (48,5 % d.Th.)
mp.: 136 °C (Lit.: 135-136 °C)
Das Produkt stellt blassgelbe bis nahezu farblose Nadeln dar.
Entsorgung:
Alle anfallenden Lösungen werden den organischen, halogenfreien Abfällen zugeführt.
Erklärung:
Thiamin-Hydrochlorid wird im basischen Milleu am schwefelbenachbarten C deprotoniert, wodurch das katalytisch aktive Ylid entsteht.
Des Weiteren kann die Amino-Gruppe nukleophil an die C-N-Doppelbindung des Thiazolrings angreifen und ein farbiges Thiol bilden, welches für die Gelbfärbung des Ansatzes verantwortlich zeichnet.

In der folgenden Darstellung des Reaktionsmechanismus wird das Thiazol-Ylid mit der Variable A gehandhabt, damit die Darstellung übersichtlich bleibt:

Es resultiert ein racemisches Produkt.
Bilder:

Die klare Lösung des Thiamins in IPA. Durch leichtes Erwärmen wurde homogenisiert.

Zutropfen der Lauge

Trübung nachdem Benzaldehyd eingegossen wurde

Refluxieren. Die Mündung des Kühlers wurde mit Isolierband zu einem kleinen Loch verjüngt, damit nicht zu viel Luftkontakt möglich ist (Oxidation des Substrats zu Benzoesäure!)

Phasen nach dem Abkühlen

Das Rohprodukt kristallisiert aus

Beim Umkristallisieren

Erscheinungsbild des fertigen Präparats.