Cadetsche Flüssigkeit als klassischer Acetatnachweis

Wissenschaftliche Experimente von besonderem historischem Interesse.

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Cyanwasserstoff
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Cadetsche Flüssigkeit als klassischer Acetatnachweis

Beitrag von Cyanwasserstoff »

Cadetsche Flüssigkeit als klassischer Acetatnachweis

Ein Gemisch aus Kakodyl (Tetramethyldiarsan) und Kakodyloxid wurde 1760 von Louis Claude Cadet de Gassicourt entdeckt und entsprechend auch "Cadetsche Flüssigkeit" genannt. Kakodyl und Kakodyloxid stellen somit auch die ersten bekannten Organometallverbindungen dar. Cadet erhitzte Kaliumacetat mit Arsen(III)-oxid und erhielt ein übelriechendes Gemisch aus Kakodyl, Kakodyloxid und Spuren weiterer Organoarsenverbindungen. Diese Reaktion wurde aufgrund des intensiven und charakteristischen Geruchs (eine Mischung aus Kot und Knoblauch) als Acetatnachweis verwendet, ist aufgrund der Giftigkeit der Organoarsenverbindungen jedoch durch harmlosere Nachweisreaktionen ersetzt worden. Dennoch soll diese Reaktion hier vorgestellt werden.


Geräte:

Reagenzglas, Spatel, Brenner


Chemikalien:

Natriumacetat (oder andere acetathaltige Probe)

Arsen(III)-oxid
Kakodyl Warnhinweis: nWarnhinweis: t


Hinweis: Diese Reaktion ist als Experiment von historischem Interesse zu verstehen! Zum Nachweis von Acetat sollten andere, weniger gefährliche Nachweisreaktionen herangezogen werden! Mit Kleinstmengen arbeiten! Abzug!


Durchführung:

1 mg Arsen(III)-oxid wird in einem Reagenzglas mit 50 mg Natriumacetat vermischt und mit der Brennerflamme bis zur Verkohlung erhitzt. Fächelt man sich nach dem Abkühlen vorsichtig etwas von den entweichenden Dämpfen zu, kann man einen intensiven, unangenehmen Geruch wahrnehmen, der zum einen an Kot, zum anderen aber auch deutlich an weißen Phosphor (knoblauchartig) erinnert.


Entsorgung:

Das Reagenzglas wird zu den organischen Feststoffabfällen gegeben. Natriumacetat kann verdünnt in das Abwasser gegeben werden. Arsen(III)-oxid wird zu den anorganischen Feststoffabfällen gegeben.


Erklärung:

Natriumacetat reagiert mit Arsen(III)-oxid zu Kakodyloxid, Natriumcarbonat und Kohlenstoffdioxid. Durch Zersetzungsprodukte (Verkohlung!) kann das Kakodyloxid zu Kakodyl reduziert werden.

Bild


Bild:

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Acetatnachweis über die Bildung von Kakodylverbindungen
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Sven1105
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Beitrag von Sven1105 »

Ein toller Nachweis auf Acetat! Sehr schön gezeigt!
Mit freundlichen Grüßen

Sven
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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Ein sehr interessanter Nachweis! :thumbsup:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Mir ist die Reaktion unter dem Namen "Kakodyloxidprobe" bekannt. Ich habe das mal versucht aber nix gerochen. Allerdings habe ich nicht bis zum Verkohlen erhitzt, war vermutlich nicht lange genug.

Kakodyloxyd bildet mit Alkalien Salze. Das Natriumkadodylat (CH3)2AsO2Na, das das Arsen in fünfwertiger Form enthält, war früher als Arzneimittel in Gebrauch (MED 0,05, MTD 0,15 nach DAB 6). Zu Synthese setzte man wasserfreies Natriumacetat mit Arsen-III-oxid um, oxydierte mit Quecksilberoxid in wässriger Lösung und isolietre daraus die Kakodylsäure. Eine sicher nicht nachamenswerte Synthese... :wink:
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Ich habe das mal versucht aber nix gerochen. Allerdings habe ich nicht bis zum Verkohlen erhitzt, war vermutlich nicht lange genug.
Ja, man muss tatsächlich recht stark erhitzen. Ich habe auch vorher (kurz nach dem "Schmelzen" und Wiedererstarren des NaOAc) dran gerochen und da war nichts, nach der Verkohlung war es aber recht deutlich.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Zusatzfrage: ist die Reaktion hinreichend spezifisch für Acetat? Sind Kreuzreaktionen bekannt? Weinsäure z.B. ?

