Hämin b

Isolierung und Synthesen von Naturstoffen.

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Cyanwasserstoff
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Hämin b

Beitrag von Cyanwasserstoff »

Darstellung von Hämin b aus Rinderblut

Hämin b ist eine Komplexverbindung dreiwertigen Eisens mit Protoporphyrin IX und einem axialen Chloridliganden. Es entsteht durch Oxidation von Häm b, in dem zweiwertiges Eisen vorliegt, sowohl bei dessen Isolierung aus Blut als auch im lebenden Organismus. Beide Komplexe liegen im Blut koordinativ an das Peptid Globin gebunden vor, wobei die Verbindung mit Häm b Hämoglobin, die mit Hämin b Methämoglobin genannt wird und nur Hämoglobin zum Sauerstofftransport fähig ist.

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Hämin b


Geräte:

Heizpilz, 4 L-Rundkolben, 250 mL-Becherglas, Rückflusskühler, Thermometer, Apparatur zur Vakuumfiltration


Chemikalien:

Essigsäure 96 % Warnhinweis: c
Natriumchloridlösung, gesättigt

Rinderblut, defibriniert Warnhinweis: b
Essigsäure 50 % Warnhinweis: c
Wasser

2-Propanol
Diethylether
Hämin b


Durchführung:

In einem 4 L-Rundkolben werden 2500 mL Essigsäure mit 5 mL gesättigter Natriumchloridlösung versetzt und unter Rückfluss zum Sieden erhitzt. Dann werden insgesamt 800 mL defibriniertes Rinderblut in vier Portionen im Verlauf von 30 Minuten zugegeben. Nach Ende der Zugabe wird weitere 15 Minuten zum Sieden erhitzt und anschließend auf 50 °C abkühlen gelassen. Bei dieser Temperatur wird abgesaugt, mit 50 %iger Essigsäure, Wasser, 2-Propanol und Diethylether nachgewaschen und getrocknet. Ausbeute 152 mg Hämin b. Stählern glänzende, schwarze Kristalle.


Entsorgung:

Rinderblut und Natriumchloridlösung werden in den Abfluss gegeben. Essigsäure und das Filtrat können nach Neutralisation ebenfalls in den Abfluss gegeben werden. 2-Propanol und Diethylether werden zu den halogenfreien organischen Lösemittelabfällen gegeben. Das Produkt kann zu den organischen Feststoffabfällen gegeben werden.


Erklärung:

Im Blut liegt nicht direkt Hämin b, also ein Chloroeisen(III)-protoporphyrin-IX-Komplex vor, sondern der entsprechende Komplex mit zweiwertigem Eisen, das Häm b. Dieses ist zudem koordinativ an ein Peptid, das Globin, gebunden, wobei die Verbindung in ihrer Gesamtheit als Hämoglobin bezeichnet wird. Die Behandlung mit Essigsäure macht aus diesem das Häm b frei, welches nun durch Luftsauerstoff oxidiert wird und unter Aufnahme eines Chloridions als schwerlösliches Hämin b ausfällt.

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Literatur:

1. Gattermann, L., Wieland, H. „Die Praxis des Organischen Chemikers“. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1956, 355.


Bilder:

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Rinderblut

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Nach Zugabe des Rinderbluts zur Essigsäure

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Hämin b
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sehr interessant! Diese Anleitung hatte ich schon länger im Auge und wollte sie immer mal nacharbeiten, aber der riesige Ansatz mit mehreren Litern Eisessig und einem so großen Kolben hat mich immer abgeschreckt. Übrigens sollte die Ausbeute laut Gattermann um eine Zehnerpotenz höher liegen (3,5-4 g aus 1 Liter Rinderblut) - warum hast du so wenig Produkt erhalten?

Häminchlorid kristallisiert in langgestreckten rautenförmigen Kristallen, die früher als Teichmann´sche Kristalle zum Nachweis von Blut, u.a. in der Forensik, herangezogen wurden. Um die Reinheit zu bestimmen kann die Absorption der Lösung in 0,1N NaOH mit Zusatz von TritonX-100 bei 578nm verwendet werden. Diese Methode wird auch zur Bestimmung von Hämoglobin im klinischen Labor angewandt und reines Häminchlorid dient als Eichsubstanz.
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Gute Frage, kann ich auch nicht genau sagen. Ich hatte zwar etwas Verlust durch einen Siedeverzug - und so eine Blutfontäne aus einem Rückflusskühler sieht durchaus spektakulär aus - aber zumindest gemessen am Gesamtvolumen war das ein vernachlässigbarer Verlust. Mehr ist einfach nicht ausgefallen, auch beim Abkühlen auf Raumtemperatur nicht. Vllt. hätte ich das Blut langsamer und gleichmäßiger statt schnell in einigen Portionen zugeben sollen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Kannst du Mikrofotos von den Kristallen machen?

