Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Isolierung und Synthesen von Naturstoffen.

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lemmi
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Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von lemmi »

Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Ouabain, k-Strophanthosid und Cymarin aus Strophanthus-Samen

Das Strophanthin ist - oder besser gesagt: die Strophanthine sind - ein spannender Teil der Pharmaziegeschichte. Es handelt sich um Glykoside mit ausgeprägter Wirkung auf die Herzfunktion, weshalb die Gruppe dieser in verschiedenen Pflanzenfamilien vorkommenden Verbindungen oft auch einfach als "Herzglykoside" bezeichnet wird. Die bekannteste Pflanze in Europa ist der rote Fingerhut (Digitalis purpurea) mit seinem Hauptglykosid Digitoxin. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entdeckte der englische Arzt William Withering (1741-1799), dass die erstaunliche Wirkung von Fingerhutinfusen auf die Wassersucht - einer Manifestation der Herzinsuffizienz, bei der die Gliedmaßen durch übermäßige Flüssigkeitsansammlung sichtbar anschwellen und es durch Lungenstauung zu Atemnot kommt - darauf beruht, dass die Droge auf das Herz wirkt. Die entscheidende Beobachtung, die ihn zu dieser Schlussfolgerung führte, war, dass unter Anwendung von Fingerhut der bei den Kranken stark beschleunigte und flache Puls langsamer und kräftiger wurde. Withering hatte damit die positiv inotrope (Herzkraft steigernde) und die negativ chronotrope (Herzfrequenz herabsetzende) Wirkung der Herzglykoside entdeckt, die heute noch zu den Lehrsätzen der Pharmakologie gehört. Wie wir gleich sehen werden, haben diese Befunde auch bei der Auffindung der Herzwirksamkeit des Strophanthins die entscheidende Rolle gespielt.


historischer Hintergrund:

Im Sommer des Jahres 1862 befand sich der englische Entdeckungsreisende und Missionar David Livingstone in Ostafrika auf der Rückreise vom Malavisee zur Küste, als er die Verwendung eines Pfeilgiftes kennenlernte, das die Eingeborenen zur Büffeljagd verwendeten. In seinen 1865 erschienenen Reisebericht "Narrative of an Expedition to the Zambesi and its Tributaries" 1 schreibt er:

"The animals are wary from the thread they have from the poisoned arrows. Those of the natives who hunt are deeply imbued with the hunting spirit and follow the game with a stealthy, perserverance, and cunning, quite extraordinary. The arrow making no noise, the herd is followed up until the poison takes effect, and the wounded animal falls out. It is then patiently watched till it drops, a portion of meat round the wound is cut away, and all the rest eaten.
Poisoned arrows are made in two pieces. An iron barb is firmly fastened to one end of a small wand of wood, ten inches or a foot long, the other end of which, fined down to a long point, is nicely fitted, though not otherwise secured, in the hollow of the reed, which forms the arrow shaft. The wood immediately below the iron head is smeared with the poison. When the arrow is shot into an animal, the reed either falls to the ground at once, or is very soon brushed off by the bushes; but the iron barb and poisoned upper part of the wood remain in the wound. If made in one piece, the arrow would often be torn out, head and all, by the long shaft catching in the underwood, or striking against trees."


Mit von der Partie bei Livingstones Expedition war ein naturwissenschaftlich gebildeter Arzt mit Namen John Kirk (1832-1922). Dr. Kirk ermittelte nicht nur die Stammpflanze des von den Eingeborenen kombé genannten Pfeilgiftes sondern machte auch einen unfreiwilligen Selbstversuch mit demselben - wie er einem unter erschwerten Bedingungen Reisenden leicht einmal unterlaufen kann:

"The poison used here, and called kombi, is obtained from a species of Strophanthus, and is very virulent. Dr. Kirk found by an accidental experiment on himself that it acts by lowering the pulse. In using his tooth-brush, which had been in a pocket containing a little of the poison, he noticed a bitter taste, but attributed it to his having sometimes used the handle in taking quinine. Though the quantity was small, it immediately showed its power by lowering his pulse which at the time had been raised by a cold, and next day he was perfectly restored."

In seinen Symptomen erkannte Kirk die typischen Wirkungen eines Herzglykosides, wie er sie sicher während des Studiums in England anhand der Digitaliswirkungen kennengelernt hatte. Außerdem waren herzwirksame Pfeilgifte bereits aus anderen Weltgegenden bekannt, nämlich das aus dem Upasbaum Antiaris toxicaria in Java und Borneo gewonnene Gift. Mit einer Mischung aus wissenschaftlicher Skepsis und Hoffnung beschließt Livingstone seinen Bericht:

"Not much can be inferred from a single case of this kind, but it is possible that the kombi may turn out a valuable remedy" (Zitate aus [1])

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts etablierte sich die Toxikologie gerade als eigenständiges Fach an der Schnittstelle zwischen Medizin, Pharmazie und Chemie. Die Untersuchung der Wirkmechanismen der Gifte war der Ausgangspunkt für das, was wir heute unter Pharmakodynamik verstehen: die Lehre vom Angriffspunkt und der Wirkweise von Pharmaka im Organismus. Die Fachbezeichnungen geben hiervon Zeugnis ab: das griechische Wort φαρμακον ("pharmakon") bedeutet in seinem ursprünglichen Sinne "Gift" und die Toxikologie hat ihren Namen direkt der Erforschung der Pfeilgifte zu verdanken, denn τοξον ("toxon") ist das griechische Wort für "Bogen" und "Pfeil". Tatsächlich beschäftigten sich in der Folge mehrere englische, aber auch französische Wissenschaftler – die ein ähnliches Pfeilgift in Gabun, in Westafrika, vorgefunden hatten – mit der Erforschung der rätselhaften Substanz.
Den ersten Meilenstein in der Erforschung der afrikanischen Pfeilgifte legte der schottische Arzt und Toxikologe Thomas Richard Fraser (1841-1920), der sich gut 20 Jahre lang mit den Strophanthuswirkstoffen befasste. Zuerst beschrieb er Anfang der 1870er Jahre systematische Tierversuche "on the kombé arrow-poison", die die Wirkung des Giftes auf das Herz belegten2. Seine nächste Veröffentlichung erschien jedoch erst rund 15 Jahre später, denn

"The difficulty … of procuring a sufficient supply of strophanthus and other inavoidable circumstances interrupted for some years the investigation, that had so far proceeded" 3

Im Jahre 1885 beschrieb Fraser in einem Beitrag im (noch heute erscheinenden) traditionsreichen British Medical Journal mehrere klinische Beobachtungen an Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz, die nach oraler Gabe von Strophanthustinktur - ein alkoholischer Auszug aus den Samen - sowie nach subkutaner Injektion des von ihm Strophanthin genannten Wirkstoffisolates eine schnelle und tiefgreifende Besserung erfuhren.3 Die Elementaranalyse zeigte, dass die Substanz frei von Stickstoff war, und Fraser wies ihr die Formel C20H34O10 zu. Er bemerkte, dass das Strophanthin mit den üblichen Alkaloidreagenzien keine Reaktion zeigt, sich dagegen durch verdünnte Mineralsäuren in Glukose und eine Substanz zerlegen lässt, die aus den wässrigen Lösung nach kurzer Zeit auskristallisiert und die er Strophanthidin nannte. Damit hatte Fraser auch die Glykosidnatur des Strophanthins etabliert.4

In der Folge erlebte die Strophanthintherapie in der Medizin einen raschen Aufschwung. Eingesetzt wurde zunächst fast ausschließlich die Tinktur auf oralem Wege. Nachdem das Strophanthin dargestellt worden war, beschäftigten sich mehrere pharmazeutisch-chemische Firmen damit, ein chemisch reines Präparat herzustellen. Führend war die Firma Boehringer in Mannheim-Waldhof, die schon 1889 "Strophanthin Boehringer" in ihr Sortiment aufnahm. Um 1905 begann der badische Internist Albert Fraenkel (1864-1938) mit der Behandlung von Herzkranken durch intravenöse Strophanthininjektionen. Die intravenöse Injektion war damals noch eine sehr neue Methode, so dass Fraenkel in seinen ersten Veröffentlichungen diese, heute jedem Medizinstudenten geläufige, Technik für die Kollegen ausführlich beschreiben musste. Versuche mit subkutanen oder intramuskulären Injektionen hatten den Patienten nämlich so starke Schmerzen verursacht (Glykoside besitzen eine ausgeprägte gewebereizende Wirkung), dass diese Applikationsweise nicht in Frage kam. Fraenkel berichtete zuerst 1906 auf dem Internistenkongress in München über seine neue Behandlungsmethode. Wenn man seine Patientengeschichten5 liest, kann man hinter all den objektiven Daten erahnen, wie beeindruckend die Behandlungserfolge gewesen sein müssen.

"Fünf Tage nach einer e i n m a l i g e n Injektion von 1 mg Strophanthin sind die Ödeme verschwunden und die Suffizienz des Herzens ist wieder hergestellt."

oder, in einem anderen Fall:

"Unmittelbar nach der Injektion fühlt der Kranke eine wohltätige Erleichterung in der Herzgegend, ein Nachlassen des Herzdruckes und der Atemnot und fast mit Regelmäßigkeit tritt in der der Einspritzung folgenden Nacht auch der Schlaf wieder ein."

Aber auch die ärztliche Wahrnehmung der Behandlung wird geschildert:

" … die erste Strophanthininjektion hat unter unseren Augen einen lebensbedrohenden Zustand aufgehoben."

und

"Der Arzt, der unter dem Einfluss einer intravenösen Strophanthininjektion den Puls seines Kranken voll und langsam, die Atmung freier werden sieht, kann seinen Kranken selbst nach großer Gefahr getrost verlassen. Die einmal erzielte Strophanthinwirkung wird in den nächsten Stunden nicht verschwinden und kann in voller Höhe bis zu 24 Stunden andauern." (Zitate aus [5], Hervorhebungen im Text)

Solche Erfolge waren in der damaligen Pharmakotherapie äußerst selten. Fraenkel wurde durch diese Erfahrungen für sein ganzes Berufsleben geprägt und sollte dem Strophanthin - und zwar dem k-Strophanthin, da er das g-Strophanthin (womit er Recht hatte) als giftiger ansah6 - bis zu seinem Tode treu bleiben. Noch 1933, in dem Jahr, als die Nazis ihn wegen seiner jüdischen Herkunft all seiner Ämter enthoben, veröffentlichte er das gesammelte Wissen seiner Zeit in seinem Lebenswerk "Strophanthin-Therapie". 6

Aber es gab Probleme mit dem Strophanthin. Relativ rasch geklärt werden konnte die Frage der richtigen Dosierung. Bei den anfangs verwendeten Dosen von 1 mg i.v. waren Todesfälle durch akute Herzrhythmusstörungen vorgekommen. Später ging man daher auf Einzeldosen von 0,2-0,6 mg zurück, womit sich diese Gefahr vermeiden ließ. Das größere Problem aber war die inkonstante Qualität und Zusammensetzung des Wirkstoffes, die schon vor der Jahrhundertwende den Ärzten, Pharmakologen und Pharmazeuten erhebliches Kopfzerbrechen bereitete. Die Aufklärung der Chemie des Strophanthins sollte mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Die Anzahl der zur Gattung Strophanthus gehörenden Arten ist noch heute nicht sicher bestimmt. Sie wird derzeit in der Wikipedia mit 38 bis 48 angegeben. Der Name Strophanthus leitet sich von den griechischen Wörten στροϕεϊν ("strophein") = sich drehen, winden und άνθος ("anthos") = Blüte ab (und ist daher orthographisch korrekt mit "th" zu schreiben!). Obwohl es sich bei den Strophanthusarten überwiegend um Schlingpflanzen bzw. Klettersträucher handelt, ist nicht etwa der Habitus als Schlingpflanze (wie die Wikipedia fälschlicherweise angibt) bei der Namensgebung Pate gestanden, sondern die auffällige Form der Blütenblätter, die in gedrehte, fadenförmige Spitzen auslaufen.6

Strophathus kombé - aus Thoms.jpg
Abb.: Strophanthus kombé, Darstellung aus Thoms11

Die Samen reifen in Balgfrüchten (Schoten) heran und tragen eine kurze Granne mit einem Haarschopf, was sie als Windverbreiter kennzeichnet.

