Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

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mgritsch
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von mgritsch »

Glaskocher hat geschrieben: Freitag 26. November 2021, 17:49 Das problemlose Verquicken der Kupferoberfläche kommt vermutlich daher, daß das Kupfersulfid abenfalls sehr unlöslich im Reaktionsmedium ist. Das senkt die Konzentration an freiem Kupfer in der Lösung und dann müßte man das Massenwirkungsgesetz dazu mal berechnen...
Löslichkeitsprodukt CuS: 6.10-16
Löslichkeitsprodukt HgS(rot): 4.10-33
HgS ist also deutlich unlöslicher, gleich einen Faktor 3,9.108 weniger. Angesichts der schlechteren Löslichkeit von HgS gegenüber CuS sinkt die Potenzialdifferenz, und zwar pro 10er-Potenz um 0,030 V (Übergang von 2 e-), lediglich die große Differenz der Standardpotenziale (+0,345 V vs. +0,851 V = Differenz = 0,506 V) sorgt dafür dass log(3,9.108)*0,03 V = 0,254 V weniger Potenzialdifferenz immer noch toleriert werden, es bleiben 0,252 V und das langt für die Hg Abscheidung.

Natürlich "hilft" die schlechte Löslichkeit des CuS, aber auch wenn das nicht so wäre - bei [Cu] = 1 mol/l beträgt die Potenzialdifferenz immer noch 0,026 V, die Reaktion würde zwar schlecht und langsam aber doch ablaufen können.

Nernst, wohin man auch blickt :)
aliquis
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von aliquis »

Könnte es auch einfach sein, dass Spuren von restlichem, nicht umgesetzten Hg die Amalgamierung bewirkt haben?
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mgritsch
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von mgritsch »

Warum sollte das der Fall / erforderlich sein?
Metallisches Hg amalamiert relativ schlecht weil die natürliche Oxidschicht im Weg ist.
aliquis
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von aliquis »

Ich habe gelesen, dass Zinkpulver gut zum Binden von Hg geeignet sein soll. Warum wird das empfohlen, wenn Hg so schlecht amalgamiert? Oder meintest Du die Oxidschicht auf dem Kupfer?
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mgritsch
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von mgritsch »

Ja, auf dem Kupfer.
Auch andere unedle Metalle amalgamieren eher träge. Einen Hg Tropfen auf Cu oder Al muss man lange herumreiben und kratzen um ihn mit blanker Oberfläche in Berührung zu bringen. Ein Tropfen Hg-Salzlösung und es amalgamiert sofort.

Auch sonst gibt es keinen Grund anzunehmen dass (künstlicher) Zinnober Reste von Hg enthält. Da sorgt schon das warme Sulfid-Bad dafür. Bei natürlichem Zinnober ist das anders, der enthält durchaus metallische Einsprengungen.
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lemmi
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Re: Synthese von Zinnober - alchemistisch betrachtet

Beitrag von lemmi »

Außerdem habe ich meinen Zinnober mit warmer Salpetersäure behandelt und das Filtrat mit Natriumsulfid getestet, ohne dass es zu einer Dunkelfärbung gekommen wäre (Versuch ist unter "Erklärungen" abgebildet). Also ist kein freies Hg mehr enthalten.
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