Das galvanische Element des Herrn Daniell

Wissenschaftliche Experimente von besonderem historischem Interesse.

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Uranylacetat
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Das galvanische Element des Herrn Daniell

Beitrag von Uranylacetat »

Das galvanische Element des Herrn Daniell

Nachdem Samuel Morse 1833 den ersten brauchbaren elektromagnetischen Schreibtelegraphen gebaut hatte, fand der erste Testbetrieb 1837 statt. Für die Stromversorgung wurde eine einfache "Volta'sche Säule" verwendet. Mit steigenden Bedarf an Telegraphen über lange Strecken hinweg mussten konstantere und stärkere Stromquellen entwickelt werden. Eine dieser Entwicklungen war das hier in seinem historischen Aufbau nachgebaute "Daniell-Element".


Geräte:

Becherglas, Tonzylinder, Zink- und Kupferblech, Krokodilklemmen, Zuleitungskabel, Voltmeter bis 3 Volt Gleichstrom oder Vielfachmessgerät
optional: kleiner passender Elektromotor
alternativ:
2 Bechergläser, Kupfer- und Zinblech sowie U-Rohr oder Küchenkrepp


Chemikalien:

Zinksulfat -Lösung 1-molar (80,7 Gramm auf 500 ml)

Kupfer(II)-sulfat -Lösung 1-molar (79,8 Gramm auf 500 ml)

Destilliertes oder entmineralisiertes Wasser

alternativ:

gesättigte Kaliumchlorid- oder Kaliumnitrat-Lösung


Hinweise:

Kaliumnitrat (Salpeter) ist brandfördernd. Gesättigte Kaliumnitrat-Lösung kann nach Antrocknen auf organischem Material (z. B. Kleidung, Papier, Holz etc.) brandfördernd wirken.


Durchführung:

In ein Becherglas wird ein Tonzylinder von in etwa gleicher Höhe, aber wesentlich geringerem Durchmesser, gestellt. Der Zylinder wird mit 1-molarer Kupferulfatlösung gefüllt und in diese Lösung ein Kupeferblech getaucht; der freie Restraum des Becherglases um den Tonzylinder außen rum wird mit 1-molarer Zinksulfatlösung gefüllt und mit einem breiten Zinkblechstreifen versehen.

Mit Hilfe von Krokodilklemmen und Zuleitungsdrähten verbindet man die beiden Metalle mit dem Spannungsmessgerät, wobei die Zinkelektrode mit dem Minus-, die Kupferelektrode mit dem Pluspol-Eingang des Messgerätes verbunden wird. Anstelle des Messgerätes kann man auch einen kleinen Elektromotor anschließen. Es wird eine Spannung von ungefähr 1 Volt angezeigt. Der Elektromotor beginnt sich zu drehen.

Alternative, vereinfachte Durchführung:

Steht kein Tonzylinder zur Verfügung; so füllt man je ein Becherglas mit Zinksulfat- bzw. Kupfersulfat- Lösung und hängt ein Zink- bzw. Kupferhlech in die Lösung. Die beiden Halbzellen überbrückt man mit einem einfachen U-Rohr, das mit gesättigter Kaliumchlorid- oder Kaliumnitrat-Lösung gefüllt wird. Die Öffnungen des U-Rohrs werden mit Pfropfen aus Filtrierpapier verschlossen; das gefüllte U-Rohr sollte möglichst luftfrei sein. Statt des U-Rohrs kann man auch mehrfach gefaltetes Küchenkrepp-Papier nehmem, das mit der gesättigten Salzlösung getränkt wurde, und so die Halbzellem verbinden.


Entsorgung:

Die Lösungen zurück in die Aufbewahrungs-Flaschen gießen und wieder verwenden oder mit Soda-Lösung als Carbonat fällen und in einen Behälter für Schwermetallabfälle geben.