Schon sehr bald nach der Einführung der Droge in den Arzneischatz fiel den Pharmakognostikern auf, dass sich die Samen der verschiedenen Strophanthus-Arten stark ähneln, und dass die aus Afrika importierte, aus Wildsammlungen stammende, Handelsware alles andere als einheitlich war.8 Fraser ging davon aus, dass die zu seinen Forschungen verwendete Droge von S. hispidus stammte, einer in Ostafrika heimischen Art. Später wurde S. kombé als Stammpflanze identifiziert und es entbrannte ein Streit, ob beide Drogen gleichwertig seien und wer mit welchem Ausgangsmaterial welche Ergebnisse erzielt hatte. Das aus Strophanthus kombé isolierte Strophanthin verhielt sich widerspenstig: gelegentlich ließ es sich kristallin gewinnen, meist aber fiel es in amorpher Form an. Es erwies sich zudem als ausgesprochen hydrolyseempfindlich. Im Jahre 1904 plädierten Hermann Thoms (1859-1931), seines Zeichens Professor für pharmazeutische Chemie und Direktor des Pharmazeutischen Instituts, und der Botaniker Ernst Gilg (1867-1933) von der Universität Berlin eindringlich für eine andere Lösung. Thoms hatte aus den Samen von Strophanthus gratus (davor auch S. glabre du gabon genannt) ein Strophanthin isoliert, das sich sehr leicht rein gewinnen ließ, schön kristallisierte, eine konstante Zusammensetzung aufwies und auffällig hydrolyseresistent war. Gilg zeigte in systematischen Vergleichen an authentischem Herbarmaterial, dass sich die Samen von Strophanthus gratus sehr leicht von denen der anderen Arten unterscheiden lassen.7 Der Kliniker Schedel testete das neue Präparat zunächst im Tierversuch und dann an Herzpatienten.8 Thoms schlug vor, die Strophanthine, deren es offenbar verschiedene gab, nach der Stammpflanze, aus der sie gewonnen waren mit kleinen Buchstaben zu kennzeichnen.9 Das aus S. kombé gewonnene Glykosid bezeichnete er als "k-Strophanthin", dasjenige aus S. hispidus sollte "h-Strophanthin" heißen während er dem von ihm aus S. gratus isolierten Gykosid den Namen "g-Strophanthin" gab. Und zwar, obwohl bereits bekannt war, dass g-Strophanthin mit dem schon 1888 von dem französischen Chemiker Arnaud aus dem Ouabaio-Baum (Acokanthera oppositifolia, früher A. ouabaio) isolierten Glykosid Ouabain identisch ist.10 Thoms argumentierte:

"Es entspricht nun zwar dem Brauche, dass man einem neu aufgefundenen chemischen Körper den Namen belässt, den ihm sein Entdecker oder Erfinder zuerst gegeben. Ich würde auch gar nicht daran denken, an dieser guten alten Gepflogenheit zu rütteln, wenn ich nicht befürchten müsste, dass sich Schwierigkeiten und Missverständnisse in medicinischen und pharmaceutischen Kreisen ergeben würden, wenn man für ein wohl charakterisiertes, aus einer Strophanthus-Art gewonnenes Glykosid den Namen O u a b a i n benutzte. Aber und vor allem scheint mir dieser Name Ouabain auch nicht zweckmässig zu sein aus Rücksicht auf die chemische Durchforschung der verschiedenen Strophanthine, und die Notwendigkeit, diese alle zu bezeichnen." (Zitat aus [9], Hervorhebungen im Text)

Das Plädoyer von Thoms - der auch in der Arzneibuchkommission saß - hatte Folgen. Als offizinelle Droge wurde Strophanthus gratus anstelle des bis dahin geführten Strophanthus kombé und als Reinsubstanz das g-Strophanthin in das deutsche Arzneibuch aufgenommen – wegen der zunächst schwierigen Beschaffung der vor allem aus den französischen Kolonien Westafrikas stammenden Droge allerdings erst 1926 (in das DAB 6).11 Damit ergab sich die paradoxe Situation, dass g-Strophanthin zwar der offizinelle Wirkstoff war, das umsatzstärkste Strophanthinpräparat - das "Kombetin"R, das die Firma Boehringer in Mannheim seit 1907 in Ampullenform auf den Markt gebracht und mit dem Fraenkel seine Behandlungsversuche gemacht hatte, und für das bei weitem die meisten Publikationen veröffentlicht worden waren - jedoch weiterhin k-Strophanthin enthielt! Zwar hatte Merck mit "Strophanthinum crystallisatum nach Thoms"R und die Kali-Chemie mit "Purostrophan"R Konkurrenzprodukte auf den Markt gebracht, die g-Strophanthin enthielten, ihre Bedeutung blieb aber hinter der des alt eingeführten Kombetins weit zurück. Die Therapie mit k-Strophanthin war ein deutscher Sonderweg, hatte ihren Höhepunkt in den 30er und 40er Jahren und wurde bis zum Beginn der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eingesetzt. Außerhalb Deutschlands war dem Ouabain schon früh der Vorzug vor dem k-Strophanthin gegeben worden.
Auch mit seinem zweiten Vorschlag - zur Namensgebung der Strophanthine - setzte Thoms sich nur im deutschsprachigen Raum durch, dort allerdings ziemlich nachhaltig. Das g-Strophanthin wurde international weiterhin als Ouabain bezeichnet und unter diesem Namen fand es sich auch in allen Arzneibüchern.

Das k-Strophanthin war den Pharmakologen nicht geheuer. Da es meist in amorpher Form isoliert wurde, bestanden Zweifel an seiner Reinheit und Einheitlichkeit, und die ermittelten Formeln schwankten von Publikation zu Publikation. Dann entdeckte der amerikanische Chemiker Walter A. Jacobs (1883-1967) im Jahre 1926, dass das bis dahin als einheitlich angesehene "kristalline k-Strophanthin" aus drei verschiedenen Glykosiden bestand, die zwar das gleiche Aglykon enthalten, sich jedoch in der Anzahl der damit verknüpften Glukosereste unterscheiden. Das erste, das k-Strophanthin-α, erkannte er als identisch mit Cymarin, einem bereits aus dem indianischen Hanf, Apocynum cannabinum isolierten Herzglykosid. Das zweite nannte er k-Strophanthin-ß und das dritte k-Strophanthin-γ (heute k-Strophanthosid). Jacobs klärte auch die Steroidnatur des Aglykons k-Strophanthidin auf und erkannte, dass das kaum erforschte h-Strophanthin (aus Strophanthus hispidus) dasselbe Aglykon enthielt.12,13 Diese Befunde erklärten, zusammen mit der Tatsache, dass die pharmazeutischen Chemiker nicht immer zwischen den Ausgangsdrogen S. kombé und S. hispidus unterschieden hatten, die divergenten Ergebnisse in der langen Geschichte der Strophanthinforschung.

Während der grundlegende Aufbau des Cardenolidgerüsts als "wie das Cholesterin ein tetrazyklisches System" mit einem "ungesättigten Oxy-Lacton" bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts ermittelt worden war27, wurde die Stellung der einzelnen Substituenten erst in den 50er Jahren gesichert. Die Chemie der Strophanthine war damit weitestgehend geklärt22. Die therapeutische Bedeutung und der Einsatz der Strophanthusglykoside dagegen wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Gegenstand heftiger Diskussionen, die bis heute nachhallen28.

Die im Folgenden beschriebenen Experimente wandeln auf den Spuren der Isolierung der wichtigsten Strophanthine. Schon Fraser hatte zur Abtrennung unerwünschter Begleitstoffe aus dem Pflanzenextrakt Bleioxid verwendet. Das überschüssige Bleisalz entfernte er aus der Lösung durch mehrtägiges (!) Einleiten von Kohlendioxid.4 Heute empfehlen die meisten Vorschriften, Blei(II)-acetat anzuwenden und einen Überschuss mit Ammoniumsulfat als Bleisulfat zu fällen14. Demgegenüber wird nachfolgend - wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts üblich - das basische Bleiacetat als Fällungsmittel eingesetzt und überschüssiges Blei durch Schwefelwasserstoff vollständig und ohne Hinterlassung von Rückständen aus der Lösung entfernt. Die Anwendung des basischen Bleiacetats erschien mir sinnvoll, da vor allem die k-Strophanthine in saurer Lösung leicht hydrolysieren. Die Isolierung des Ouabains ist relativ einfach und folgt im Wesentlichen den Angaben des DAB 6 zur Gehaltsbestimmung von Tinctura Strophanthi16, nur dass zur Extraktion der Samen Ethanol höherer Konzentration verwendet wurde. Die Isolierung der k-Strophanthine stellte eine Herausforderung dar. Die hier gegebene Anleitung ist eine Synopsis aus verschiedenen Publikationen12, 13, 15 und hat zu einem ganz guten Ergebnis geführt. Der entscheidende Vorteil, den wir heute haben, ist, dass uns in der Dünnschichtchromatographie eine einfache analytische Methode zur Reinheitsprüfung der Präparate zur Verfügung steht.


Geräte:

Rundkolben verschiedener Größe, Soxhlet-Apparatur, Rückflusskühler, Magnetheizrührer mit Wasserbad, Sandbad, Destillationsvorrichtung, Wasserstrahlpumpe, Thermometer, kleiner Gasentwickler, Saugflaschen 100 und 250 ml mit Filternutschen, Glasfiltertiegel 4G mit passendem Saugstutzen, Messzylinder, Abdampfschale, kleine Kristallisierschale, Exsikkator, Scheidetrichter 100 ml, Bechergläser, Reagenzgläser, Zentrifuge

DC-Folien Silicagel G60, µl-Pipette, Messzylinder 10 und 25 ml, Chromatographiekammern, Sprühkammer, Sprühvorrichtung;


Chemikalien:

Samen von Strophanthus gratusWarnhinweis: t
Samen von Strophanthus kombéWarnhinweis: t

Ethanol 96% und absolutWarnhinweis: f
Blei(II)-acetatWarnhinweis: tWarnhinweis: n
BleioxidWarnhinweis: tWarnhinweis: n
EisensulfidWarnhinweis: n
Ammoniumsulfat
DiethyletherWarnhinweis: fWarnhinweis: attn
Schwefelsäure (25 % und conc.)Warnhinweis: c
EthylacetatWarnhinweis: fWarnhinweis: attn
MethanolWarnhinweis: fWarnhinweis: t
n-ButanolWarnhinweis: cWarnhinweis: attnWarnhinweis: f
EssigsäureWarnhinweis: fWarnhinweis: c
3,5-Dinitrobenzoesäure Warnhinweis: attn
Anisaldehyd-Sprühreagenz Warnhinweis: tWarnhinweis: attnWarnhinweis: f

----------------------------------------------------------

Ouabain (g-Strophanthin)Warnhinweis: t
k-StrophanthosidWarnhinweis: t
CymarinWarnhinweis: t


Hinweis:

Vorsicht! Die dargestellten Glykoside sind stark giftig!


