Berufsaussichten Chemiker

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Reosir
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Berufsaussichten Chemiker

Beitrag von Reosir »

Heliumoxid hat geschrieben:Frage an die Chemiker hier: Wie sehen heute die Berufsaussichten für (prom.) Chemiker [nach der Uni] aus ?
von hier: https://illumina-chemie.org/von-anionenr ... 87-s4.html

Natürlich sollte das Geld nicht die wichtigste Rolle bei der Wahl des Studiums spielen. Andererseits schätze ich, dass Hartz-IV nach einem Studium oder sogar als Dr. eher schwer zu ertragen ist. Deswegen halte ich die Chancen, ob man nach dem Chemiestudium damit auch Geld verdienen kann, für ein wichtiges Thema.

Nach dem was ich bei mir und im Bekanntenkreis sehe, teilt sich das ziemlich krass auf: Viele schaffen es nach der Doktorarbeit - ein paar sogar ohne - recht gut reinzukommen. Das Mittelfeld sind die längeren PostDocs, die noch eine Warteschleife fliegen. Andere - auch gute Leute - kommen aber im kritischen ersten Jahr gar nicht unter und damit sinken deren Chancen immer weiter. Denn fast jede Firma will Leute mit erster Berufserfahrung - aber weniger sind bereit den Leuten die Möglichkeit zu bieten, diese zu sammeln.

Ich würde aktuell nur Leuten raten Chemie zu studieren, die sich so dafür interessieren, dass es nicht anders geht ;) Und die notfalls auch damit leben können, Nachhilfelehrer mit Ph.D. zu sein.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Im Arbeitskreis von meinem Prof. gibt es von "vorzeitig vermittelt" bis ca. 18 Monate Warteschleife alles. Bisher hat aber noch Keiner etwas völlig berufs- oder interessenfremdes machen müssen. Die "Vermittelbarkeit" hängt ja bei Jedem auch von weiteren Rahmenbedingungen ab (Wohnortnah, Arbeitszeiten, persönliche Faktoren).
Reosir
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Beitrag von Reosir »

Glaskocher hat geschrieben:Im Arbeitskreis von meinem Prof. gibt es von "vorzeitig vermittelt" bis ca. 18 Monate Warteschleife alles. Bisher hat aber noch Keiner etwas völlig berufs- oder interessenfremdes machen müssen.
Da sind dann aber auch die vielen Stellen im öffentlichen Dienst dabei, bei denen nach maximal 6 Jahren Schluss ist oder?
Glaskocher hat geschrieben:Die "Vermittelbarkeit" hängt ja bei Jedem auch von weiteren Rahmenbedingungen ab (Wohnortnah, Arbeitszeiten, persönliche Faktoren).
Das spielt natürlich auch eine Rolle. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass es ständig mindestens 2000 arbeitslose Chemiker gibt: https://blog.stellen-fuer-chemiker.de/statistiken/
Nach dem was ich bisher gesehen habe, kommt es wohl am meisten darauf an, auf was man sich bei der Abschlussarbeit bzw. bei der Diss spezialisiert hat. Und ob das gerade jemanden interessiert. Dein Prof könnte z. B. ein Gebiet bearbeiten, das Firmen momentan interessiert.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Mit "Anorganische Molekülchemie, Organometallchemie, Tetrel-Übergangsmetall-Mehrfachbindungen und niedervalente Siliziumchemie" als Themenfeld sind wir recht weit von der Anwendung entfernt. Allerdings läuft Nichts ohne Schutzgas, Glovebox und Röntgenstruktur.

Bisher habe ich noch nicht gehört, daß Einer seine Stelle verloren hätte durch solche Konstrukte, wie die im ÖD Befürchteten.
Reosir
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Beitrag von Reosir »

Glaskocher hat geschrieben:Mit "Anorganische Molekülchemie, Organometallchemie, Tetrel-Übergangsmetall-Mehrfachbindungen und niedervalente Siliziumchemie" als Themenfeld sind wir recht weit von der Anwendung entfernt. Allerdings läuft Nichts ohne Schutzgas, Glovebox und Röntgenstruktur.
Ja, das sind so Themengebiete, bei denen die Leute hier dann am ehesten sitzenbleiben. Bei uns in der Gegend haben sie aber die Studentenzahlen auch grob verdoppelt in den letzten 15 Jahren. Vielleicht gibt es tatsächlich noch nettere Ecken für Chemiker. Aber da hilft es nur bedingt, wenn man örtlich flexibel ist: Gerade kleinere Firmen sind oft skeptisch, wenn man von weiter her zum Arbeiten kommen will, weil das für viele andere Berufe unüblich ist.
Glaskocher hat geschrieben:Bisher habe ich noch nicht gehört, daß Einer seine Stelle verloren hätte durch solche Konstrukte, wie die im ÖD Befürchteten.
Ich meine das hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Wissensch ... ragsgesetz
Meistens kriegt man das ja nicht mehr mit, wenn die befristeten Verträge nach sechs Jahren nicht mehr verlängert werden. Mehr als sechs Jahre nach Ende der Zusammenarbeit hat man dann ja meistens nur noch zu einem kleinen Teil der Leute Kontakt.
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frankie
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Beitrag von frankie »

Glaskocher hat geschrieben:Mit "Anorganische Molekülchemie, Organometallchemie, Tetrel-Übergangsmetall-Mehrfachbindungen und niedervalente Siliziumchemie" als Themenfeld sind wir recht weit von der Anwendung entfernt. Allerdings läuft Nichts ohne Schutzgas, Glovebox und Röntgenstruktur.
Ah, auch ein Anorganiker :) Das freut mich !
Ja, das sind so Themengebiete, bei denen die Leute hier dann am ehesten sitzenbleiben. [...]
Ich behaupte: Ein guter Chemiker ist flexibel. Bislang haben alle Abgänger von uns (Anorganik) einen Job gefunden. Natürlich nichts aus dem gleichen Fachgebiet, aber so etwas findet man auch sehr schwer...
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Vanadium
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Beitrag von Vanadium »

Hmm, also ich teile die Einschätzung, dass man Chemie und ähnliches wirklich nur studieren sollte wenn man tiefergehendes Interesse an der Materie hat. Erst 5 Jahren Studium vollgepackt mit Klausuren und Laborpraktika (zumindest der Bachelor) und dann noch 4 Jahre Promotion, wobei eigentlich nur die Hälfe der Arbeit bezahlt wird (Halbtagsstelle). Wenn ich dann noch höre, man müsse ja nach der Promotion noch 1-2 Postdoc-Aufenthalte im Ausland (viele wollen halt nicht jahrelang wegziehen) machen etc. um danach auch an die guten Jobs zu kommen, frage ich mich ob das nicht letzendlich ein viel zu hoher Preis ist, den man dafür zu zahlen hat. Andere Studiengänge ergeben schon nach 3 Jahren Studium bessere Jobchancen. Ich für meinen Teil muss ehrlich gestehen, dass ich mir kaum Gedanken darüber mache, was nach der Promotion ist. 3-4 Jahre sind eine verdammt lange Zeit in der sich viel ändern kann... Außerdem habe ich keine direkten Karriere-Ambitionen, sondern warte einfach mal was so passiert :P
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