Brom im kleinen Maßstab

Hier können Erfahrungsberichte zu Experimenten auch formlos geschrieben werden.

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KoenigderMuggel
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Brom im kleinen Maßstab

Beitrag von KoenigderMuggel »

Darstellung von Brom im kleinen Maßstab


Geräte:

diverse Bechergläser, 250ml Rundkolben, Destillationsapparatur, Magnetheizrührer, Ölbad


Chemikalien:

Schwefelsäure konz. Warnhinweis: c
Wasserstoffperoxid 11,9% Warnhinweis: cWarnhinweis: attn
Natriumbromid
Natriumthiosulfat
destilliertes Wasser
Brom Warnhinweis: cWarnhinweis: nWarnhinweis: t

Hinweis: Brom ist sehr giftig und verdampft schon bei Raumtemperatur!


Durchführung:

In einem Becherglas löst man in 100 ml destilliertem Wasser 30 g Natriumbromid. Nachdem sich das Natriumbromid vollständig gelöst hat werden 20 ml konz. Schwefelsäure vorsichtig und unter Rühren hinzugegeben. Danach fügt man 20 ml 11,9%iges Wasserstoffperoxid hinzu. Man gibt die Lösung in einen 250 ml-Rundkolben, welcher in einem Ölbad hängt.
Eine Destillationsapparatur wird aufgebaut und man destilliert das Brom ab. Es ist darauf zu achten, dass nicht allzu viel Wasser mit überdestilliert wird.


Entsorgung:

Da Brom sehr giftig und umweltschädigend ist, liegt es nahe das man es nicht in den Abfluss geben sollte. Alle Brom-kontaminierten Geräte und Flüssigkeiten werden mit einer 5%igen Natriumthiosulfat- Lösung entgiftet.Das Natriumthiosulfat reagiert mit dem Brom wieder zu Natriumbromid, welches ins Abwasser gegeben werden kann.


Erklärung:

Das Natriumbromid reagiert mit der Schwefelsäure zu Bromwasserstoff und Natriumhydrogensulfat.
Der Bromwasserstoff reagiert mit dem Wasserstoffperoxid weiter zu elementaren Brom und Wasser.

NaBr + H2SO4 --> HBr + NaHSO4

2 HBr + H2O2 --> Br2 + 2 H2O


Bilder:

Bild
Die Lösung im Rundkolben

Bild
gewonnenes Brom
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Das ist eine schöne Synthese.

Hast Du die gewonnene Menge Brom mal gewogen oder ihr Volumen bestimmt? Zu einer gut dokumentirten Synthese gehört auch, daß man die Ausbeute mißt und berechnet.


Brom löst sich nur begrenzt in Wasser. Eine gesättigte Lösung von Brom in Wasser wird auch "Bromwasser" genannt. Das nicht im Wasser gelöste Brom liegt dann als zweite flüssige Phase am Boden des Gefäßes. Im "Organikum" gibt es eine Vorschrift zur Reinigung von Brom, wenn Du es trockener und reiner brauchst. Mit der Beobachtung "schwierig zu lagern" stimme ich Dir zu, da Brom durch viele Verschlüsse mit der Zeit hindurchkriecht.

Mit Bromwasser läßt sich ein interessantes Experiment durchführen: Das Bleichen von Tomatensaft. Dabei verändert sich die rote Farbe über Blau- und Grüntöne ins gelblich-Farblose, weil die konjugierten Doppelbindungen im Lycopin durch Addition von Brom zu Einfachbindungen werden und das Molekül nur noch kürzere Lichtwellen absorbieren kann.
KoenigderMuggel
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Beitrag von KoenigderMuggel »

Glaskocher hat geschrieben:Das ist eine schöne Synthese.

Hast Du die gewonnene Menge Brom mal gewogen oder ihr Volumen bestimmt? Zu einer gut dokumentirten Synthese gehört auch, daß man die Ausbeute mißt und berechnet.


Mit Bromwasser läßt sich ein interessantes Experiment durchführen: Das Bleichen von Tomatensaft. Dabei verändert sich die rote Farbe über Blau- und Grüntöne ins gelblich-Farblose, weil die konjugierten Doppelbindungen im Lycopin durch Addition von Brom zu Einfachbindungen werden und das Molekül nur noch kürzere Lichtwellen absorbieren kann..
Das Brom zu wiegen habe ich tatsächlich vergessen, die Synthese ist schon länger her.

Bromwasser hab ich natürlich auch angesetzt und den Tomatensaft Versuch schon gemacht.