Versuchsdurchführung:

1. Beschreibung der Ausgangsdrogen

Die im Drogenhandel erhältlichen Strophanthussamen sind bereits von der Granne und dem anhängenden Haarschopf befreit.

Die Samen von Strophanthus gratus sind einheitlich hell-gelbbraun bis graubraun gefärbt und vollständig ohne Behaarung (einzelne dunkler gefärbte Stücke sind verdorben und werden manuell ausgelesen). Sie haben eine länglich-eiförmige Gestalt, sind am unteren Ende abgerundet und laufen am oberen Ende mehr oder weniger spitz zu. Die Länge beträgt im Durchschnitt 11-15 mm, die Breite 3-4 mm und die Dicke etwa 1,5 mm. Die eine Seite ist leicht konvex, die andere eben bis gering konkav ausgebildet. Letztere trägt eine vom spitzen Ende ausgehende Rinne, die etwa in der Mitte des Samens in einem längsovalen Nabel endet. Nach Entfernen der Samenschale ist das Endosperm blassgelb gefärbt. Die Samen schmecken beim Kauen (Vorsicht! maximal ein halbes Samenkorn!) deutlich bitter. Etwa 33-35 davon wiegen 1 Gramm.

Die Samen von Strophanthus kombé sind etwas größer als die soeben Beschriebenen und in der Form mehr längsoval als eiförmig, obwohl sich auch an ihnen der ehemalige Ansatz der Granne als zugespitztes Ende erkennen lässt. Sie fallen durch ihre dichte, feinfilzige Behaarung auf, die Farbe ist hellbraun bis grünlich. Die Maße betragen: 12-17 mm Länge, 4-5 mm Breite und 2 mm Dicke. Der Geschmack der Samen ist außergewöhnlich stark und lange anhaltend bitter (was mir auch bei der Verarbeitung des Pulvers immer wieder unfreiwillig auffiel!). Um 1 Gramm auf die Waage zu bringen sind 25-29 Samen notwendig.

Strophanthus kombe und gratus.jpg
Strophanthus kombe und gratus.jpg (97.28 KiB) 8085 mal betrachtet
Abb. Samen von Strophanthus gratus (links hinten) und Strophanthus kombé (rechts vorne)

Semen Strophanthi Vergleich 1.jpg
Abb. Nahaufnahme: Samen von Strophanthus gratus (oben) und Strophanthus kombé(unten)

Zur Unterscheidung der Drogen kann außerdem eine einfache Farbreaktion, die Schwefelsäureprobe, herangezogen werden. Dazu wird ein von der Schale befreiten und etwas zerdrückter Samen mit einigen Tropfen 90 %iger Schwefelsäure (4 VT konzentrierte Schwefelsäure unter Kühlung zu 1 VT Wasser geben) verrührt. Strophanthus kombé gibt sofort eine intensive Grünfärbung, die rasch fast schwarz wird und sich dann nur beim Zerdrücken der Samenteilchen mir einem Glasstab deutlich zeigt. Das Endosperm von Strophanthus gratus färbt sich unter diesen Bedingungen mit einer Verzögerung von 1-2 Minuten rot an. Strophanthus hispidus soll nach der älteren Literatur eine dem Strophanthus kombé ähnliche Grünfärbung geben, die dann verblasst bzw. in braun übergeht (was die durch Strophanthus kombé hervorgerufene Grünfärbung im Übrigen ebenfalls tut) .

Schwefelsäurereakton Str. gratus und kombe.jpg
Schwefelsäurereakton Str. gratus und kombe.jpg (48.11 KiB) 8085 mal betrachtet
Abb. Schwefelsäureprobe: links Strophanthus gratus, rechts Strophantus kombé


2. Darstellung der Präparate

Liquor Plumbi subacetici DAB 6 (basische Bleiacetatlösung): Man verreibt 10 g Blei(II)-oxid mit 30 g Blei(II)-acetat-3-hydrat und verrührt das braungelbe Pulver mit 100 ml Wasser. Die Mischung bleibt eine Woche unter häufigem Schütteln sich selbst überlassen. Während dieser Zeit färbt sie sich rein weiß. Man filtriert, und stellt ggf. durch Zusatz von destilliertem Wasser auf 1,235 g/cm3 (1,232 – 1,237) - bestimmt bei 15°C - ein.16

Mischung initial.jpg
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Mischung nach 1 Stunde rühren.jpg
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Abb. Ansatz zur Darstellung von basischer Bleiacetatlösung

Die Strophanthussamen müssen vor der Extraktion entfettet werden. Dazu zerkleinert man sie in einer elektrischen Kaffeemühle, wobei man ein fettiges, sich teigig zusammenbackendes Pulver erhält, das man in einem Soxhlet-Extraktor (100 ml) mit ca. 160 ml Petrolether (Wundbenzin) extrahiert, bis eine Probe des ablaufenden Extraktes beim Verdunstenlassen auf einem Uhrglas keinen Fettfilm mehr hinterlässt. Dann breitet man die entfettete Droge auf einem flachen Teller an der freien Luft (Abzug oder im Freien) aus, bis sich die Reste des Lösungsmittels verflüchtigt haben. Bei mir fasste die Extraktionshülse 30 g der gemahlenen Samen und die Extraktion nahm 2 x 4 Stunden in Anspruch. Aus 30 g Samen von Strophantus gratus erhielt ich 19,5 g entfettete Droge (Fettgehalt 35%). Bei der Verarbeitung von Strophanthus kombe wurden aus 46 g gemahlenen Samen (in zwei Ansätzen verarbeitet) 29,3 g entfettetes Pulver erhalten (Fettgehalt 36,3%)

Entfetten im Soxhlet.jpg
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Abb. Entfetten von Strophanthussamen im Soxhlet

entfettete Samen und Öl.jpg
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Abb. Das entfettete Samenpulver und das nach dem Abdestillieren des Benzins zurückgebliebene Öl (hier von Strophanthus gratus)


2.1 Ouabain aus Strophantus gratus

Das entfettete Drogenpulver (19,5 g, entsprechend 30 g Samen) wird mit 200 ml Ethanol 90 % übergossen, über Nacht stehen gelassen und dann unter Rückflusskühlung auf dem Wasserbad für 1 Stunde extrahiert. Nach dem Absaugen des noch warmen Extraktes über eine Nutsche wird der Rückstand erneut mit 100 ml Ethanol für 1 Stunde ausgekocht, abgesaugt, und der Nutschkuchen mit 25 ml Ethanol nachgewaschen. Die vereinigten Extrakte sind hellgelb gefärbt und leicht trüb. Man lässt mehrere Tage stehen, gießt den klaren Überstand ab und filtriert den trüben Rest über ein Faltenfilter das man noch mit 20 ml Ethanol nachwäscht.
Die nun ganz klare Tinktur (Extrakt) wird auf einem Sandbad in einem 500 ml-Kolben durch Abdestillieren des Ethanols eingeengt, wobei über einen Tropftrichter immer wieder Tinktur zulaufen gelassen wird, bis ein Rest von ca. 20 ml zurückbleibt (Zeitbedarf etwa 1 Stunde). Das Destillat enthielt bei meinem Versuch 94 % Ethanol.

Auskochen mit Ethanol 1.jpg
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Abb. Extraktion mit Ethanol unter Rückflusskühlung

Abdestillieren des Ethanols 1.jpg
Abdestillieren des Ethanols 1.jpg (94.31 KiB) 8085 mal betrachtet
Abb. Abdestillieren des Ethanols

Der trübe, hellbraun gefärbte Rückstand wird noch heiß in einen 100 ml-Erlenmeyerkolben überführt und mit heißem Wasser unter mehrfachem Nachspülen des Kolbens auf ca. 50 ml verdünnt. Dann setzt man unter Umrühren 4 ml basische Bleiacetatlösung zu und erhitzt noch für 15 Minuten im fast siedenden Wasserbad. Der entstehende schlammige, gelbbraune Niederschlag ballt sich dabei immer mehr zu filtrierbaren Flocken zusammen. Die Mischung wird heiß über eine kleine Nutsche abgesaugt und der gelbbraune Nutschkuchen mit 4 x 5 ml heißem Wasser nachgewaschen (siehe Anmerkung 1).
In das hellgelbe und noch leicht trübe Filtrat leitet man nun Schwefelwasserstoff ein (ich habe eine kleine Gaswaschflasche ohne Fritte verwendet), der in einer kleinen Gasentwicklungsapparatur aus 5 g Eisensulfid durch langsames Zutropfen von 25 ml Schwefelsäure 25 % erzeugt wird. Während dieser Operation wird die Flüssigkeit in einem heißen, aber nicht siedenden Wasserbad erwärmt. Nachdem die Gasentwicklung nach etwa 15 Minuten beendet ist, wird das Einleitungsrohr entfernt und die jetzt pechschwarze Mischung noch weitere 1½ Stunden unter Rühren offen im heißen Wasserbad stehen gelassen. Nach dieser Zeit saugt man - abermals über eine kleine Nutsche - heiß ab und wäscht den schwarzen Rückstand (Bleisulfid) mit 3 x 5 ml heißem Wasser nach.

Fällen mit Bleiessig.jpg
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Absaugen Bleiessigfällung.jpg
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Abb. Fällen mit basischem Bleiacetat

Einleiten von Schwefelwasserstoff.jpg
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Abb. Einleiten von Schwefelwasserstoff

Das jetzt erhaltene Filtrat ist wasserklar und nur noch blassgelb gefärbt. Es wird in einer Porzellanschale auf einem siedenden Wasserbad eingeengt, wobei ich zur Beschleunigung des Eindampfens mittels eines Ventilators ein Luftstrom über die Flüssigkeitsoberfläche geleitet habe. Nachdem das Volumen auf ca. 5 ml zurückgegangen ist, wird in eine kleine Kristallisierschale aus Glas überführt, die Porzellanschale mit 1 ml heißem Wasser nachgespült und weiter eingedampft, bis sich auf der klaren Flüssigkeitsoberfläche kleine Kristalle zu bilden begannen. Dann wird zum Abkühlen beiseite gestellt. Da bei meinem Versuch nach mehreren Stunden noch keine Kristallabscheidung eingetreten war, habe ich ein paar Impfkristalle Ouabain (Referenzsubstanz) zugegeben, worauf sofort eine Kristallisation einsetzte (man könnte sicher auch ein Tröpfchen ganz eindunsten lassen und den Rückstand zur Beimpfung verwenden).

Nach Stehenlassen über Nacht im Kühlschrank haben sich reichlich weiße Kristalle unter einer braungelben Mutterlauge abgeschieden, die vorsichtig abgegossen wird. Die Kristallkruste wird mit 1 ml eiskaltem Wasser verrieben und auf ein kleines Filter gebracht. Dort wird solange mit Portionen zu je 1 ml kaltem Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat ungefärbt abläuft, der Filterrückstand abgepresst und an der Luft getrocknet. Die vereinigten Mutterlaugen und Waschwässer werden auf der Heizung bis auf ca. 1 ml eindunsten gelassen und dann in den Kühlschrank gestellt. So wird eine zweite Fraktion erhalten, die abermals im Filter ausgewaschen wird.

