Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Hier können Erfahrungsberichte zu Experimenten auch formlos geschrieben werden.

Moderatoren: Moderatoren, Assistenten

Antworten
Holger Pfahls
Illumina-Mitglied
Beiträge: 100
Registriert: Mittwoch 20. Januar 2010, 22:21

Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Holger Pfahls »

Aus einer wässrigen Lösung von KCl und KBr kristallisieren bei Überschreitung der Löslichkeit KClxBr1-x-Mischkristalle aus.
KCl und KBr bilden Mischkristalle, weil sich die Ionenradien von Cl- und Br- um weniger als 15% unterscheiden.

Meine Frage zur Aufreinigung von mit Bromid verunreinigtem Kaliumchlorid durch Umkristallisation:

Wie hängt das Br/Cl-Verhältnis in den Mischkristallen vom Br/Cl-Verhältnis in der Lösung (Mutterlauge) ab?
Gilt unter der Annahme m(Br) << m(Cl) ein proportionales Verteilungsgesetz (analog zum Nernstschen Verteilungsgesetz)?

m(Br)/m(Cl) = k * cL(Br)/cL(Cl)

wobei cL(Br) und cL(Cl) die Konzentrationen in der Lösung und m(Br)/m(Cl) das Molverhältnis von Br und Cl im Mischkristall bezeichnet?
Copying from one source is plagiarism, whereas copying from more than one is research.
Glaskocher
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2522
Registriert: Dienstag 27. Oktober 2015, 22:17
Wohnort: Leverkusen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Glaskocher »

Das ist eine interessante Frage, zu der ich recht wenig Sachdienliches liefern kann. Ich befürchte, daß die Frage genug Stoff bietet, um eine Diplomarbeit damit zu versorgen.

Man müßte zuerst herausfinden, welches Halogenid den "optimalen" Kristall bildet und wie der "Energieaufwand" ist, punktuell das andere Halogen einzubauen. Eventuell hilft hier schon die Löslichkeit in Mol pro Liter oder pro Kilo Lösemittel. Das könnte klären helfen, ob sich das Bromid bevorzugt im Kristall oder der Mutterlauge anreichert, oder ob es da irgendwo einen homologen Effekt zum Azeotrop bei der Destillation oder dem Eutektikum beim Erstarren gibt. Das müßte man im Experiment dann entlang des ganzen Konzentrationsgradienten beweisen. Am besten in drei Experimenten je Konzentrationsstufe, mit Spontankeimbildung, und jeweils Impfung mit den Reinsubstanzen. Dann kommt es bestimmt noch auf die Wachstumsgeschwindigkeit an, denn ich vermute, daß bei raschem Wachstum die Ionen zunehmend wahllos eingebaut werden.

Die Hydratationsenthalpie könnte einen Einfluß haben, wie leicht sich das Ion aus seiner Hülle "befreien" läßt. Zusätzlich die Bindungsenergie am/im Kristall, wobei man dann die drei Spezialfälle "Ecke", "Kante" und "Fläche", sowie die Anlagerung an eine Atomlage aus allen möglichen Situationen beachten muß.

Zusätzlich könnte man noch untersuchen, wie sich der (gleichionige) Zusatz von HCl (-Gas) auswirkt, was die Fällung von Bromid angeht. Natriumchlorid läßt sich aus gesättigter Lösung durch Zusatz von konz. Salzsäure fällen. Das sollte auch mit Kaliumchlorid funktionieren. Spannend könnte der Einfluß auf das Mitfällen von Bromid sein.



