Gasverflüssigung nach Faraday

Wissenschaftliche Experimente von besonderem historischem Interesse.

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Pok
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Gasverflüssigung nach Faraday

Beitrag von Pok »

Gasverflüssigung nach Faraday

Vor fast 200 Jahren untersuchte Michael Faraday als Mitarbeiter von Humphry Davy die Verflüssigung von Gasen. Er entwickelte eine Methode, durch die auf chemischem Wege hergestellte Gase ohne Kühlung und ohne Zuhilfenahme von Pumpen verflüssigt werden konnten.[1, 2] Dazu gab er die Chemikalien in ein gebogenes, dickwandiges Glasrohr, welches an einer Seite verschlossen war. Nach dem Zuschmelzen erhitzte er die Chemikalien, woraufhin das entstehende Gas einen hohen Druck erzeugte und auf der anderen Seite kondensierte.

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Abbildung: Faradays Versuchsaufbau zur Gewinnung verflüssigter Gase.[3] Links werden die Ausgangsstoffe erhitzt und rechts kondensiert das gebildete Gas. Die Kühlung mit Eis, wie hier abgebildet, ist nicht unbedingt nötig.

In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 1823 beschreibt Faraday die Verflüssigung einer Reihe von Gasen. Während er in neun Fällen Erfolg hatte, gelang ihm die Verflüssigung etwa von Sauerstoff oder Stickstoff nicht. Anhand von einigen Beispielen wird im Folgenden gezeigt, wie Faraday vorging.


Geräte:

dickwandige Glasrohre, Gasbrenner, Erlenmeyerkolben (200 ml), durchbohrter Stopfen, Gasableitungsrohr, PET-Flasche (1,5 l), Filterpapier, Toilettenpapier, Pipetten, Glasstab, Schraubzwinge, Pinzette, Spiritusbrenner, Reagenzglashalter, Mörser mit Pistill


Chemikalien:

Salzsäure Warnhinweis: cWarnhinweis: attn
Kaliumperoxomonosulfat (Tripelsalz) Warnhinweis: c
Kupferdraht

Schwefelsäure Warnhinweis: c
Hirschhornsalz

Ammoniumnitrat Warnhinweis: oWarnhinweis: attn
Calciumcarbid Warnhinweis: cWarnhinweis: fWarnhinweis: attn
Natriumchlorid

Wasser

Chlor Warnhinweis: f+Warnhinweis: nWarnhinweis: oWarnhinweis: t
Schwefeldioxid Warnhinweis: cWarnhinweis: f+Warnhinweis: t
Kohlendioxid Warnhinweis: f+
Lachgas Warnhinweis: f+Warnhinweis: o
Acetylen Warnhinweis: fWarnhinweis: f+


Hinweis: Bei der Herstellung und Handhabung der Ampullen besteht Explosionsgefahr. Es müssen dicke Handschuhe und Gesichtsschutz getragen werden! Faraday schrieb im März 1823 an einen Freund[4]: "Am Sonnabendabend ereignete sich noch eine Explosion. [...] Sie ging von einer meiner Röhren aus und war so heftig, daß die Glassplitter wie Pistolenkugeln durch ein Fenster flogen."


Durchführung:

Für alle Versuche wurden dicke Borosilikat-Glasrohre mit einem Außendurchmesser von 10 mm und einer Wandstärke von 2,2 mm verwendet. Sie halten mindestens kurzzeitig bei Raumtemperatur einem Druck von über 200 bar stand. Die Glasrohre müssen vor allem im Inneren völlig frei von Kratzern sein!

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dickwandiges Glasrohr

Für die meisten Versuche wird ein Glasrohr zuerst in der heißen Brennerflamme bis zu einem Biegewinkel von ca. 60 Grad gebogen und dann einige Zentimeter von der Biegestelle entfernt an einer Seite zugeschmolzen und etwa genauso weit entfernt auf der anderen Seite verengt.

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vorbereitete Ampulle

Je nach einzuführender Substanz erfolgt das Biegen auch erst nachher und man verschließt die Ampulle ohne vorheriges Verengen.


Chlor:

Faraday begann seine Untersuchungen auf Vorschlag seines Laborchefs (und Präsidenten der Royal Society) Humphrey Davy mit Chlorhydrat. Man erhält dieses Gashydrat, wenn man feuchtes Chlor niedrigen Temperaturen aussetzt. Laut Faradays Analyse hat es die Zusammensetzung Cl2 · 10 H2O.