Absaugen von PbS.jpg
Absaugen von PbS.jpg (63.92 KiB) 8085 mal betrachtet
Abb. Eindampfen auf dem Wasserbad

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Abb. Kristallisation von Ouabain

Ausbeute: erste Fraktion: 874 mg rein weißes Kristallpulver; zweite Fraktion 60 mg ganz leicht cremefarbenes Kristallpulver. Laut Literatur kann das Ausgangsmaterial 4-8% Ouabain enthalten. Geht man von einem mittleren Wert (6%) aus, so beträgt die Gesamtausbeute 52 %.


2.2 k-Strophanthosid und Cymarin aus Strophantus kombé

Die gemahlenen, entfetteten Samen von Strophantus kombé (29,3 g, entsprechend 45 g Samen) werden genau wie bei der Isolierung des Ouabains erst mit 200 ml Ethanol 90 % mazeriert und ausgekocht, dann mit weiteren 150 ml Ethanol ausgekocht und der Rückstand auf der Nutsche mit 50 ml Ethanol nachgewaschen. Die trübe, grünbraune Flüssigkeit bleibt einige Tage stehen, wird durch ein Faltenfilter filtriert und das Filter mit 25 ml Ethanol nachgewaschen. Der ethanolische Auszug wird dann in einen 1000 ml-Rundkolben überführt und darin unter vermindertem Druck eingeengt. Unter Wasserstrahlpumpenvakuum kommt der Extrakt bei einer Wasserbadtemperatur von 40 °C und gutem Rühren zum grobblasigen Sieden. Nach 75 Minuten ist die Flüssigkeit auf einen Rest von 20 ml reduziert und das Einengen wird abgebrochen. Trotz nachgeschaltetem Kühler ging bei meinem Versuch das Ethanol geht fast vollständig verloren, indem der Dampf mit abgesaugt wurde – ich habe lediglich 43 ml Kondensat mit einem Gehalt von 68 % erhalten.

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Abb. Einengen des ethanolischen Auszugs unter vermindertem Druck

Der trüb-braungrüne Rückstand wird in einen 100 ml-Erlenmeyerkolben umgegossen und der Rundkolben dreimal mit 10 ml warmem Wasser nachgespült. Die wässrige Lösung (50 ml) stellt man in ein lauwarmes Wasserbad (40 °C) und gibt unter Rühren 4 ml basische Bleiacetatlösung zu. Es entsteht ein voluminöser, olivgrüner Niederschlag. Nach 10 Minuten rührt man 2 g Kieselgur in die Flüssigkeit, saugt über eine Filternutsche ab und wäscht den Rückstand mit 20 ml warmem Wasser in Portionen nach (Anmerkung 1).
In das erhaltene, gelblich gefärbte und leicht trübe Filtrat wird dann wie oben beschrieben Schwefelwasserstoff eingeleitet, jedoch nur bei einer Temperatur von 40 °C und die Flüssigkeit bleibt hernach nur 15 Minuten im warmen Wasserbad stehen (Anmerkung 2). Nach dem Absaugen des Bleisulfids und Nachwaschen mit 10 ml warmem Wasser wird das noch immer nach Schwefelwasserstoff riechende, klare Filtrat (80 ml) in zwei Portionen in einem 250 ml-Rundkolben unter Wasserstrahlpumpenvakuum bei 40 °C eingeengt. Auch hier muss gut gerührt werden. Dennoch schäumt die Flüssigkeit vor allem zu Anfang stark (ich musste einmal einen Teil der Lösung aus der Vorlage zurück in den Kolben geben), wobei der Unterdruck bedarfsweise durch Lüften des PTFE-Stopfens an der Apparatur kurzzeitig aufgehoben werden muss. Nach 90 Minuten ist das Volumen der Lösung auf 15 ml zurückgegangen.
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Abb: Einengen der wässrigen Lösung unter vermindertem Druck

Nach dem Abkühlen wird die Lösung in einen kleinen Scheidetrichter überführt und der Kolben dreimal mit 1 ml Wasser nachgewaschen. Dann schüttelt man dreimal für je eine Minute mit 8-10 ml Chloroform aus. Die Phasentrennung geschieht glatt, binnen weniger Minuten. Die vereinigten Chloroformauszüge werden in einem Schliffstopfenglas über 3-4 g wasserfreiem Natriumsulfat stehen gelassen und später auf Cymarin verarbeitet.

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Abb. Ausschütteln mit Chloroform
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Abb. gereinigte, konzentrierte wässrige Lösung


Abscheidung von k-Strophantosid: Der wässrige Rückstand der Chloroformausschüttelung wird auf 35-40 ml verdünnt und in einem Becherglas auf den Magnetrührer gestellt. Nun werden portionsweise mit einem Spatel 18-20 g gepulvertes, festes Ammoniumsulfat eingetragen, wobei man die nächste Portion erst zusetzt, wenn sich die vorige gelöst hat. Man beobachtet bei jeder Zugabe des Salzes eine grobflockige Fällung, die sich zunächst wieder auflöst. Wenn 13-14 g zugegeben sind, wird die Fällung bleibend und bei weiterer Zugabe ballt sie sich zu einem gelblichen, plastischen Klumpen zusammen, während die restliche Flüssigkeit nur noch opaleszierend getrübt ist. Man löst den Klumpen vom Rührfisch, nimmt ihn aus der Flüssigkeit und presst zwischen Filterpapier etwas ab. Danach streicht man die plastische, aber kaum klebrige Masse möglichst flach auf ein Uhrglas und stellt dieses in einen Exsikkator, der evakuiert wird. Am nächsten Tag ist die Masse zu einem trockenen, weißen Schaum erstarrt, den man vom Uhrglas kratzt und in einer Reibschale pulverisiert. Von diesem blass cremefarbenen Rohprodukt habe ich 3,7 g erhalten.

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Abb. Fällung der wässrigen Glykosidlösung mit Ammoniumsulfat – auf das Uhrglas gestrichene pastöse Fällung – getrocknetes und gepulvertes Rohprodukt

Das Rohprodukt verrührt man für ca. 5 Minuten mit 30 ml absolutem Ethanol, wobei eine hellgelbe Lösung entsteht und ein weißer Bodensatz zurückbleibt. Man saugt über einen feinporigen Glasfiltertiegel (G4) ab, verrührt den Rückstand erneut mit 20 ml Ethanol und saugt erneut ab. Zuletzt werden Becherglas und Tiegel mit 10 ml abs. Ethanol nachgewaschen. Der weiße Rückstand (Ammoniumsulfat) wird verworfen. Die vereinigten Filtrate (60 ml) werden aus einem 250 ml-Kolben im Wasserstrahlpumpenvakuum bei 40 °C Badtemperatur unter gutem Rühren auf etwa 10 ml eingeengt was ca. 20 Minuten in Anspruch nimmt (das Ethanol geht dabei verloren, s. Anmerkung 3). Danach wird in ein kleines Becherglas abgegossen und der Kolben in drei Portionen mit insgesamt 10 ml abs. Ethanol nachgespült. Zu der ethanolischen Lösung (20 ml) lässt man langsam und unter gutem Rühren (s. Anmerkung 4) insgesamt 40 ml Ether zutropfen. Nach Zugabe weniger Milliliter tritt eine Trübung auf, die sich bald zu Flocken verdichtet, welche teilweise an der Wand des Becherglases hängen bleiben. Man rührt noch einige Minuten, kratzt dann den Niederschlag sorgfältig von den Glaswänden, saugt über eine Filterpapiernutsche ab und wäscht mit ca. 10 ml Ether nach. Man trocknet kurz bei leicht erhöhter Temperatur (40 °C) und lässt dann über Nacht im Exsikkator stehen. Erhalten habe ich 1,7 g eines weißen feinen Pulvers.

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Abb: Fällen von k-Strophanthosid durch Zutropfen von Ether

Das Produkt wird erneut mit 20 ml absolutem Ethanol verrührt, worin es sich völlig auflöst. Die Lösung wird dann auf zwei Zentrifugengläser verteilt und einige Stunden in den Kühlschrank gestellt. Es soll ein geringer flockiger Niederschlag ausfallen. Wenn sich zu viel Niederschlag abscheidet (bei mir beim ersten Mal die gesamte Reagenzglaskuppe voll), lässt man auf Zimmertemperatur erwärmen bis sich alles wieder löst, verdünnt mit 1 ml Ethanol und stellt erneut kalt. Dann wird für 5 Minuten scharf zentrifugiert und der klare Überstand von dem geringen Bodensatz in ein Becherglas abgegossen. Aus der Lösung wird das Produkt erneut durch langsames Zutropfen von 40 ml Ether gefällt, abgesaugt und getrocknet. Das Pulverisieren hat vorsichtig zu geschehen, da sich das Präparat sehr leicht elektrostatisch auflädt.

Ausbeute: 1,15 g rein weißes, feines, amorphes Pulver. Der Gehalt an k-Strophanthosid in den Samen von Strophanthus kombé wird mit 4-6 % angegeben. Geht man auch hier von einem Mittelwert aus (5%), so beträgt die Ausbeute 51 %.

Das Präparat ist in der Lassaigne-Probe frei von Stickstoff. Die sehr empfindliche Prüfung auf Ammonium mit Magnesiumoxid und pH-Papier ist aber immer noch positiv. Da die Substanz sich in Ethanol rückstandsfrei löst, habe ich auf ein erneutes Umfällen verzichtet.

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Abb. Lassaigne-Probe auf Stickstoff und Ammoniaknachweis im Präparat k-Strophanthosid


Cymarin: Die über Natriumsulfat getrockneten Chloroformauszüge werden in einen 100 ml-Rundkolben abgegossen und das Trockenmittel zweimal mit 5-6 ml Chloroform nachgewaschen. Dann wird das Lösungsmittel aus dem Wasserbad bei Normaldruck weitestgehend abdestilliert (und dabei wiedergewonnen), bis ein Rest von ca. 1 ml verblieben ist. Nach dem Abkühlen pipettiert man diesen aus dem Kolben in ein kleines Becherglas und spült den Kolben zweimal mit 1 ml Chloroform nach. Dann werden langsam unter Rühren 25 ml Petrolether zugetropft. Nach Zugabe von ca. 10 ml beginnt das Produkt auszufallen.

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Abb: Abdestillieren des Chloroforms

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Abb: Fällung von Cymarin nach Zutropfen von Petrolether

Man saugt über eine kleine Filterfritte G3 ab, wäscht mit wenig Petrolether nach und lässt die Fritte mitsamt dem etwas klebrig abgeschiedenen Produkt nach kurzen Trocknen bei 50 °C über Nacht im Exsikkator stehen. Am nächsten Tag wird das Präparat aus der Fritte gekratzt und gepulvert.

Ausbeute: 107 mg diskret cremeweißes, amorphes Pulver.

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Abb. Die isolierten Glykoside: 1150 mg k-Strophanthosid, 107 mg Cymarin und 874 mg Ouabain


Anmerkungen zu den Versuchen :

1. Die Fällung der Begleitstoffe (Phenole, Farbstoffe, Aminosäuren, etc.) mit Bleiacetat führt zu einem voluminösen, schlammigen, schlecht abzutrennenden Niederschlag. Um das Absaugen zu erleichtern muss entweder längere Zeit erwärmt werden, wobei sich der Niederschlag zusammenballt, oder man rührt in die Flüssigkeit Kieselgur ein (längeres Erwärmen der kombé-Glykoside in wässriger Lösung ist wegen Hydrolysegefahr zu vermeiden), die den Niederschlag in ihren Hohlräumen einlagert und dadurch filtrierbar macht.

