Tetrodotoxin

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Cyanwasserstoff
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Tetrodotoxin

Beitrag von Cyanwasserstoff »

Tetrodotoxin

Name: Tetrodotoxin
Summenformel: C11H17N3O8
Strukturformel:
Bild

Andere Namen: TTX, Maculotoxin, Spheroidin, Tarichatoxin
Löslichkeit: löslich in Aceton, Ethanol und wässrigen Säuren, schlecht löslich in Wasser
Schmelzpunkt: 220°C
Molare Masse: 319,27 g/mol
Gefahrenzeichen: T+
Warnhinweis: t+
R-Sätze: 26/27/28-33
S-Sätze: (1)-36-45

Beschreibung:

Tetrodotoxin, das Gift ostasiatischer Kugel-(Tetraodontidae), Koffer- und Pufferfische und einiger weiterer Meerestiere, ist ein farb- und geruchloses Pulver und ein äußerst starkes Nervengift. Seit kurzem weiß man, dass es sich dabei allerdings nicht um ein tierisches Toxin handelt, sondern Tetrodotoxin das Stoffwechselprodukt eines zur Gattung Pseudomonas gehörenden Bakteriums ist, das in oder auf den Tieren lebt. Es weist eine sehr ungewöhnliche Struktur auf, die einerseits an Saccharide, andererseits an Alkaloide oder auch an β-Aminosäuren erinnert. Zwar liegt es wie andere Aminosäuren (im richtigen pH-Wert-Bereich) zwitterionisch vor, enthält aber in der üblicherweise prädominanten Struktur keine Carbonsäuregruppe, sondern einen aciden Orthocarbonsäurediester. Dieser steht im Gleichgewicht mit der Lactonform:

Bild

Tetrodotoxin blockiert spannungsaktivierte Natriumkanäle, wodurch die Depolarisation der postsynaptischen Membran und somit die Weiterleitung von Aktionspotentialen verhindert wird. Daraus resultieren Lähmungen, die zum Tod durch Atemstillstand führen können. Die tödliche Dosis beträgt ca. 1 mg. Diese hohe Toxizität ist insbesondere in Bezug auf den Verzehr des in Japan sehr beliebten Fugu (Kugelfisch) relevant. Nur bestimmte Organe des Kugelfischs enthalten Tetrodotoxin; bei der Zubereitung ist entsprechend besondere Sorgfalt nötig und nur dafür ausgebildete Köche dürfen Fugu zubereiten. Der Wirkmechanismus des Tetrodotoxins wird in der Forschung zur gezielten Blockierung von Natriumkanälen ausgenutzt.

Bild:

Bild
Tetrodotoxin
"It is arguably true that the tetrapyrrole system is Nature's most remarkable creation."
- Claude Rimington
Caesiumhydroxid
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Beitrag von Caesiumhydroxid »

Interessante Substanz, auf jeden Fall... :shock: :)

Welche Menge ist denn auf dem Bild zu sehen?
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

1 mg. Jetzt krieg ich von Lars sicher wieder zu hören, dass er mich auf dem nächsten Forentreffen nicht in der Nähe der Salate sehen will...muhahaha... :twisted: :mrgreen:
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Diese Substanz iss ja wirklich interessant! :thumbsup:

Jan, weiß Du zufälligerweise; welche Organe des Kugelfisches das Toxin enthalten?
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)

"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Ich nicht, aber Wikipedia:
Hauptbestandteil des Giftes der Kugelfische ist Tetrodotoxin (TTX), das sich besonders in Haut, Leber und Eierstöcken des Fisches befindet, aber nicht im Muskelfleisch.
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Caesiumhydroxid
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Beitrag von Caesiumhydroxid »

Ich bin zwar nicht Jan, aber: http://de.wikipedia.org/wiki/Kugelfische#Giftigkeit

Haut, Leber und Eierstöcke.

EDIT: Mist... :mrgreen:
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Jetzt krieg ich von Lars sicher wieder zu hören, dass er mich auf dem nächsten Forentreffen nicht in der Nähe der Salate sehen will...muhahaha.
.....so isses :wink: Interessant allemal. Das Gift ist in erster Linie in Galle und Leber enthalten. Auch alle anderen Gewebe enthalten es. Das Muskelgewebe hat den niedrigsten Gehalt und wird daher beim Fugu gegessen. Die Konzentration ist bei Fugu vom Vermehrungszyklus abhängig.
Interessant hierbei ist auch die Tatsache, dass viele marine Lebewesen Tetrodotoxin enthalten und zur Abwehr oder dem Beutefang nutzen. Der Blauberingte Krake z.B. . Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Substanz vermutlich nicht von den Organismen selber produziert wird sondern von symbiontischen MO´s. So produziert z.B. Vibrio fisherii recht große Mengen an Tetrodotoxin.

