Extraktion von Parietin aus Gelbflechte

Isolierung und Synthesen von Naturstoffen.

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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Sehr schöner Artikel - auch die aktuelle Extraktion im fast schon "Technikums-Maßstab" finde ich spannend! :wink: :thumbsup:
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Und- was ist noch mit dem Riesenansatz geschehen? :D

Nach 30 min. kräftigem refluxieren

Ist das nicht ein wenig kurz? :idea:
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Nach diesen dreissig Minuten waren die Gelbflechten entfärbt (bzw. grün). Als erste Kristallfraktion erhielt ich 606 mg Parietin, welches aber unter dem Mikroskop zwischen den plättchenförmigen Parietinkiställchen noch büschelförmige, nadelige gebilde enthält (also noch unrein ist). Ich habe noch versucht Parietin aus Ethanol und Aceton umzukristallisieren, dies funktionierte gut (aus Aceton), wobei ich kleine Plättchen von orangebrauner Farbe erhielt. Von der Kante her gesehen sahen diese rot aus und sie zeigen im langwelligen UV eine rote Fluoreszenz.

LG
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

[EDIT: Formatierung angepasst und verschoben]
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Hier ergänzend mal ein Bild der Fluoreszenz. Leider nur Q'n'D - habe gerade nur mein Handy bei mir.

Bild
(Aceton, 365 nm)
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Aus wie viel Aceton hast du denn umkristallisiert? Ich habe gerade mal 26 g X. parietina in nen Durchlaufextraktor geworfen und lasse es gerade mit Aceton durchlaufen. Plan war es anschließend am Roti einzuengen, dann zu filtrieren und kristallisieren zu lassen.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Lithiumoxalat hat geschrieben:Als erste Kristallfraktion erhielt ich 606 mg Parietin, welches aber unter dem Mikroskop zwischen den plättchenförmigen Parietinkiställchen noch büschelförmige, nadelige gebilde enthält (also noch unrein ist).
So... bin mit dem Parietin auch durch. Habe die ganze Extraktion nur mit Aceton gemacht, gleiches gilt für die Kristallisation und ich glaube "büschelige Nadeln" sind nicht die Verunreinigung sondern vernünftig kristallisiertes Parietin :D

Bild
Bei der Kristallisation (Heiße Lösung mit 0,2 µm Filter in vorgeheizten Kolben filtriert und am Ende mit einem Hahn verschlossen damit der Gasraum möglichst acetonhaltig ist.)

Bild
Produkt (links mit LED-Blitz, rechts UV 365 nm)

Ist ne spannende Sache aber die schlechte Ausbeute (etwa 50 mg) erklärt sich durch die Kristallisation. Man verliert bei der Reinigung viel Material. Bekommt aber die rote und blaue Verunreinigung weg.

Bild
LM: DCM, v.l.n.r.: Roprodukt (aus Extraktlösung durch einengen gewonnen), Mutterlauge des Rohproduktes (beide zusammen sind das gesamte Extrakt), durch auskochen des bereits extrahierten Pflanzenmaterials gewonnenes Extrakt, Lösung vor UK, Kristalle (fertiges Produkte), Mutterlauge nach UK.

Das gewonnene Parietin ist zwar nicht perfekt sauber aber ausreichend rein für alles Mögliche, eine weitere Kristallisation würde ich mir an der Stelle schenken. Bleibt zu überlegen ob man die rohen Mutterlaugen aufheben soll um das rote und blaue Produkt zu isolieren. Wenn das Parietin DCM löslich ist (vermutlich nicht sooo gut), dann bietet es sich an das komplett einrotierte Extrakt einfach über ein Kieselgepad zu kippen.

Man kann die DC auch nur in reinem Aceton machen. Die Trennung ist zwar nicht so gut, aber damit eignet sich die Isolation von Parietin für Leute mit geringer Lösungsmittelauswahl:
Bild

Um das Extrakt über ein Kieselgelpad zu reinigen ist Aceton ungeeignet, da müsste man vermutlich alles einrotieren und das Lösungsmittel wechseln bzw. ein geeignetes Gemisch suchen, evtl ist es aber schon sinnvoll das trockne Extrakt in DCM aufzunehmen und über ein Pad zu schicken. Mit Aceton klappt es eher nicht (auch nicht als Gemisch mit DCM 1:3)
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NI2
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Beitrag von NI2 »

So,... mit ein wenig rumprobieren hab ich auch mal einen größeren Ansatz gemacht und dabei einige Erkenntnisse gewonnen. Insgesamt habe ich 332 g X. parietina gesammelt, davon 193 g (nicht getrocknet) experimentell extrahiert und aufgearbeitet. Ausbeute liegt bei ~0,52 % und somit knapp 1 g Parietin aus den Flechten geholt. :D
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Pok
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Beitrag von Pok »

