Kupfercarbonat(okomplexe)

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lemmi
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Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

Nachdem mgritsch (hier) einen Artikel über komplexe Kupfercarbonatverbindungen mit einfachen Darstellungsvorschriften ausgegraben hat, habe ich Versuche gemacht, die Vorschriften nachzuvollziehen. Ich muss gestehen, ich war skeptisch. Die Ergebnisse sind gemischt und werden im Folgenden dargestellt.


Geräte:

Magnetrührter, Stativ, kleiner Tropftrichter, Becherglas 250 und 400 ml, Messzylinder 10 und 250 ml, Saugflasche mit Nutsche, Uhrgläser, Exsikkator, Messkolben 100 ml, Messpipette 50 ml, Bürette, hohes zylindrisches Schliffstopfenglas 75 ml, Analysenwaage


Chemikalien:

Natriumhydrogencarbonat
Natriumcarbonat, wasserfrei Warnhinweis: attn
Kupferacetat-1-Hydrat Warnhinweis: attn Warnhinweis: n Warnhinweis: c
Kupfer(II)-sulfat-5-Hydrat Warnhinweis: attn Warnhinweis: n Warnhinweis: c
Ethanol, vergällt Warnhinweis: f
Salzsäure 1 N Warnhinweis: c
Ammoniaklösung 10 % Warnhinweis: attn Warnhinweis: c Warnhinweis: n
Murexid-Verreibung 1:100 Warnhinweis: attn
EDTA-Lösung 0,05 M
Kaliumhexahydroxoantimonat(V)-lösung DAB 7 Warnhinweis: attn Warnhinweis: n
Natrium-dicarbonatocuprat(II) Warnhinweis: attn Warnhinweis: n
"Natriumtricarbonatohydroxodicuprat(II)" Warnhinweis: attn Warnhinweis: n
basisches Kupfercarbonat Warnhinweis: attn Warnhinweis: n


Versuchsdurchführung:

1. Natrium-dicarbonatocuprat(II)-Trihydrat

(Na2[Cu(CO3)2] + 3 H2O - Molmasse 283,55 g)

Im Becherglas wurden 10 g Natriumhydrogencarbonat und 25 mg Natriumcarbonat unter Rühren in 250 ml Wasser gelöst und aus einem kleinen Tropftrichter eine Lösung von 3,2 g Kupferacetat in 50 ml Wasser tropfenweise zugegeben, was etwa 10 Minuten in Anspruch nahm. Jeder Tropfen erzeugte in der Flüssigkeit zunächst eine Trübung, die sich rasch wieder auflöste. Es resultierte eine schön dunkelblaue Lösung, die nach der Angabe der Litertur einfach stehen gelassen wurde. Als sich auch nach mehreren Stunden keine Kristalle gebildet hatten, wurde über Nacht in den Kühlschrank gestellt. Am nächsten Morgen fanden sich auf dem Boden des Gefäßes viele kleine azurblaue Kristalle, die abgesaugt, mit wenig kaltem Wasser und etwas Ehtnaol auf der Nutsche gewaschen und getrocknet wurden (zuerst auf der Heizung, dann über Nacht im Exsikkator).

Ausbeute: 3,1 g (68,3%) azurblaue Kristalle


2. "Natriumtricarbonatohydroxodicuprat(II)"-Tetrahydrat
(Na3[Cu2(CO3)3(OH)] + 4 H2O - Molmasse 465,1 g)

a) 25 g Natriumhydrogencarbonat wurden mit 260 ml Wasser eine halbe Stunde kräftig gerührt, in einem Messzylinder absetzen gelassen und von der klaren gesättigten Lösung 250 ml in das große Becherglas gegeben. Erneut wurden 3,2 g Kupferacetat in 50 ml Wasser langsam zugetropft, wobei bereits nach Zugabe weniger Milliliter einen bleibende hellblaue Fällung entstand.
In der Literatur steht, dass das Produkt nach 1/2 Stunde abgesaugt werden sollte. Bei meinem ersten Versuch stand die Reaktionsmischung 2 Stunden bis zum Aubsaugen und es wurde die Bildung zahlreicher kleiner Gasbläschen beobachtet, die aus dem Niederschlag aufstiegen. Das Absaugen gestaltete sich langwierig, da das Produkt ausgesprochen schlammig und schlecht zu filtrieren war. Nach zweimaligem Waschen mit Wasser wurde das pastöse Präparat getrocknet.

