Das Experiment Becquerels

Wissenschaftliche Experimente von besonderem historischem Interesse.

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Pok
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Zunahme der Radioaktivität durch Zerfallsprodukte

Beitrag von Pok »

Mal zu diesen Zerfallsreihen im Artikel: abgereichertes, gereinigtes Uran und gereinigtes Thorium werden mit den Jahren "radioaktiver" durch Zerfallsprodukte.

Kennt jemand eine Art Formel/Berechnungsgrundlage oder grafische Abbildung, wie sich die Aktivität (Kernzerfälle pro Zeiteinheit) genau verändert?

Mal angenommen, ein sehr langlebiges Element (HWZ > 1 Mio. Jahre) hat eine Zerfallskette mit 5 folgenden, kurzlebigen Elementen (HWZ = einige Jahre). Dann müsste sich die Gesamtaktivität eines Präparats doch in einer absehbaren Zeit (vielleicht ein Vielfaches der HWZ des langlebigsten Folgeprodukts) der 6-fachen Aktivität des Ausgangselements annähern, oder?

Bild

Bei abgereicherten Uran-Präparaten dürfte sich die Aktivität demnach in menschlichen Zeiträumen nur verdreifachen (da nur 2 kurzlebige Folgeprodukte entstehen und beim U-234 praktisch Schluss ist), bei Thorium-Präparaten aber verzehnfachen.

Stimmt das so?
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Grob gesehen sollte das stimmen.

Man kann die Steigerung der Aktivität berechnen, indem man die jeweiligen Konzentrationen im radioaktiven Gleichgewicht ermittelt. Diese Konzentrationen sollten sich wie die Halbwertzeiten zueinander verhalten. Die Anteile werden dann mit der jeweiligen Aktivität multipliziert und aufsummiert. Vermutlich kommt dabei heraus, daß je Zeiteinheit jeweils ein Atom jedes in der Kette vorhandenen Tochternuklides zerfällt und ein Anderes neu gebildet wird.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Analogieschluss aus der Pharmakologie:

Bei konstanter Zufuhr eines Medikamentes (z.B. per Infusion) bildet sich nach pi mal Daumen vier Halbwertszeiten ein stabiler Blutspiegel aus. Ich denke, das kann man auf die radioaktiven Zerfallsprodukte anwenden. Die Bildungsrate ist immer gleich, da das Ausgangsmaterial (Uran resp. Thorium) in großem Überschuss vorhanden ist. Die Einstellung des Gleichgewichts hängt von der Halbwertszeit der Zerfallsprodukte ab und die maximale Aktivität sollte nach 4 Halbwertszeiten des aktivsten Folgeproduktes vorliegen.

Dazu hab ich übrigens mal eine Versuchsbeschreibung in einer älteren Asugabe der ChiuZ gelesen. dazu wird Uranylacetat mit Bleisulfat gefällt und aus dem Filtrat das Uransalz als Ammoniumuranat (schwer löslich) abgeschieden. Obwohl das Uran fast quantitativ wiedergewonnen wird, ist die Hauptmenge der Aktivität in dem abgeschiedenen Bleisulfat zu finden (detektiert mit Fotopapier wie in meinem Eingangspot hier).
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Heliumoxid
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Beitrag von Heliumoxid »

dazu wird Uranylacetat mit Bleisulfat gefällt
verstehe ich nicht . Was meinst Du damit ?

OT: Wie kann ich eine fehlerhafte Nachricht wieder löschen ?
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Oben rechts auf "Löschen" drücken. Geht aber nur, wenn es der letzte Post in einem Thread ist. Ansonsten macht es ein Moderator.
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Ich denke mal, er meint, dass Uranylacetat in Wasser gelöst wird, ein Bleisalz dazugegeben wird und man mit Sulfat-Ionen das Blei fällt. Dabei wird auch ein Zerfallsprodukt des Urans, nämlich das Radium, als schwerlösliches Sulfat mitgefällt. Weil das so superwenig ist, braucht man eine "Trägersubstanz", an die sich diese winzigsten Spuren kolloidalen Radiumsulfats anlagern können. Deshalb sagt man "mit Bleisulfat [mit]gefällt".

