Smashing Thermit

Spannende Experimente zum Vorführen.

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Pok
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Smashing Thermit

Beitrag von Pok »

Smashing Thermit

Mit dem folgenden Versuch lässt sich die Thermit-Reaktion auf einfache und ungefährliche Weise demonstrieren.


Geräte:

2 große und 2 kleine Eisenkugeln, Aluminiumfolie, Sandpapier, Papier


Chemikalien:

Salzsäure Warnhinweis: c
Wasser


Hinweis: Bei dem Versuch sollte eine Schutzbrille getragen werden.


Durchführung:

Zwei Eisenkugeln (Voll- oder Hohlkugel von 5 - 8 cm Durchmesser) werden mit Sandpapier angeraut und über mehrere Tage bis Wochen Salzsäuredämpfen ausgesetzt, indem man die Kugeln z.B. in den Säureschrank legt. Dadurch entsteht eine ausreichend dicke Oxidschicht auf der Oberfläche der Kugeln. Alternativ können die Kugeln einige Monate lang feuchter Witterung ausgesetzt werden, wodurch sie ebenfalls genug Rost ansetzen. Es muss eine raue, nicht zu dünne Oxidschicht vorhanden sein, damit der folgende Versuch gelingt.

Eine der verrosteten Eisenkugeln wird in eine Lage Aluminiumfolie eingewickelt. In einem abgedunkelten Raum schlägt man nun mit der anderen Eisenkugel seitwärts mit großer Geschwindigkeit auf die mit Alufolie umwickelte Kugel. Es entsteht ein Knall und viele kleine Funken fliegen etwa 50 cm in die Umgebung. Anschließend ist in der Alufolie an der Aufprallstelle ein etwa 5 x 5 mm großes Loch zu sehen und die darunterliegende, vormals braune Oberfläche der Eisenkugel ist nun schwarz und glatter als vorher. Dasselbe ist auf der Oberfläche der anderen Kugel zu sehen.

Zur Erklärung der Vorgänge kann noch ein ähnlicher Versuch durchgeführt werden. Zwischen zwei kleine Eisenkugeln mit möglichst glatter Oberfläche wird ein Blatt Papier gehängt. Die beiden Eisenkugeln werden mit hoher Geschwindigkeit aufeinanderprallen gelassen, wobei sich das Papier zwischen ihnen befindet. Dabei entstehen kleine Löcher im Papier, die braun umrandet sind und nach verbranntem Papier riechen.


Erklärung:

Beim Rosten der Eisenkugeln entstehen Eisenoxide und -hydroxide auf der Oberfläche des Eisens. Der Vorgang kann durch Chlorid-Ionen katalysiert werden. Zum Beispiel (vereinfacht):

4 Fe + 3 O2 → 2 Fe2O3

Prallen die zwei Kugeln zusammen, wird die zwischen ihnen befindliche Alufolie durch die seitliche Streifbewegung zerrieben und dabei mit dem Eisenoxid vermischt. So entsteht zwischen den Kugeln eine sehr kleine Menge Thermitmischung. Die hohe Aufprallenergie führt zu einer lokalen Wärmeentwicklung, wodurch die Aktivierungsenergie der Thermitreaktion erreicht wird. Das Aluminium entreißt dem Eisenoxid in dieser exothermen Reaktion den Sauerstoff, wodurch elementares Eisen entsteht:

Fe2O3 + 2 Al → 2 Fe + Al2O3

Dass Eisenoxid und Aluminium bei der Reaktion verbraucht werden, ist an dem Loch in der Alufolie und den vom braunen Rost befreiten Oberflächen der Eisenkugeln erkennbar.

Der dabei zu hörende Knall wird durch eine schnelle Gasausdehnung in der direkten Nähe zur Reaktion ausgelöst. Ursache könnte das Verdampfen von Wasserspuren sein, die aus der thermischen Zersetzung der Eisenhydroxide des Rostes entstehen. Die Reaktionsprodukte werden durch diese Gasausdehnung in die Umgebung geschleudert. Dabei reagieren die noch heißen Eisenpartikel mit dem Luftsauerstoff und verbrennen, wodurch sich Funken bilden. Die Reaktion läuft nach der ersten Gleichung ab, allerdings viel schneller.

Im zweiten Versuch wird demonstriert, dass beim Zusammenprall der Kugeln eine hohe Temperatur entsteht. Diese ist für den Start der Thermitreaktion nötig. Die Hitze an der Aufprallstelle führt zur Thermolyse bzw. Oxidation des Papiers, was am Geruch und den braunen, oxidierten Rändern der Löcher erkennbar ist.

Der bei der Reaktion zu hörende Knall ist etwas lauter als der einer handelsüblichen Knallerbse. Zum Vergleich: bei einer mit 2 mg Silberfulminat beladenen Knallerbse werden etwa 2 Joule Energie freigesetzt (ΔH = - 401 kJ/mol). Bei dem hier gezeigten Versuch werden pro Knall etwa 5 x 5 mm Aluminiumfolie oxidiert, was an dem anschließenden Loch in der Folie erkennbar ist. Das entspricht einer freigesetzten Energie von ca. 15 Joule für die Thermitreaktion (Dicke der Alufolie = 12,5 µm, ΔHThermit = - 851,5 kJ/mol). Das pro Schlag reagierende Thermitgemisch setzt also wesentlich mehr Energie frei als eine Knallerbse.