Faraday: "Der Präsident der Royal Society schlug vor, dass die Erhitzung der Substanz unter Druck zu interessanten Ergebnissen führen könnte. [...] Etwas Chlorhydrat wurde hergestellt, durch Abpressen zwischen Löschpapier so gut wie möglich getrocknet, und in eine einseitig zugeschmolzene Glasröhre überführt, deren oberes Ende dann gasdicht verschlossen wurde."

Die Darstellung von Chlorhydrat führt man am besten im Freien an einem Wintertag bei Außentemperaturen von knapp unter 0 °C durch. Es muss zunächst Chlor hergestellt werden, wozu sich die Oxidation von Salzsäure eignet. In einem Erlenmeyerkolben (200 ml) wird eine Suspension aus 43 g Kaliumperoxomonosulfat (Tripelsalz "Oxone") und ca. 20 ml Wasser vorgelegt, durch Abkühlung auf ca. -15 °C im Tiefkühlfach erstarren gelassen und mit 34 g 30%iger Salzsäure übergossen. Man verschließt mit einem durchbohrten Stopfen und eingestecktem Gasableitungsrohr. Das andere Ende des Glasrohrs wird durch das vorgebohrte Loch des Deckels einer mit 30-50 ml Wasser gefüllte PET-Flasche gesteckt. Durch Schwenken und langsames Erwärmen der Reaktionsmischung mittels eines Spiritusbrenners treibt man das entstehende Chlor in die PET-Flasche.

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Wenn die Flasche prall mit Chlor gefüllt ist, schüttelt man sie bei fortgesetztem Chlorstrom kräftig, woraufhin sich plötzlich eine hellgelbe, breiartige Suspension von Chlorhydrat in Chlorwasser bildet.

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Wenn der Druck beim Schütteln nicht mehr schwächer wird, bricht man den Gasstrom ab, schraubt die Flasche mit einem neuen Deckel zu und schüttelt erneut, wobei man die Flasche zusammenpresst, um den Prozess zu beschleunigen (isolierende Handschuhe tragen!). Das feuchte Chlorhydrat schleudert man dann in Richtung der Flaschenöffnung, entfernt den Deckel und presst die Masse hinaus auf ein Stück Filterpapier. Da der Brei äußerst wasserhaltig ist, wird das in den Filter eingeschlagene Hydrat mit einer großen Menge Zellstoff (z.B. Toilettenpapier) trockengepresst.

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Chlorhydrat, trockengepresst und schon teilweise zerfallen, erkennbar am helleren Farbton (Wassereis). Diese Probe wurde nach Befüllen der Ampulle (mit frischem Chlorhydrat) fotografiert.

Die folgenden Schritte müssen zügig durchgeführt werden, da sich das Chlorhydrat an der offenen Luft (ohne Chlorgas-Atmosphäre) auch bei unter 0 °C bald zersetzt. Mit dem offenen Ende eines vorbereiteten (am Ende zugeschmolzenen und gebogenen) Glasrohrs sticht man mehrfach in die entstandene gelbe Masse und schiebt sie mit einem genau passenden Glasstab bis zum Anschlag in die Röhre. Der mit dem Chlorhydrat gefüllte Teil wird in ein Eis-Kochsalz-Kältebad gestellt (3 Teile Eis und 1 Teil Kochsalz) und die Ampulle mit einem Brenner so nah am Inhalt zugeschmolzen, dass sich dieser nicht zersetzt.

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Neben dem Chlorhydrat (rechts) hat sich durch die Zersetzung der an der Glasinnenwand haftenden Kristalle etwas Wasser gebildet (Mitte der Ampulle) und das gebundene Chlor ist vor dem Zuschmelzen entwichen.

Faraday: "In 38 °C heißem Wasser* schmolz die Substanz und die Röhre füllte sich mit einem hellgelben Gas. Zwei flüssige Substanzen entstanden: die eine, etwa drei Vierte des Ganzen, war von blassgelber Farbe und erschien wie Wasser; das andere Viertel war eine schwere, hellgelbe Flüssigkeit, die unter der anderen lag, ohne sich mit ihr zu mischen. [...] In einer gebogenen, verschlossenen Röhre war es mir möglich, nach der Zersetzung durch Hitze bei 38 °C die gelbe Flüssigkeit in ein Ende der Röhre zu destillieren und sie von der restlichen Menge zu trennen. Auf diese Weise erfolgte eine vollständigere Zersetzung des Hydrats und nach dem Abkühlen verfestigte sich keine der zwei Flüssigkeiten oberhalb von 1 °C und die gelbe Flüssigkeit sogar bei -18 °C nicht. Als die beiden Flüssigkeiten vermischt wurden, verbanden sie sich allmählich bei Temperaturen unter 16 °C und bildeten dieselbe Substanz, die ursprünglich eingeführt wurde."