Muss man Rinderblut eigentlich als biologische Gefahrensubstanz kennzeichnen, wenn es aus einem deutschen Schlachthof stammt? Müsste dann nicht auch auf jedem Steak so ein Warnsymbol kleben? :conf: Aber vielleicht darf man das nicht so logisch angehen :wink:
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Ich denke nicht dass man es so kennzeichnen muss, aber sicher ist sicher. Blut egal welchen Ursprungs ist bisher in allen Artikeln hier als biologische Gefahrensubstanz gekennzeichnet worden.

Mikrofotos werde ich demnächst mal versuchen zu machen, kann aber noch nicht genau sagen wann.
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Newclears
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Beitrag von Newclears »

Blut egal welchen Ursprungs ist bisher in allen Artikeln hier als biologische Gefahrensubstanz gekennzeichnet worden.
Wird auch an der Uni so gehandhabt. Man weiß schließlich nie wer so alles darin wohnt ;)
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Phil
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Beitrag von Phil »

Schöne Synthese die recht aufwändig ist für die par Gramm Ausbeute.
Wie wird eigentlich Rinderblut defibriniert?
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Spektrum.de hat geschrieben:defibrinieren, Entfernen des Fibrins oder Fibrinogens aus frischem Blut. Die Methode beruht auf der Bildung von Fibrinfasern durch mechanische (Rühren, Schütteln) oder Einwirkung von Thrombin. Die Fasern lassen sich anschließend abzentrifugieren. Das Defibrinieren dient der Herstellung von Leukocytensuspensionen.
[Quelle]

Jedoch könnten dir unsere Biologen/Mediziner sicherlich mehr dazu sagen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Blut wird defibriniert, indem man es in ganz frischem Zustand mechanisch behandelt.

Im einfachsten Falle rührt man es sehr kräftig mit einem möglichst rauhen Holzstab. Dabei wird an der rauhen Oberfläche das Kontaktsystem der Gerinnungskaskade (beginnend mit HMWK/Faktor XII) aktiviert und schließlich fällt das Fibrin als Gerinnsel aus. Wenn man das richtig macht, hat man nachher am Holzstock einen Fibrinklumpen hängen, der kaum Blutkörperchen einschließt. Beim Defibrinieren wird fast selektiv das Fibrin ausgefällt, während der Rest des Blutes unverändert bleibt. Bei spontaner Gerinnung bleiben die Blutkörperchen im Gerinnsel hängen, es bildet sich ein sog. Blutkuchen und darüber setzt sich nahezu zellfreies Serum ab.

Defibrinieren ist eine Möglichkeit, Vollblut ungerinnbar zu machen ohne daß man gerinnungshemmende Stoffe (Citrat, Hepatin, EDTA, Oxalat...) zusetzt. Bei letzterem Vorgehen bleibt das Fibrinogen im Blut enthalten. Wahrscheinlich würde es bei der Abtrennung des Hämins stören, indem es mit der zusgesetzten Essigsäure ausfiele.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Kleine Anekdote: Häufig mussten in Bauenfamilien die Frauen oder Kinder beim Schlachten von Tieren das "Quirlen" übernehmen wobei mit einem Holzquirl lange kräftig im noch warmen Blut gerührt wird und man den von lemmi angesprochenen Fibrinklumpen herausnimmt , wobei sich das Blut dann für die Verwendung in z.B. Blutwurst eignet.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Das würde auch erklären, wieso defibriniertes Rinderblut kommerziell erhältlich ist. Die Schlachthöfe machen das zwar sicher nicht mehr in Kinderarbeit mit Holzquirl, stellen den "Blutwurst-Rohstoff" aber sicher routinemäßig her :D
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Phil
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Beitrag von Phil »