Die Vorteile dieser Variante des Thermitversuchs liegen im geringen Preis und der Wiederverwendbarkeit. Es geht schnell, einfach und es sind weniger Sicherheitsstandards einzuhalten. Die Aktivierungsenergie lässt sich außerdem anschaulich darstellen. Die Ausgangsmaterialien sind im Gegensatz zum normalen Thermitversuch aus dem Alltag bekannt und lassen sich leicht identifizieren (es sind keine unbekannten „Pulver“). Der Knall demonstriert zusätzlich die Gefährlichkeit und kann als Beispiel für Nanothermit (militärischer Sprengstoff) verwendet werden.

Allerdings lässt sich kein flüssiges Eisen sehen und der Eisennachweis mittels eines Magneten ist nicht möglich, da sämtliches gebildete Eisen sofort verbrennt. Der Versuch ist zudem weniger effektvoll als der übliche Thermitversuch.


Entsorgung:

Die durchlöcherte Alufolie wird in den Hausmüll gegeben. Die Eisenkugeln werden, wenn sich keine Funken mehr erzeugen lassen, zurück in den Säureschrank gelegt, um die Oxidschicht zu regenerieren.


Bilder:

Bild
unbehandelte Eisenkugeln

Bild
noch nicht ausreichend (weil nur dünn) verrostete Kugeln

Bild
Reaktion

Bild
Kugeln nach der Reaktion

Bild
Papier mit Löchern durch den Zusammenprall kleinerer Kugeln (ohne Alufolie)


Video:




Quellen:

- http://www.flinnsci.com/Documents/demoP ... F10503.pdf
- Video mit längeren Funken
- Video mit frontalem Zusammenstoß
- Video mit Papier zwischen den Kugeln
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Super ausgeführt und dokumentiert, @Pok! :thumbsup: Dieses wenig bekannte einfache und interessante Experiment habe ich auch schon gemacht...
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

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wirehead
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Beitrag von wirehead »

Gefällt mir auch sehr gut! Der Versuch war mir bisher nicht bekannt und ich hätte es auch nicht ohne weiteres geglaubt das sich da das Thermit überhaut entzünden würde.

Mein rostiger Seicento ist jetzt natürlich schon auf dem Schrott...
Ekki Ekki Ekki Patang!
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Sven1105
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Beitrag von Sven1105 »

Mal eine andere Variante des Thermit-Versuchs. Sehr schön gemacht! :thumbsup:
Mit freundlichen Grüßen

Sven
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frankie
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Beitrag von frankie »

Phantastisches Photo !
It is always better to have no ideas than false ones; to believe nothing, than to believe what is wrong.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Gefällt mir! :D

Man könnte das ganze sicherlich auch mit großen Eisenkugeln an 2 Pendeln recht eindrucksvoll inszenieren :)
IOC

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Toller Effekt!
Das Foto finde ich auch unglaublich! Wie hast Du das gemacht, v.a. wie hast du genau den richtigen Momemnt abgepasst?
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Viiiele viele Bilder, mit Sportmodus oder so^^
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Stepfan
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Beitrag von Stepfan »

NI2 hat geschrieben:Viiiele viele Bilder, mit Sportmodus oder so^^
Ich würd mal sagen, dafür wäre die Belichtungszeit zu hoch :P
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wirehead
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Registriert: Donnerstag 30. April 2009, 13:58

Beitrag von wirehead »

Exif sagt: 5sec, F/2,8; Iso 800
Nehme man an es war wirklich dunkel ;-)
Ekki Ekki Ekki Patang!
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Pok
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Beitrag von Pok »

Genau. :wink:
Man muss nur die richtige Schärfe einstellen und einen ordentlichen "Smash" hinkriegen. Das ist alles. Wenn man länger belichtet und es öfter macht, siehts so aus:

Bild

In den 3 verlinkten Videos sind noch längere Funken zu sehen und es klappt dort auch bei frontalem Zusammenstoß der Kugeln. Aber das hat bei mir nicht funktioniert. Wahrscheinlich war die Rostschicht noch nicht dick genug.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Würde gerne das Bild was du zusätzlich gepostet hast für die Startseitenauswahl nehmen, kann ich's so verwenden, oder nochmal ein wenig kleiner schnibbeln?
IOC

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Pok
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Beitrag von Pok »

Klar, kannste so verwenden oder rumschnibbeln. :wink:
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bahmtec
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Beitrag von bahmtec »

Die Bilder sind echt der Hammer!
Hopfen und Malz-Gott erhalt´s
CD-ROM-LAUFWERK
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Interessant, dass das so auch geht.
Jetzt müsste man nur noch größere Stahlkugeln haben...

Bei dem letzten verlinkten Video erzählt der "Chief Scientist Carl Nelson" mehrfach, dass dort Eisenoxid und Aluminiumoxid reagieren.
"Chief Scientist" ist halt nur sowas wie Fachmann, Experte oder Gutachter...
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