Allerdings dürfte das mit kommerziellem Uranylacetat m.E. nicht funktionieren, sondern nur mit selbst aus Erz gewonnenem "Roh-Uranylsalz". Denn nach der Zerfallsreihe bleibt der Zerfall von U-238 (kommerziell erhältliches Uran) in menschlichen Zeiteinheiten beim U-234 praktisch stehen, bevor sich nennenswert Radium bilden kann.

Wenn 4 HWZ schon ausreichen für ein Gleichgewicht, müsste käufliches Uranylsalz ja schon nach 3 Monaten die 3-fache Aktivität des ursprünglich reinen Uranylsalzes haben und danach so gut wie nicht mehr radioaktiver werden. Ich war mir eigentlich sicher, dass das länger dauert... :?
lemmi hat geschrieben:die maximale Aktivität sollte nach 4 Halbwertszeiten des aktivsten Folgeproduktes vorliegen.
Ich hätte eher gedacht des langlebigsten Folgeprodukts.

Für Thorium müsste die Kurve so aussehen:
Bild

Bei Uran bin ich mir nicht sicher. Vielleicht gibts auch mehrere "Huckel" beim Anstieg oder Abstieg der Kurve. Vielleicht gibts auch einen "Kamelhöcker"...hab irgendwie das Gefühl, dass das sein könnte....

Man kann garantiert eine relativ einfache Gleichung aufstellen, die den Verlauf der Aktivität exakt beschreibt, indem man die Menge der Folgeprodukte in Abhängigkeit einer HWZ-Funktion des Ausgangs-Elements festlegt und diese Gleichungen "verschachtelt" für jedes Folgeprodukt. Ich probier das mal. 8)
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich habe den Artikel gefunden: ChiuZ 9 (1975), Nr 4: 124 ff.

Darin steht, dass die (photographische) Aktivität von Uranpräparaten hauptsächlich durch Th-234 bedingt ist. Da im Gleichgewicht von Bildung und Zerfalll der Zerfall (HWZ 24 Tage) der konzentrationsbegrenzende Schritt ist, dürfte sich die Aktivität eines Uranpräparates nach meiner obigen Analogie in der Tat nach ca. 4 Monaten auf ein Maximum eingependelt haben. Beim Thorium würde es demnach viel länger dauern, nämlich 20-25 Jahre, bis die maximale Aktivität (durch Bildung von Ra-228, HWZ 5,75 Jahre) erreicht ist.

Pok: warum meinst du, dass man beim Thorium mehr Folgeprodukte berücksichtigen muss als beim Uran? Es kommt doch nur darauf an, welches Isotop im Ausgangsmaterial vorherrscht. Das ist beim (abgereicherten) Uran U-238 und beim Thorium Th-232. Der Zerfall von U-234 und Th-228 ist vernachlässigbar, weil nur Spuren davon vorhanden sind.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Deine letzte Frage verstehe ich nicht ganz. Thorium-232 hat 9 Folgeprodukte, also sollte die sich einpendelnde Gesamtaktivität m.E. 10x so hoch sein. Meinst du diesen Satz von mir? Oder meine Erwähnung von Uran-234? Das ist eines der Folgeprodukte in der Zerfallsreihe von Uran-238. Wenn du (fast reines) U-238 hast, zefällt davon nur ne Spur über Th-234 und Pa-234 zu U-234. Also entsteht nur ne Spur U-234, die zudem sehr langlebig ist und demnach wieder nur noch viel, viel kleinste Spuren Radium entstehen lassen dürfte. Deshalb kapiere ich noch nicht, wie nennenswert Radium in kommerziell (reinen) Uranylsalzen entstehen soll in menschlichen Zeitstäben.

