Coniin aus geflecktem Schierling

Isolierung und Synthesen von Naturstoffen.

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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Calciumcitrat hat geschrieben: Freitag 13. November 2020, 18:30Machst du eine ATR-Messung oder als KBr-Pressling?
Kann ich noch nicht sagen, da das für mich völliges Neuland ist. Ich gehe bisher nur davon aus, dass ich Möglichkeit haben werde, es machen zu lassen.

Was meint ihr, kann man für sowas das Hydrochlorid direkt einsetzen, oder sollte ich die Base extrahieren und dann in einen Pressling aufnehmen?

Hatten wir darüber hier nicht irgendwo einen Thread von HCN?
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Calciumcitrat
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von Calciumcitrat »

Die freie Base wäre deutlich besser, das ist auch hier https://www.spectroscopyonline.com/view ... mine-salts sehr schön erklärt. ATR wäre besser zur Rückgewinnung der Substanz, da nicht mit KBr gearbeitet wird und auch Wasser und CO2 weniger Probleme machen.
Glaskocher
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von Glaskocher »

Man kann sowohl von der Base als auch vom Hydrochlorid (andere Anionen möglich) IR-Messungen machen. Bei Presslingen ist ein festes Salz bevorzugt, ATR kann im Prinziep beides verarbeiten. Zusätzlich gibt es noch den Dünnfilm zwischen NaCl-Platten und die Nujol-Verreibung und die Messung in Lösung.

Welches Verfahren man im Endeffekt wählt kommt auf die verfügbaren Geräte und Vergleichspektren an. Beim Pressling kann man die "Schichtdicke" recht gut steuern, während ATR sehr unkompliziert in der Handhabung ist. Zum Versandt und Abmessen sind Feststoffe leichter zu handhaben.

Bei https://sdbs.db.aist.go.jp/sdbs/cgi-bin/cre_index.cgi kann ich keine Einträge zu Coniin, dem Hydrochlorid und -Hydrobromid finden. Da müßte man noch in anderen Datenbanken suchen.
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NI2
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von NI2 »

Auch wenn von mir noch keine Antwort gekommen ist: Umgesetzt habe ich beide Proben schon am Samstag (Sowohl lemmis extrahierten Feststoff, also auch authentisches Coniin). Bin nur noch nicht zum Extrahieren gekommen. :oops:
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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Super! Auf das Ergebnis bin ich sehr gespannt!
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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Updates:
1. Identifizierung des isolierten Alkaloids
2. Probleme mit der Umkristallisation
3. neue DC-Methode


Nachdem ich hier im letzten Jahr berichtet habe, dass das isolierte Alkaloid nicht Coniin ist, und wir Möglichkeiten der Identifizierung diskutiert haben, konnte diese inzwischen von unserem Mitglied EDTA durchgeführt werden. Er hat netterweise an drei meiner Proben (ich habe die Isolierung 2020 und 2021 wiederholt, weil mir die Sache keine Ruhe ließ) ein NMR-Spektrum aufgenommen und das Alkaloid als N-Methylconiin identifiziert – wozu auch der Schmelzpunkt des Hydrochlorids und der des Chloraurates (siehe oben) gut passen. Dafür ganz herzlichen Dank!

Inzwischen habe ich, da ich mehr Material zur Verfügung hatte, verschiedene Lösungsmittel zur Umkristallisation ausprobiert. Das erwies sich als sehr schwierig! Aceton ist nicht geeignet, da der Löslichkeitsunterschied mit der Temperatur zu klein ist. In Ethanol ist das Hydrochlorid zu gut löslich (ca 1:1). Am meisten habe ich mit Gemischen von Ethylacetat und Ethanol (3-4:1 und 4-6 Teile auf 1 Teil Methylconiinhydrochlorid) gearbeitet.

Während es jedesmal sehr gut möglich war, ein rein weißes Produkt zu erhalten, ließ sich das enthaltene Nebenalkaloid (vermutlich Coniin) aber einfach nicht abtrennen. Das reinste Produkt habe ich sonderbarerweise aus meinem ersten Präparat von 2016 (P1) schon nach der ersten UK erhalten, wobei die Ausbeute allerdings nur 35 % betrug. Der Schmelzpunkt beträgt 192°C und die DC zeigt nur einen Spot. Aber als ich die neueren Präparate (von 2020 und diesem Jahr) nach derselben Methode umkristallisiert habe, erhielt ich eine bessere Ausbeute (60 - 70%), aber der Schmelzpunkt betrug nur 187-188 °C und in der DC fand sich ein deutlicher zweiten Spot unterhalb des Hauptspots. Auch eine erneute Umkristallisation änderte daran nichts. Schließlich habe ich bemerkt, dass der Nebenspot im umkristallisierten Präparat kräftiger war, als im Rückstand, den ich jedesmal durch Verdunsten der Mutterlauge wiedergewonnen habe.