Ausbeute 1,5 g (40,2 %), feines hellblaues Pulver

b) Wegen der unbefriedigenden Ausbeute wurde der Versuch wiederholt, diesmal aber schon nach 15 Minuten abgesaugt. Das ging erheblich schneller, auch konnte man sehen, dass sich der Niederschlag im Kolben ziemlich zügig absetzte. Auch diesmal wurden einzelne Gasbläschen beobachtet. Der Niederschlag wurde auf der Nutsche mit Wasser und Ethanol gewaschen und getrocknet.

Ausbeute: 3,2 g (85,8 %) feines hellblaues Pulver, äußerlich identisch zum ersten Produkt


3. basisches Kupfercarbonat
(Cu(CO3)⋅Cu(OH)2 - Molmasse 211,1 g)

Zu einer Lösung von 5 g Kupfer(II)-sulfat (20 mmol) in 60 ml Wasser wurde unter gutem Rühren eine Lösung von 2,12 g Natriumcarbonat (20 mmol) in 5 ml Wasser gegeben. Es fiel sofort ein himmelblauer Niederschlag aus und nach einigen Sekunden schäumte die Lösung auf. Nachdem das Schäumen aufgehört hatte wurde die Hälfte der Mischung (Präparat 3a) sofort abgenutscht, der schlammige Rückstand mit 2 x 15 ml Wasser, 15 ml Ethanol 50% und schließlich mit 15 ml absolutem Ethanol gewaschen und im Trockenschrank bei 50°C getrocknet. Die andere Hälfte (Präparat 3b) wurde eine Stunde gerührt, dann ebenfalls abgesaugt und wie beschrieben gewaschen und getrocknet. Erhalten wurde ein himmelblaues feines Pulver .

Ausbeute: 2,33 g (52,7 % bei Annahme der obenstehenden Formel - 86,9 % nach dem untenstehenden Analysenergebnis)


Analyse der Präparate:

Um die Zusammensetzung zu überprüfen, wurde ein Vorgehen gewählt, das es erlaubte, das Molverhältnis Kupfer/Carbonat zu bestimmen. In ein zylindrisches Schliffstopfengefäß mit Kunststoffstopfen wurden mit Hilfe einer Pipette (um den Hals des Gefäßes trocken zu halten) 10 ml 1 N Salzsäure und ein kleiner Rührfisch gegeben und das verschlossene Gefäß genau gewogen. Dann wurde getrennt eine Menge der Präparate abgewogen, die geschätzt 1 mmol Kupfer entsprach, in einem Schwung in die Flasche gegeben und sofort der Deckel aufgesetzt. Nach Abklingen des initalen Aufbrausens wurde für 20-30 Minuten auf dem Magnetrührer kräftig gerührt. Dabei sorgte eine in den Gefäßrand eingehängte Büroklammer dafür, dass entstehendes Gas entweichen konnte, ohne dass Verlust durch Spritzen oder Aerosol auftrat. Dann wurde das Gefäß geöffnet, einmal hineingepustet (um CO2 durch Luft auszutauschen) und erneut gewogen. Aus der Gewichtsdifferenz wurde die Menge des entwichenen Kohlendioxids ermittelt.
Berechnung: mg CO2 : 44 mg/mmol = mmol CO32- in der Probe