*zur besseren Lesbarkeit wurden die originalen Fahrenheit-Temperaturen in Celsius-Werte umgerechnet

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Beim Erwärmen zersetzt sich das Hydrat, Chlor steigt auf und bildet im darüberstehenden Wasser erneut Chlorhydrat. Die Gasblasen fallen dabei etwas zusammen.

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Durch vorsichtiges Erhitzen entstandene Produkte: links Chlorwasser, rechts flüssiges Chlor (Druck: 7 bar)

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Zunächst vermutete Faraday, dass sich Salzsäure und "Euchlorin" (Chlordioxid) gebildet hatten, nahm dann aber an, dass das Chlor durch die Erhitzung vollständig vom Wasser getrennt wurde und durch den eigenen Druck zur Flüssigkeit kondensierte. Versuche mit reinem Chlor unter erhöhtem Druck bestätigten diese Vermutung.

Wartet man einige Zeit nach der Trennung beides Flüssigkeiten, bildet sich das Chlorhydrat bei Raumtemperatur zurück.

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Kristalle von Chlorhydrat, an einem auf Chlorwasser schwimmenden, von Chlorhydrat ummantelten Tropfen aus flüssigem Chlor hängend

Manchmal ist der Vorgang gehemmt und eine Art übersättigte Lösung liegt vor. Wenn man aber die Röhre auf knapp über 0 °C abkühlt und dann kräftig schüttelt, erstarrt der ganze Inhalt in der Regel zu feinkristallinem Chlorhydrat.


Schwefeldioxid:

Faraday: "Quecksilber und konzentrierte Schwefelsäure wurden in eine gebogene Röhre eingeschlossen, auf eine Seite fließen gelassen und vorsichtig erhitzt, während das andere Ende durch feuchtes Löschpapier gekühlt wurde. Schwefligsaures Gas entstand an der erhitzten Stelle und wurde von der darüberliegenden Schwefelsäure aufgenommen; als die letztere gesättigt war, gelangte die Schweflige Säure in das kalte Röhrenende und kondensierte zu einer Flüssigkeit."

Aus Sicherheitsgründen sollte man Kupfer statt Quecksilber verwenden. 0,9 g Kupfernadeln werden in den kürzeren, am Ende zugeschmolzenen Arm eines gebogenen Glasrohrs gefüllt. Man überschichtet mit 3,46 g konzentrierter Schwefelsäure und schmilzt den längeren Arm 10 cm von der Biegestelle zu. Nach dem Erkalten schleudert man die Mischung in den längeren Arm und erhitzt dort mit einem Spiritusbrenner vorsichtig.
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Anfangs entsteht eine dunkle Suspension und gebildete Gasblasen lösen sich in der Schwefelsäure gleich wieder auf. Kurze Zeit später gelangen die Gasblasen bis an die Oberfläche und die Reaktionsmischung wird langsam grün. Es sammelt sich eine leicht bewegliche Flüssigkeit im kurzen Ende der Ampulle und am anderen Ende ändert die Flüssigkeit ihre Farbe zu blau. Nach ca. 2 Stunden hellt sich die im Volumen verringerte Flüssigkeit auf und farblose bis hellblaue Kristalle entstehen. Es sammelt sich dann kaum noch neues Schwefeldioxid an, sodass man abkühlen lässt.

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Der Rückstand besteht aus hellblauen bis fast farblosen Kupfersulfat-Kristallen, einer Mischung aus wässriger Schwefelsäure und Schwefliger Säure, sowie einem schwarz-braunen Rückstand. Das Schwefeldioxid baut in der Ampulle einen Druck von 3 bar auf.

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Faraday: "Flüssige Schweflige Säure ist sehr klar und farblos und sehr flüssig. Ihre Brechkraft [...] scheint nahezu identisch mit der von Wassers zu sein. Bei Temperaturen von -18 °C wird sie nicht fest."