Ein besonderes Phänomen habe ich beim letzten Versuch beobachtet, als ich die abgesaugte Mutterlauge verdunsten ließ. Im Schälchen bildete sich am Rand ein bräunlich gefärbter, kompakter Ring aus derben Kristallen und am Boden eine Masse aus feinen, schneeweißen Nadeln. Diese letzteren hatten einen Schmelzpunkt von 191 °C und gaben in der DC nur einen kaum erahnbaren Nebenfleck! Beim Umkristallisieren reichert sich das Nebenalkaloid also im Präparat an, während es in der Mutterlauge weniger wird!.

Für die Dünnschichtchromatographie der Schierlingsalkaloide favorisiere ich inzwischen als Laufmittel Ethylacetat + Methanol + Ammoniak 25% = 8,5 + 1 + 0,5. Für die Entwicklung einer DC-Folie von 10 cm werden 18 Minuten benötigt. Das Laufmittel trennt die Alkaloide ausgezeichnet, aufgrund meiner zahlreichen Versuche kann ich aktuell drei davon sicher, ein weiteres wahrscheinlich identifizieren (siehe unten). Große Probleme macht die Detektion der Spots! Joddampf versagt, eine Fluoreszenzlöschung findet nicht statt und Dragendorff gibt unsichere und nur in hohen Alkaloidkonzentrationen deutlich sichtbare Spots, ebenso Jodplatin. Tatsächlich habe ich die besten Resultate mit alkalischer Kaliumpermanganatlösung (1% in 1 N Natronlauge) und anschließendem langsamem Erwärmen der Folie unter Beobachtung gehabt. Hier ein paar Beispiele (jeweis 3 µl einer 0,4%igen Lösung in Methanol eingesetzt):

DC Coniin - P2016 - P2020 - P2021 2.jpg
v.l.n.r.: Coniin Referenz - Präparat 2016 - Präparat 2020 - Präparat 2021(alle nach Umkristallisation)

DC Coniium P202 und 2021 nach div. UK 8.8.21.jpg
Diverse Versuche der Umkristallisation

Coniin Hannes mit KMnO4.jpg
Coniin Hannes mit Nitroprussid 1.jpg
Coniin-Referenzpräparat mit KMnO4 besprüht und mit Nitroprussid/NH3 behandelt


Einziger Trost bei der schwierigen Reinigung ist, dass das als Referenz verwendete Coniinhydrochlorid (ein älteres Präparat von Schuchardt/Görlitz) ebenfalls Nebenalkaloide enthält! Wie schon im letzten Jahr berichtet, findet sich in der DC ein blasser Spot im oberen Rf-Bereich, der sich mit Nitroprussid als γ-Conicein identifizieren lässt. Mit KMnO4-Detektion lässt sich noch ein dritter Spot im unteren Rf-Bereich identifizieren! Meine Methylconiin-Präparate enthalten ein zweites Alkaloid, das einen Rf-Wert aufweist, der mal ein wenig unter, mal ein wenig über dem des Coniins liegt, so dass ich nicht sicher bin ob es sich um Coniin oder ein fünftes Alkaloid handelt. Ich vermute dass es sich bei der Verunreinigung im Coniin um Conhydrin handelt, das bei weitem das polarste der Alkaloide ist und daher den niedrigsten Rf-Wert aufweisen sollte. Der kleine Spot in meinem Methylconiin könnte Coniin oder auch N-Methylconhydrin sein. Somit ergeben sich für das o.g. System in der DC folgende Rf-Werte:

γ-Conicein (gesichert): 0,63-0,7
N-Methylconiin (gesichert): 0,55-0,63
N-Methylconhydrin (möglich/unsicher): 0,34-0,43
Coniin (gesichert): 0,29-0,4
Conhydrin (wahrscheinlich): 0,13-0,22

Bemerkenswert erscheint mir noch immer, dass die von mir untersuchte Schierlingspopulation Methylconiin in diesem Ausmaß als Hauptalkaloid bildet und offenbar sehr homogen ist. Ich muss mal gucken, ob ich irgendwo eine andere Population finde, die Coniin bildet!

[NB: ich habe EDTA angeschrieben und ihn gefragt, ob er die NMR-Ergebnisse hier einstellen möchte. Ich hoffe, dass er noch mitliest]
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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Ich habe noch einen Befund, den ich nicht verstehe!