2. Die Fällung des überschüssigen Bleis könnte man hier auch durch vorsichtigen Zusatz (etwa 1 g) Ammoniumsulfat vornehmen, da später sowieso Ammoniumsulfat zur Abscheidung der Glykoside verwendet wird. Allerdings verbleibt dann Ammoniumacetat in der Lösung, das in Ethanol leichter löslich und schwerer abzutrennen ist, als das Sulfat.

3. Es erscheint mir fragwürdig, ob man die rein ethanolische Lösung unbedingt bei so niedriger Temperatur einengen muss. Wahrscheinlich könnte man das Ethanol auch bei gewöhnlichem Druck abdestillieren und so wiedergewinnen, da eine Hydrolyse nicht zu erwarten ist.

4. Gibt man den Ether zu rasch zu, so fällt der Niederschlag in klebrigen Klumpen aus, die viel Mutterlauge einschließen. Die anfangs etwas klebrige Fällung wird beim weiteren Rühren mit Ether immer trockener, wahrscheinlich, weil ihr Reste des Ethanols und Spuren von Wasser entzogen werden. Klumpig ausfallendes Produkt lässt sich retten, indem man es eine Weile mit reinem Ether verrührt - auch hierbei zerfällt es zu einem weißen Pulver.


3. Analyse der Präparate

3.1 Dünnschichtchromatographie

Eingesetzt werden Lösungen von 2 mg/ml von denen 2 µl auf DC-Folien (10 x 5 cm) aufgetragen werden. Zur Anwendung kommen zwei Laufmittel und Sprühreagenzien:

Methode A:17 Als Laufmittel dient eine Mischung aus 8,1 ml Ethylacetat, 1,1 ml Methanol und 0,8 ml Wasser. Die Entwicklungszeit beträgt etwa 20 Minuten. Zur Detektion wird das Kedde-Reagenz verwendet. Die gut getrockneten Folien werden mehrfach hintereinander dünn und gleichmäßig besprüht. Die Glykoside färben sich violettblau an. Die Färbung verstärkt sich bei erneutem Besprühen (man darf aber nicht zu viel auf einmal aufsprühen, weil sonst die Sorbensschicht transparent wird, was die Erkennung der Flecke erschwert) und verblasst schon nach wenigen Minuten wieder, so dass die Dokumentation schnell durchgeführt werden muss.
Kedde-Reagenz: Man löst 300 mg 3,5-Dinitrobenzoesäure in 10,0 ml Ethanol 96%. Kurz vor Verwendung werden gleiche Volumina dieser Lösung und 2 N Natronlauge gemischt.

Methode B:14, 18 In einem kleinen Scheidetrichter werden 8 ml 1-Butanol, 2 ml Essigsäure und 10 ml Wasser gut verschüttelt, nach kurzem Stehenlassen die untere (wässrige) Phase abgelassen und die obere (organische) Phase als Laufmittel verwendet. Die Entwicklung der Folien benötigt ca. 100 Minuten! Zur Detektion nach gründlichem Abdunsten des Laufmittels wird die Folie mit reichlich Anisaldehyd-Reagenz besprüht und im Trockenschrank für 5 Minuten auf 100-105 °C erhitzt. Die k-Stophanthusglykoside färben sich graublau, Ouabain reagiert mit Grünfärbung und evtl. vorhandene Kohlenhydrate (im unteren Teil des Chromatogramms) färben sich graugrün an.

Hier zunächst die ursprünglichen ethanolischen Drogenauszüge sowie zwei Referenzsubstanzen:

DC Ausgansstoffe A - 1.jpg
DC kombé Legende -2.jpg
Abb. DC nach Methode A (v.l.n.r. Ouabain Referenz - S. gratus-Auszug - S. kombé-Auszug - k-Strophanthosid Referenz), daneben Legende zu den Glykosiden aus S. kombé.

Man erkennt im Auszug von Strophanthus gratus drei Glykoside. Die unterste Zone entspricht dem Ouabain, bei der obersten dürfte es sich um einen Vertreter der Sarmentoside (einer Glykosidgruppe, die in Strophanthus sarmentosus vorherrschend ist) handeln. Der knapp über dem Ouabain laufende Spot ist unklar.
Der Auszug von Strophanthus kombé zeigt eine ganze Reihe von Glykosiden. Zuunterst liegt das Hauptglykosid k-Strophantosid, darüber findet sich eine charakteristische Doppelzone, die aus Erysimosid und k-Strophanthin-ß besteht. Der oberste Spot ist das Cymarin, darunter läuft schwach sichtbar das Helveticosid. Weitere geringe Mengen von Begleitglykosiden (Sarmentoside) finden sich im mittleren Bereich des Chromatogramms.17, 21 (Das beschriftete Beispiel neben der Originalfolie wurde zu bessern Sichtbarmachung aus den Spuren 1 und 2 des weiter unten gezeigten Chromatogramms zusammengestellt).

Werden dieselben Lösungen mit der Methode B untersucht, so erhält man folgendes Resultat

DC Ausgansstoffe A - 2.jpg
Abb. DC nach Methode B (v.l.n.r. Ouabain Referenz - S. gratus-Auszug - S. kombé-Auszug - k-Strophanthosid Referenz).

Ouabain ist hellgrün, die kombé-Glykoside dagegen sind graublau angefärbt. In diesem Chromatogramm erkennt man die unterhalb der Glykoside laufenden, sich graugrün anfärbenden, unscharfen Spots der in den Drogenauszügen vorhandenen Kohlenhydrate.

Die folgenden beiden Folien zeigen die Reinheit des erhaltenen Ouabain-Präparates:

DC gratus-Glykoside B - 1.jpg
DC gratus-Glykoside B - 2.jpg
Abb. DC nach Methode A (links) bzw B (rechts)
Aufgetragen sind v.l.n.r.: S. gratus-Auszug – Ouabain Präparat - Ouabain Referenz

Das gewonnene Ouabain ist dünnschichtchromatographisch rein. Es enthält weder Belgleitglykoside noch Kohlenhydrate.

Und hier die Analyse der gewonnenen kombé-Glykoside:
DC kombé-Glykoside C - 1.jpg
DC kombé-Glykoside C - 2.jpg
Abb. DC nach Methode A (links) bzw B (rechts)
Aufgetragen sind v.l.n.r.: S. kombé-Auszug – Cymarin Präparat – k-Strophanthosid Präparat – k-Strophanthosid Referenz

Das Cymarinpräparat enthält noch Helveticosid. Das erhaltene k-Strophanthosid enthält fast keine Begleitglykoside mehr (die Doppelzone über dem Hauptspot ist nur noch mit Mühe zu erkennen, sie war im Produkt der ersten Etherfällung noch viel deutlicher). Jedenfalls braucht es den Vergleich mit der Referenz (von Merck!) nicht zu scheuen. Auch hier sind die Kohlenhydrate des Rohauszugs in den Präparaten nicht mehr nachzuweisen.


3.2 Farbreaktionen

Als Identitätsreaktionen der Strophanthusglykoside führten die Arzneibücher drei Reaktionen an: die Färbung bei Eintragen in konzentrierte Schwefelsäure, die sogenannte Keller-Kiliani-Reaktion und die Reaktion mit Gerbsäure19, 20.

Schwefelsäure: auf der Tüpfelplatte wird eine kleine Spatelspitze der Substanz (ca 0,5 mg) mit einem Glasstab in 0,5 ml konz. Schwefelsäure verrieben. Die entstehende Lösung wird bei Tageslicht und im langwelligen UV (365 nm) betrachtet.

Ouabain: zunächst orangerote, mit Verzögerung dunkelrote Färbung, im UV kräftige gelbgrüne Fluoreszenz
k-Strophantosid: rasch tiefgrüne Färbung, die ziemlich schnell in braungrün übergeht, Fluoreszenz im UV blaugrün
Cymarin: sofort grünbraune Färbung, Fluoreszenz im UV schwächer, blaugrün

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Abb. Reaktion von Ouabain mit Schwefelsäure

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Abb. Reaktion von k-Strophanthosid mit Schwefelsäure

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Abb. Reaktion von Cymarin mit Schwefelsäure


Keller-Kiliani-Reaktion: man löst eine Spatelspitze der Substanzen unter leichtem Erwärmen in 1 ml Eisessig, setzt nach dem Erkalten 50 µl Eisen(III)-chloridlösung (10%ig) zu und unterschichtet mit 1 ml konz. Schwefelsäure.

Ouabain: allmählich sich ausbildender, violettbrauner Ring, die obere Phase bleibt gelb
k-Strophantosid: allmählich sich ausbildender roter Ring, die obere Phase bleibt gelb
Cymarin: rasch sich ausbildender, dunkel violettbrauner Ring, die obere Phase färbt sich allmählich grün, später dunkel.

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Abb. Keller-Kiliani-Reaktion oben nach kurzem Stehen, unten nach einigen Minuten (v.l.n.r. Ouabain – k-Strophanthosid – Cymarin)

Reaktion mit Gerbsäure: zu je 10 mg Ouabain und k-Strophantosid, die in 1 ml Wasser gelöst sind setzt man 0,1 ml einer 10%igen Gerbsäurelösung. Mit k-Strophanthosid bildet sich eine feinflockige Trübung aus (die sich in einem Überschuss von Gerbsäure wieder auflöst). Die Ouabainlösung bleibt wasserklar.



Abb. Reaktion von Ouabain (links) und k-Strophanthosid (rechts) mit Gerbsäurelösung


Entsorgung:

Die verwendeten Lösungsmittel werden recycelt. Die Fett-Petroletherlösung kann auch den halogenfreien Lösungsmittelabfällen zugeführt, Ethanol in starker Verdünnung ins Abwasser gegeben werden. Die Chloroform-Petrolether-Mischung der Cymarinfällung kommt zu den halogenhaltigen Lösungsmitteln. Die bleihaltigen Filterrückstände kommen zum Schwermetallabfall. Die Präparate werden ggf. verascht oder den organischen Abfällen zugeführt.


