Biolumineszenz von Dinoflagellaten

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Cyanwasserstoff
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Biolumineszenz von Dinoflagellaten

Beitrag von Cyanwasserstoff »

Pyrocystis fusiformis...die vermutlich am einfachsten zu haltenden biolumineszierenden Organismen und eine der Spezies, die für das Meeresleuchten verantwortlich sind (neben Noctiluca scintillans und anderen). Sie brauchen lediglich Licht, etwas CO2 aus der Luft und alle paar Wochen etwas Nachschub an Nährmedium (künstliches Meerwasser mit Zusätzen von Fe2+, Cu2+, Zn2+, Co2+, Mn2+, MoO42-, NO3-, H2PO4-, Thiamin, Biotin und Cobalamin; gibt es fertig zu kaufen). Die Biolumineszenz, die nur bei Störung auftritt (quasi eine Art biologische Tribolumineszenz), hat eine schöne bläulich-türkise Farbe und ist recht hell. Sie tritt außerdem nur nachts auf. Die Dinoflagellaten sind groß genug dass man sie mit bloßem Auge erkennen kann und, wenn man den Behälter im Dunkeln vorsichtig schüttelt, viele kleine tanzende Lichtpunkte sieht.

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Pyrocystis fusiformis

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Biolumineszenz

Nicht nur, dass Biolumineszenz mich schon immer fasziniert hat, auch für meine Liebe zu den Tetrapyrrolen ist hier etwas dabei. Das Dinoflagellaten-Luciferin ist nämlich vom Chlorophyll a abgeleitet!

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Uranylacetat
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Beitrag von Uranylacetat »

Das sind sehr faszinierende Wesen! Ich hatte mal eine Dokumentation gesehen, wo diese massenhaft in einer bestimmtem Meerestiefe vorkommen und diese räumlich mit einem "luminol-ähnlichen" hellen Blau erleuchteten. Bin mir nicht mehr so sicher; meine aber, dass es im Süd-Pazifik war....
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Pok
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Re: Biolumineszenz von Dinoflagellaten

Beitrag von Pok »

Sehr cooles Foto! Auch interessant, dass die so groß sind und man einzelne Leuchtspuren sehen kann.
Vor ein paar Jahren hatte ich mal nach Anbietern gesucht, aber an Privatpersonen wurde nicht geliefert. Ein paar mehr Infos wären interessant, z.B. wie die genauen Zuchtbedingungen sind.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Also ich hatte vorhin schon mal geschaut und ich glaube man bekommt die durchaus: https://www.planktonshop.de/zum-shop/ph ... usiformis/

Würde mir ja auch gerne Welche hinstellen, wenn man weiß wie man sie am Leben halten kann,... Es gab da glaube mal vor ein paar Jahren dieses Crowdfunding Projekt für dieses Dino-Pet, was es mittlerweile (noch?) zu kaufen gibt, leider halten die Nicht lange darin und dann lieber schon irgendwie richtig. Also für Vorschläge und Anleitungen zu Haltung wäre ich auch offen :D
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