Um Bromid aus einer verunreinigten Kaliumchlorid-Probe zu entfernen würde ich chemische Verfahren bevorzugen. Bei recht großen Mengen Bromid würde ich mit Chlor oder Wasserstoffperoxid langsam oxidieren und das entstehende Brom mit z.B. Dichlormethan extrahieren. Um Spuren zu beseitigen könnte man mit Silberchlorid ausrühren, wobei sich das schwerer lösliche Silberbromid bildet.
Holger Pfahls
Illumina-Mitglied
Beiträge: 100
Registriert: Mittwoch 20. Januar 2010, 22:21

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Holger Pfahls »

Glaskocher hat geschrieben: Freitag 15. Januar 2021, 20:27 ...
Um Bromid aus einer verunreinigten Kaliumchlorid-Probe zu entfernen würde ich chemische Verfahren bevorzugen. Bei recht großen Mengen Bromid würde ich mit Chlor oder Wasserstoffperoxid langsam oxidieren und das entstehende Brom mit z.B. Dichlormethan extrahieren. Um Spuren zu beseitigen könnte man mit Silberchlorid ausrühren, wobei sich das schwerer lösliche Silberbromid bildet.
Chemische Verfahren sind wahrscheinlich zu bevorzugen, wenn Chlor und eine Destillationsapparatur eingesetzt werden können.
Der Vorteil einer Aufreinigung durch Umkristallisation besteht in der apparativen Einfachheit und darin, dass kritische Hilfsstoffe nicht erforderlich sind.

Wenn das vorstehend postulierte Gesetz gilt, dann hängt es natürlich vom Verteilungskoeffizienten k ab, ob eine Aufreinigung durch Umkristallisation mit vertretbarem Aufwand möglich ist oder nicht.
Vermutlich ist er geringer als der Aufwand für eine Trennung der Lanthanide durch fraktionierte Kristallisation. :wink:

Eine Google-Suche zu diesem Thema hat nur wenig Brauchbares geliefert, z.B. (Horosanskaia 2019) Strategien zur kristallisationsbasierten Aufreinigung von ... (Kapitel 3).
Copying from one source is plagiarism, whereas copying from more than one is research.
Benutzeravatar
mgritsch
Illumina-Admin
Beiträge: 4349
Registriert: Montag 8. Mai 2017, 10:26
Wohnort: in den Misanthropen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von mgritsch »

Eine sehr interessante Frage die ich mir auch schon gestellt habe - wie effektiv kann Umkristallisation sein?
Einerseits finde ich deinen Denk-Ansatz:
m(Br)/m(Cl) = k * cL(Br)/cL(Cl)
wobei cL(Br) und cL(Cl) die Konzentrationen in der Lösung und m(Br)/m(Cl) das Molverhältnis von Br und Cl im Mischkristall bezeichnet
logisch, k könnte sich zB aus dem Verhältnis der Löslichkeiten ergeben.

Andererseits denke ich: fundamental betrachtet ist es ja zunächst mal die Abscheidung der unlöslicheren Komponente aus der Lösung. Auf der Oberfläche dieser Kristalle stellt sich ein Adsorptions-Gleichgewicht mit der Lösung ein und die Atome die sich dort "festsetzen" bleiben dann auch gleich im Kristallverbund - eine der Adsorptionsisothermen könnte also das geeignetere Modell zur Beschreibung sein als Nernst-Verteilung.

Praktisch wird man bei der Kristallisation etwas komplexere Verhältnisse haben die weit von jeder idealisierten Gleichgewichts-Beschreibung entfernt sind. In den sehr konzentrierten und übersättigten Lösungen würde ich mal nicht davon ausgehen, dass übliche Löslichkeitsverhältnisse der Komponenten vorliegen (Stichwort Ionenstärke und Aktivität). Wenn Kristallisation einsetzt, ändern sich lokal die Konzentrationsverhältnisse sehr rasch massiv, rascher als Diffusion etwas nachliefern kann. Ob es unter diesen Bedingungen überhaupt so etwas wie eine Theorie geben kann?