Im Artikel haben die wirklich käufliches Uranylacetat verwendet und es geht tatsächlich um das Zerfallsprodukt Radium, so wie ich das überblicke. Hier mal der link zum Artikel. Muss ich mir mal angucken....
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frankie
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Beitrag von frankie »

Man kann garantiert eine relativ einfache Gleichung aufstellen, die den Verlauf der Aktivität exakt beschreibt, indem man die Menge der Folgeprodukte in Abhängigkeit einer HWZ-Funktion des Ausgangs-Elements festlegt und diese Gleichungen "verschachtelt" für jedes Folgeprodukt. Ich probier das mal.
Klar. Das ist als "radioaktives Gleichgewicht" bekannt. Ist nichts anderes als ein System gekoppelter Differentialgleichungen 1-ter Ordnung.
Und deine Graphik sieht dem schon ähnlich (tMutter >> tTochter)
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Pok hat geschrieben:.
Im Artikel haben die wirklich käufliches Uranylacetat verwendet und es geht tatsächlich um das Zerfallsprodukt Radium, so wie ich das überblicke. Hier mal der link zum Artikel. Muss ich mir mal angucken....
In dem Artikel heißt es aber ausdrücklich, die Aktivität der Uranverbindungen sei überwiegegend auf Thorium-236 zurückzuführen. Von Radium ist da gar nicht die Rede.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Du meinst Thorium-234. Ja, habe ich jetzt auch gelesen. Von Radium ist dennoch zwei mal die Rede.

Bild

Die Aussagen zum Radium und Blei im 2. Absatz halte ich aber für falsch bzw. irreführend. Radium dürfte nur in Nano-Spuren im Niederschlag enthalten sein und nicht mal 1 Promille (?) der Radioaktivität ausmachen. Blei-214 bzw. Blei-210 sind noch weniger relevant, weil diese Folgeprodukte erst nach Ewigkeiten entstehen. Das Bleisulfat adsorbiert also einfach nur das Thorium-234.

Strenggenommen ist m.E. auch die Aussage falsch, dass Th-234 für die Schwärzung einer Fotoplatte hauptverantwortlich ist. Wenn das im Sulfatniederschlag hauptsächlich strahlende Thorium-234 zerfällt, zerfällt ziemlich sofort danach auch das Produkt Protactinium-234 mit der 8-fachen Energie (2,3 eV ggü. 0,27 eV). Wenn die Schwärzung von dieser Energie abhängig ist, wäre Protactinium-234 hauptverantwortlich für photografisch wirksame Aktivität von Uransalzen.

Wenn das stimmt, stammt die Farbe des Films unter deinem Uranpräparat hauptsächlich vom Zerfall von Protactinium.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Warum soll es falsch sein, dass strahlende Bleisiotope und Radium mitgefällt werden? Was ich verstehe ist, dass du meinst, diese Zerfallsprodukte tragen nur minimal zur Gesamtaktivität bei.
Ob man Thorium-234 oder sein kurzlebiges Folgeprodukt als Stahlungsquelle ansieht halte ich für ein bisschen akademisch.Was der Artikel meint ist denke ich, wenn man das Thoriumisotop abtrennt sinkt die Aktivität des Uranpräparates stark. Ob es jetzt das Thorium selbst ist, das die höchste Aktivität hat, oder sein in Sekunden zerfallendes Folgeisotop ist nicht so bedeutend für den Versuch.

Was mich interessieren würde ist, wie man die Aktivität(szunahme) berechnet. Meiner Vermutung nach ist dafür in erster Näherung die Berücksichtigung des aktivsten Zerfallsproduktes ausreichend.

Dass es Jahrhunderte dauert, bis sich das Aktivitätsniveau von Uransalzen durch die Folgeprodukte einpendelt, glaube ich auch deswegen nicht, weil dann sämtliche im Handel befindlichen Uransalze nur minimal radioaktiv wären und der beschriebene Versuch gar nicht funktionieren würde. Man müsste es mal ausprobieren, wie lange es dauert, bis ein derart "deaktiviertes" Uransalz wieder zu seiner alten Aktivität zurückfindet. Eigentlich müsste dazu auch Bariumsulfat als Fällungsmittel gehen. Soweit mir bekannt wurden fast alle Isotopentrennungen in der Angfangszeit der Kernchemie damit gemacht. Wäre mir sympathischer als Bleisulfat. Ich weiß abr nicht, ob Thorium daran genauso gut adsorbiert wird wie an Bleisulfat.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ja, deinen 2. Satz meine ich so, wobei "minimal" noch stark untertrieben ist.