Erklärung:

Beim Daniell-Element läuft eine Redoxreaktion in Reduktion und Oxidation aufgeteilt und räumlich voneinander getrennt ab. Da Zink leichter Elektronen abgibt als Kupfer, fließen Elektronen vom Zink zum Kupfer. In der Zinkhalbzelle, der Anode oder auch Akzeptorzelle, wird metallisches Zink zu Zn2+-Ionen oxidiert und die dabei anfallenden Elektronen über die leitende Verbindung in die Kupferhalbzelle, die Kathode oder auch Donatorzelle, transportiert. Hier werden Cu2+-Ionen zu metallischem Kupfer reduziert. Der Tonzylinder übernimmt die Funktion des Ladungsausgleichs. Durch seine poröse Oberfläche können die Sulfat-Ionen diffundieren und so eine Aufladung der Lösungen verhindern. Die Zinkelektrode löst sich mit der Zeit infolge Korrosion auf, während die Kupferelektrode durch Abscheidung von Kupfer aus der Kupfersulfat-Lösung an Masse zunimmt.

Bild
(C) by https://www.ingenieurkurse.de/

Der Strom wird solange fließen, bis die Verbindung zwischen den Halbzellen durch Abklemmen des Stromverbrauchers (Meßgerät etc.) wieder unterbrochen wird oder aber der Tonzylinder oder die Salzbrücke keine Ionen mehr liefern kann oder das gesamte Zink in Lösung gegangen ist. Den Wert der Spannung von ungefähr 1 Volt kann man mit den bekannten Standardpotentialen ausrechnen: U = (Kathodenpotenial – Anodenpotential). Hier wären es:

U = 0,34 V (Cu) - (-0,76 V) (Zn) = 1,10 V

Oxidation (Anode): Zn → Zn2+ + 2e-
Reduktion (Kathode): Cu2+ + 2e- → Cu
Redoxreaktion: Zn + Cu2+ → Zn2+ + Cu

Bild
(C) by http://www.hamm-chemie.de/

Das Element ist nach dem englischen Physikochemiker.John Frederic Daniell (1790 - 1845) benannt, der es 1836 entwickelte. Das Prinzip ist hierbei, dass chemische Ernergie in elektrische Energie umgewandelt wird. Das Daniell-Element liefert Gleichstrom, weil aufgrund der unterschiedlichen Standardpotentiale der Halbzellen eine Spannung entsteht und durch eine ionisch und elektrisch leitende Verbindung sowie durch Anschluss eines Stromverbrauchers ein geschlossener Stromkreis hergestellt wird.

Daniells Forschungen zur Entwicklung von Konstantstromquellen erfolgten in derselben Zeit (ab Mitte der 1830er Jahre), in der die ersten Telegraphen-Apparate angefertigt und installiert wurden. Die ersten Telegramme waren kurz und konnten nur über relativ kurze Entfernungen versandt werden. Einfache schwache Batterien ("Volta'sche Säule") reichten aus, das Signal zu übertragen. Mit dem ansteigenden Telegraphenverkehr und der weiteren Verbreitung der Morseapparate wurden höhere Stromstärken und damit höhere Leistungen der Stromquellen notwendig. Daniells Kupfer-Zink-Element (Daniell-Element) und die Salpetersäure-Zelle von William Grove waren gelungene Neuentwicklungen. Daniell-Elemente wurden vor allem in britische und amerikanische Telegraphen-Anlagen eingebaut, da sie die einzig verfügbaren Batterien mit geringer Selbstentladung waren. Außerdem waren Ausgangsspannung und -strom gleichmäßig und die verfügbare Stromstärke höher als bei der Standard-Batterie dieser Zeit - der "Volta'schen Säule".

Das Diaphragma, auch als Salzleiter bezeichnet und in der ursprünglichen Bauform in Form eines Tiegels aus Steingut realisiert, dient dazu, die Diffusionsdurchmischung der unterschiedlichen Metallkationen aus den beiden Lösungen zu verhindern und dennoch einen Ladungsausgleich für die Anionen durch das poröse Material zu ermöglichen. In der ursprünglichen Bauform mit Steingut als Diaphragma beträgt der Innenwiderstand einer Zelle rund 10 Ω (Ohm), was bei einer Elementspannung von 1,1 V einen maximalen Entladestrom im Bereich von 100 mA zulässt. Zur Vermeidung dieses hohen Innenwiderstandes wurden verschiedene "Gravity-Daniell-Elemente" entwickelt, welche als wesentlichen Unterschied das poröse Diaphragma weglassen. Die Sicherstellung der vertikal übereinander angeordneten Sulfatlösungen wird in verschiedenen konstruktiven Ansätzen wie dem Meidinger-Element, Callaud-Element oder Lockwood-Element durch unterschiedliche Dichten der Sulfatlösungen und durch die Gravitation erreicht.