Wenn ich mir Phasendiagramme von Mischsystemen vorstelle: ggfs gibt es auch "lokale" Eutektika bei denen im Kristall echte Entmischung in der Festen Phase eintritt und kleine Domänen enthalten nur Bromid oder nur Chlorid? Vielleicht hilft es zum Verständnis der Umkristallisation wenn man so ein Phasendiagramm KCl-KBr finden und studieren könnte?
Xyrofl
Illumina-Mitglied
Beiträge: 1047
Registriert: Samstag 25. September 2010, 00:49

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Xyrofl »

Das Nernst'sche Verteilungsgesetz würde exakt gelten wenn das Bromid einfach nur zwischen den Phasen NaCl(Mischkristall) und Wasser(Lösung) hin und her wechseln könnte, bis sich ein Gleichgewicht eingestellt hat. Praktisch ist dies aus diversen Gründen nicht der Fall, es gibt z.B. keine wirksame Diffusion im Inneren der NaCl-Kristalle, d.h. wenn das NaCl nicht unendlich fein ist, können wir nicht von einem Erreichen des Gleichgewichtszustandes ausgehen. Im Prinzip muss man sich immer fragen, wo das chemische Potential des Bromid niedriger ist, im Mischkristall (wo wir leider meist wenig Informationen darüber haben, wie gut es sich darin löst) oder in der Lösung (wo wir hochgradig nichtideale Verhältnisse haben, da wir nicht nahe dem Grenzfall der unendlichen Verdünnung arbeiten). Ist die Löslichkeit von Bromid im NaCl sehr hoch, dann wird das fallende NaCl auch Bromid aus der Lösung extrahieren, ist Bromid im NaCl kaum löslich, dann wird es entweder in der Lösung bleiben, oder irgendwann wenn das Löslichkeitslimit überschritten ist eine eigene Festphase bilden.
Es gibt ja Fälle wo man in der Praxis Stoffe durch Fällung eines Hilfsmittels aus der Lösung extrahiert, d.h. Kopräzipitation und da nimmt man als Ko-Fällungsreagenz nicht einfach irgendwas, sondern etwas, dessen Festphase tatsächlich nach einer Art nernst'schem Verteilungsgesetz sehr gut extrahierend wirken kann, d.h. das chemische Potential der zu extrahierenden Substanz ist in diesem Stoff viel tiefer als in der Lösung. So fällt man z.B. Radium mit Hilfe von Bariumsulfat aus der Lösung oder Francium mit Hilfe von Cäsiumperchlorat und nicht umgekehrt.

Wenn also der Fall vorliegt, dass sich die Verunreinigung sehr gut im Kristall lösen kann (dort ein tiefes chemisches Potential besitzt) dann extrahieren die Kristalle aktiv Schmutz aus der Lösung und umgekehrt wenn die Verunreinigung sich gar nicht ernsthaft im Kristall lösen kann, also das chemische Potential im Kristall fast unendlich hoch liegt, dann spielt es nur noch eine Rolle, wie sauber die Kristallisation durchgeführt wird, also keine Einschlüsse, keine Ausscheidung einer zweiten Festphase auf den Produktkristallen, usw.
Benutzeravatar
mgritsch
Illumina-Admin
Beiträge: 4349
Registriert: Montag 8. Mai 2017, 10:26
Wohnort: in den Misanthropen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von mgritsch »

Xyrofl hat geschrieben: Dienstag 19. Januar 2021, 11:43Im Prinzip muss man sich immer fragen, wo das chemische Potential des Bromid niedriger ist, im Mischkristall (wo wir leider meist wenig Informationen darüber haben, wie gut es sich darin löst) oder in der Lösung
Das ist in seiner Allgemeinheit zwar absolut korrekt aber wenig hilfreich wenn es um Rechnungen, Abschätzungen etc geht.
Irgend eine Idee aus welchen stofflichen Konstanten die man ggfs irgendwo tabelliert findet man einen Näherungswert finden könnte wie die Kristallzusammensetzung bei gegebener Lösungszusammensetzung aussehen könnte? Sowas wie ein Phasendiagramm wo man eine Linie einzeichnen und grafisch abschätzen könnte welche Zusammensetzung die ausfallende Phase haben sollte?
Glaskocher
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2522
Registriert: Dienstag 27. Oktober 2015, 22:17
Wohnort: Leverkusen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Glaskocher »