Bild
rechts steht das Bromwasser und links im Fläschen hab ich eine Ampulle mit selbst gemachten Brom.
Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Kannst Du anhand des Produktfotos noch das Volumen schätzen? Das gäbe zumindest einen Anhaltspunkt zur Ausbeute. An der Ausbeute und der in der Vorschrift theoretisch Erwarteten läßt sich abschätzen, ob man den eigenen Ansatz, so er wiederholt wird, noch verbessern kann.

Hast Du noch die Originalvorschrift, nach der Du gearbeitet hast? Die ist zum Nachvollziehen des Versuches immer hilfreich.

Ich habe mal grob nachgerechnet, mit welchen Mengen Du in den Ansatz gegangen bist. Vom Natriumbromid hast Du ca. 0,29mol eingesetzt, was eine theoretische Ausbeute von 0,145mol oder 23g Brom ergäbe. Da aber nur 0,07mol Wasserstoffperoxid eingesetzt wurden, kann auch nur maximal 11,3g Brom herauskommen, was knapp 4ml entspricht. Falls Du jetzt nicht so rasch mitgekommen bist, sag Bescheid, daß ich die Berechnung nochmal ausführlicher erkläre.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sieht gut aus!

Aber ich muss etwas klarstellen: das ist keine Synthese!

Eine Synthese (abgeleitet vom griechischen Wort für "zusammensetzen") ist ein Prozess, bei dem eine Verbindung generiert wird. Idealerweise aus Elementen, aber der Begriff wird auch für die Darstellung neuer Verbindungen aus Ausgangsstoffen verwendet, die bereits ihrerseits Verbindungen - also zusammengesetzt - sind.
Brom aber ist ein Element. Und Elemente kann man definitionsgemäß nicht synthetisieren (außer im Kernreaktor). Das wäre so, wie wenn man Sauerstoff deoxygeniert oder um 12 Uhr mittags den nächtlichen Sternenhimmel beobachtet.

Die korrekte Bezeichnung hier ist die leider etwas aus der Mode gekommene "Darstellung". Das Wort "Darstellung" lässt sich auf die, naja, eben Darstellung aller Substanzen anwenden, seien sie Elemente, einfache oder komplexe Verbindungen, Gemische etc.

[EDIT: hab' den Fettdruck mal rausgenommen. Das soll nicht "gebrüllt" wirken. Nur bitte auf korrekten sprachlichen Ausdruck achten.]
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Ja, der Ansatz ist sicher noch verbesserungsfähig.. die molaren Verhältnisse hat glaskocher schon angesprochen, und dann stellt sich noch die Frage wozu du die 100 ml Wasser zugesetzt hast. Das vergrößert nur unnötig das Volumen und senkt die Ausbeute...
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Da das Brom dennoch wasserhaltig ist eignet es sich nicht zum Lagern und sollte sofort verbraucht werden.
(Brom lagern ist unter den meisten Umständen eh keine besonders gute Idee)
Das verstehe ich nicht - was hat das mit der Lagerungsfähigkeit zu tun, dass es ein paar Promille Wasser enthälten könnte (tut es das)?

Ich habe als Schüler Brom auch selbst hergestellt und immer gelagert ohne Ärger zu bekommen. Grundsätzlich ist für sowas ein Abzug bzw ein Schrank mit kontinuierlicher Luftabsaugung ratsam. Aber ich habe das so gemacht: eine kleine Flasche mit Tefloneinsatz im Deckel und dann das ganze in ein großes Marmeladenglas, das 1/3 mit gekörnter Aktivkohle gefüllt ist (Aquarienkohle). Und kühl lagern, also im Hochsommer nicht auf dem Dachboden. Ampullieren ist natürlich eine ganz saubere Lösung. Nur kommt man da entweder an alles oder nichts ran, wenn die Substanz mal einsetzen will (z.B. für eine Synthese :wink: ).

Dass KoenigderMuggel mit reichlich Wasser destilliert hat finde ich nicht so gravierend. Bromwasser ist ein nützliches Reagens. Aber er hätte auch gleich verdünnte Schwefelsäure einsetzen und sich das Verdünnen der konzentrierten erparen können.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Ich habe es mit dem Brom wie volgend gemacht:
Ich habe mir mal etwa 50 ml Brom hergestellt und dieses zu etwa 2 bis 10 ml in verschieden grosse Ampullen eingeschmolzen. So habe ich bei bedarf verschiedene "Packungsgrössen" zur verfügung. Desweiteren habe ich eine 150 ml Duranflasche mit Teflonverschluss in der ich etwas Brom unter Bromwasser aufbeware. So habe ich immer konzentriertes Bromwasser zur Hand, und für kleinere Versuche auch immer etwas Brom verfügbar. Benötige ich wasserfreies Brom, so trockne ich dies in einem RG mit etwas Schwefelsäure. Wenn ich eine grössere Menge Brom brauche, dann öffne ich eine Ampulle - den Rest gebe ich dann in die Flasche mit Bromwasser.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Wenn ich mir den alten Artikel zur Bromdarstellung anschaue (der übrigens - total daneben !!! - ebenfalls "Synthese" von Brom heißt ...) dann hat dieser hier direkt das Zeug dazu, der bessere zu werden.
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Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