p.s.:
Auch zu spät aber dafür nicht Wiki sondern den Kopf gefragt ;)
p.p.s.:
LD50 Maus: 8µg/kg
Einsetzen der Giftwirkung:
5-30min
Symptome:
Schwäche, Schwindelgefühl, Parästhesien an Lippen, Zunge und Rachen, Ausbreitung auf Extremitäten, Danach schwere Übelkeit ohne Erbrechen, Blutdruck und Temperaturabfall, Schweißausbrüche und Herzschmerzen.
Präfinal:Lichtstarre, weite Pupillen; Atemnot, Zyanose.
Tod in 60% der Fälle durch Atemlähmung.
(Nach Daunderer, Lexikon der Pflanzen und Tiergifte, Diagnostik und Terapie; ecomed Verlagsgesellschaft 1995)
"...wie ein Sprecher betont,hat für die Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestanden."
"...mittlerweile rostet das Miststück..." E.v. Däniken
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Danke für die Infos! Also müssen die Fugu-Köche sorgfältig sezieren und dürfen die toxinhaltigen Organe nicht beschädigen, damit das Muskelfleisch nicht versaut wird... Chirurgische Präzision .... :shock:
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Jepp, die werden auch erst nach einer ewig langen Ausbildung zugelassen. Früher haben die mit ihrem eigenen Leben dafür gradegestanden wenn was daneben geht. Der besondere Reiz liegt übrigens in dem leichten, prickelndem Taubheitsgefühl auf der Zunge... Hab irgendwo noch ne NG rumliegen in der es um Gifte ging. Da war ein kurzer Artikel dazu drin.
Andererseits muss man Kugelfische auch nicht essen. Dafür sehen die viel zu lustig aus. ;)
Davon mal ab ist das bei den Tieren die beste Verteidigungsstrategie. Langsam, träge, auffällig da kann man als evolutionär cleverer Fisch/ Tier nur hochtoxisch werden. :wink:
p.s.:
Therapie (bei Fugu-Vergiftung):
Magenspülung, provoziertes Erbrechen, Medizinalkohle, evtl. Beatmung und Herzmassage.
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Bei Reinsubstanz hilft, je nach Menge und Aufnahmeweg, zusätzlich vermutlich nur noch Daumendrücken, je nach Einstellung auch beten oder ein anderes Ritual...
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6,6´-Dibromindigo
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Beitrag von 6,6´-Dibromindigo »

Wow, ich hätte nicht gedacht, mal ein Bild von der Reinsubstanz zu finden.

Woher stammt das den? Selbst aus den Küchenabfällen vom Japaner um die Ecke isoliert? :D :D
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NI2
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Beitrag von NI2 »

*sabber*

(Sieht eigentlich sogar nach mehr als einem mg aus.)
IOC

There is no sadder sight in the world than to see a beautiful theory killed by a brutal fact. [T. Huxley]
The pursuit of knowledge is hopeless and eternal. Hooray! [Prof. H. J. Farnsworth]
Trust the rhythm and the rhyme of your own heartbeat. [C. Douglas]
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Sieht eigentlich sogar nach mehr als einem mg aus.
...Jepp, hätte auch auf ~5-10mg getippt. Kann aber in so nem kleinen Vial im Makro echt täuschen.
"...wie ein Sprecher betont,hat für die Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt Gefahr bestanden."
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BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Hier auf Seite 4 in dem PDF findet man einen Überblick über die Extraktion http://www.scs.illinois.edu/denmark/pre ... -10_28.pdf
und hier einen Überblick über 3 Totalsynthesen http://www.scripps.edu/baran/images/grpmtgpdf/Vasan.pdf

Btw. Low-Dose soll es aphrodisierend wirken ;-) würde mich mal reizen es auszuprobieren, allerdings sollte da wohl ein Doktore mit dem nötigen Ausrüstung vorhanden sein.....da es kein Gegenmittel gibt hilft nur den Patienten solange am Leben zu erhalten, bis der Körper selber es entgiftet, da Blockierung der Na-Kanäle reversibel ist (soviel ich weiß ohne nachzusehen) und wenn man der englischen Wiki vertraut http://en.wikipedia.org/wiki/Tetrodotoxin die Natriumkanäle der Herzzellen nicht tangiert werden ebenso wie die Erregungsleitungen am Herzen d.h. Zwangsbeatmung sollte da als Behandlung ausreichen um es zu überleben.....eine sehr genaue Waage vorausgesetzt....


BJ68


Edit meint, das TTX auch ein Bestandteil des Zombie-Gifts sei, womit im Voodoo-Kult Zombies erschaffen werden vgl. http://neurophilosophy.wordpress.com/20 ... ffer-fish/
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Im Jahr 2009 kam ne 9-Stufige Synthese für den 10g-Maßstab von 'nem Prof. aus Californien ;)
IOC

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BJ68
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Beitrag von BJ68 »

NI2 hat geschrieben:Im Jahr 2009 kam ne 9-Stufige Synthese für den 10g-Maßstab von 'nem Prof. aus Californien ;)

Hast Du da Literatur? Würde mich sticken das mal zu kochen ;-)

BJ68


PS: Maitotoxin http://en.wikipedia.org/wiki/Maitotoxin ist auch recht heftig....
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