Hefeextrakt nach DAB 6 (Extraktum faecis)

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Cumarinderivat
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Hefeextrakt nach DAB 6 (Extraktum faecis)

Beitrag von Cumarinderivat »

Hefeextrakt nach DAB 6

Auf der Suche nach einer Möglichkeit, geringe Mengen an Plate-Count-Agar herzustellen, bin ich auf die Vorschrift zur Herstellung von Hefeextrakt im DAB 6 gestoßen.
Die Originalvorschrift geht von frischer untergäriger Bierhefe oder Medizinischer Hefe aus; auf pharmawiki.ch habe ich aber auch den Stamm, der in handelsüblicher Trockenbackhefe zu finden ist, als Ausgangsorganismus gefunden.

Hier zum Vergleich die Originalvorschrift aus DAB 6, Nachdruck 1947, in der Fassung der beiden Nachträge:

Extraktum Faecis – Hefeextrakt
Aus Gärbottichen frisch entnommene, untergärige Bierhefe wird in Dekantiergefäßen zunächst bei möglichst niedriger Temperatur mehrmals mit Wasser geschlämmt, hierauf durch Sieb 6 durchgeseiht, sodann mit einer 1 prozentigen Natriumkarbonatlösung entbittert und schließlich wieder so lange mit Wasser ausgewaschen, bis das ablaufende Wasser Lackmuspapier nicht mehr bläut und vollkommen klar und farblos ist. Die so gereinigte, sich rasch absetzende Hefe wird durch langsames Auspressen bei allmählich steigendem Drucke vom anhaftenden Wasser möglichst befreit.
20 Teile dieser Hefe werden mit 10 Teilen Wasser vermischt und nach Zusatz von 1 Teil Salzsäure* bei 40° bis 50° 12 Stunden lang der Selbstverdauung überlassen. Darauf wird die Masse auf dem Wasserbade kurze Zeit erhitzt und der Auszug abgeseiht. Der Rückstand wird noch einmal mit 10 Teilen Wasser auf dem Wasserbad erhitzt und der Auszug abermals abgeseiht. Die vereinigten Auszüge werden filtriert und im luftverdünnten Raume zu einem dünnen Extrakt** eingedampft; dieses wird mit 25 Prozent seines Gewichts medizinischer Hefe, die vorher 2 Stunden lang im Trockenschranke bei etwa 100° erhitzt wurde, vermischt; sodann wird im luftverdünnten Raume zur Trockne eingedampft.

*Nach dem Arzneibuch 25%ig
**Soll die Konsistenz von flüssigem Honig besitzen (Kommentar zum DAB 6, 1. Band, 1926)

Geräte: Bechergläser, Heizplatte, Uhrglas, Saugflasche, Trichter, Filter, Vakuumpumpe
Chemikalien:
Trockenbackhefe (Saccharomyces cerevisiae)
Demin. Wasser
Salzsäure 32% Warnhinweis: c
Hefetrockenextrakt DAB 6

Durchführung:
10,0 g Trockenbackhefe wurden in einem Becherglas abgewogen und mit 10 mL Wasser versetzt. Dann wurden 0,88 g Salzsäure hinzugefügt und das Gemisch für 10 Stunden auf 40-50 °C erwärmt. Anschließend wurde das resultierende dünnflüssige Gemisch für einige Minuten auf der Heizplatte bei ca. 100 °C erhitzt und dann mit der Saugflasche abgesaugt. Der gummiartige Rückstand wurde nochmals mit 10 mL Wasser erhitzt und es wurde erneut abgesaugt.
Die Auszüge wurden vereinigt und filtriert. Das Filtrat wurde im Vakuum bei 120 mbar soweit eingedampft, dass es eine leicht dickflüssige Konsistenz annahm. Es war aber vermutlich noch zu flüssig, denn die weitere Trocknung des Extraktes erschien mir wesentlich schwieriger, als ich es den Angaben im DAB entnommen habe.
Das Flüssigextrakt wurde mit 1,75 g Trockenbackhefe, die vorher 2 Stunden lang im Trockenschrank bei etwa 100° erhitzt wurde, vermischt und im Vakuum zur Trockne eingedampft. Das erwies sich - wie bereits erwähnt - als erheblich schwieriger, als gedacht, obwohl ich deutlich zuviel Hefe zugegeben hatte! (Es wären nach späterer Berechnung aus der Produktmasse nur 0,34 g notwendig gewesen. Ich habe dummerweise vergessen, den Kolben vorher zu wiegen und konnte so die Masse an Extrakt nur abschätzen.) Die vollständige Trocknung dauerte bei mir im Vakuum (120 mbar) und ca. 80 Grad Celsius Wasserbadtemperatur mehrere Stunden! Es sollte unbedingt eine Gaswaschflasche mit Isopropanol (ggf. kühlen wegen dem Siedepunkt) zwischen Kolben und Pumpenaufbau geschlossen werden! Andernfalls kann es nach ein paar Tagen zu einer unangenehmen Geruchsbelästigung kommen!!!
Das Produkt muss gleich abgefüllt und/oder im Exsikkator aufbewahrt werden! Es ist stark hygroskopisch!

Ausbeute: 3,1 g (Bei korrekter Hefezugabe wären es 1,7 g)

Entsorgung:
Flüssige Abfälle können über den Abfluss, feste Abfälle über den Hausmüll entsorgt werden.
Die Glasgeräte können mit Isopropanol von den Heferückständen befreit werden.