Wenn folgender Mechanismus für die Melzer-Reaktion (siehe S.2 in diesem thread) richtig ist, kann sie nur mit sekundären Aminen eintreten:

Melzer-Reaktion.jpg
Melzer-Reaktion.jpg (9.82 KiB) 3473 mal betrachtet

Aber mein Präparat gibt eine sehr kräftige Melzer-Reaktion. Wie kann das sein, wenn es sich um N-Methyconiin (= tertiäres Amin) handelt?

Melzer-Reaktion 2.jpg
Melzer-Reaktion 2.jpg (35.62 KiB) 3473 mal betrachtet
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von Glaskocher »

Jetzt müßte man diese Reaktion mit Modellsubstanzen (Di- und Triethylamin oder Piperidin und N-Methyl~) überprüfen, ob da ein Effekt ist. Jetzt ist die Frage, ob man recht einfach das Piperidin (=Azacyclohexan) am Stickstoff mit unterschiedlichen Alkylgruppen substituieren kann, oder die Substanzen kaufen muß.

Was passiert, wenn man das CS2 weg läßt? Bildet sich dann auch ein tiefgrüner Komplex oder bleibt die Phasentrennung aus? Da muß man sich bestimmt in Trippelschritten an die Erkenntnis heran schleichen und viel Literatur entstauben.
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mgritsch
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von mgritsch »

Wie rein war denn das N-Methylconiin? Da wäre ein Blick auf das NMR hilfreich… denn in der DC ist es extrem schwer zu beurteilen, und wie man sieht reagiert es selbst mit dem KMnO4 nur schwach…
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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Okay, die Reinheit könnte eine Rolle spielen, wenn die Verunreinigung Coniin ist. Ich habe es mit dem Rest gemacht der in den Glasgefäßen nach der UK zurückgeblieben war.

Di- und Triethylamin habe ich, das kann ich testen, irgendwo müsste ich auch noch etwas N-Ethylpiperidin haben.
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

So hier die Versuchsreihe zur Melzer-Reaktion!

Versuchsansatz: in jedes Reagenzglas wurden 15 µl Testsubstanz, gelöst in 1 ml Ethanol 96%, gegebenn (der Ansatz mit dem Methylconiin enthielt 10 mg des Hydrochlorids + 15 µl 4N Natronlauge) und dann 40 µl Schwefelkohlenstoff gelöst in 1 ml Ethanol zugefügt. Nach wenigen Minuten Reaktionszeit wurde ein Tropfen Kupfersulfatlösung 2,5% zugefügt. Nach Beobachtung des Farbumschlags wurde mit 4 ml Wasser verdünnt und mit 2 ml Ether ausgeschüttelt.

Die Reagenzgläser enthalten als Testsubstanzen (v.l.n.r.) Diethylamin - Triethylamin - Piperidin - N-Ethylpiperidin und N-Methylconiin-HCl. Der Leerwert ganz rechts enthält Piperidin, jedoch keinen Schwefelkohlenstoff.

Melzer-Versuchsreihe 1.jpg
Melzer-Versuchsreihe 1.jpg (51.78 KiB) 3424 mal betrachtet
Nach Zugabe von Kupfersulfat

Melzer-Versuchsreihe 2.jpg
Melzer-Versuchsreihe 2.jpg (56.45 KiB) 3424 mal betrachtet
Nach Verdünnen und Ausschütteln


Es bestätigt sich, dass die Reaktion nur mit sekundären, nicht aber mit tertiären Aminen funktioniert und ohne Schwefelkohlenstoff (Glaskochers Frage) ebenfalls ausbleibt. Mein Präparat gibt eine positive Reaktion, jedoch gemessen an der Menge eher schwach, so dass ich die Verunreinigung dafür verantwortlich mache. Reines N-Methylconiin dürfte eigentlich nicht reagieren. (Einschränkung: ich kann icht ausschleißen dass N-methylierte tertiäre Amine dennoch reagieren, denn meine Testsubstanzen sind beide N-ethyliert)
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mgritsch
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von mgritsch »

Ich würde die Reaktion mal nicht in Frage stellen. Wodurch der N blockiert ist tut bei dem Mechanismus wenig zur Sache und die N-Methyl-Bindung ist sehr stabil.
Für mich eindeutig dass das Produkt nennenswert sec. Amin, also Coniin enthält. Über den Vergleich der Peakflächen in der NMR sollte das quantifiziert werden können (das N-Methyl-Signal gibt’s ja nur in einer Form, die anderen H dürften davon wenig beeinflusst werden…)
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von Glaskocher »

Jetzt kann ein DC* vom Überstand des Reagenzglases 5 interessant sein. Die Theorie sagt, daß das N-Methylconiin nicht reagiert und ich vermute, daß der Komplex des Coniins wesentlich langsamer läuft. Somit könnte die Chance der deutlichen Aufreinigung bestehen, wenn man eine dem Überstand entsprechende Lösung über ein Pad aus Kieselgel filtriert.