Ich will kein Korinthenkacker sein, aber ob Thorium-234 oder Protactinium verantwortlich für die Schwärzung einer Fotoplatte ist, finde ich schon interessant. Es wäre willkürlich, Thorium zur Verantwortung zu ziehen, nur weil wir es in makroskopischen Mengen kennen und Protactinium nicht. Aber vermutlich tut man es, weil Thorium eine längere HWZ hat und davon 1000x und noch mehr im Niederschlag landet als vom extrem kurzlebigen Protactinium, das sich ja nicht anhäufen kann. Für die Fällung sind also die Eigenschaften des Thoriums ausschlaggebend (z.B. wie gut es an Bleisulfat adsorbiert wird) und nicht die von Protactinium. So gesehen wäre es sinnvoll, Protactinium zu ignorieren.

Zu deinem 2. Absatz: kann doch gar nicht sein. Und hier sieht man, dass es durchaus eine Rolle spielt, ob man Korinthen kackt oder nicht. Bei Uran wäre das "aktivste Zerfallsprodukt" Polonium-214. Das kann für die anfängliche Aktivitässteigerung (in den ersten paar Jahren und Jahrzehnten) überhaupt nicht ausschlaggebend sein, weil davon erst nach Ewigkeiten Spuren entstehen und die Aktivität eines Uranpräparats innerhalb von 1 Millisekunde nach der Reinigung nach oben schießen müsste (4-fache-HWZ-Regel). Auch wenn du die aktivsten Folgeprodukte ganz am Anfang meinst, wäre das nicht präzise und falsch, da hier wieder Protactinium-234 aktiver ist als Thorium-234.

Die Aktivitätskurven aller 9 Zerfallsprodukte von Uran überlagern sich. Ich hab jetzt endlich kapiert, wie man es berechnen könnte.

Für Uran-238:
Bild

Hier nur das erste Zerfallsprodukt berücksichtigt. In dem Maße, wie Uran zerfällt (schwarz), entsteht Thorium (dunkelgrün). Da das aber nur kurzlebig ist, erreicht es real nur einen Bruchteil der Masse des Urans (hellgrüne Kurve resultiert). Die Aktivität des gebildeten Thoriums ist eine einfache Hochskalierung der realen Thoriummasse. Diese Aktivität nähert sich der Aktivität des Urans an und sinkt fast deckungsleich (minimal darunter) mit der Urankurve. Die Gesamtaktivität von Uran und dessen 1. Folgeprodukts Thorium ergibt sich aus der Summe der schwarzen und der gelben Kurve.

Da Protactinium so kurzlebigt ist, ist dessen Aktivitätskurve mit der von Thorium praktisch deckungsgleich. Falls deine Regel mit der 4-fachen HWZ stimmt, hat sich nach 100 Tagen die Aktivität eines Uranpräparats zunächst (!) verdreifacht.

Bild

Für die weiteren Folgeprodukte müsste man den gleichen Aufwand widerholen. Hier noch für U-234 (HWZ = 250.000 Jahre):

Bild

Tatsächlich huckelt sich die Aktivitätskurve also aufwärts und sinkt dann glatt! -> Kombination der 2 vorherigen Kurven:

Bild

Einwände?
lemmi hat geschrieben:Dass es Jahrhunderte dauert, bis sich das Aktivitätsniveau von Uransalzen durch die Folgeprodukte einpendelt, glaube ich auch deswegen nicht, weil dann sämtliche im Handel befindlichen Uransalze nur minimal radioaktiv wären und der beschriebene Versuch gar nicht funktionieren würde.
Die Radioaktivität von U-238 ist ja nicht "minimal". In dem von dir empfohlenen Artikel ist die Fotoplatte nur deshalb so schwach gefärbt, weil es eben ne Fotoplatte ist, wo die Alpha-Teilchen kaum eindringen. Die Aktivität von Uran-Präparaten erhöht sich nur auf das 3-fache zu deinen Lebzeiten. Aber die Folgeprodukte senden eben Betastrahlung aus, die viel tiefer eindringen kann. Uran-Erz (Annahme: ursprünglich reinstes U-238) müsste also bei 9 Zerfallsprodukten in geologischen Zeiträumen die 10-fache Aktivität erreichen. Das dauert 1 Mio. Jahre (4-fache HWZ von U-234). Alle weiteren Zerfallsprodukte kann man vernachlässigen, weil sie kürzere HWZ als Uran-234 haben. Deren Kurven überlagern also noch den letzten Huckel bei 1 Mio. Jahren, wodurch dieser Huckel (ggf. noch aufgeteilt in kleinere Huckel?) tatsächlich den Wert "10" bei der Aktivät einnimmt.
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Beitrag von lemmi »