Erklärungen:

Die Strophanthussamen enthalten stets ein Gemisch verschiedener Glykoside, wobei eines mehr oder weniger dominiert. Im Falle von Stophanthus gratus ist dies mit über 90 % das Ouabain. In den Samen von Stophanthus kombé herrscht das k-Strophanthosid vor, das ca. 80% des Gesamtglykosidgehaltes ausmacht21, 22, während in Stophanthus hispidus mit ca. 50 % das Cymarin überwiegt.22 Die Glykoside leiten sich von Aglykonen - sogenannten Cardenoliden - ab, bei denen es sich um C23-Steroide handelt, die einen ungesättigten y-Lactonring am C-17 besitzen. Die Aglykone unterscheiden sich in ihren Substituenten am Cardenolidgerüst:

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Die von k-Strophanthidin sich ableitenden Herzglykoside sind in der Natur auffallend weit verbreitet. Sie kommen beispielsweise auch im Maiglöckchen Convallaria majalis (Convallatoxin und Convallosid) und im Adonisröschen Adonis vernalis (Cymarin - neben Adonitoxin, das ein anderes Aglykon enthält) vor. Dagegen ist das Ouabain der einzige bekannte Vertreter der sich von g-Strophanthidin ableitenden Glykoside, das deswegen auch Ouabagenin genannt wird. Es ist bisher ausschließlich in Stophanthus gratus und den Acokanthera-Sträuchern Westafrikas gefunden worden (beide Gattungen gehören zur gleichen Familie, den Hundsgiftgewächsen [Apocynaceae]). Ouabain ist unter den Herzglykosiden dasjenige mit der höchsten Zahl von Hydroxylgruppen im Molekül. Als Rhamnosid ist es ziemlich hydrolysestabil. Erst bei längerem Erhitzen mit verdünnten Mineralsäuren wird es gespalten, wobei das Aglykon ein Mol Wasser abspaltet und Anhydroouabagenin erhalten wird.22 Bei Desoxyzuckern enthaltenden Glykosiden, wie dem Cymarin tritt die Hydrolyse schon unter milden Bedingungen (0,1 N Salzsäure bei 70°C) rasch und vollständig ein, was zusammen mit der Aldehydgruppe an C10, die leicht zur (unwirksamen) Carbonsäure oxidiert wird, dessen chemische Instabilität bedingt.

Die Isolierung der Glykoside aus dem Pflanzenmaterial verläuft in folgenden Schritten:

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Flussdiagramm 2.jpg
Flussdiagramm 3.jpg
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Ouabain (g-Strophanthin) bildet ein bei Raumtemperatur stabiles Hydrat mit 8 Mol Kristallwasser (C29H44O12 + 8 H2O). Es löst sich in heißem Wasser (5 Teile) bedeutend leichter als in kaltem (100 Teile) und kann daher leicht aus Wasser umkristallisiert werden. Weiter löst es sich in 30 Teilen absolutem Ethanol, schwer löslich ist es in Ether, Ethylacetat und Chloroform. Es sind noch ein di-, tri- und deka-Hydrat bekannt, die sich an der Luft bei Raumtemperatur rasch in das Octahydrat umwandeln. Die ganz wasserfreie Substanz ist schwer darzustellen, sie schmilzt bei 240 – 245 °C. Die Hydrate erweichen wesentlich früher und zeigen unscharfe Schmelzpunkte.7, 24

Cymarin (C30H44O9) ist gut löslich in Chloroform. Es schmilzt bei 135-146 °C.25

k-Strophanthosid (C42H64O19) löst sich bei Raumtemperatur (nach eigenen Beobachtungen) in ca. 12 Teilen absolutem Ethanol und leicht in Wasser. In Ether und Chloroform ist es schwer löslich. Der Schmelzpunkt wird mit 200 °C angegeben.

Analytisch ist bei den Cardenolidglykosiden die Eigenschaft des ungesättigten Lactonringes von Bedeutung, mit Polynitro-Aromaten gefärbte Verbindungen zu ergeben, die einem Meisenheimer-Salz entsprechen (zum genauen Mechanismus siehe hier: Zimmermann und Janowski-Reaktion).
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Diese Reaktionen werden nach Ihren Entdeckern Kedde-Reaktion (mit 2,4-Dinitrobenzoesäure wie bei den oben gezeigten DCs), Baljet-Reaktion (mit Pikrinsäure) und Raymond-Reaktion (mit 1,3-Dinitrobenzol) genannt. Insbesondere die Baljet-Reaktion ist auch zu einer quantitativen photometrischen Bestimmungsmethode ausgearbeitet worden26, und war zuletzt in der Ph.Eur. 8.0 für die Gehaltsbestimmung des Ouabains vorgeschrieben.

Die Keller-Kiliani-Reaktion weist sowohl das Aglykon als auch evtl. vorhandene Desoxyzucker nach. An der Grenzfläche der essigsauren Lösung mit der Schwefelsäure bildet sich je nach dem vorhandenen Aglykon eine rote, blauviolette oder braune Zone aus. Enthält des Glykosid einen endständigen Desoxyzucker - wie bei den oben untersuchten Proben das Cymarin – so färbt sich die Essigsäureschicht allmählich blau, was mit dem überschüssigen Eisen(III)-chlorid eine grüne Färbung ergibt.19 Der Chemismus dieser Reaktion ist mir – ebenso wie derjenige der Farbreaktion mit Schwefelsäure – nicht bekannt.


Nachwort:

Nach dem zweiten Weltkrieg begann der Stern des Strophanthins zu sinken. Neue Medikamente - die Diuretika - erlaubten eine rasche Behandlung der dekompensierten Herzinsuffizienz, die wesentlich gefahrloser war als Strophanthininjektionen, und die positiv inotrope Wirkung konnte durch orale Gabe von reinen Digitalisglykosiden genauso gut erreicht werden. Das Problem, das der breiten Anwendung der Strophanthine in der ärztlichen Praxis entgegenstand, war genau diejenige Eigenschaft, die sie als Pfeilgifte für die Menschen Afrikas so geeignet gemacht hatten: sie werden bei oraler Einnahme sehr schlecht resorbiert. Das erlaubte es den Jägern Afrikas, die mit Pfeilgift erlegten Tiere zu verspeisen - und machte den Ärzten die orale Strophanthintherapie zu einer schwer kalkulierbaren Angelegenheit. Natürlich ist die Resorption nicht Null. Fraser hatte mit Strophanthustinktur belegte therapeutische Erfolge erzielt und Schedel hatte über die Behandlung von Herzkranken mit g-Strophanthin-Tropfen berichtet, die dreimal täglich oral gegeben wurden. Allerdings waren dabei vergleichsweise große Dosen gegeben worden. Fraser3 hatte mit seiner Tinktur pro Tag geschätzt 10-12 mg k-Strophanthin, vielleicht auch 3-4 mg Cymarin (falls er doch S. hispidus verwendet hatte), das viel besser resorbiert wird, verabreicht. Schedels8 Patienten hatten bis zu 22,5 mg Ouabain täglich erhalten! Zum Vergleich: die von Fraenkel i.v. applizierte Dosis betrug im Durchschnitt 0,5 mg täglich! Zu Beginn der 50er Jahre fand die orale Behandlung mit g-Strophanthin in Berthold Kern (1911-1995), einem niedergelassenen Internisten aus Stuttgart (das Strophanthin scheint nicht nur eine besondere Affinität zu den Herzmuskelzellen zu besitzen, sondern auch zum deutschen Südwesten :wink: ) einen sehr überzeugten und rührigen Vertreter29. Mehrere Firmen brachten Ouabain-Tabletten auf den Markt und versuchten, Nischenindikationen für die orale Strophanthintherapie zu etablieren - sogar gegen Angina pectoris und zur Herzinfarktprophylaxe wurden sie propagiert. Aber es gelang nicht, überzeugende Beweise für eine qualitative Andersartigkeit des Ouabains gegenüber den Digitalisglykosiden zu erbringen. Von wissenschaftlicher Seite wurden die dem oralen Ouabain zugeschriebenen Therapieerfolge, die im Rahmen von Fallbeobachtungen, nicht aber in kontrollierten klinischen Studien erhoben worden waren, nicht akzeptiert. Zudem zeigten genaue Resorptionsstudien, dass das Ouabain oral gegeben nur zu 0,6-2,5 %, das k-Strophantosid zu 16 % und das Cymarin zu immerhin 47 % resorbiert wird30,31. In der Folge wurden in den 80er Jahren fast alle oralen Ouabainpräparate vom Markt genommen. Lediglich dem StrodivalR blieb eine kleine Gemeinde von Anhängern, bis es im Zuge der Umsetzung des 1976 novellierten Arzneimittelgesetzes seine Zulassung - nach mehreren Verlängerungen! - im Jahre 2011 endgültig verlor. Seit 2012 ist weltweit kein Strophanthinpräparat mehr als Fertigarzneimittel zu erhalten. Und schließlich ist das Ouabain mit dem Erscheinen der 9. Ausgabe der Pharmacopoea Europea auch aus dem letzten Arzneibuch verschwunden.

Das Interesse an Ouabain flammte erneut auf, als eine amerikanische Arbeitsgruppe 1991 angab, eine endogene Substanz im menschlichen Blutplasma nachgewiesen zu haben, die sich in chromatographischen und immunlogischen Tests identisch verhielt wie Ouabain32. Als Produktionsort machten die Autoren die Nebenniere aus. Die in der Folge bald als "endogenous ouabain" (EO) titulierte Substanz löste eine Fülle von Forschungsaktivitäten aus, die jedoch enttäuschend verliefen. Ihre Konstitution konnte nie gesichert werden, die zu ihrer quantitativen Bestimmung angewandten Immunoassays erwiesen sich als äußerst ungenau - bei manchen Patienten wurden Blutspiegel gefunden, die eigentlich hätten letal sein müssen - und ein eigens entwickelter Ouabain-Rezeptorantagonist zeigte in Tierversuchen keine Wirkungen. Schließlich berichtete eine deutsche Arbeitsgruppe 2014, dass sie trotz hochsensibler analytischer Technik (angewandt wurde ein massenspektrometrisches Verfahren) in zahlreichen Blutproben gesunder und kranker Probanden kein Ouabain nachweisen konnte33. Damit war klargestellt, dass Ouabain kein endogenes Hormon ist34. Ob ein "endogenous cardiotonic steroid" (ECS) als Regulator des Zielmoleküls der Herzglykoside - der Na/K-ATPase - tatsächlich existiert, ist zum derzeitigen Stand des Wissens zwar nicht ganz unwahrscheinlich - immerhin sind auch endogene Opioid- und Cannabinoid-Rezeptorliganden bekannt - jedoch auch nicht bewiesen35. Nichtsdestotrotz wird Ouabain im Internet manchmal noch als "Hormon" bezeichnet und Strophanthus gratus-Samen auf mehr oder weniger dubiosen "natur"heilkundlichen Seiten zur Selbsttherapie empfohlen - was angesichts der hohen Toxizität absolut abzulehnen ist.

Vor rund 150 Jahren betrat das Strophanthin die Bühne der Geschichte. Es hat zahlreichen Kranken Linderung verschafft, manchen zusätzliche Lebenszeit geschenkt und einigen einen vorzeitigen Tod gebracht. Seine Anwendung hat nicht unerheblich dazu beigetragen, die intravenöse Injektion von Medikamenten als Therapiemethode zu etablieren. Heute verfügen wir für die gleichen Indikationen über besser wirksame und sicherere Arzneimittel. Ouabain wird heute nur noch experimentell in der physiologischen Forschung zur Hemmung der Na/K-ATPase verwendet. Die große Zeit des Strophanthins am Krankenbett gehört, allem Anschein nach, der Vergangenheit an.