der übrigens - total daneben !!! - ebenfalls "Synthese" von Brom heißt
Das ist gar nicht total daneben, es ist eher nur so ein wenig daneben und sprachlich unangenehm. Denn Brom ist zwar ein Element, aber in der stabilen Modifikation, die wir hier erzeugen, ist es ja nicht das Atom (das wirklich nicht synthetisierbar ist, außer aus Elementarteilchen), sondern es ist ein Molekül, ein Dimer. Und genau das ist ja auch die Tätigkeit. Es werden Bromidanionen, die in Lösung frei vorliegen jeweils paarweise durch Entzug von Elektronen verknüpft. Das ist formal eben doch eine Synthese, eine Bindungsknüpfung zwischen zwei Atomen. Sprachlich korrekt wäre "Synthese von Dibrom", denn Dibrom ist nicht atomar, sondern das Produkt einer Bindungsknüpfungsreaktion (Synthese) und zwar eben jener, die wir hier dokumentiert sehen.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Ich möchte an dieser Stelle noch auf die Möglichkeit zur Darstellung von Brom aus Natriumbromid und Natriumpersulfat (welches man zum Platinenätzen kaufen kann) aufmerksam machen. Ich habe mir Brom bis jetzt fast immer auf diesem Weg hergestellt, was sehr einfach geht und Brom in einer hohen Ausbeute liefert. Bei Interesse kann ich mal in meinem Laborheft nach den genauen Reaktionsverhältnissen nachschauen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Xyrofl hat geschrieben:
der übrigens - total daneben !!! - ebenfalls "Synthese" von Brom heißt
Das ist gar nicht total daneben, es ist eher nur so ein wenig daneben und sprachlich unangenehm. Denn Brom ist zwar ein Element, aber in der stabilen Modifikation, die wir hier erzeugen, ist es ja nicht das Atom (das wirklich nicht synthetisierbar ist, außer aus Elementarteilchen), sondern es ist ein Molekül, ein Dimer. Und genau das ist ja auch die Tätigkeit. Es werden Bromidanionen, die in Lösung frei vorliegen jeweils paarweise durch Entzug von Elektronen verknüpft. Das ist formal eben doch eine Synthese, eine Bindungsknüpfung zwischen zwei Atomen. Sprachlich korrekt wäre "Synthese von Dibrom", denn Dibrom ist nicht atomar, sondern das Produkt einer Bindungsknüpfungsreaktion (Synthese) und zwar eben jener, die wir hier dokumentiert sehen.
Nein das trifft nicht zu. Es ist wurscht ob Brom in einzelnen Atomen vorliegt oder als Molekül. Es ist und bleibt ein chemisches Element, ein einheitlicher, nicht ein zusammengestezter Stoff. Eine Synthese ist ein Aufbau einer Verbindung aus mehreren Elementen. Punkt. Ein Element synthetisieren zu wollen ist nicht möglich, auch nicht "formal". Von einer "Synthese von Brom" zu sprechen ist nicht bloß "sprachlich unangenehm" sondern ein sinnwidriger Gebrauch des Wortes "Synthese" und damit ganz einfach falsch. Das wird auch nicht dadurch besser, dass man es in neueren Texten im Internet - wegen fehlenden Wissens über die Wortbedeutung - immer wieder liest. In etwas älteren Büchern und Anleitungen, als die Autoren noch mit Latein und Greichisch vertraut waren, kam das nie vor.

@Lithiumoxalat: das wäre ein alternativer Darstellungsweg und daher durchaus interessant!
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BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Zum Abkühlen und weil es hier passt:

Bild



Bj68
Xyrofl
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Beitrag von Xyrofl »

