Coffein

Isolierung und Synthesen von Naturstoffen.

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dg7acg
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Beitrag von dg7acg »

...bei dem was die Geräte so kosten auch kein Wunder. ;-)
...auf der Steuerflucht erschossen! :twisted:
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Ich war heute in Aachen und habe das 1H-NMR-Spektrum anfertigen lassen. Ich habe etwa 5 mg doppelt sublimiertes Coffein in 0,5 ml Deuterochloroform gelöst und in ein NMR-Vial überführt. Dann bin ich mit einer Assistentin in den Messraum mit 6 NMR-Spektrometern gegangen, wo dann mit einem 300 MHz NMR-Spektrometer von Bruker gemessen wurde. Hier das Spektrum:

Bild

Sieht soweit also schonmal ganz gut aus. Nun versuche ich mich mal an der Auswertung.

Zur Veranschaulichung nochmal die Strukturformel des Coffeins mit allen Wasserstoffatomen:

Bild

Der Peak bei 7,44 ppm ist auf das in der Strukturformel mit 1 gekennzeichnete Proton zurückzuführen. Durch den starken -I-Effekt der beiden Stickstoffatome kommt es zu starkem Deshielding und somit zu einem großen Shift. Der Peak bei 7,20 ppm beruht auf den Restprotonen des Lösemittels (das CDCl3 hatte einen Deuterierungsgrad von 99,8%). Der Peak bei 3,93 ppm ist auf die Protonen der mit 2 gekennzeichneten Methylgruppe zurückzuführen, durch den Stickstoff mit zwei angrenzenden Carbonylgruppen kommt es auch hier zu stärkerem Shift als bei Methylgruppe 3 (3,52 ppm), bei der an den Stickstoff nur eine Carbonylgruppe angrenzt und als bei Methylgruppe 4 (3,35 ppm), bei der gar keine Carbonylgruppen angrenzen. Das Verhältnis der Integrale dieser Peaks stimmt mit dem anhand der Strukturformel zu erwartenden Verhältnis überein; wie zu erwarten war tritt kein Splitting auf, d.h. alle Peaks sind Singlets. Es bleibt noch ein Peak bei 1,54 ppm, den ich nicht zuordnen kann.
"It is arguably true that the tetrapyrrole system is Nature's most remarkable creation."
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Ein Massenspektrum habe ich nun auch eingefügt. Damit niemand ernsthaft auch nur auf die Idee kommen könnte, das Coffein wäre nicht ausreichend analysiert worden, habe ich aus dem ganzen ein LC-(TIC)-MS gemacht bzw. machen lassen und außerdem auch noch ein IR-Spektrum aufnehmen lassen. Die werde ich jetzt aber nicht auch noch interpretieren, das überlasse ich vorerst dem geneigten Leser.
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Kohlenstoff
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Beitrag von Kohlenstoff »

Echt super!! :D
Das ist jetzt der bestanalysierte Stoff in Illumina. :mrgreen:
Da ich weder IR, noch MS lesen kann (NMR ein gaaaaaaanz kleines bisschen), frage ich wie rein ist denn jetzt das Coffein ca.?
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Naja, die genaue Reinheit kann man an den Spektren auch nicht ablesen. Im NMR-Spektrum ist halt ein Peak, der nicht da hingehört, die Peaks im IR-Spektrum muss ich mir alle nochmal genauer ansehen um zu sehen ob auch wirklich nur die zu erwartenden funktionellen Gruppen dabei sind oder was sonst noch da ist. Am hilfreichsten dürfte der Graph der LC sein, der schon eine ganz gute Reinheit vermuten lässt.
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Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

Abend :)
Also ich habe mir das Massenspektrum grade mal angesehen und soweit ist auch alles klar, der Peak bei 194,2 is der Molekülionenpeak und der entspricht auch der Mol-Masse des Coffeins. Jedoch kommen danach noch weitere Peaks, auch rechts vom MIP, was ich recht komisch finde. Sind das Isotopenpeaks oder ist das ne höhermolekulare Verunreinigung ?
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Isotopenpeaks (13C), vllt. noch Protonierung...
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Uranhexafluorid
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Beitrag von Uranhexafluorid »

Absolut umhauend die Synthese!! :shock:

Hiermit melde ich mich mal wieder nach einer längeren Abstinenz von der Chemie zurück.
Von so komplexen Sachen kann ich in meiner aktuellen Lage nur träumen...
Bariumchlorid
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Beitrag von Bariumchlorid »

Wuerde rechnerisch hinhaun, wollte mich nur vergewissern...
Ich sprach mit Felix noch generell darüber und er meinte, dass auch aus dem entstandenen Ionen wieder neue Ionen entstehen können, was ich für durchaus plausibel halte. Das würde dann auch den höheren Peak erklären, wobei eine Protonierung, welche Jan ansprach für mich nur schlecht erklärlich ist, denn die x-Achse kennzeichnet das Verhältnis m/z.
6,6´-Dibromindigo
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Beitrag von 6,6´-Dibromindigo »

Ich habe herrausgefunden, dass die Reduktion zum Diaminouracil sich außer mit Sulfid oder H2 anscheinend auch mit Dithionit bewerkstelligen lässt. Im Gattermann-Wieland ist dazu eine Vorschrift, die eine 50-55%-ige Ausbeute dafür angiebt. Außerdem ist dieser Weg hier beschrieben: http://www.orgsyn.org/orgsyn/orgsyn/pre ... p=cv4p0247 (Nebenbei interessant die Zusammenfassung der ersten beiden Stufen in dieser Vorschrift).

Ich werde das mal ausprobieren.
Algi0506
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Coffein Extraktion

Beitrag von Algi0506 »

Dadurch dass ich diese Ausgangsstoffe nicht zur Verfügung habe, möchte ich hier fragen, ob jemand so nett sein könnte und mir schreiben könnte, wie man das Coffein aus Kaffeebohnen extrahiert?

Rein theortisch könnte man Kaffeesud in H2O erhitzen, zum Lösen (in H2O löst sich Coffein besser als in Ethanol). Dann das Wasser verdampfen und die Reste bei ca 180°C sublimieren, dass an einer kalten Oberfläche kondensierte und erstarrrte Coffein müsste dann auch ziemlich rein sein oder?

Wahrscheinlich ist das für euch ganz logisch, aber ich kenn mich in der Chemie noch nicht so gut aus.

Mfg :)
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Dazu gibt's genug im Netz, aber ein Tipp: vorher das Kaffee pulver trocknen!! Andernfalls wird die Sublimation schlonzig, weil Wasser mit kondensiert. (Hatte es selbst mal quick'n'dirty probiert aber da er nicht getrocknet war hab ich's nicht weiter verfolgt.)
IOC

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Algi0506
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Beitrag von Algi0506 »

ja hab mich eh schon im Netz umgeschaut, wollte nur sichergehen.
Danke für den Tipp!
stibium
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Beitrag von stibium »

Hallo,

gibt es irgendwo in der Literatur einen Originalartikel zu dieser schönen Syntheseroute?

Viele Grüße,

stibium
ChemTim
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Molare Umsetzung?

Beitrag von ChemTim »

Hi,

Sind deine Angaben für die Synthese auf deine Ausbeute bezogen?

LG ChemTim
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