Literatur:

1. Livingstone, David and Charles: Narrative of an expedition to the Zambesi and its tributaries and of the discovery of the lakes Shirva and Nyassa 1858-1864; London, John Murray, Albermarle Strest 1865: 465-467
2. Fraser, Thomas R: On the kombé arrow-poison (Strophanthus hispidus D.C.) of africa; Journal of physiology and anatomy VII (1873): 139-155
3. Fraser, Thomas R: The action and uses of digitalis and its substitutes with special reference to strophanthus (hispidus?); British Medical Journal, 14. Nov. 1885: 904-910
4. Fraser, Thomas R: Note on the chemistry of strophanthin; British Medical Journal, 23 July 1887: 171-172
5. Fraenkel, Albert und Schwartz G: Abhandlungen zur Digitalistherapie I - Über intravenöse Strophanthininjektionen bei Herzkranken; Naunyn-Schmiedbergs Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie27 (1907): 80-122
6. Fraenkel Albert: Strophanthin-Therapie - zugleich ein Beispiel quantitativer Digitalisanwendung nach pharmakologischen Grundsätzen; Verlag von Julius Springer, Berlin 1933
7. Gilg, Ernst: Die Strophanthus-Frage vom chemischen Standpunkt; Berichte der deutschen pharmaceutischen Gesellschaft 14 (1904): 90-104
8. Schedel H: Die Strophanthus-Frage vom klinischen Standpunkt; Berichte der deutschen pharmaceutischen Gesellschaft 14 (1904): 120-132
9. Thoms, Hermann: Die Strophanthus-Frage vom chemischen Standpunkt; Berichte der deutschen pharmaceutischen Gesellschaft 14 (1904): 104-120
10. Arnaud: Sur la matière cristallisée active des flèches empoisonnées des Comalis, extraite du bois d’Ouabaio; Comptes rendues de la académie des sciences 106 (1888): 1011-1014
11. Thoms, Hermann (Hrsg.): Handbuch der praktischen und wissenschaftlichen Pharmazie Band V, zweite Hälfte; Urban & Schwarzenberg Berlin Wien 1931: 1475
12. Jacobs, Walter A und Hoffmann, Alexander: Strophanthin IX. On crystalline kombé-strophanthin: Journal of biological chemistry 67 (1926): 609-620
13. Jacobs, Walter A und Hoffmann, Alexander: Strophanthin IX. On k-strophanthin-ß and other kombé-strophanthins: Journal of biological chemistry 69 (1926): 153-163
14. Stahl, Egon und Schild, Werner: Pharmazeutische Biologie 4 - Drogenanalyse und Inhaltsstoffe; Gustav Fischer-Verlag Stuttgart New York 1981; ISBN 3-437-20209-X: 403-405
15. Braun DH und Clossen OE: On crystalline kombé-strophanthin; The Journal of the American Pharmaceutical Associacion 2 (1913): 604-621
16. Deutsches Arzneibuch, 6. Ausgabe 1926: 409 und 714-716
17. Wagner H und Bladt S: Plant Drug Analysis - a thin layer chromatography atlas; 2nd edition 1996 Springer Verlag Heidelberg Berlin New York, ISBN 3-540-58676-8: 116-117
18. Kraus LJ, Koch A, Hoffstetter-Kuhn S: Dünnschichtchromatographie; Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996; ISBN 978-3-642-79774-3: 128-129
19. Kiliani H: Ueber den Nachweis der Digitalis‐Glycoside und ihrer Spaltungsprodukte durch eisenhaltige Schwefelsäure; Archiv der Pharmazie 234 (1896): 273-277
20. Europäisches Arzneibuch 8.0: Artikel “Ouabain“
21. Kertnig Th und Danhofer R: zur Identifizierung und quantitativen Analyse von Strophanthusglykosiden; Journal of Chromatography 52 (1970): 313-320
22. Tamm Ch: Neuere Ergebnisse auf dem Gebiet der glykosidischen Herzgifte; Fortschritte der Chemie organischer Naturstoffe 14 (1957): 71- 140
23. Jacobs, Walter A und Bigelow, Newell M: Ouabain or g-strophanthin: Journal of biological chemistry 96 (1932): 647-658
24. Kofler L und Kofler A: Über die Hydrate des g-Strophanthins; Monatshefte für Chemie 80 (1949) 4: 555-562
25. Golab T et al.: die Glykoside der Rhizome von Apocynum cannabinum L; Helv Chim acta 17 (1959): 2418-2430
26. Brockelt G: Vergleichende Untersuchungen zur Mikrobestimmung von Cardenoliden; Die Pharmazie 18 (1963): 673-677
27. Windaus A, Revery G und Schwieger A: Über Cymarin und Strophanthin; Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 58 (1925): 1509-1514
28. Fürstenwerth, Hauke: Strophanthin - die wahre Geschichte; Books on Demand, Norderstedt; ISBN 978-3-7392-1352-1
29. Kern, Berthold: die orale Strophanthin-Behandlung; Ferdinand Enke-Verlag Stuttgart 1948
30. Erdle HP et al.: Resorption und Ausscheidung von g-Strophanthin nach intravenöser und perlingualer Gabe; Deutsche medizinische Wochenschrift 104 (1979):976-979
31. Strobach H et al.: Absorption, metabolism and elimination of strophanthus glycosides in man; Naunyn-Schmiedbergs Archives of Pharmacology 334 (1986): 496-500
32. Hamly JM et al.: Identification and characterization of a ouabain-like compound from human plasma; Proceedings of the National Academy of Science USA 88 (1991): 6259-6263
33. Baecher S et al.: No endogenous ouabain is detectable in huma plasma by ultra-sensitive UPLC-MS/MS; Clinica Chimica Acta 431 (2014): 87-92
34. Lewis LK et al.: Endogenous Ouabain Is Not Ouabain; Hypertension 64 (2014): 680-683
35. Pavlovic, Davor: Endogenous cardiotonic steroids and cardiovascular disease, where to next?; Cell Calcium 86 (2020): 1-7


Danksagung:

Danke an Cumarinderivat für die Zurverfügungstellung der Referenzpräparate!


Aufruf!

Sollte ein Leser dieses Artikels Zugang zu einem historischen Strophanthin-Arzneimittel haben, wäre ich an einer Mitteilung sehr interessiert!
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mgritsch
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von mgritsch »

Pfuu... bist du auf der Jagd nach dem längsten je hier geschriebenen Artikel? Das reicht ja schon für ein Buchkapitel... :D

Woher bekommt man eigentlich solche Samen? Wohl kaum aus dem Reformhaus?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Da du schon von den Nazis und 1933 schreibst: das Pfeilgift Strophanthin wurde auch in Konzentrationslagern während der NS-Diktatur zur Ermordnung von Häftlingen missbraucht. Quelle

/edit mgritsch: irrelevanter Querverweis entfernt.
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lemmi
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von lemmi »

War auch echt spannend, das alles zu recherchieren und "zusammenzuschreiben". Die Strophanthus Samen gibt's wirklich über das Internet. (Ich habe sogar welche zum Keimen gebracht!)

Ein Bild von der Pflanze muss ich noch einfügen, das kommt noch!
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von BJ68 »

Mal eine Frage zu Pfeilgiften:


Curare wirkt oral nicht....die Strophanthusglykoside und andere Toxine die in Pfeilgiften verwendet wurden jedoch schon....laut der allwissenden Müllhalde (Danke für den Link und die weitere Info, Pok) wurden die Strophanthusglykoside für die Elefantenjagd und laut Dir zur Büffeljagd eingesetzt.

Meine Frage wäre inwiefern besteht da das Risiko, dass das Fleisch beim Verzehr zu Symptomen einer Vergiftung führt? Ist da der Unterschied zwischen LD i.m./i.v. (Pfeilschuss) zu LD i.o. (oral) so groß, dass es nichts ausmacht (inklusive u.U. auch Wirkung auf verschiedene Arten) oder kommt es da auch auf die Größe des Tieres an (Büffel vs. Affe) oder wird es bei der Zubereitung zerstört bzw. wird beim Ausnehmen darauf Rücksicht genommen, indem die Stelle wo der Pfeil getroffen hat wahrscheinlich großräumig ausgeschnitten und das Teil verworfen wird?
Ouabain wird heute nur noch experimentell in der physiologischen Forschung zur Hemmung der Na/K-ATPase verwendet.
Da stehen bei uns im Labor 5 g original verschlossen in der Blechdose von Sigma rum....wahrscheinlich älter als 10 Jahre....was keiner mehr nehmen wird....weil die aktuellen Proben zu wertvoll sind um da was zu verwenden, was nicht zu "100%" funktioniert oder besser wo man sicher sein kann es lag nicht an der verwendeten Chemikalie....

bj68
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von Heliumoxid »

ich glaub' ich krieg's am Herz ! :shock: :mrgreen:
Ein wunderbarer Artikel !

Frage: Wie lange brauchtest Du um alles zu recherchieren und die Isolierung zu erarbeiten ?
Bei Heliumoxid, genauer Helium(II)- oxid, handelt es sich um eine Mischung aus Helium(I)- oxid und Helium(III)- oxid. Richtigerweise heisst es somit Helium(I,III)- oxid.
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mgritsch
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von mgritsch »

wäre eigentlich eine Fällung mit Carrez eine Alternative zum Bleiacetat?
Spart die Entfernung überschüssigen Pb mit H2S... sollten Reste verbleiben kann das maximal bei der Einengung zur Fällung des Ouabain stören.

p.s.: Flussdiagramme sehen besser aus wenn man die Rechtschreibprüfung vor dem Screenshot ausschaltet :) und noch mal einen ticken besser wenn man nur 1 Schriftart benutzt...
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lemmi
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von lemmi »

@BJ68: es ist schon erstaunlich, wie exakt Menschen auf allen Kontinenten genau diejenigen Pflanzen gefunden haben, deren Wirkstoffe sich als Pfeilgifte eignen. Beim Strophanthin habe ich mich dasselbe gefragt, wie du. Aber offenbar funktioniert es ja. Livingstone hat berichtet, dass die Jäger das Fleisch rund um die Einschusstelle des Pfeils wegschneiden. Das hat zum Grund, dass das Gift einfach ein Brei aus zermatschten und mit Wasser (vermutlich auch Bindemitteln) angeriebenen Samen ist, das auf den Pfeil gestrichen wird. Es wird wohl nur ein Bruchteil wirklich resorbiert. Die Letale Dosis beträgt für die meisten Säugetiere beim Ouabain um 0,1 mg/kg - für einen 200 kg schweren Büffel also ca 20 mg (fun fact: Ratten sind ziemlich resistent und diie LD liegt bei ihnen um den Faktor 102 höher!). Ich denke, dass die Menge die sich auf ein kg Fleisch verteilt sehr gering ist, davon nur 1-2 % resorbiert werden und ausserdem geht beim Strophanthin die Ausscheidung ziemlich rasch (ganz anders als beim Digitoxin, wo die Halbwertszeit um die 10 Tage beträgt beim Strophanthin ca 1,5 Tage). In Europa hat es diese Jagdmethode vermutlich deswegen nie gegeben, weil hier die passenden Pflanzen ganz fehlen. Aconitin wurde zwar als Pfeilgift verwendet, aber es wird so gut resorbiert, dass damit erlegtes Wildbret ungenießbar ist. Curare ist ein nahezu ideales Pfeilgift, weil es schnell wirkt (wenige Minuten) und so gut wie gar nicht resorbiert wird. Beim Strophanthus brauchen die Jäger Geduld, denn bis die Wirkung einsetzt dauert es bis über 1 Stunde.

@Heliumoxid: im ganzen hat das ca 4 Monate gedauert. Die Isolierung des k-Strophanthosids war das heikelste. Ich hab erst versucht, die Lösung zur Kristallisation zu bringen, aber das ging gar nicht. Da habe ich sie in den Kühlschrank gestellt und Literatur gewälzt, bis ich auf den oben beschriebenen Weg gekommen bin.