Die blaue Lösung wurde dann in einen 100 ml-Messkolben überführt und unter Nachspülen mit Wasser bis zur Marke aufgefüllt. Von der Verdünnung wurden 50,0 ml in einem 250 ml-Becherglas auf 100 ml aufgefüllt, ca. 200 mg Murexid-Verreibung zugegeben, und die schmutzig-graugrüne Brühe 0,5 ml-weise mit so viel Ammoniaklösung versetzt, bis eine klare, dunkelblaugrüner Flüssigkeit erhalten wurde. Dann wurde mit 0,05 M EDTA-Lösung bis zum Farbumschlag nach Violett titriert. Die anfangs sehr dunkle Lösung färbt sich im Verlauf der Titration immer heller grün, und der Umschlag ist scharf.
Berechnung: ml verbrauchte 0,05 M EDTA : 10 = mmol Cu in der Ausgangsprobe

Die Analyse des Natriumdicarbonatocuprat(II)-Trihydrat (Präparat 1) ergab für 300,5 mg:

87 mg CO2 = 1,977 mmol CO32-
9,975 ml 0,05 M EDTA = 0,9975 mmol Cu2
Das entspricht einem Verhältnis Cu : CO32- von 1 : 2,02. Die Zusammenstzung entspricht also der Formel.

Die Analyse der Natriumtricarbonatohydroxodicuprat(II)-Tetrahydrat-Präparate (2a und 2b) ergab folgendes:

Päparat a für 300,25 mg: 58,75 mg CO2 = 1,33 mmol CO32-
22,05 ml 0,05 M EDTA = 2,205 mmol Cu
entsprechend einem Verhältnis Cu : CO32- von 1 : 0,6.
(Anmerkung: hier kam es aufgrund eines Absinkens des pH durch die Maßlösung zu einer Trübung, die durch etwas Ammoniaklösung beseitigt wurde)

Päparat b für 315 mg: 97,4 mg CO2 = 2,21 mmol CO32-
11,7 ml 0,05 M EDTA = 1,17 mmol Cu
entsprechend einem Verhältnis Cu : CO32- von 1 : 1,88.

Wegen offensichtlicher nicht-stöchiometrischer Resultate wurde auf eine Kalkulation der Molmassen verzichtet.

Bei der Analyse des basischen Kupfercarbonates erhielt ich für beide Fraktionen übereinstimmende Resultate:

Päparat a für 201 mg: 27,3 mg CO2 = 0,62 mmol CO32-
15,7 ml 0,05 M EDTA = 1,57 mmol Cu
entsprechend einem Verhältnis Cu : CO32- von 1 : 0,395.

Päparat b für 200,3 mg: 27,5 mg CO2 = 0,625 mmol CO32-
15,6 ml 0,05 M EDTA = 1,56 mmol Cu
entsprechend einem Verhältnis Cu : CO32- von 1 : 0,4.

Um zu prüfen, ob das Präparat Nr.3 frei von Natrium ist, wurde folgendermaßen verfahren: je eine Reagenzglasrundung der äußerlich sehr ähnlichen Präparate 2 und 3 wurde trocken erhitzt, bis sie vollkommen schwarz verfärbt waren, nach dem Abkühlen mit 2 ml Wasser geschüttelt und filtriert. Das Filtrat wurde mit dem gleichen Volumen Kaliumhexahydroxoantimonat(V)-lösung verstezt. In der aus Präparat 2 stammenden Probe bildetet sich eine Trübung und rasch setzte sich ein kristalliner Bodensatz ab. Bei Präparat 3 war dies nicht der Fall.

Entsorgung:

Die austitrierten Lösungen und ggf. die Präparate kommen zu den anorganischen (Schwermetall-)Abfällen.


Diskussion:

Die Darstellung des ersten Präparates bereitet keine Schwierigkeiten und man erhält ein Produkt der angegebenen Zusammensetzung. Einziger Schönheitsfehler: die Molmasse stimmt nicht! Die Einwaage hätte 1,06 mmol entsprechen müssen, gefunden wurden aber 0,9975 mmol. Wenn man statt des Trihydrates ein Tetrahydrat unterstellt (Molmasse 301,55) stimmt die Einwaage damit genau überein. Andererseits ist in der Literatur (ich habe die Verbindung auch im Hoffmann-Rüdorf von 1957 gefunden, dort formuliert als Doppelsalz Na2CO3•CuCO3 • 3 H2O) immer vom Trihydrat die Rede.