Bilder:

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Verwendete Hefe

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Hefe bei der Selbstverdauung
(Dabei findet erst eine Hydrolyse der Zellmembranen statt und anschließend eine enzymatische Verdauung)

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Rückstand nach dem Absaugen

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Filtration der vereinigten Extrakte

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Eindampfen im Vakuum

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Trockenes Extrakt

Quellen:
Deutsches Arzneibuch, 6. Ausgabe, Neudruck in der Fassung der beiden Nachträge, 1947
Kommentar zum Deutschen Arzneibuch, 6. Ausgabe 1926, 1. Band
http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Hefe
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Hast du auch ein Foto deines Produktes?

Bist du sicher, daß du in dem Bechergläschen offen auf der Heizplatte die gewünschte Temperatur in der Mischung erhalten hast? Ich hätte ein Wasserbad oder einen Brutschrank vorgezogen. Es scheint mir ungewöhnlich, daß so viel Rückstand bleibt und die Farbe der Flüssigkeit, die du eindampfst, kommt mir sehr hell vor. Hast du den Rückstand gewogen? Wie viel Extrakt wäre denn zu erwarten?

Für Nährböden habe ich früher statt Hefeextrakt erfolgreich "Vitam R Salzfrei" verwendet. Das ist ein pastöses Hefeextrakt (quasi ein Extractum spissum DAB 6) aus dem Reformhaus.
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Cumarinderivat
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Beitrag von Cumarinderivat »

Klar, Produktfoto kommt noch, das hab ich vergessen :wink:

Was die Temperatur angeht, das Becherglas war ja mit einem Uhrglas verschlossen und relativ klein, ich denke die Temperatur müsste schon so in etwa gepasst haben.
Über die übliche Ausbeute an Extrakt befindet sich weder im DAB noch im Kommentar eine Angabe.
Über die helle Farbe war ich allerdings auch etwas überrascht.

Der Fertige Extrakt war hellbraun, von den Eigenschaften hat er mit dem DAB übereingestimmt (ich habe allerdings nur den Geruch anstelle des Geschmacks getestet). Die Ausbeute war natürlich durchaus mager, aber ich habe sie gesagt keine Ahnung, wieviel Produkt im Normalfall entstehen sollte.

Was den Reformhaus-Hefeextrakt angeht, wie hast du den dann in der Agarmischung verarbeitet?
Bzw. könnte man den auch im Vakuum trocknen, quasi als verkürzte Version der hier angegebenen Vorschrift?

LG,
Florian

Edit: Den Rückstand habe ich leider nicht gewogen.
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Cumarinderivat hat geschrieben:Was den Reformhaus-Hefeextrakt angeht, wie hast du den dann in der Agarmischung verarbeitet?
Bzw. könnte man den auch im Vakuum trocknen, quasi als verkürzte Version der hier angegebenen Vorschrift?
Ich habe damals zur Anzüchtung von Leuchtbakterien einfach die gleiche Menge des Reformhauspräparates genommmen, wie in der Rezeptur angegeben war. Hat gut geklappt. Ob in der Vorschrift Trocken- oder Dickextrakt gemeint war, darüber habe ich mir damals keine Gedanken gemacht...

Sicher müsste es möglich sein, den Dickextrakt einzutrocknen. Aber ich stelle mir das unbefriedigend vor. Das gibt wahrscheinlich eine gummiartige Masse, dann eine Kruste, unter der der Rest feucht bleibt, und zuletzt - wie kriegt man das wieder aus dem Kolben raus? Wenn überhaupt würde ich es in dünner Schicht in einem Vakuumexsikkator probieren.
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Cumarinderivat
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Beitrag von Cumarinderivat »

Okay, vielen Dank für den Tipp!
Dann werde ich es wohl einfach mal mit dem Reformhaus-Hefeextrakt versuchen.

LG,
Florian
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Nimm aber den salzfreien Hefeextrakt!

Wenn du sicher bist, daß die Rezeptur für deinen Nährboden Hefe-Trockenextrakt vorsieht, kannst du ja eine kleine Probe des Dickextraktes wiegen, trocknen, erneut wiegen um den Trocknungsverlust zu bestimmen - und dann umrechnen.
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Cumarinderivat
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Beitrag von Cumarinderivat »

So, das Foto des Produkts hab ich eingefügt.

LG,
Florian
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Das Extrakt ist deutlich zu hell. Ich habe die Farbe - aus der Apotheke früher - viel dunkler braun in Erinnerung.
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Cumarinderivat
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Beitrag von Cumarinderivat »

Ich habe inzwischen Festgestellt, dass die Folge des Eindampfens unter Vakuum ein paar Tage später eine deutliche Geruchsbelästigung ist.
Ein Teil des Extraktes bzw. der Hefe muss mit abgesaugt worden sein und hat sich wohl in der Apparatur abgesetzt.
Ich habe daher nun einen Kolben mit etwas Isopropanol ans Vakuum angeschlossen und erwärmt, um die Pumpenanlage mal durchzuspülen. Die Wulff'sche Flasche und die Gaswaschflasche am Pumpenausgang habe ich noch extra mit Isopropanol gereinigt. Ich hoffe das beseitigt den lästigen Geruch!

Es empfiehlt sich also in jedem Fall, eine Gaswaschflasche mit IPA hinter den Kolben mit dem Extrakt zu schalten! Das sollte einer Verschmutzung der Pumpanlage vorbeugen.

LG,
Florian

Edit: Eine andere Möglichkeit wäre, einen In-Line-Filter hinter den Kolben zu schalten.
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