Ich frage aus folgendem Grund: K.F. Mohr hat eine sehr empfindliche Probe beschrieben, mit der die Verunreinigung von Brechweinstein durch Arsen noch in Spuren nachgewiesen werden kann. Sie bestand darin, eine Probe der Substanz in einen kleinen Metalllöffelchen mit Metalldeckel bis zur Verkohlung zu erhitzen. Wenn dabei ein Knoblauchgeruch auftrat enthielt die Probe Arsen. Das könnte doch eine modifizierte Kakodyloxidprobe gewesen sein - nur daß eben kein Acetat sondern Tartrat vorlag.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Durchaus denkbar. Aber würde vermuten, dass auch die Reaktion mit Propionaten funktioniert (durch Bildung des Ethyl-derivates). Da sollte man das glatt mal mit dem DMSA probieren (würde hier eher eine negative Probe durch Bildung von Arsensulfid(en) erwarten). :)
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Obtainium
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Beitrag von Obtainium »

lemmi hat geschrieben:Zusatzfrage: ist die Reaktion hinreichend spezifisch für Acetat? Sind Kreuzreaktionen bekannt? Weinsäure z.B. ?
Für Acetat eher weniger, denn ich kenn die Reaktion nur als (ziemlich zuverlässige) Vorprobe auf Arsen. Da war diese Reaktion bei uns im Schlonzpraktikum gang und gäbe ... damals, in der juten, alten Zeit :mrgreen:
lemmi hat geschrieben:Ich frage aus folgendem Grund: K.F. Mohr hat eine sehr empfindliche Probe beschrieben, mit der die Verunreinigung von Brechweinstein durch Arsen noch in Spuren nachgewiesen werden kann. Sie bestand darin, eine Probe der Substanz in einen kleinen Metalllöffelchen mit Metalldeckel bis zur Verkohlung zu erhitzen. Wenn dabei ein Knoblauchgeruch auftrat enthielt die Probe Arsen. Das könnte doch eine modifizierte Kakodyloxidprobe gewesen sein - nur daß eben kein Acetat sondern Tartrat vorlag.
Hmmm ... Knoblauchgeruch spricht m.E. eher für einen Arsenwasserstoff. Da gabs doch in den steinzeitlichen Anfängen der forensischen Chemie mal die "Arsenprobe nach Metzger":
Die arsenverdächtige Substanz wurde auf glühende Kohle gegeben. Wenn sich ein starker Knoblauchgeruch entwickelte und auf einem in die Dämpfe gehaltenen Kupferblech ein weißgrauer Belag abschied, galt Arsen als "nachgewiesen". Funktioniert aber wohl nur dann zuverlässig, wenn Arsen in beinahe Grammmengen vorhanden ist und erfüllt ganz sicher nicht mehr die Anforderungen, welche man heute an einen chemischen Nachweis stellt. Die von Dir beschriebene Probe nach Mohr klingt für mich ziemlich ähnlich. Würde ich aber auch nur als Vorprobe einsetzen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Obtainium hat geschrieben:"Arsenprobe nach Metzger":
Die arsenverdächtige Substanz wurde auf glühende Kohle gegeben. Wenn sich ein starker Knoblauchgeruch entwickelte und auf einem in die Dämpfe gehaltenen Kupferblech ein weißgrauer Belag abschied, galt Arsen als "nachgewiesen". Funktioniert aber wohl nur dann zuverlässig, wenn Arsen in beinahe Grammmengen vorhanden ist und erfüllt ganz sicher nicht mehr die Anforderungen, welche man heute an einen chemischen Nachweis stellt. Die von Dir beschriebene Probe nach Mohr klingt für mich ziemlich ähnlich. Würde ich aber auch nur als Vorprobe einsetzen.
Die Probe von Mohr soll sehr empfindlich sein - empfindlicher als die damals bekannten Fällungsreaktionen jedenfalls (die Marsh'sche Probe erwähnt er nicht) - es kann sich also kaum um den Nachweis von Gramm-Mengen handeln.
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