Die Fluoreszenzbilder (rot, blau, gelb) sehen schick aus. Hast du mit dem Parietin noch was vor?
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Da sind schöne Farben dabei. Das eine Rot ist vermutlich Chlorophyll (und läuft daher in Aceton weit vorne weg). Beim Kieselgelpad hat sich gezeigt, dass diese rot fluoreszierende Bande intensiv grün gefärbt ist, das war vorher noch nicht zu sehen. Unter dem Parietin laufen noch andere gelbe Banden (sieht man auf den Bildern nicht so gut, Handy und UV verträgt sich nicht so toll). Das sind sehr wahrscheinlich die Verwandten wie Citreorosein, 1,8-Dihydroxy-6-methoxy-3-(3'-oxobut-1'-enyl)-anthrachinon, Fallicinal, Monoacetylfallacinol, und Parietinsäure. Was das hellblaue ist weiß ich noch nicht. Die dunkelblaue Fraktion die ich noch über dem Parietin ganz schwach sehe liefert aus Aceton farlose Kristalle (spricht dafür, dass dass die Extraktion und einfach Kristallisation aus Aceton kein reines Parietin liefert, da die farblosen Kristalle bereits bei einer geringeren Konzentration ausfallen als das Parietin), habe ich auch anteilig isoliert, um was es sich handelt weiß ich dabei aber auch nicht - find es aber auch nicht ganz so spannend.

Ja, der Plan ist das Parietin umzusetzen, will aber nicht zu viel spoilern - falls es dann doch nicht klappt :D
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Bin auf die weitere Umsetzung des Parietins gespannt,
bei mir steht immer noch das Parietin der letzten Extraktion herum, und wartet darauf umkristallisiert zu werden. Aber ich habe momentan leider fast keine Zeit für Chemie :( .
Letzten Herbst war ich noch auf einer Wanderung in den Bergen, wo ich an verschiedenen Stellen etwas X. Parietina mitgenommen habe. Diese stammt u.a. von einer Staumauer eines Bergsees (Südseite, etwa 1800 müM) und ist fast rot gefärbt (die Flechten bilden bei höherer Sonneneinstrahlung mehr Parietin).

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

@NI2: Mir ist noch nicht ganz klar, wie deine DC-Bilder zustande kommen. Ist das die fluoreszenz in langwelligem UV-Licht? Hast du mit irgendwas vorbehandelt? Und was für ein Laufmittelgemisch hast du verwendet?
Ich finde die Rinheit des Produktes befriedigend. Bin auch gespannt, was du daraus machen willst.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Steht soweit da. Das Laufmittel ist reines DCM und die Fluoreszenz ist bei 365 nm. Keine Vorbehandlung, kein Laufmittelgemisch. Es gibt für Flechten einige Literaturlaufmittel, aber für diesen Zweck hier sind diese nicht notwendig. Das Kristalline Zeug ist nur ausreichend rein, da gebe ich dir recht. Die andere (neue) Aufarbeitung liefert aber ein Produkt mit nur einem Spot. Das müsste man auch mal bei der Extraktion mit EtOH Untersuchen. Bei Behandlung mit KOH oder I2 sehe ich auch nur den Parietinspot, die tiefer laufenden nur unter UV (hab da seit einigen Wochen eine neue ziemlich starke UV Taschenlampe :D ). Wäre daher spannend mal das Parietin aus EtOH unter gleichen Bedingungen anzuschauen, dann ich glaube nach meinen Erfahrungen mit Aceton fast, dass man das gar nicht so sauber bekommt ohne mehrfach zu kristallisieren bzw chromatographisch vorzugehen.
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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

... Wenn das Parietin DCM löslich ist ...
Ich gehe von recht brauchbarer Löslichkeit aus. Zumindest kommt es in der DC knapp hinter der Front. Meistens löst sich die am weitesten transportierrte Substanz auch halbwegs brauchbar im Laufmittel, ansonsten käne es weiter unten. Die Reinigung über eine Säule bietet sich geradezu an bei einem solchen Bild im DC. Im Nachlauf der DCM-Säule ließen sich später mit einer Aceton-Säule noch mindestens ein "Hellblau" und ein "Rot" abtrennen, das zweite "Rot" und das zweite "Blau" sind aber etwas nahe an der Front mit Parietin.

Auf die Umsetrzung bin ich auch gespannt; es könnte eventuell auch bunt werden? Mit Parietin kann man auch Wolle färben...
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NI2
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Beitrag von NI2 »

@Glaskocher: Genau richtig. Das Parietin war sehr gut löslich in DCM und ich habe es auch gepaddet. Ging einwandfrei und liefert sauberes Parietin in hoher Ausbeute. Das "Rot" ist vermutlich Chlorophyll.

Wenn es klappt wie es soll wird es bunt, ja :D
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