Kohlendioxid:

Faraday: "Die für die Herstellung von Kohlensäure verwendeten Ausgangsstoffe waren Ammoniumcarbonat und konzentrierte Schwefelsäure [...]. Es werden aber viel stärkere Rohre benötigt als bei jeder anderen bisher beschriebenen Substanz, und bei keiner anderen gab es so viele und heftige Explosionen."

1,28 g Hirschhornsalz werden mit einem Glasstab in ein an einer Seite zugeschmolzenes Glasrohr gepresst. Dabei muss darauf geachtet werden, keine Kratzer im Rohr zu hinterlassen. Das Rohr wird soweit hinter der Masse gebogen, dass sie sich durch die Hitze gerade nicht zersetzt. Der andere Ampullenarm wird 10 cm von der Biegestelle entfernt verengt. Nach dem Abkühlen rüttelt man die eventuell aufgelockerte Masse durch Klopfen auf einer harten Unterlage fest und klemmt die Röhre, gepolstert mit Zellstoff, in einer Schraubzwinge so fest, dass eine V-Form entsteht. 1,10 g konz. Schwefelsäure werden über die verengte Öffnung langsam hineinpipettiert. Fließt sie an der Verengung nicht weiter, wird die Luft zwischen dem Hirschhornsalz und der Schwefelsäure abwechselnd erwärmt und abkühlen gelassen, sodass die Schwefelsäure langsam hinunterfließt. Die Verengung wird zugeschmolzen.

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Man dreht die abgekühlte Ampulle um, sodass die Schwefelsäure auf das Ammoniumsalz fließt. Anfangs findet eine kräftige Gasentwicklung statt, die aber schnell schwächer zu werden scheint. Durch leichtes Erwärmen mit dem Spiritusbrenner beschleunigt man die Reaktion. Es bilden sich oberhalb der Reaktionsmischung Schlieren und beim Schräghalten kondensiert das gebildete Kohlendioxid in den anderen Ampullenbereich.



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Nach dem Übertreiben des Kohlendioxids

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Flüssiges CO2 unter einem Druck von 57 bar. Die kleinen Tröpfchen sind überschüssige Schwefelsäure.

Faraday: "Kohlensäure ist ein klarer, farbloser Körper, extrem dünnflüssig, und sie schwimmt über den anderen Bestandteilen in der Röhre. [...] Bei dem Versuch, die Röhre an einem Ende zu öffnen, zerplatzt sie in einer heftigen Explosion gleichmäßig in Bruchstücke."




Lachgas:

Faraday: "Etwas Ammoniumnitrat, zuvor durch teilweise Zersetzung mittels Erhitzen in der Luft so trocken wie möglich gemacht, wurde in eine gebogene Röhre eingeschlossen und an einem Ende erhitzt, während das andere kalt blieb. Nach Wiederholung der Destillation auf diese Weise stellte sich durch nachträgliche Untersuchung heraus, dass nur sehr wenig des Salzes unzersetzt blieb. Der Versuch erfordert Vorsicht. Ich habe auch mit dicken Röhren viele Explosionen erlebt [...]."

Man verwendet am besten analysenreines Ammoniumnitrat, wodurch die Bildung von Nebenprodukten, wie z.B. Stickstoff, verringert wird. Eine ca. 20 cm lange, 7 cm entfernt vom zugeschmolzenen Ende gebogene Ampulle wird mit 1,62 g Ammoniumnitrat (p.A.) befüllt. Man schmilzt das Ammoniumnitrat über der Spiritusflamme und zersetzt unter vorsichtigem Erhitzen so viel, dass der Flüssigkeitspegel gerade bis zur Biegestelle reicht und lässt dann abkühlen.

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7 cm von der Biegestelle entfernt wird zugeschmolzen und das Ammoniumnitrat erneut durch vorsichtiges Erhitzen zersetzt, wobei man das andere Ende mit feuchtem Zellstoff kühlt. Nach kurzer Zeit kondensiert auf der gegenüberliegenden Seite etwas Wasser und wenig später etwas Lachgas darüber.

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Links geschmolzenes Ammoniumnitrat, darüber Nebel (kritische Opaleszenz) und rechts etwas kondensiertes Wasser mit darüberliegendem, flüssigem Lachgas bei einem Druck von fast 69 bar

Mit der Zeit werden die aus der Schmelze aufsteigenden Gasblasen kleiner, man sollte aber das Erhitzen unverändert fortführen, also nicht stärker erhitzen. Zum Ende der Prozedur wird das Volumen der Produkte so groß, dass ein Teil des flüssigen Lachgases auf die Ammoniumnitratschmelze fließt und dabei sofort verdampft. Wenn nur noch ein Rest von wenigen Kubikmillimetern der Schmelze übrig ist (nach ca. 3 Stunden), lässt man erkalten. Die von Faraday beschriebene Wiederholung der Destillation ist für Demonstrationsampullen nicht nötig und sollte wegen der Gefahren vermieden werden.