Das zweite Präparat ist problematisch. Die Beobachtungen legen nahe, dass zunächst ein carbonatreicherer Niederschlag ausfällt, der dann unter teilweiser Abgabe von Kohlendioxid in ein Hydroxo-carbonat übergeht. Das nach 15 Minuten abgesaugte Produkt liegt in der Zusamensetzung zwischen [Cu2(CO3)3(OH)]3- (Molverhältnis Cu:CO32- = 1:1,5) und [Cu(CO3)2]2- (Molverhältnis Cu:CO32- = 1:2). Das nach längerem Stehen erhaltene Präparat liegt nahe an der Zusammensetzung des "klassischen" basischen Kupfercarbonates Cu(OH)2•CuCO3 (Molverhältnis Cu:CO32- = 1:0,5). Es scheint, dass der Niederschlag in der Lösung "altert". Es dürfte schwierig sein, den Zeitpunkt so abzupassen, dass genau das in der Literatur beschriebene Präparat erhalten wird. Von den dort erwähnten "light blue needle-shaped crystals" konnte ich nie auch nur eine Spur entdecken...

Die Darstellung wirft theoretische Fragen auf: In einer reinen Hydrogencarbonatlösung (Präparat 2) erwarte ich eine geringere OH--Konzentration als in der Mischung Carbonat/Hydrogencarbonat bei Präparat 1. Warum enthält dann Präparat 2 Hydroxid und Carbonat nebeneinander, während Präparat 1 nur Carbonat enthält? Und wozu dient der Hydrogencarbonatzusatz bei Präparat 1?

Die Struktur der Verbindungen ist für mich ebenfalls nicht klar. Während man sich den Komplex [Cu(CO3)2]2- gut als Oktaeder mit zwei zweizähnigen Carbonaten und zwei Molekülen Wasser vorstellen kann, ist der Aufbau des [Cu2(CO3)3(OH)]3--Moleküls (so es sich überhaupt um einzelne Moleküle handelt und nicht um ein Kristallgitter mit wechselnden Anteilen (OH)- und CO32-!) unklar.
Vorstellbar wäre ein zweikerniger Kupferkomplex mit einen Carbonat als Brückenligand, die Verbindung wäre dann systematisch als Natrium-hydroxocarbonatocuprat(II)-µ-carbonato-carbonatocuprat(II) zu formulieren. Oder symmetrisch mit einem Hydroxy und einem Carbonat als Brücken: Natrium-µ-hydroxo-µ-carbonato-di-carbonatocuprat(II) .

Schließlich ist auch das "klassische" basische Kupfercarbonat, das nach der Gleichung:

2 CuSO4 + 2 Na2CO3 + H2O ---> CuCO3⋅Cu(OH)2 + CO2 + 2 Na2SO4

durch Umsetzung äquimolarer Mengen Kupfersulfat und Natriumcarbonat entstehen sollte, nicht leicht in der theoretischen Zusammensetzung zu erhalten. Mein Präparat enthielt zu viel Kupferhydroxid und hatte die Zusammensetzung 2CuCO3⋅3Cu(OH)2! Immerhin "alterte" es nicht weiter nach, wie dies beim Präparat 2 beobachtet worden war, und ist frei von Natrium. Vermutlich kommt man der äquimolaren Zusammensetzung am ehesten nahe, wenn man - wie bei Präparat 2 - einen gewissen Überschuss an Natriumhydrogencarbonat zusetzt und längere Zeit stehen lässt.