bioglow.eu, da habe ich meine her. Man bekommt da auch das nötige Nährmedium und eine Zuchtanleitung. Im Prinzip muss man die nur bei genug Licht (ohne direktes Sonnenlicht!) und zwischen 17-24 °C (bei höheren Temperaturen sterben die sehr schnell!) in einem geschlossenen Vial/sonstigen Behälter stehen lassen und ab und zu kurz lüften (wenig, wegen Gefahr von Kontamination mit Bakterien) und etwas Nährmedium nachschütten (alle 2-4 Wochen etwa das halbe Volumen der Kultur). Die Infos sind aber auch nur aus dem Datenblatt, ich hab selbst auch erst eine Woche Erfahrung mit den Kleinen.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Das ist spannend, hast du gerade eine Erklärung wie/warum es zur oxidativen Spaltung zwischen A- und D-Ring kommt? Die üblichen Kataboliten (nFCC und FCC) des Chlorophylls sind doch afaik zwischen A- und B-Ring oxidativ geöffnet, oder liege ich da falsch?
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Das stimmt. Ich habe bisher noch nichts zur Biosynthese des Dino-Luciferins gefunden (allerdings bisher auch nur oberflächlich gesucht), aber das spricht immerhin schon mal dafür, dass es über einen getrennten Weg gezielt aus Chlorophyll selbst und nicht aus einem der üblichen Abbauprodukte entsteht. Wobei ich natürlich auch nicht weiß ob der Abbau von Chlorophyll in Dinos genauso abläuft wie in höheren Pflanzen bzw. wie allgemein der Abbau über die zwischen A- und B-Ring geöffneten FCCs ist.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Genau, das war auch mein Gedanke und ich habe gehofft, dass du dazu evtl schon Literatur da hast. Bei den Dinos hat man das Luciferin auch glaube erst vor ein paar Jahren aufgeklärt.
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Cyanwasserstoff
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Beitrag von Cyanwasserstoff »

Richtig, Shimomura et al. (JACS 1989, 111, 7607 - 7611) haben die Struktur aufgeklärt. Genaueres weiß ich noch nicht, ich schaue aber mal weiter ob ich noch was finde.
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Okay, das ist dann doch schon ein wenig älter als gedacht, aber immernoch recht frisch.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sehr schöne Doku! Meeresleuchten finde ich ein faszinierendes Naturschauspiel. Ich bin mal drin geschwommen :D
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Sehr nett, wusste nich dass man die einfach für zuhause im Glas kaufen kann :)

Beim Nachttauchen immer wieder nett wenn man die Lampen ausschaltet und dann mal mit der Hand ein bisschen umrührt.
Super schön war auch damals wie ich ein paar Monate in Mikronesien gelebt habe... da gab's ein abgelegenes Dock, ich wusste wo man die Straßenlaternen ausschaltet und dann war's da richtig finster, so ganz ohne Lichtverschmutzung. Wenn man dann am Dock saß, konnte man die Fische im Wasser anhand der "Leuchtspuren" schwimmen sehen... und oben am Himmel dazu passend die Milchstraße.

Was mag evolutionär die Funktion dieser Lumineszenz sein?
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Pok
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Beitrag von Pok »

Das deutsche Wikipedia sagt, dass die Lumineszenz zur Abschreckung von Feinden dient. Das englische ergänzt noch, dass auch Feinde der Feinde durch das Leuchten angelockt werden könnten. Dort wird auch eine schöne Übersicht über die vermuteten Funktionen mariner Biolumineszenz zitiert:
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Sehr schöner Artikel! Den muss ich mir mal in Ruhe durchlesen.

Schon verrückt, was für gegensätzliche Effekte die Lumineszenz haben kann. Von Abschreckung der Feinde bis hin zur Anziehung der Feinde der Feinde. Klingt ja zuerst sehr spekulativ. Aber es scheint experimentelle Belege dafür zu geben. Vermutlich hängen die Effekte auch sehr von der jeweiligen Umwelt ab. In der "falschen" Umwelt lockt das Licht vielleicht doch Freßfeinde an und dann ist der Leuchtende Organismus halt weg und kann sich nicht mehr vermehren...
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mgritsch
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Beitrag von mgritsch »

Bei größeren Lebewesen kann ich mir das noch ganz gut vorstellen, da kann man mit Licht effekte erzielen - vor allem in der Tiefsee.

Bei Plankton in der lichtdurchfluteten oberen Meeresschicht erscheint mir das eher zweifelhaft - die "Fressfeinde" sind Filtrierer die massenweise Wasser durchziehen, denen dürfte Leuchten oder nicht recht egal sein (allenfalls ziehen leuchtende Wassermassen die Aufmerksamkeit noch an...). Noch eigentümlicher wenn die Lumineszenz erst bei mechanischem Stress ausgelöst wird - wenn es also schon zu spät ist :)
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