Deine Kurven bestätigen meine Vermutungen ja ganz gut. Welche Gleichungen stecken da dahinter?

Man müsste den Versuch echt mal machen und das gewonnene Ammoniumuranat sofort und nochmal nach 3 Monaten auf einen Film legen.
Uran-Erz (Annahme: ursprünglich reinstes U-238) müsste also bei 9 Zerfallsprodukten in geologischen Zeiträumen die 10-fache Aktivität erreichen.
Wieso genau das 10-fache?
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Beitrag von Pok »

Fast genau das 10-fache, weil U-238 mit großem, großem Abstand die längste HWZ hat in der Zerfallsreihe und alle 9 Zerfallsprodukte nach ca. 1-2 Mio. Jahren ihre Aktivität noch oben draufgeben. Vergleich mit Caesium-137 statt Uran-238:

Bild
Wikipedia

Im Falle von Uran-238 heißt das: 1 + 9 = 10.

Hab erst jetzt die richtigen Abbildungen alle gefunden und hätte mal früher dem Hinweis von Glaskocher und frankie zum Begriff "radioaktives Gleichgewicht" nachgehen sollen. Das sollte bei Uran-238 nach der 4- bis 10-fachen HWZ des langlebigsten Zerfallsprodukts (U-234 mit 250.000 Jahren) erreicht sein, also nach 1-2 Mio. Jahren (+ ein paar zerquetschte für das ebenfalls recht langlebige Th-230). Aber das passiert nicht linear, sondern meine letzte "Huckelkurve" sollte richtig sein, d.h. 3-fache Aktivität nach 100-200 Tagen und dann erstmal seeeeehr langsame Steigerung bis nach 1-2 Mio. Jahren das Maximum der Aktivität (10-fach) erreicht ist.

Hier für U-238 mit Berücksichtigung der gesamten Zerfallskette:
Bild

Ich hab das mit der 4-fachen HWZ von dir übernommen. :wink: Wikipedia sagt, nach 10 HWZ sei der Gleichgewichtszustand erreicht. Ob 90 oder 100 %, macht ja aber keinen großen Unterschied. Ansonsten beruhten meine Skizzen nur auf den HWZ der entsprechenden Zerfallsprodukte.

Beim "transienten Gleichgewicht" (Tochternuklid mit HWZ kleiner als Mutternuklid, aber beide mit recht kurzer HWZ) sieht es so ähnlich so aus, wie ich skizziert habe. Hier mit Blei-211 beispielhaft dargestellt:

Bild

Da frankie von Differenzialgleichungen redet, geb ich den Versuch auf, da was zu berechnen. Grob sollte man es mit der 4-HWZ-Regel und den HWZ der Nuklide auch per Hand hinbekommen.
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Beitrag von lemmi »

Du unterstellt die gleiche Aktivität für jedes Tochternuklid und rechnest einfach Aktivität Mutternuklid ×10 . Ist das denn korrekt?

Noch eine Überlegung: das Thoriumpräparat gibt Radon ab , das seinerseits aus dem Zerfallsprodukt Radium entsteht. Wenn ich alles Radium ausfälle, z. B. mit Bariumsulfat, müsste ein Thoroumpräparat resultieren, das so gut wie kein Radon mehr abgibt. Die Radonbildung würde erst nach > 25 Jahren wieder auf das Ursprungsniveau ansteigen.

Korrekt?
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