Bilder:

Natriumdicarbonatocuprat Synthese.jpg
Darstellung von (Na2[Cu(CO3)2]

Natriumtricarbonatohydroxodicuprat fällen.jpg
Natriumtricarbonatohydroxodicuprat Synthese 2.jpg
Darstellung von Na3[Cu2(CO3)3(OH)] (gezeigt ist Ansatz b)

Natriumdicarbonatocuprat und -tricarbonatohydroxodicuprat 1.jpg
Die Präparate 1 und 2

Kupfercarbonat fällen 2.jpg
Kupfercarbonat absaugen.jpg
Fällung von basischem Kupfercarbonat

Natriumdicarbonatocuprat, -tricarbonatohydroxodicuprat und basisches Kupfercarbonat.jpg
die drei Präparate im Farbvergleich: (v.l.n.r.) Natriumdicabonatocuprat(II) - "Natriumtricarbonatohydroxodicuprat(II)" -"basisches Kupfercarbonat

Analyse 1.jpg
Analyse 2.jpg
Analysenansatz zur Bestimmung des CO32-

Titration 1.jpg
Titration 2.jpg
Titration von Kupfer

Carbonat und Corbponatokomplex auf Natrium 2.jpg
Probe auf Natrium: links: "basisches Kupfercarbonat", rechts: "Natriumtricarbonatohydroxodicuprat"

Literatur:

Segupta AK und Nandi AK: Complex Carbonates of Copper(II); J. inorg. nucl. Chem. (36) 1974: 2479 - 2484
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

Ich hab' das mal in die Spielwiese gestellt, weil für mich noch zu viele Fragen offen sind. Wenn die Community es gutheißt, kann man das auch in die Artikelschmiede verschieben.

Mit den systematischen Bezeichnungen der Komplexe bin ich immer etwas unsicher. Ist es korrekt, dass einzähnige Ligangden mit di-, tri-, tetra- und mehrzähnige mit bis-, tris-, tetrakis- benannt werden?
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von mgritsch »

Sieh an :) Ja ein trickreiches Präparat. Mit Hydrogencarbonat deckt sich mein Ergebnis, ich konnte aber nicht genau sagen ob das jetzt wirklich der Komplex oder einfach nur das basische Carbonat war, die Muße für die Analyse hatte ich nicht. Beim dicarbonato-Komplex hatte ich ein Rezept mit viel mehr Carbonat. Anfangs eine schöne blaue Lösung, aber sehr bald begann etwas auszufallen, ich habe es dann aufgegeben. Scheint aber wohl gut zu klappen.

Wassergehalt - schwer zu sagen wie man das Zeug richtig trocknen muss ohne dass es Kristallwasser enthält?

Zur Nomenklatur:
https://www.chemie.de/lexikon/Komplexch ... rbindungen
Die Anzahl der Liganden wird durch vorangestellte griechische Zahlwörter angegeben: mono, di, tri, tetra, penta, hexa, hepta, octa usw. Bei Liganden mit komplizierten Namen oder zur Vermeidung von Mehrdeutigkeiten (z. B. dithiosulfat) verwendet man die aus dem griechischen abgeleiteten Multiplikatoren: bis, tris, tetrakis, pentakis, hexakis, heptakis, octakis usw. Der hierdurch vervielfachte Teil kommt in Klammern.
Hat nichts mit der Zähnigkeit zu tun.
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

Okay! Dann gehe ich mal wieder auf dicarbonatocuprat(II) zurück! "Carbonat" ist kein komplizierter (wo ist da die Grenze?) Name für einen Liganden :)

Man kann die Präparate noch weiter betrachten. Ich will noch das Lösungsverhalten des Natrium-dicarbonatocuprats(II) testen und irgendwo im Keller müsste ich ein altes Präparat basisches Kupfercarbonat rumstehen haben. Das könnte ich auch analysieren. Oder das, was ausfällt, wenn man stöchiometrische Mengen Soda und Kupfersulfat zusammenkippt. Wobei im Hoffmann-Rüdorff steht, dass der dabei ausfallende Niederschlag zunächst von nicht-stöchiometrischer Zusammensetzung ist, und sich ebenfalls erst nach Stehenlassen unter der Mutterlauge in das "klassische" basische Carbonat umwandelt.

Hast du eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse bei Verwendung von Na-Carbonat und -Hydrogencarbonat, die ich oben angesprochen habe?