Faraday: "Wenn die Röhre abgekühlt ist, enthält sie zwei Flüssigkeiten unter sehr verdichteter Atmosphäre. Die schwerere Flüssigkeit stellte sich nach Prüfung als Wasser heraus, das etwas Säure und gelöstes Lachgas enthielt; die andere Flüssigkeit war Lachgas. "

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Ampulle nach dem Abkühlen. Das kondensierte Wasser befindet sich links, erkennbar am Meniskus, der fast senkrecht zur Röhrenwand ist. Das Lachgas wurde durch Kippen in den rechten Ampullenarm überführt (möglich wäre auch das Erwärmen auf über 36,4 °C und Kühlung des rechten Ampullenteils). Der Meniskus ist wegen der geringeren Oberflächenspannung annähernd waagerecht.

Faraday: "Es erscheint in dünnflüssigem, klarem, farblosem Zustand; und so flüchtig, dass die Handwärme es für gewöhnlich gasförmig werden lässt "



Weitere von Faraday auf diesem Wege verflüssigte Gase waren Ammoniak, Chlorwasserstoff, Schwefelwasserstoff, Dicyan und Chlordioxid. Einige andere Gase, wie Sauerstoff oder Kohlenmonoxid, konnte er jedoch auch mit weiterentwickelten Apparaturen nicht in den flüssigen Zustand überführen und hielt sie deshalb für "permanente" Gase. Bei Raumtemperatur wurden sie selbst unter einem Druck von über 1000 bar (!) nicht flüssig, wie andere Forscher zeigten. Erst ein halbes Jahrhundert nach Faradays Experimenten gelang es schließlich Louis Paul Cailletet durch Kombination von Druck und starker Kühlung, auch die vermeintlich "permanenten" Gase zu kondensieren.


Acetylen:

Cailletet war auch der erste, der 1877 Acetylen durch Druckanwendung verflüssigte.[5] Das Gas war Faraday noch nicht bekannt. Es wurde erst 1836 durch Edmund Davy, einen Cousin von Faradays Chef, aus Kaliumcarbid dargestellt. Die Entdeckung geriet aber in Vergessenheit.

Acetylen hat eine kritische Temperatur von 35 °C, sollte sich also ebenfalls bei Raumtemperatur kondensieren lassen. Man kann es durch Reaktion von Calciumcarbid ("Karbid") mit Wasser herstellen.

Ein gebogenes und an der Biegestelle etwas verengtes Glasrohr wird nahe an der Biegestelle zugeschmolzen. Man füllt das verschlossene Ende mit 0,66 g Wasser und verdampft Wassertropfen im längeren, offenen Ende mit dem Brenner. Etwas Calciumcarbid wird im Mörser zu 2-4 mm großen Stückchen zerstoßen (ingesamt 1,62 g), mit einer Pinzette zügig in die Ampulle überführt und das Ende zugeschmolzen.

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Vorbereitete Ampulle für die Ethin-Verflüssigung. Das Ende hat sich durch Rußablagerungen schwarz gefärbt (Zersetzung von Ethin, gebildet durch Luftfeuchtigkeit).

Nach dem Abkühlen lässt man das Wasser durch vorsichtige Schwenkbewegung in kleinen Portionen auf das Karbid fließen. Sobald sich sich ein ziemlich fester Stopfen aus Calciumhydroxid gebildet hat, dreht man die Ampulle so, dass das Wasser über der Mischung steht. Einige Tage später ist das Wasser durchgesickert. Das längere Ampullenende stellt man dann in ein 40-50 °C warmes Wasserbad und kühlt das andere Ende mit feuchtem Zellstoff, sodass das Ethin aus dem Calciumhydroxid, welches das flüssige Ethin wie ein Schwamm aufgesaugt hat, in das kürzere Ende kondensieren kann.

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Ampulle, nachdem das Wasser vollständig aufgenommen wurde. Nur ein Teil des Calciumcarbids hat reagiert und Calciumhydroxid gebildet (links). Vermutlich wurde ein Teil des Wassers vom Ca(OH)2 aufgesaugt und reagiert nur langsam mit dem restlichen Karbid, wodurch die Menge an flüssigem Ethin (rechts) allmählich noch zunimmt.