Um jetzt mal Zahlenwerte in die Diskussion zu bringen:
KBr: Schmelzpunkt 732°C Siedepunkt 1383°C Wasserlöslichkeit (20°C) 39,4%
Molwärme bei 25°C 53,64 J/(mol*K) Normalentropie 96,2 J/(mol*K) Bildungsenthalpie -435,89kJ/mol

KCl: Schmelzpunkt 772°C Siedepunkt 1413°C Wasserlöslichkeit (20°C) 25,5%
Molwärme bei 25°C 51,51 J/(mol*K) Normalentropie 82,8 J/(mol*K) Bildungsenthalpie -392,17kJ/mol

Insgesamt sieht es so aus, alsob man in KCl durch iterative Kristallisation das Bromid abreichern kann, weil das Bromid weniger fest gebunden wird. Interessant wäre jetzt die Energiebilanz, wenn sich ein einzelnes Ion an einer Kristallfläche, einer Stufenkante oder einer Kristallecke anlagert. In jedem Fall muß Hydratwasser entfernt und das Ion platziert und gebunden werden.

Ein praktischer Test wäre jetzt gut mit einer definierten Testmischung. Mit z.B. 1% Bromid in der KCl-Lösung müßte man nach der Kristallisation von a) wenig, b) ca. der Hälfte und c) nahezu allem Gelösten unterschiede inj der Zusammensetzung feststellen können. Es kann sein, daß eine potentiometrische Argentometrie da hilfreich ist.
Xyrofl
Illumina-Mitglied
Beiträge: 1047
Registriert: Samstag 25. September 2010, 00:49

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Xyrofl »

Mit genug Testmessungen könnte man sich sogar den entsprechenden Bereich im ternären Phasendiagramm selbst vermessen. Damit hätte man dann auch einen Graphen mit dem man die Zusammensetzung bestimmen kann, aber es ist ein bisschen kopfstehend, da man erst alle Kristallisationen machen muss, bevor man das Diagramm hat, d.h. man kann daraus eigentlich nur ablesen, was man sowieso schon gemessen hat. Hier schon mal für KBr/KCl/H2O ein ternäres Diagramm, was mir grade über den Weg gelaufen ist (Isothermer Schnitt für 25°C).
Screenshot 2021-01-19 160502.png
Screenshot 2021-01-19 160502.png (60.53 KiB) 4098 mal betrachtet
Benutzeravatar
mgritsch
Illumina-Admin
Beiträge: 4349
Registriert: Montag 8. Mai 2017, 10:26
Wohnort: in den Misanthropen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von mgritsch »

cool, gibt es schon, na bitte :)
boah ey... ternäre Diagramme.. da muss ich immer erst mindestens eine Stunde drüber brüten bis ich sie lesen kann...
Glaskocher
Illumina-Mitglied
Beiträge: 2522
Registriert: Dienstag 27. Oktober 2015, 22:17
Wohnort: Leverkusen

Re: Nernstsches Verteilungsgesetz bei Umkristallisation

Beitrag von Glaskocher »

Ich lese:
Bei der im Datenpunkt° gegebenen Zusammensetzung der Lösung setzt Kristallisation ein. Die Kristalle haben (durchgezogene Linie) Zusammensetzung, die (gestrichelte Linie) auf die Löslichkeitsgerade zurück projeziert wurde.

Mit anderen Worten: Es ist eine ziemlich große Herausforderung, diese Salze durch Kristallisation zu reinigen. (mit der japanischen Abneigung gegen Verneinung im Sinn) Im Mittelfeld scheint eine gewisse Anreicherung möglich zu sein.