N.B. die Bestimmung von Carbonat über den Gewichtsverlust geht ganz gut, hat aber hat ihre Haken und Ösen. Das Gefäß muss außen und am Hals innen ganz trocken bleiben. Und das Hineinpusten ist wichtig! Die Gewichtsdifferenz ohne und mit Pusten machte mehr als 10 mg aus!
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von mgritsch »

Ja, sowas mit Gewichtsverlust hatte ich auch schon mal gemacht beim Versuch den Carbonatgehalt von Asche zu ermitteln.
Ist aber generell sehr trickreich - natürlich muss man erwärmen um CO2 auszutreiben, andererseits sollte man auch nicht zu viel erwärmen oder blasen, denn auch Verdunstung kann einiges an Gewichtsverlust geben. Wäre nicht Cu anwesend könnte man ja einfach mit HCl titrieren…
lemmi hat geschrieben: Sonntag 2. Oktober 2022, 21:33 "Carbonat" ist kein komplizierter (wo ist da die Grenze?) Name für einen Liganden :)
Die Grenze ist da wo der Ligand selbst ein Zahlwort enthält und somit die Eindeutigkeit leidet.
Hast du eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse bei Verwendung von Na-Carbonat und -Hydrogencarbonat, die ich oben angesprochen habe?
Kein Plan :) schon alleine die Frage wann komplex und wann basisches Carbonat gibt Rätsel auf.
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

mgritsch hat geschrieben: Sonntag 2. Oktober 2022, 22:46 natürlich muss man erwärmen um CO2 auszutreiben, andererseits sollte man auch nicht zu viel erwärmen oder blasen, denn auch Verdunstung kann einiges an Gewichtsverlust geben. Wäre nicht Cu anwesend könnte man ja einfach mit HCl titrieren…
Erwärmen habe ich auch probiert (ganz milde, die geschlossene Flasche auf die Heizung gestellt) und das gab völlig erratische, viel zu hohe Verluste. Ich habe mich deswegen darauf beschränkt, nur schnell zu rühren. Durch die Verwirbelung der kleinen Menge Flüssigkeit stellt sich rasch ein Gleichgewicht zwischen der Luft und der Lösung her. Jedenfalls sind die Ergebnisse viel genauer.

Ja, Titrieren hatte ich auch hin und her überlegt, es aber dann letztlich doch sein gelassen...
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von aliquis »

Hallo lemmi,

also ich finde den Artikel mal wieder toll, viel zu schade für die Spielwiese.
Das einzige, was fehlt, sind die Gefahrstoffsymbole beim Kupferacetat. :wink:

Ganz ehrlich: um eine qualifizierte fachliche Beurteilung abzugeben, fühle ich mich im Grunde nicht in der Lage.

Warum eine Mischung aus Hydrogencarbonat und Carbonat? Für mich sieht das nach einer beabsichtigten Pufferfunktion aus. Nur mit welchem Zweck?

Apropos Alterung des Produkts: das scheint nicht nur in wässriger Umgebung vor sich zu gehen.
Um mein mutmaßliches basisches Carbonat mit Deinen Präparaten farblich zu vergleichen, habe ich es nun nach Wochen des unbeobachteten Lagerns (trocken, luftdicht und dunkel bei RT) wieder hervorgeholt - und war erschrocken: es ist zwischenzeitlich zu einem braunschwarzen Pulver mit einem Rest grünlichem Teints geworden, hat sich also offensichtlich größtenteils zu Kupferoxid umgesetzt. Gasdruck durch Kohlendioxid hatte sich unterdessen im Gefäß aber nicht aufgebaut, obwohl sich das Produkt vor Abfüllung deutlich als Carbonat erwies (Aufbrausen unter Säurezugabe). Habe ich da womöglich auch einen Komplex abfiltriert und nicht das basische Carbonat wie beabsichtigt? Wenn dem so ist, wie erhält man dann ein stabiles Kupfercarbonat? Ich bin von einer sauren Kupfersalzlösung ausgegangen und habe von Beginn an Natriumcarbonat hinzugegeben - somit dürfte unter diesen Bedingungen wohl auch Natriumhydrogencarbonat entstanden sein, oder?
Würde mich mal interessieren, wie Deine Produkte nach einigen Wochen aussehen. Magst Du mir dann Rückmeldung dazu geben?
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