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Verflüssigtes Acetylen (ca. 99 % rein, Druck: 43 bar)


Übersicht aller Ampullen:



Theoretisch ließe sich in einigen Fällen bei ausreichend dichter Packung der Reagenzien auch genug Gas erzeugen, dass man den kritischen Zustand beobachten kann. Dafür muss eine gewisse Dichte erreicht werden, die der kritischen Dichte zumindest nahekommt. Andernfalls verdampft das Gas beim Erwärmen lediglich. Im Falle von Lachgas wurde diese untere Grenze annähernd erreicht, sodass in Teilen der Ampulle z.B. die kritische Opaleszenz bei Erreichen der kritischen Temperatur zu sehen ist (siehe Foto von der Herstellung).

Zwei originale Faraday-Ampullen können im Faraday-Museum in London betrachtet werden.[6, 7]


Entsorgung:

Für Chlor, Kohlendioxid, Lachgas, Acetylen: im Freien einen schweren Stein auf die dick in Stoff eingewickelten Ampullen werfen (Schutzbrille und Gehörschutz tragen). Die Stoffreste mit überschüssiger Natriumcarbonatlösung zur Neutralisation der noch vorhandenen Säure tränken (bei Chlor und Kohlendioxid), nach einigen Tagen über den Hausmüll entsorgen.

Für Schwefeldioxid: Ampulle auf unter -10 °C kühlen, im Freien über einer Auffangwanne mit einer Zange öffnen (Schutzbrille!) und den Rückstand, bestehend aus Glassplittern, Schwefelsäure und Kupferverbindungen, zum Schwermetallabfall geben.


Erklärung:

Chlor entsteht durch Oxidation des Chlorids aus der Salzsäure:

KHSO5 + 2 HCl → KHSO4 + Cl2↑ + H2O

Mit Wasser bildet Chlor unter ca. 9 °C Hydrate. Bei kurzer Reaktionsdauer ist es das Decahydrat:

Cl2 + 10 H2O → Cl2 · 10 H2O

Später entsteht auch das Hexahydrat. Bei höheren Temperaturen zerfällt das Hydrat (Rückreaktion), womit die Bildung von Chlorwasser und Chlor zu erklären ist. Letzteres baut im flüssigen Zustand bei Raumtemperatur einen Druck von 7 bar auf.

Die Herstellung von Schwefeldioxid aus Kupfer und Schwefelsäure beruht auf den oxidierenden Eigenschaften der Säure bei hohen Temperaturen. Pro Mol Schwefelsäure wird ein enthaltenes Schwefelatom dabei reduziert (Oxidationszahl +VI nach +IV im Schwefeldioxid) und das Kupfer oxidiert (von 0 zu +II):

Cu + 2 H2SO4 → CuSO4 + SO2↑ + 2 H2O

Der ebenfalls entstehende bräunlich-rötliche Niederschlag könnte aus Chevreulsalz, einem Kupfersulfit, bestehen. Bei der Reaktion entsteht auch Wasser. Ab einem bestimmten Punkt scheint das gebildete Wasser mehr Schwefeldioxid aufzunehmen (wobei sich Schweflige Säure bildet), als in den gegenüberliegenden Ampullenbereich gasförmig kondensieren kann. Schwefeldioxid lässt sich leicht verflüssigen, da es einen relativ hohen Siedepunkt hat.

Kohlendioxid lässt sich aus Schwefelsäure und Hirschhornsalz herstellen. Letzteres besteht hauptsächlich aus Ammoniumhydrogencarbonat:

2 NH4HCO3 + H2SO4 → (NH4)2SO4 + 2 CO2↑ + 2 H2O

Dass die Gasentwicklung nach kurzer Zeit fast aufzuhören scheint, liegt am hohen Druck, der sich aufbaut und das gebildete Kohlendioxid extrem komprimiert. Unter Normaldruck erschiene die Gasentwicklung etwa 60 mal stärker. Auch die Schlierenbildung oberhalb der Reaktionsmischung ist auf die hohe Dichte des gebildeten Gases zurückzuführen. In der CO2-Ampulle herrscht mit 57 bar bei Raumtemperatur ein viel höherer Druck als bei den vorherigen Beispielen. Das erklärt die heftigen Explosionen beim Öffnen der Ampullen, die Faraday speziell mit diesem Gas beschreibt.