Zusatzfrage: Läßt sich diese Reaktion rückgängig machen und das Coniin frei vom Methylderivat gewinnen?

* = nachträglich korrigiert.
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lemmi
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von lemmi »

Du meinst sicher eine DC?

Das ist eine interessante Idee! Leider habe ich nur noch ca. 150 mg des (nach all den UKs immer noch nicht reinen :evil: ) Präparates übrig. Vielleicht mache ich das in der nächsten Saison.
Mir ist nicht bekannt, dass sich die Reaktion umkehren ließe.
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EDTA
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Re: Coniin aus geflecktem Schierling

Beitrag von EDTA »

Bitte verzeiht mir diese beachtliche Verspätung, mit derer ich die NMR Daten des Coniins hier teile - die Analyse war schon im Oktober erledigt. Gut Ding braucht Weile...

Hier sind Bilder der NMR Daten (sollte jemand Zugang zu MestReNova o.Ä. haben und gerne die Rohdaten selbst bearbeiten, verschicke ich jene selbstverständlich per Mail):

1H-NMR:
1H.png
13C-NMR:
13C.png
HSQC
HSQC.png

Das sind die in der Literatur veröffentlichten NMR-Daten zu Coniin HCl[1]:

H-NMR (400 MHz, CDCl3): δ = 0.89 (t, 3 J = 7.3 Hz, 3H, CH3), 1.31 - 1.48 (m, 5H, CH2, CH2, CH), 1.59 (mc, 2H, CH2), 1.71 (mc, 2H, CH2),
1.84 (br d, 2 J = 15.7 Hz, 1H, CH), 2.82 (mc, 1H, CH), 2.96 (mc, 1H, CH), 3.18 (br d, 2J = 12.5 Hz, 1C, CH), 8.61 (br s, 1H, NH), 8.82 (br s, 1H, NH) ppm.

13C-NMR (100 MHz, CDCl3): δ = 13.6, 17.7, 21.6, 21.8, 27.8, 34.9, 43.7, 55.4 ppm.



Insbesondere möchte ich die 13C-NMR Daten hervorheben, da hier im Gegensatz zu dem vorliegendem Spektrum kein Signal bei 66,11 ppm angegeben wird. Damit scheidet Coniin HCl eindeutig aus. Schaut man nun in das HSQC Spektrum, koppelt jenes Signal mit dem Dublett bei 2.7 ppm im 1H Spektrum. In der Literatur wird für dieses Signal ein Integral von 2 angegeben, gemessen wurde ein Integral von 5. Es erhärtet sich der Verdacht, einer zusätzlich enthaltenen Methylgruppe.


Die in der Literatur veröffentlichten 1H NMR Daten zu N-Methylconiin lauten wie folgt[2]:
1H-NMR(CDCI,) δ = 0.67-1.04 (m, 3 H, Me), 1.04-2.33 (m, 12 H), 2.27 (s, 3 H, NMe), and 2.6 - 3.10 (m, 1 H, NCH)

Und das sind die 13C NMR Daten[3]:

13C NMR (CDCl) δ = 14.5, 18.6, 24.4, 25.8, 30.7, 35.2, 42.9, 57.2, 63.9


Die "mutmaßliche" NMe-Gruppe wird in der Literatur sowohl im 1H NMR bei ~2.3 ppm (gemessen: 2.7 ppm), als auch im 13C NMR bei ~64 ppm (gemessen: 66 ppm) beschrieben. Ich denke, dass es sich bei der Verbindung um N-Methylconiin handelt und die Abweichung im 1H NMR dadurch zustande kommt, dass in der Literatur die freie Base und hier das Hydrochloridsalz gemessen wurden.

Chemdraw kalkuliert die Shifts für die NMe-Gruppe der freien Base bei 2.3 ppm und jene für das HCl-Salz bei 2.8 ppm.


Quellen:

[1] Berthold, Dino; Geissler, Arne G. A.; Giofré, Sabrina; Breit, Bernhard[Angewandte Chemie - International Edition, 2019, vol. 58, # 29, p. 9994 - 9997][Angew. Chem., 2019, vol. 131, p. 10099 - 10102,4]

[2]Takahata, Hiroki; Takahashi, Koichi; Wang, Eng-Chi; Yamazaki, Takao[Journal of the Chemical Society. Perkin transactions I, 1989, p. 1211 - 1214]

[3] Watanabe; Iida; Kibayashi[Journal of Organic Chemistry, 1989, vol. 54, # 17, p. 4088 - 4097]
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