Ergänzung: Die Summe der Abstände eines Punktes in der Dreiecksfläche rechtwinklig zu den Kanten ist immer konstant. Nimmt man sie als 100% an, dann kann man die Massen- oder Stoffmengenanteile der ternären Mischung ablesen. Die Eckpunkte zeigen 100% der dort verzeichneten Reinsubstanz und die gegenüberliegende Kante 0%. Die Grenzen von Gebieten gleicher Eigenschaften werden im Diagramm als Kurve eingezeichnet.
Holger Pfahls
Illumina-Mitglied
Beiträge: 100
Registriert: Mittwoch 20. Januar 2010, 22:21

Auswertung KCl-KBr-H2O-Phasendiagramm

Beitrag von Holger Pfahls »

Heute hatte ich mal ein bisschen Zeit und habe das Phasendiagramm von Xyrofl ausgewertet. Eine Quelle mit numerischen Daten habe ich für 25°C leider nicht gefunden, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als die gesuchten Werte aus der Grafik auszumessen (Ablesefehler s. Werte für die Löslichkeiten von reinem KCl und KBr). Zum leichteren Verständnis habe ich zusätzlich die dabei verwendeten Punkte (rot) und Linien (grün) eingezeichnet (Hilfmittel: Microsoft Paint).
KBr-KCl-H2O-Phase-Diagram 25°C_bearbeitet.png
Anmerkungen:
  • |A-B| bezeichnet die Länge der Strecke zwischen den Punkten A und B usw.
  • Alle Punkte auf einer Linie durch Punkt A (entspr. 100% H2O) entsprechen Zusammensetzungen mit demselben Mengenverhältnis von KBr zu KCl, das sich somit an den Schnittpunkten (P1 bzw. P2) der (grünen) Linien mit der KCl-KBr-Achse ablesen lässt.
Folgende Werte wurden ermittelt:

Löslichkeit von KCl in Wasser bei 25°C: |A-LC| /|A-C| = 0,265 = 26,5 wt%
Löslichkeit von KBr in Wasser bei 25°C: |A-LB|/|A-B| = 0,407 = 40,7 wt%

Gesamte Löslichkeit (KCl+KBr):
Im Punkt L1: |A-L1|/|A-P1|= 0,287 = 28,7 wt%; d.h. 100 g Lösung enthalten 28,7 g gelöstes K(Cl,Br)
Im Punkt L2: |A-L2|/|A-P2|= 0,312 = 31,2 wt%; d.h. 100 g Lösung enthalten 31,2 g gelöstes K(Cl,Br).

Zusammensetzung des gelösten Salzes:
Im Punkt L1:
KCl-Anteil: |B-P1|/|B-C| = 0,826 = 82,6 wt% KCl
KBr-Anteil: |C-P1|/|C-B| = 10,174 = 17,4 wt% KBr

Im Punkt L2:
KCl-Anteil: |B-P2|/|B-C| = 0,678 = 67,8 wt% KCl
KBr-Anteil: |C-P2|/|C-B| = 0,322 = 32,2 wt% KBr

Zusammensetzung der Lösung:
Im Punkt L1: 23,7 wt% KCl + 5,0 wt% KBr + 71,3 wt% H2O
Im Punkt L2: 21,2 wt% KCl + 10,0 wt% KBr + 68,8 wt% H2O

Zusammensetzung des auskristallisierten Salzes K(Cl,Br), das mit der Lösung im Gleichgewicht steht:

Im Punkt L1:
KCl-Anteil: |B-S1|/|B-C| = 0,960 = 96,0 wt% KCl
KBr-Anteil: |C-S1|/|C-B| = 0,040 = 4,0 wt% KBr

Im Punkt L2:
KCl-Anteil: |B-S2|/|B-C| = 0,909 = 90,9 wt% KCl
KBr-Anteil: |C-S2|/|C-B| = 0,091 = 9,1 wt% KBr

Im Punkt LC ist der KBr-Anteil natürlich sowohl in der Lösung als auch im auskristallsierten Salz gleich Null.