Mache ich gerne! "Richtiges" basisches Kupfercarbonat ist lagerungsstabil. Was könntest du da "zusammengebaut" haben ? :wink:
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von aliquis »

1664818325543610398330441412950.jpg

So sieht es nun bei mir aus. :? Nein, keine Blumentopferde, sondern das gleiche Produkt, das vor ein paar Wochen noch babyblau-türkis war: viewtopic.php?f=28&t=5966&start=15
Wird jetzt erstmal vollständig durchgeglüht und dann noch das zuvor evtl. komplex gebundene Natriumcarbonat ausgespült - als CuO ist es dann ja wenigstens noch verwendbar... Eine ressourcenschonende Recyclingmethode wäre das jetzt aber defintiv nicht mehr...
Ansonsten kann man es allenfalls noch als Tarnfarbenpigment gebrauchen... :roll:

Edit:
Das geglühte Kupferoxid sieht ganz anders aus als das "gealterte" Produkt: richtig schwarz, der grünliche Schimmer ist weg, das Volumen des Pulvers um Zweidrittel gegenüber vorher reduziert. Das Waschwasser der ausglühten und erkalteten Masse ist alkalisch. Es scheint sich bei meinem Präparat also tatsächlich um einen Carbonato-Komplex gehandelt zu haben.

Wie schafft man es denn, das basische Carbonat ohne Komplexbildung herzustellen? Einfach Kupfersulfat und Natriumcarbonat in stöchiometrischem Verhältnis miteinander reagieren lassen? Carbonatlösung zur Kupfersalzlösung geben und nicht umgekehrt?
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

So würde ich das machen und danach vor allen Dingen eine Weile stehen lassen. Eventuell sogar über Nacht, schadet ja nicht.

Trotzdem verwunderlich, dass sich das Präparat spontan so verändert hat!
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von aliquis »

Tja, ist ja die Frage, ob diese Carbonato-Komplexe nicht generell instabil sind - naja, werden wir dann in ein paar Wochen bei Deinen Präparaten ja sehen...
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von aliquis »

Habe hier die käufliche Substanz gefunden mit gleicher Farbe wie mein verändertes Präparat: https://www.etsy.com/de/listing/5661385 ... ch_1&frs=1
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von Glaskocher »

Jetzt heißt es forschen, warum dieses Präparat (und dein Verändertes) die blautürkise Farbe verloren haben. Die Farbe sieht aus, alsob da Anteile an CuO drin sind. Das müßte man über Glühen und die Bestimmung von Wasser im Ausgasenden, sowie eine Kupferbestimmung ermitteln können. Ergänzend läßt sich noch der CO2-Anteil im Ausgasenden ermitteln.

Mein Verdacht ist, daß es an irgendeiner Stelle leicht zu basisch geblieben ist und das Cu(OH)2 zu CuO eliminiert ist, was dem Carbonat den Stabilisator entzieht...

Ich habe eine SEHR alte Probe basischen Kupfercarbonates zur Verfügung. Die werde ich mir mal ansehen, ob sie immer noch grünlich-blau ist...
aliquis
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von aliquis »

Zu spät: das Carbonat ist längst zu CuO verglüht - natürlich ohne, dass ich vorher und nachher gewogen hätte :wall: , geschweige denn irgendwelche Gase analysiert (letzteres wäre mit meinen Möglichkeiten vermutlich eh schwierig geworden)...
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Re: Kupfercarbonat(okomplexe)

Beitrag von lemmi »

Also meines sieht nach ca 15 Jahren so aus (kein besonders scharfes Foto, aber man sieht, worauf es ankommt): ...
"Meine" Probe ist mindestens genauso alt und zeigt die selbe Farbe.
Dateianhänge
Kupfercarbonat.jpg
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