Bild
Wikipedia - Historische Bleistiftzeichnung eines Daniell-Elementes um ca. 1840

Eine weitere wichtige Erfindung Daniells war 1833 der „Daniellsche Hahn“ - ein mit Wasserstoff und Sauerstoff betriebenes Knallgasgebläse.


Fotos:

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1105 mV = 1,105 Volt im Messbereich bis 2000 mV

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Literatur und andere Quellen:

Römmpp/Raaf "Chemische Experimente die gelingen" - Kapitel "Chemische Energie treibt den Propeller" Seite 134, 19. Auflage 1978, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart

A.A. Hoffschneider "Galavanische Elemente - Anleitung zur Selbstherstellung brauchbarer Elemente verbunden mit Pachytrop (Zellenschalter) und Schaltbrett -" 1910, Verlag Otto Maier Ravensburg - Reprint als Broschüre durch www.SurivalPress,org

Versuch 50: Galvanische Zelle: Das Daniell-Element - Experimentalchemie der Uni Göttingen mit Video -

Wikipedia
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sehr schöne Darstellung dieses Versuchs, dessen historischer Bedeutung wir uns heute kaum noch bewusst sind!

Wo hast du denn den schönen Tonzylinder her? so etwas wollte ich schon immer mal anschaffen.
Wenn ich dich richtig verstanden habe lässt der Tonzylinder Anionen durch, aber keine Kationen, d.h. er verhindert dass sich der Zelleninhalt durch Diffusion allmählich vermischt. Gibt es dafür eine Erklärung? Spielt die Art des Tonminerals eine Rolle oder geht da jeder Ton?
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Hallo lemmi,

dabei sind wir heute erst recht von Strom abhängig - vielleicht sogar durch die vielfache - nahezu selbstverständliche -- Nutzung der Technik in unserem Alltag "süchtig" nach Strom....

Ja, das hast Du richtig verstanden! Eine "speziellere" Erklärung hierfür habe ich ich bisher noch nicht gefunden. Im Prinzip kann man jeden unglasierten Ton dafür nehmen.

Das "Daniell-Element-Set" gab es mal vor langer Zeit bei "Handelskontor Freitag" (http://www.handelskontor-freitag.de/)... Auch fand sich mein Kopfhörer aus dem KOSMOS Elektronik-Labor XG von vor ca. 41 Jahren wieder an, so dass ich den Strom "knacken" hörte <freu> :wink: Hab auch noch verschiedene LED's ausprobiert; jedoch ist die nötige "Durchlassspannung" (auch Flußspannung genannt) derer zu hoch....
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Pok
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Beitrag von Pok »

Der Ton lässt prinzipiell genauso gut Kationen wie Anionen hindurch. Die Erklärung dafür, dass nur Anionen durch den Ton wandern, steht ja in der Erklärung. Es liegt am Stromfluss bzw. am dadurch notwendigen Ladungsausgleich. Fließen Elektronen vom Zink weg, wird das positiv geladen. Nur Anionen haben ein "Interesse" nach links zu fließen, Kationen wandern zur negativen Kupferelektrode und können nur durch vernachlässigbare, gewöhnliche Diffusion nach links wandern.

Edit: mir ist nur ein Ionenfluss von rechts nach links in den Sinn gekommen, aber natürlich können zum Ladungsausgleich auch Zink-Ionen nach rechts wandern, was sie entgegen der einen Abbildung in Wirklichkeit offensichtlich auch tun. Die Membran dient nur der Trennung der Kupferionen von der Zinkelektrode (würde ja zur Kupferabscheidung durch Reduktion führen). Dass Zink nach rechts wandert, ist also kein Problem. Die Abbildung ist offenbar nur eine Vereinfachung, auch wenn mich der Satz bei Wikipedia etwas stutzig macht "Durch diese Membran werden fast ausschließlich die negativ geladenen Anionen hindurchgelassen. Im Falle des Daniell-Elements sind das SO4--Ionen (Sulfationen)" - obwohl die Quellen das überhaupt nicht einhellig so sagen. Vermutlich ist diese "ausschließliche Anionenwanderung" einfach nur eine Vereinfachung, mit der man es leichter versteht. Tatsächlich scheint die Ionenwanderung aber in beide Richtungen abzulaufen.

