Updates:
1. Identifizierung des isolierten Alkaloids
2. Probleme mit der Umkristallisation
3. neue DC-Methode
Nachdem ich hier im letzten Jahr berichtet habe, dass das isolierte Alkaloid nicht Coniin ist, und wir Möglichkeiten der Identifizierung diskutiert haben, konnte diese inzwischen von unserem Mitglied EDTA durchgeführt werden. Er hat netterweise an drei meiner Proben (ich habe die Isolierung 2020 und 2021 wiederholt, weil mir die Sache keine Ruhe ließ) ein NMR-Spektrum aufgenommen und
das Alkaloid als N-Methylconiin identifiziert – wozu auch der Schmelzpunkt des Hydrochlorids und der des Chloraurates (siehe oben) gut passen. Dafür ganz herzlichen Dank!
Inzwischen habe ich, da ich mehr Material zur Verfügung hatte, verschiedene Lösungsmittel zur
Umkristallisation ausprobiert. Das erwies sich als sehr schwierig! Aceton ist nicht geeignet, da der Löslichkeitsunterschied mit der Temperatur zu klein ist. In Ethanol ist das Hydrochlorid zu gut löslich (ca 1:1). Am meisten habe ich mit Gemischen von Ethylacetat und Ethanol (3-4:1 und 4-6 Teile auf 1 Teil Methylconiinhydrochlorid) gearbeitet.
Während es jedesmal sehr gut möglich war, ein rein weißes Produkt zu erhalten, ließ sich das enthaltene Nebenalkaloid (vermutlich Coniin) aber einfach nicht abtrennen. Das reinste Produkt habe ich sonderbarerweise aus meinem ersten Präparat von 2016 (P1) schon nach der ersten UK erhalten, wobei die Ausbeute allerdings nur 35 % betrug. Der Schmelzpunkt beträgt 192°C und die DC zeigt nur einen Spot. Aber als ich die neueren Präparate (von 2020 und diesem Jahr) nach derselben Methode umkristallisiert habe, erhielt ich eine bessere Ausbeute (60 - 70%), aber der Schmelzpunkt betrug nur 187-188 °C und in der DC fand sich ein deutlicher zweiten Spot unterhalb des Hauptspots. Auch eine erneute Umkristallisation änderte daran nichts. Schließlich habe ich bemerkt, dass der Nebenspot im umkristallisierten Präparat
kräftiger war, als im Rückstand, den ich jedesmal durch Verdunsten der Mutterlauge wiedergewonnen habe.
Ein besonderes Phänomen habe ich beim letzten Versuch beobachtet, als ich die abgesaugte Mutterlauge verdunsten ließ. Im Schälchen bildete sich am Rand ein bräunlich gefärbter, kompakter Ring aus derben Kristallen und am Boden eine Masse aus feinen, schneeweißen Nadeln. Diese letzteren hatten einen Schmelzpunkt von 191 °C und gaben in der DC nur einen kaum erahnbaren Nebenfleck! Beim Umkristallisieren reichert sich das Nebenalkaloid also im Präparat an, während es in der Mutterlauge weniger wird!.
Für die
Dünnschichtchromatographie der Schierlingsalkaloide favorisiere ich inzwischen als Laufmittel Ethylacetat + Methanol + Ammoniak 25% = 8,5 + 1 + 0,5. Für die Entwicklung einer DC-Folie von 10 cm werden 18 Minuten benötigt. Das Laufmittel trennt die Alkaloide ausgezeichnet, aufgrund meiner zahlreichen Versuche kann ich aktuell drei davon sicher, ein weiteres wahrscheinlich identifizieren (siehe unten). Große Probleme macht die Detektion der Spots! Joddampf versagt, eine Fluoreszenzlöschung findet nicht statt und Dragendorff gibt unsichere und nur in hohen Alkaloidkonzentrationen deutlich sichtbare Spots, ebenso Jodplatin. Tatsächlich habe ich die besten Resultate mit alkalischer Kaliumpermanganatlösung (1% in 1 N Natronlauge) und anschließendem langsamem Erwärmen der Folie unter Beobachtung gehabt. Hier ein paar Beispiele (jeweis 3 µl einer 0,4%igen Lösung in Methanol eingesetzt):
v.l.n.r.: Coniin Referenz - Präparat 2016 - Präparat 2020 - Präparat 2021(alle nach Umkristallisation)
Diverse Versuche der Umkristallisation
Coniin-Referenzpräparat mit KMnO
4 besprüht und mit Nitroprussid/NH
3 behandelt
Einziger Trost bei der schwierigen Reinigung ist, dass das als Referenz verwendete Coniinhydrochlorid (ein älteres Präparat von Schuchardt/Görlitz) ebenfalls Nebenalkaloide enthält! Wie schon im letzten Jahr berichtet, findet sich in der DC ein blasser Spot im oberen Rf-Bereich, der sich mit Nitroprussid als γ-Conicein identifizieren lässt. Mit KMnO
4-Detektion lässt sich noch ein dritter Spot im unteren Rf-Bereich identifizieren! Meine Methylconiin-Präparate enthalten ein zweites Alkaloid, das einen Rf-Wert aufweist, der mal ein wenig unter, mal ein wenig über dem des Coniins liegt, so dass ich nicht sicher bin ob es sich um Coniin oder ein fünftes Alkaloid handelt. Ich vermute dass es sich bei der Verunreinigung im Coniin um Conhydrin handelt, das bei weitem das polarste der Alkaloide ist und daher den niedrigsten Rf-Wert aufweisen sollte. Der kleine Spot in meinem Methylconiin könnte Coniin oder auch N-Methylconhydrin sein. Somit ergeben sich für das o.g. System in der DC folgende Rf-Werte:
γ-Conicein (gesichert): 0,63-0,7
N-Methylconiin (gesichert): 0,55-0,63
N-Methylconhydrin (möglich/unsicher): 0,34-0,43
Coniin (gesichert): 0,29-0,4
Conhydrin (wahrscheinlich): 0,13-0,22
Bemerkenswert erscheint mir noch immer, dass die von mir untersuchte Schierlingspopulation Methylconiin in diesem Ausmaß als Hauptalkaloid bildet und offenbar sehr homogen ist. Ich muss mal gucken, ob ich irgendwo eine andere Population finde, die Coniin bildet!
[NB: ich habe EDTA angeschrieben und ihn gefragt, ob er die NMR-Ergebnisse hier einstellen möchte. Ich hoffe, dass er noch mitliest]
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