Könnte man das auch mit einem Mixer machen oder muss es ein Holzstab sein? Ich kann mich noch schwach erinnern das bei meinen Grosseltern das Blut in einen grossen Holzbotich gegeben wurde und man es gerührt hatte, das ist aber auch schon 60 Jahre her.
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Feli
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Beitrag von Feli »

Ich schätze das am Mixer der Fibrinklumpen nicht hängen bleiben wird. Aber du kannt ja einen rauen Holzstab in die Bohrmaschine einspannen. :P
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Phil
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Beitrag von Phil »

HEMIN 16009-13-5 AUS RINDERBLUT
Litt: Gatterman Wieland Praxis des Org. Chemikers 43, 694
http://forum.lambdasyn.org/index.php/to ... 8.html#new

EDUKTE:

Bild
1 Rind
1 L Rinderblut
3 L Essigsäure
5 ml Konz NaCl Lösung
30ml Methanol

REAKTOR:
5 Liter Reaktor mit Presto LH 85, KPG Rührer, Tropftrichter, Rückflusskühler, Thermosonde.
CHEMISCH-PHYSIKALISCHE DATEN

Synonym: Chloro(protoporphyrinato)iron(III), Chlorohemin,
Chloroprotoporphyrin IX iron(III), Ferriprotoporphyrin IX chloride, Hemin(chloride)
• CAS Number 16009-13-5
• Empirical Formula (Hill Notation) C34H32ClFeN4O4
• Molecular Weight 651.94
• Beilstein Registry Number 5229914
• EC Number 240-140-1
• MDL number MFCD00010726

AUSFÜHRUNG:
Schritt 1
Zuerst wird das Rind geschlachtet, das Blut aufgefangen und dann defibriniert.
In einem 10Liter Becherglas wird das Blut so schnell wie möglich gerührt so dass fiel Luft eingemischt wird, ca. 2 Stunden. Es wird auch Schaum gebildet der das Fibrin enthält, dann wird über ein Collier Tuch oder Taschentuch filtriert. Fibrin ist als Dunkle Flecken sichtbar.
Schritt 2
Die Essigsäure wird auf 100°C erwärmt, dann bei erreichen der Temp. Das Blut mit dem Tropftrichter so einleiten dass die Temp nicht unter 90°C fällt. Am Trichter sollte ein Teflon schlauch angebracht werden, damit das Blut direkt in die Säure tropft ohne an der Wand herunter zu laufen. Es kann recht schnell zugegeben werden so dass innerhalb von ca. 25 min alles zugegeben ist. Am Anfang ist die Säure schön rosarot sie wird aber bald schwarz, teilweise ist schon Produkt erkennbar, am metallischen Glanz sichtbar.
Nach der Zugabe des Blutes wird noch 15 min auf 100°C geheizt, danach auf 50°C abgekühlt und filtriert.
Die Kristalle werden 3x mit 100ml 50% Essigsäure und 3x mit Methanol gewaschen und gut getrocknet. Laut Vorschrift müsste noch mit Ether gewaschen werden, es wurde aber bewusst darauf verzichtet da dieser nur helfen sollte das Produkt schneller zu trocknen. Ausbeute 3.61gr
Etwas an Verlust ist auch darauf zurück zu führen dass an der Reaktorwand etwas hängenblieb.
Mit NaOH gibt es eine grasgrüne Farbe.
Die Geräte die mit Blut in Kontakt kamen wurden mit Wasserstoffperoxyd gereinigt auch der Taschentuch-Filter.

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Beginn des Defibrinierens
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Unter Rühren defibrinieren
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Schaumbildung nach stehen lassen
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Fibrin hängt am Holz
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Dunkle Flecken ist Fibrin
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Zugabe des Blutes in die Heisse Essgsäure
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Produkt langsam erkennbar die Glänzenden Punkte
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Reines Produkt
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NI2
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Registriert: Dienstag 19. August 2008, 09:33

Beitrag von NI2 »

Schön, habe mir die Bilder bei LS auch gleich mal angeschaut, die Ausbeute ist doch ne ganze Ecke besser, wobei kaum mehr Blut verwendet wurde. Die Vorschriften sind auch gleich und ich könnte auf Anhieb nicht erkennen weshalb sich die Ausbeuten so stark unterscheiden. Ist es denkbar, dass der Waschprozess hier einen Einfluss hat? Hast du vom Produkt irgendeine Analytik gemacht?
IOC

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