Lachgas entsteht durch thermische Zersetzung von Ammoniumnitrat:

NH4NO3 → N2O↑ + 2 H2O

Das Erhitzen muss langsam erfolgen, weil andernfalls explosiver Zerfall droht:

2 NH4NO3 → 2 N2 + 4 H2O + O2

Eine sehr ähnliche kritische Temperatur wie das Lachgas (36,4 °C) hat Ethin (35,2 °C). Die Darstellung erfolgt aus Calciumcarbid und Wasser:

CaC2 + 2 H2O → Ca(OH)2 + C2H2

Verflüssigtes Ethin ist gefährlich. Durch Schlag oder starke Erwärmung (z.B. einen glühenden Draht) kann es sich explosiv in die Elemente zersetzen:

C2H2 → 2 C + H2


Literatur:

[1] M. Faraday (1823) On fluid Chlorine. Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 113, 160-165. (Volltext)

[2] M. Faraday (1823) On the condensation of several gases into liquids. Philosophical Transactions of the Royal Society of London, 113, 189-198. (Volltext)

[3] J. Matricon & G. Waysand (2003) The Cold Wars: A History of Superconductivity, Chapter 1 (The Logic of Low Temperature). Rutgers University Press, S. 3. ISBN: 9780813532950 (Auszug)

[4] R.A.R. Tricker (1974) Das Leben von Michael Faraday. In: R.A.R. Tricker (Hrsg.) Die Beiträge von Faraday und Maxwell zur Elektrodynamik. Wissenschaftliche Tagebücher, Band 95. Vieweg+Teubner Verlag, S. 30. doi: 10.1007/978-3-322-85300-4_2

[5] L. P. Cailletet (1877) Sur la liquéfaction de l'acétylène. Comptes rendus hebdomadaires des séances de l'Académie des sciences, 85, 851-852. (Volltext)

[6] Foto (archiviert) von Gettyimages

[7] Reisebericht von lemmi (3. Foto, oben links im Regal)

Die Angaben zum Druck in den Ampullen wurden gängigen Tabellen entnommen. Der Dampfdruck eines Gases bei 20 °C entspricht dem in der Ampulle herrschenden Druck.
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Chaoschemiker
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Beitrag von Chaoschemiker »

Das ist mal eine Versuchsanordnung/-durchführung. Respekt!

Was für einen Brenner hast du hierfür genau verwendet?
Anwesenheit sehr wahrscheinlich.

Don't throw anything away. There is no 'away'.

Abusus non tollit usum.

Wären Maulaffen giftige Gefahrstoffe im Sinne der GefStoffV, könnte man das Gaffen an Privatpersonen durch Personen ohne Sachkunde nach §5 ChemVerbotsV nach §382 StGB bestrafen.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Einen Propan/Butan-Brenner mit so einem Kopf.

Das hat fast immer gut geklappt, bis aufs Chlor. Das musste ich bei 0 °C draußen zuschmelzen und da war der Gasdruck des Butans so gering, dass ich die Gaskartusche von unten noch zusätzlich mit einem kleinen Alkoholbrenner erwärmen musste. Zum Glück hatte ich den dabei. Das war nämlich nachts in einem abgelegenen Park (:mrgreen:) und ohne diese Notlösung wäre das schiefgelaufen. Chlor war überhaupt das schwierigste von allen Gasen.
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Beitrag von Glaskocher »

Das ist ein tolles historisches Experiment. Mit den alten Mitteln ist es nicht so einfach, verflüssigte Gase zu bekommen, wie im modernen Labor. Solche Winkelampullen sind, trotz oder gar wegen ihrer "Erzeugerenden" interessante Schaustücke.

Die Idee, die Gase erst im Druckgefäß herzustellen ist schon genial. Außerdem braucht man Reaktionen, die sehr "volumenökonomisch" sind, um bei den gegebenen Möglichkeiten überhaupt genug Kondensat zu erhalten.