Nein das trifft nicht zu. Es ist wurscht ob Brom in einzelnen Atomen vorliegt oder als Molekül. Es ist und bleibt ein chemisches Element, ein einheitlicher, nicht ein zusammengestezter Stoff. Eine Synthese ist ein Aufbau einer Verbindung aus mehreren Elementen. Punkt.
Das halte ich nicht für zielführend, zumindest nicht aus der Sicht der Molekülchemie. Jeder, der mit der atomistischen Brille auf die Chemie schaut, definiert sich die Synthese (Zusammenfügung) als einen Vorgang wo komplexere Verbindungen aus einfacheren Teilstücken zusammengesetzt werden und auch das eher nur in der theoretischen Chemie und der Kinetik derart strikt. Heutzutage weiß man eben, dass auch Elemente aus zusammengesetzten Molekülen bestehen können. Demgemäß muss die Sprache sich da gewandelt haben. Heutzutage heißt es eher "Eine Synthese ist ein Aufbau einer Verbindung aus kleineren Molekülbausteinen oder Ionen."
Wir haben die Synthesen als Bindungsknüpfungsreaktionen gelernt, ohne das Wort Element zu verwenden, da es im Sinne der modernen Chemie keine Rolle spielt. Bei uns ist eine Synthese eine Zusammenfügung von kleineren Fragmenten, seien sie nun gleiche Teile oder nicht und egal wie viele Elemente involviert sind. Nur die Bindungsknüpfung ist thermodynamisch und theoretisch relevant, da bei so einem Prozess externe Freiheitsgrade (Translationen und Rotationen) in interne Freiheitsgrade (Vibrationen) umgewandelt werden und das hat oft Relevanz bei der Berechnung von freien Reaktionsenthalpien. Es mag sein, dass man das vor Generationen anders definiert hat, weil man andere Schwerpunkte in der Betrachtung gelegt hat, aber das ist mein Stand des Wissens.

Es spielt aber chemisch und mechanistisch keine Rolle, ob ich durch Oxidation zwei Sulfatanionen zum Peroxodisulfat zusammen führe oder zwei Bromidionen zum Dibrom oxidiere. Es ist exakt die gleiche Chemie und in beiden Fällen werden oxidativ identische Elemente verknüpft. Man führt mit der alten Definition eine Unterscheidung ein, die der Chemiker selbst auf der mechanistischen Ebene nicht brauchen kann, sie ist artifiziell und nicht chemisch. Schlimmer noch, eine Reaktion wie die Kolbe-Elektrolyse würde vielleicht gar nicht mehr unter die Rubrik Elektrosynthese fallen, da man ja am Ende ein Element weniger in der Verbindung hat und die Bindung, die da geknüpft wird ist wieder nur eine Bindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen. Das ist dann vermutlich eher eine Analyse. Im praktischen Sprachgebrauch der organischen Chemie ignorieren wir das aber. Kleine Fragmente, die bei einer Kondensation ausgestoßen werden wie CO2, H2 oder H2O ignorieren wir einfach. Somit sind wir auch geneigt von einer Synthese zu sprechen wenn wir per Schollreaktion polyzyklische Aromaten aus Benzoleinheiten aufbauen. Aber ein sehr großer, polyzyklischer Aromat ist am Ende nichts anderes als eine Graphenscheibe. Auch reales Graphen ist am Rand mit Wasserstoff oder Heteroatomen abgesättigt, wie das Produkt einer Schollreaktion auch. Kaum dass wir die Synthese soweit voran getrieben haben, dass man das Produkt als ein Graphen auffassen kann, müssen wir uns fragen, ob wir nicht die ganze Zeit an einer Analyse statt einer Synthese gearbeitet haben.
Noch deutlicher wird es wenn man sich so etwas anschaut wie die organische Synthese eines Fullerens. Erscheint mir nicht plausibel, dort nicht von einer Synthese zu sprechen, nur weil das Molekül aus nichts anderem als Kohlenstoff besteht.

Ich zweifle ernsthaft an, dass diese sprachliche Präzision, so gut sie gemeint sein mag, zu einer Klärung beiträgt. Ich habe eher den Verdacht, dass natürliche Sprache, selbst Fachsprache hier wieder einmal zeigt, dass sie stets im Wandel ist und eben nicht rein formalistisch durch strikte Definitionen abzuarbeiten ist. Gerade Fachsprache muss sich stets wandeln, da sich das Fundament wandelt auf dem sie steht. Alte Theorien werden widerlegt oder verlieren ihre Relevanz und neue treten hinzu.

Ich will aber natürlich auch keine semantische Diskussion ohne Mehrwert anstoßen. Es geht mir absolut nicht darum, dass der Artikel Synthese genannt werden soll, denn ich wäre mit "Darstellung" genauso zufrieden und finde es sogar treffender, da es da gar keine Diskussion mehr geben kann. Ich wollte nur anmerken, dass mir diese Sicht auf den Begriff der Synthese als problematisch erscheint und das obwohl ich die griechischen Worte übersetzen kann und Chemiker bin. Ich werde auch keinen weiteren, potentiell lästigen Post dazu in diesem Thread schreiben, weil es mir nicht darum geht, eine Debatte zu gewinnen. Ich fand nur ohne jede Streitlust diesen Aspekt mitteilungswürdig und es war zu keiner Zeit Aggression oder Antipathie im Spiel. :D
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Pok
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Elemente kann man so ein sprachliches Missgeschick passieren. Ist mir früher. :wink:
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