Die Bezeichnung "semipermeable Membran" halte ich hier auch für fehl am Platze. Natürlich können größere Teilchen nicht durch den Ton gelangen, aber alle Stoffe, welche in dem Experiment gelöst vorliegen. Nur wenn die Membran für einen tatsächlich auch im Experiment eingesetzten Stoff, z.B. Ionen, nicht durchlässig ist, passt der Begriff "semipermeabel". Das soll ja hier auch mit den angeblich nicht durchgelassenen Zinkionen gemeint sein, ist aber offensichtlich falsch.

Edit2: Korrektur - Die Zinkelektrode ist nicht positiv, sondern negativ geladen. Die Lösung in der Zinksulfatkammer ist aber durch "Elektronenschub" über das die Zellen verbindende Kabel positiv geladen. Die Kupferelektrode ist demnach auch nicht negativ, sondern positiv und die Kupfersulfatlösung negativ geladen.
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Hallo Pok,

danke für diese Erläuterung! Es ist schon so, wie Du schreibst, eine vereinfachte Darstellung. Auch ich bin über diesen von Dir zitierten Satz im Wiki "gestolpert"....

Was die "Semipermeabilität" anbelangt, stimme ich Dir auch zu. Denn Wiki erwähnt dazu: "In der einfachsten Definition wird von einer semipermeablen Membran gesprochen, wenn die Membran das Lösungsmittel, aber nicht den gelösten Stoff durchlässt. Allgemeiner formuliert werden nur Moleküle unterhalb einer bestimmten Molmasse bzw. Kolloide oder Partikel unterhalb einer bestimmten Größe durchgelassen."

Ich habe den Begriff aus dem Artikel entfernt.
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NI2
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u

Beitrag von NI2 »

Sehr schön, schließe mich den Vorrednern an. Aber bitte noch für die Bilder eine Quellenangabe machen.
IOC

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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Schöner Versuch,
man könnte den Tonzylinder noch mit Teer am Boden festkleben und abdichten und auch oben einen mit Teer oder Paraffinvergossenen Deckel (mit Druckausgleichsloch) machen, dann hätte man schon fast ein Historisches Element nachgebaut...
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Uranylacetat
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Re: u

Beitrag von Uranylacetat »

NI2 hat geschrieben:Sehr schön, schließe mich den Vorrednern an. Aber bitte noch für die Bilder eine Quellenangabe machen.
Danke für die "Ermahnung"! :wink:
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Pok
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Beitrag von Pok »

Kaum zu glauben, dass bei solchen absoluten Klassikern die Erklärungen in der Literatur so extrem verschieden sind. Das hatten wir schonmal beim Vanadium-Farbenspiel. Vermutlich schreiben die Leute einfach nur von einander ab. Und je älter ("klassischer") ein Versuch ist, desto weniger hinterfragt man die Erklärung. Diese ausschließliche Anionenwanderung taucht in diversen Quellen auf. Selbst viele Uni-Quellen sagen das, u.a. die von dir zitierte. Prof. Blume versucht es sogar ausführlich zu begründen, wobei aber kein einziges plausibles Argument dafür genannt wird, warum nur Sulfat-, aber angeblich kaum Zink-Ionen wandern. Man müsste einfach mal quantitativ die Zink- und Sulfat-Konzentration nach einiger Zeit in beiden Kammern bestimmen, um hier Gewissheit zu bekommen!

Eine mögliche Erklärung für den Fall, dass doch weniger (vielleicht doch vernachlässigbar wenig?) Zink als Sulfat durch den Ton wandert, könnte m.E. einmal die Ionenbeweglichkeit sein. Die ist bei Sulfationen um 50 % größer als bei Zinkionen. Ohne jegliche Barriere müssten Sulfationen also ewas schneller als Zinkionen im elektrischen Feld wandern (was hier ja vorliegt). Die 50 % könnten schon ausreichen, dass Sulfat mit noch viel höherer Wahrscheinlichkeit zuerst immer auf der anderen Seite ankommt. Wenn man 50 % schneller "fährt", kommt man ja auch in 100 % der Fälle früher an.