Dein Brenner scheint eine erfreulich heiße Glamme zu haben. Mit Borosilikat ist es schon eine echte Herausforderung, mit einem Butan-Luft-Brenner. Von der Temperaturwechselbeständigkeit her ist es natürlich optimal. Vom Abschmelzen einiger Ampullen aus FIOLAX mit dem Erdgas-Bunsenbrenner weiß ich, wie langsam das geht. Besonders im Kontrast zum Propan-Sauerstoff-Brenner, mit dem ich öfter mal Weichglas verarbeite. Im Optimalfall sollte man die Röhren vor dem Befüllen noch tempern (auf ca. 550°C erwärmen und langsam abkühlen), um innere Spannungen abzubauen.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Wooow! :wink: Das sind sehr schöne Versuche in einem hervorragenden Artikel vorgetragen.
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)

"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

sehr schön!
ich habe irgendwo noch sehr dickwandiges Borsilikatglasrohr, da würde sich ein "Nachkochen" geradezu anbieten...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

wow, nicht schlecht... jetz weiß ich unter welchen Bedingungen das schöne Foto gelang :)
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Einfach nur wunderbar! Bestechend einfache Versuchsanordnungen und sehr schön mit den historischen Zitaten in Szene gesetzt!

Wir sollten wirklich das Gasflaschen-Symbol von dem Kürzel "F+" trennen! @Pok: weißt du nicht wie das geht?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

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Beitrag von Pok »

Außer die Symbole manuell einzutragen, wüsste ich nicht, wie man das machen kann.

Bild

Kohlendioxid
Warnhinweis: f+


Ist ja anscheinend in der Forensoftware so verankert. Und niemand kann ohne Administratorrechte herausfinden, wo man das ändern kann.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[OT] Das geht bei allen deinen Gasen, außer beim Chlor, weil da, sobald das Wort getippt wird, automatisch das "F+" eingefügt wird. Man müßte das Chlor ohne chemtags schreiben. [/OT]
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Beitrag von Pok »

Cyan wollte mal nicht, dass man das manuell macht. Nach einer Umstellung der Forensoftware würden manuelle Änderungen nicht automatisch angepasst werden. Finde das mit dem "F+" nicht so schlimm. Das war doch sowieso nur ein Kürzel für die nicht mehr gültigen Gefahrenkennzeichen. Wer nur mit GHS aufgewachsen ist, dem sagt das F+ gar nichts.

Nochmal zum Thema: in deinem Reisebericht hab ich zufällig originale Faraday-Ampullen auf einem Foto entdeckt. Siehe Quelle 7.:wink: Leider hab ich nicht rausgefunden, welche Gase in den 2 Röhren sind, aber könnte mir vorstellen, dass die Ampullen immer noch "geladen" sind. Wenn es z.B. Kohlendioxid ist, sind die weiterhin nicht gerade ungefährlich.
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Beitrag von lemmi »

Du meinst das Foto vom dem (nachgebauten) Vorberietungsraum, wo oben in der Ecke auf dem Regal zwei Ampullen an ein Brettchen geheftet stehen, oder?

Bild

Was da drin ist weiß ich leider nicht. Ehrlich gesagt habe ich dieses Detail damals gar nicht bewusst wahrgenommen. 8)

NB: ist das Foto, das du unter "6" verlinkt hast, eine Originalaufnahme von Faradays Röhren? Dieselben, die im Museum im Regal stehen vielleicht? Die sehen nämlich so aus, als seien sie schon kaputt. Jedenfalls kann ich kein flüssiges Gas mehr darin erkennen.
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"Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung der Leute, die die Welt nie gesehen haben." (Alexander v. Humboldt, 1769 - 1859)
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ja, das sind dieselben 2 originalen Röhren, die du da rot eingekreist hast. Man kann nicht genau erkennen, ob da noch was drin ist, weil die Flüssigkeitsgrenze nur unter bestimmten Lichtverhältnissen gut sichtbar ist. Wenn das z.B. CO2-Ampullen sind, ist das ziemlich sicher noch drin. Die bekommt man nämlich nicht ohne Explosion so einfach geöffnet. Leider hat Faraday nicht beschrieben, wie er die Dinger überhaupt geöffnet hat, um den Inhalt zu analysieren, ohne dass der sich vermischt (beim Lachgas musste er das zum Beispiel schaffen). Ohne komplette Zerstörung geht das kaum.

Theoretisch wäre es möglich, dass man Jahrzehnte später nach Kühlung in flüssigem Stickstoff z.B. 1-2 mm der Zuschmelzspitze abgebrochen hat. Aber so wie die da im Museum alles original aufgehoben haben (auch die relativ gefährlichen Chemikalien) gehe ich davon aus, dass so einen Aufwand nicht betrieben wurde. Und auch nach 200 Jahren ist die Diffusion durch Glas so gering, dass nichts merklich ausgasen könnte.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[EDIT by lemmi: korrektur gelesen und verschoben]
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