@mgritsch: ach jetzt verstehe ich, was du meinst - ich hab' alles nach Rechtschreibfehlern durchgesehen und keine gefunden... :D
Was ist Carrez?
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mgritsch
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von mgritsch »

lemmi hat geschrieben: Dienstag 4. August 2020, 23:39 Was ist Carrez?
https://de.wikipedia.org/wiki/Carrez-Kl%C3%A4rung

wird in der Lebensmittelchemie sehr gerne zum Ausfällen von ungefähr allem was stört benutzt.
Kann aber nicht sagen ob es hier auch den gewünschten Effekt bringen würde.
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Cumarinderivat
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von Cumarinderivat »

Mal wieder ein sehr schöner Artikel! Ich freue mich immer wieder darüber, diese spannenden historischen Betrachtungen zu lesen.

Noch interessant: Das Ouabain wurde ursprünglich aus dem Holz des Ouabaio-Baums gewonnen. Alle anderen Quellen sind meines Wissens nach ja Samen.
(Das DAB 7 gibt auch einen anderen lat. Namen für den Baum an, hat der sich mal geändert?)
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NI2
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von NI2 »

Ein sehr lesenwerter Artikel! Umso mehr man sich damit befasst um so eher versteht man welche doch recht komplexe Geschichte hinter dem ganzen steht. Ich denke das ist einer der Artikel die man sich immer mal wieder durchlesen sollte um sich daran zu erinnern wie das alles zusammenhängt, gerade die Namen und unterschiedlichen Wirkungen werden schnell etwas verwirrend am Anfang.

Ein paar Anmerkungen und Empfehlungen noch:

Kleinigkeiten:

- und ist daher orthographisch korrekt mit zwei “th“ zu schreiben! Du meinst natürlich "h" und nicht "th" ähnliche wie bei "Naphtha"
- subkutan/subcutan einheitlich schreiben, genau wie Bleiacetat/Bleiazetat
- die Quellennummer ohne Leerzeichen nach dem Wort angeben
- filtrierbaren statt filtrieraren
- botanische Bezeichungen hier im sinnvollen Kontext nicht mit Stroph. hispidus abkürzen sondern korrekterweise mit S. hispidus (die Gattung abzukürzen ist immer sinnvoll wenn sie aus dem Kontext eindeutig ist, andernfalls die Gattung ausschreiben)
- das Flussdiagramm etwas hübscher und vorallem ohne rote Wellenlinien
- Bindestriche und Halbgeviertstriche einheitlich benutzen. edit: Die neue Forensoftware hat scheinbar die Anzeige der Striche in der Entwurfsansicht eines Artikels/Posts verändert, im Post selbst sehen sie dann normal aus:
Bindestrich (-), Halbgevierstrich (–) und Gevierstrich (—), die ersten beiden sind kaum noch zu unterscheiden, und werden nur im direkten Vergleich deutlich: - –. (Einfach den Text in die Entwurfsansicht kopieren oder auf "zitieren" klicken, dann sieht man es) Können wir das beheben?
- einheitliche Anführungsstriche benutzen, bei dir tauchen „...“ und “...“ auf. Ich rate zur einheitlichen Verwendung von "..." (Shift+2 auf Windowstastatur) Falls jemand einen begründeten besseren Vorschlag hat oder falls es unterschiedliche typografische Interpretationen gibt bitte her damit.
- In der Einleitung schreibst du Namen und Lebenszeiten mal kursiv und mal nicht habe ich was übersehen?
- Wünschenswert wäre es die Formatierung der Quellen korrekt vorzunehmen: Journals, Titel und Ausgabe (nicht Bände) kursiv, Jahreszahlen fett.

was mir wichtiger ist:

- vollständige (ausgeschriebene) Strukturformeln der 3 Hauptpräparate (aus dem Artikel geht nicht hervor wie Digitoxose, Cymarose und Rhamnose aussehen), diese würde ich sogar mit in die Einleitung packen damit dem Leser sofort klar wird um welche Strukturen es sich handelt
- unbedingt die absolute Konfiguration angeben, in deinen Strukturen fehlt die Information für 3 Stereozentren, da diese heute alle bekannt sind sollte man sie der Vollständigkeit halber angeben. Falls du dich an meinen Vortrag auf einem der Forentreffen erinnerst hatte ich dabei darauf hingewiesen dass die Cardenolide sich dadurch auszeichnen, dass der A-und der D-Ring zu dem zentralen trans-B-C-Ringsystem "nach unten gewinkelt" stehen. D.h. sowohl die 5,10 als auch 13,14 müssen cis-ständig vorliegen. Gerade die 14-OH-Gruppe sollte vielleicht Erwähnung finden, da diese für die cardiotoxische Wirkung essentiell ist.
- Die Nummerierung des Sterangerüstes ist exakt definiert und verläuft etwas atypisch ("einmal rum, dann ein Sprung und dann ein Schlenker"), diese sollte erklärt und mindestens einmal exemplarisch gezeigt werden, danach braucht man nur die Nummern zu zeigen wenn man auf bestimmte funktionelle Gruppen hinweisen will oder kann sie auch weglassen.
- die Strukturformeln sind optimierungsbedürftig, wenn du möchtest würde ich aber dabei helfen
- Die Struktur des analytischen Farbstoffes ist inkorrekt, die Ladung darf nicht vollständig im Ring delokalisiert sein, das C-Atom ist sp3-hybridisiert und an genau dieser Stelle tritt keine Delokalisierung ein (woher das Radikal kommen soll ist mir auch noch nicht klar, aber da habe ich noch nicht genug recherchiert, mechanistisch sollte es dort aber nicht auftauchen und ich vermute es ist einfach zu viel).

Auch wenn das nach viel aussieht sind das in Anbetracht der Komplexizität des Artikels überwiegend Kleinigkeiten.

Bravo!

edit: Palipost 5775
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Cumarinderivat
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von Cumarinderivat »

NI2 hat geschrieben: Mittwoch 5. August 2020, 10:59 - einheitliche Anführungsstriche benutzen, bei dir tauchen „...“ und “...“ auf. Ich rate zur einheitlichen Verwendung von "..." (Shift+2 auf Windowstastatur) Falls jemand einen begründeten besseren Vorschlag hat oder falls es unterschiedliche typografische Interpretationen gibt bitte her damit.
Ja, gibt es ;).

Es gibt in Deutschland drei typografisch korrekte Möglichkeiten, Anführungszeichen zu setzen. Das sind einmal die typischen „Gänsefüßchen“, sowie zwei Schreibweisen der «Guillements». Vorangegangen die französische Variante, mit den Spitzen nach außen, hier noch die »deutsche« Variante, mit den Spitzen nach innen.
Das von dir präsentierte Beispiel sind Zollzeichen, das ist typografisch nicht korrekt.
Verwendet man die „Gänsefüßchen“, so ist es üblich beim Einbinden komplett englischer Textabschnitte, bspw. Zitate, diese in englischen Anführungszeichen zu setzen (“this”). Man beachte hierbei auch die Drehung der Striche, was in deinem Beispiel aus lemmis Text nicht korrekt ist.

Edit: Tastenkombinationen:

Windows
Deutsche Anführungszeichen:
„ Alt gedrückt halten und 0, 1, 3, 2.
“ Alt + 0, 1, 4, 7

Englische Anführungszeichen:
“ Alt + 0, 1, 4, 8
” Alt + 0, 1, 4, 7

Guillements:
« Alt + 0, 1, 7, 1
» Alt + 0, 1, 8, 7

Ergänzend noch der Gedankenstrich (Halbgeviertstrich):
– Alt + 0, 1, 5, 0

Mac
Deutsche Anführungszeichen:
„ Option + ^
“ Option + 2

Englische Anführungszeichen:
“ Option + 2
” Shift + Option + 2

Guillements:
« Option + Q
» Shift + Option + Q

Gedankenstrich (Halbgeviertstrich):
– Option + -
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von NI2 »

Gut zu wissen, dass das eigentlich Zollzeichen sind :D Habe sie stets verwendet weil es mit ihnen nie das Problem gab, dass diese – bei Wort war das typisch – automatisch verändert werden, mal vorne oben oder unten, mal gedreht und mal nicht. Außerdem nicht direkt per Tastatur verfügbar, das ist unpraktisch. In laufndem Text Zeichen mittels Alt+Zahl Kombination einzugeben ist ziemlich umständlich, das nervt bei dem Halbgeviertstrich schon immer ein wenig und im Schnelltext benutze ich auch eher Bindestriche.
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lemmi
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von lemmi »

@NI2: was täte ich nur ohne dein unermüdliches Lektorat?! :D
@ Cumarin Derivat: ich wusste gar nicht dass es so subtile Unterschiede bei all den Zeichen gibt!

Natürlich muss die Darstellung einheitlich sein. Bei der Länge des Textes habe ich da einzelne Sachen übersehen. Das gucke ich natürlich noch mal alles genau durch, bitte aber um konkrete Vorgabe , welchen Bindestrich und welche Anführungszeichen ich verwenden soll (bitte nur eine, die einfachste...)

Das mit der Angabe von Zitaten/Literaturquellen hatten wir schon mal diskutiert und festgestellt, dass es dafür keine einheitliche Vorgabe gibt. Ist auch in anderen Artikeln nicht einheitlich gehandhabt. Das würde ich eigentlich so lassen wollen.

Auf die Darstellung der Strukturformel der Zucker habe ich bewusst verzichtet weil es mir a) zu viel Arbeit war und b) es mir zum Verständnis nicht unbedingt notwendig zu sein schien. Wobei es schon sinnvoll wäre, einen Desoxyzucker im Vergleich zu einem normalen Zucker zu zeigen. Auch die Konfiguration des Cardenolid-Gerüstes wollte ich aufnehmen, befürchtete aber dann der Artikel könnte zu lange werden. Da wir aber jetzt im neuen Forum viel mehr Platz zu haben scheinen mache ich das gerne. Da könnte man auch noch etwas über den Wirkmechanismus (Hemmung der Natrium-Kalium Pumpe) einfügen.

@NI2: das Angebot, dass du die Formeln schreibst, nehme ich gerne an! Dann fände ich es aber sinnvoll, das k-Strophanthin-ß auch anzuführen, weil das einer der drei Bestandteile ist, den Jacobs in den 20ern identifiziert hat. Was sollen wir mit meiner tabellarischen Darstellung machen? Die schien mir gut, weil da auch der Aufbau von Erysimosid und Helveticosid angegeben ist. Von denen auch noch Strukturformeln anzugeben würde meines Erachtens das ganze unübersichtlich machen (ich habe mir schon die Sarmentoside verkniffen, die haben noch mindestens zwei weitere differente Aglykone)
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Uranylacetat
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Re: Auf der Spur des Strophanthins - Isolierung von Strophanthusglykosiden

Beitrag von Uranylacetat »

Diesen interessanten Artikel mit Versuchen und historischen Hintergründen habe ich mit Interesse & Freude gelesen! Dafür mal ein "blubberndes" Danke an lemmi. :thumbsup:

Von Erzählungen weiß ich, dass einer meiner Opas in den 1960ern Strophantin-Spritzen bekam und ich sehr vage daran erinnern kann, das live erlebt zu haben...
"Der einfachste Versuch, den man selbst gemacht hat, ist besser als der schönste, den man nur sieht." (Michael Faraday 1791-1867)

Alles ist Chemie, sofern man es nur "probiret". (Johann Wolfgang von Goethe 1749-1832)

„Dosis sola facit venenum.“ (Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus 1493-1541)

"Wenn man es nur versucht, so geht´s; das heißt mitunter, doch nicht stets." (Wilhelm Busch 1832 -1908)
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