Bezeichnet wL(KBr) den KBr-Anteil im gelösten Salz K(Cl,Br) und wS(KBr) den KBr-Anteil im Mischkristall-Salz, das mit der Lösung im Gleichgewicht steht, so ergibt sich aus den drei Punkten {wL(KBr); wS(KBr)} = {{0, 0}, {0,174; 0,040}, {0,322; 0,091}} folgender Zusammenhang:

wS(KBr) = 0,1678*wL(KBr) + 0,3565*(wL(KBr))^2 für (0 < wL(KBr) < 0,322; T = 25°C )

Für kleine Bromid-Gehalte folgt daraus das Verteilungsverhältnis: wS(KBr)/wL(KBr) = 0,168 (bei 25°C)


Für 75°C wurden die Phasengleichgewichte im ternären System KCl-KBr-H2O von Hu et al. 2014 [1] beschrieben.
Equilibrium phase diagram of the ternary system KCl-KBr-H2O at 75°C.png
Equilibrium phase diagram of the ternary system KCl-KBr-H2O at 75°C.png (39.21 KiB) 3696 mal betrachtet
Aus den experimentellen Daten von (Hu 2014, Table 1): {wL(KBr); wS(KBr)} = {{0; 0}, {0,0986; 0,0223}, {0,1875; 0,0604}} ergibt sich für kleine Bromidgehalte folgender Zusammenhang:

wS(KBr) = 0,1197*wL(KBr) + 1,0795*(wL(KBr))^2 für (0 < wL(KBr) < 0,1875; T = 75°C )

Für kleine Bromid-Gehalte folgt daraus das Verteilungsverhältnis: wS(KBr)/wL(KBr) = 0,120 (bei 75°C)

Durch Umkristallisation aus wässriger Lösung bei 25°C (Verdampfungskristallisation, d.h. durch Abdampfen des Lösungsmittels) lässt sich also der Bromid-Gehalt von K(Cl,Br)-Mischkistallen auf etwa ein Sechstel des ursprünglingen Wertes reduzieren. Das gilt selbstverständlich nur zu Beginn der Kristallisation, da sich mit zunehmender Menge an auskristallisiertem Salz das Bromid in der Lösung anreichert und folglich der Bromidgehalt im auskristallisierten Salz ansteigt. Spätestens wenn die Bromid-Konzentration im momentan auskristallisierenden Salz diejenige im ursprünglichen Salz übersteigt, sollte die Kristallisation abgebrochen werden. Da sowohl KCl als auch KBr eine ausreichend starke Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit in Wasser aufweisen und das Verteilungsverhältnis wS(KBr)/wL(KBr) bei 75°C sogar noch etwas günstiger ist als bei 25°C, so kann eine Umkristallisation auch durch Kühlkristallisation ausgeführt werden, indem eine bei 100°C heißgesättigte Lösung unter intensivem Rühren auf 20°C oder 0°C abgekühlt wird.

Es wäre zu untersuchen, ob das Bromid durch Digerieren mit einer optimierten Menge Wasser, die zur vollständigen Auflösung des Salzes nicht ausreicht, aus den K(Cl,Br)-Mischkristallen teilweise ausgewaschen werden kann. Voraussetzung dafür ist eine ausreichend schnelle Gleichgewichtseinstellung durch Auflösen der falsch zusammengesetzten Kristalle und wieder Auskristallisieren.

Literatur:
  • [1] Yong-Xia Hu, Shi-Hua Sang, Rui-Zhi Cui, and Si-Yao Zhong (2014). Solid–Liquid Equilibria in the Ternary System KCl–KBr–H2O at 348 K. Journal of Chemical & Engineering Data 59(3), 802-806.
    doi: 10.1021/je400931p
  • [2] Hu, Y. X.; Sang, S. H.; Cui, R. Z.; Zhong, S. Y. (2013). Phase equilibria in the ternary system KBr−KCl−H2O at 373 K. China Sciencepap. 2013, 8 (9), 847−851 in Chinese.
  • [3] Weng, Y. B.; Wang, Y. F.; Wang, J. K.; Yin, Q. X. (2007). Phase diagram of the ternary system K+, Cl−, Br−-H2O at 298 K, 313 K and 333 K. J. Chem. Eng. Chin. Univ. 2007, 21 (4), 695−698 in Chinese.
Copying from one source is plagiarism, whereas copying from more than one is research.
Antworten