Ein weiterer Grund könnten m.E. unterschiedlich große Hydrathüllen sein, welche durch die ständigen Kollisionen im "Tonlabyrinth" zu nochmal unterschiedlichen Geschwindigkeiten führen. Daraus einen Schluss zu ziehen, ist vermutlich nicht so einfach, weil die Wassermoleküle an beiden Ionen (Zink und Sulfat) auch unterschiedlich stark gebunden sein könnten.
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eule
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Beitrag von eule »

hmm, wenn ich mal an die sonst so gebräuchlichen Haushaltsbatterien mit Nass-Elektrolyten denke, wo das "Diaphragma" aus Zellstoff oder dergleichen besteht, dann scheint die Tonzelle wohl vor Allem zwei Funktionen zu haben (nur meine Überlegung):
- Elektrische Isolierung, damit sich nicht durch versehentliches Schiefstellen ein Kurzschluß zwischen den beiden Metallelementen auftritt
- eine simple mechanische Verlangsamung der Lösungsdurchmischung, sodaß weniger Sulfatsalze benötigt werden, als bei einer von Beginn an vollen Konzentration beider jeweiliger Salze in der gesamten Lösung

Dagegen spricht:
- daß wohl beim einsetzen von Zinkblech in eine Kupfersulfatlösung direkt metallisches Kupfer auf dem Zinkblech abgeschieden würde.

Die üblichen Haushaltsbatterien sind Zink-Kohle-Batterien mit Mangan und KOH als Elektrolyten. Eine solche Abscheidung wird mit Graphit auf Zinkbleck wohl kaum stattfinden.

Anders ausgedrückt, ich weiß es auch nicht, aber vllt. bringt ja irgendein Wort daraus jemanden auf die richtige Idee.
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Beitrag von Pok »

Die Funktion des Tons ist doch eindeutig und steht auch in der Erklärung. Er dient der Trennung der Ionen (genauer gesagt nur Kupfer).

Der Zellstoff in einer Batterie muss nur 2 Feststoffe trennen (und den Elektrolyten schwammartig binden). Das ist ein anderes Prinzip, da reicht ein grober Filter völlig aus. Ionen könnten durch diesen Zellstoff in kürzester Zeit durchdiffundieren. Bei einer dicken, feinporösen Tonschicht dauert das schon viel länger.
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Beitrag von eule »

ja, richtig.
wenn also nu die Kupferionen zurückgehalten werden, dannist aber die Bezeichnung "semipermeabel" oder besser"teilpermeabel" absolut korrekt und sollte nicht aus der Versuchsbeschreibung herausgenommen werden.

Cu++ wäre allerdings recht schnell während des Versuchs mit bloßem Auge zu erkennen, was mich zu der Frage bringt, "warum dann die Diskussion um die Deutung?"

BTW,: bei den Geräten vllt. "Krokidilklemmen" und "Zinblech" passend abändern, bitte.
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Beitrag von Pok »

Hast du meinen Post eigentlich gelesen? Semipermeabel ist falsch. Nur weil die Tonwand dazu dient, dass Kupferionen nicht auf die andere Seite gelangen, heißt es nicht, dass die Wand für Kupferionen unpassierbar ist! Ohne die Drahtverbindung/Lampe/Voltmeter da oben wird das Kupfer auch langsam durch die Tonwand diffundieren. Nur der negative Ladungsüberschuss durch Sulfationen rechts bewirkt schließlich, dass die positiven Kupferionen auf der rechten Seite gehalten werden.

Es geht hier auch nicht um die Frage, ob Kupferionen da durchwandern. Natürlich würde man das an der Farbe erkennen. Es geht um die Zinkionen.
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Beitrag von Uranylacetat »

eule hat geschrieben: BTW,: bei den Geräten vllt. "Krokidilklemmen" und "Zinblech" passend abändern, bitte.
@eule,

danke für die Hinweise zur Korrektur! Viele Augen sehen doch mehr.... :wink:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Was passiert eigentlich, wenn man beide Lösungen einfach mischt und die Elektroden hineinstellt?

Klar, im Ruhezustand entlädt sich die Batterie schnell, weil sich auf dem Zinkblech Kupfer abscheidet. Aber was passiert, wenn man beide Metalle leitend verbindet? Scheidet sich das Kupfer dann auf dem Kupferblech ab, auf dem Zinkblech oder auf beiden?
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