Ferrofluid-Analytik

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BJ68
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Ferrofluid-Analytik

Beitrag von BJ68 »

Über das Internet habe ich mir eine größere Menge kommerzielles Ferrofluid besorgt, um zu sehen wie sich so ein käufliches Produkt im Vergleich zu meinen selbstgemachten Produkt verhält.

Auffallend ist, das auch sehr kleine Mengen des Produktes über einen kleinem Magneten dieses für Ferrofluid typische "Spike-Verhalten" zeigen, wie dieses Bild veranschaulicht:
Bild

Außerdem zeigt sich auch bei längerem stehen an der Luft bei RT kein Eintrocknen der Trägerflüssigkeit und zudem ist es auch sehr dünnflüssig. Größere Partikel sind nicht zu erkennen, dies gilt auch wenn man den Magneten länger auf das Fluid einwirken lässt.
Nach längerem stehen lassen in einer offenen Petrischale ist der Geruch eisenartig mit einem Hauch Natriumoleat-Geruch.

Nun zur "Analytik":

In einen 1000 ml Kolben (Tara: 293.85 g) wurden mit einer Messpipette 20 ml Hexan pipettiert was einer Einwaage von 13.19 g entsprach. Berechnete Dichte daraus:
ρ=0.6595 g/ml (Literatur: GESTIS ρ=0.66 g/cm3)

Zu diesem wurden mittels eines Eppendorf 10 ml Combitip advanced insgesamt 20 ml des kommerziellen Ferrofluids gegeben, wobei an den Wänden anhaftendes Ferrofluid mit zusätzlichem Hexan in den Kolben gewaschen wurde:
Bild

Es zeigte sich, dass die 20 ml insgesamt 23.08 g wogen was einer Dichte von ρ=1.15 g/ml entspricht.

Um die Nanopartikel komplett zu fällen wurden nun insgesamt 200 ml Aceton hinzugegeben.

Hier die Zugabe der ersten 100 ml Portion Aceton, nach dem Umschwenken des Kolbens:
Bild

Dabei zeigte sich allerdings das sich an der Kolbenwandung wo das Aceton verdampfte wieder ein Ferrofluid bildete, wie an dem zerfließen des Niederschlags zu sehen ist:
Bild

Hier wurde die zweiten 100 ml Aceton zugegeben:
Bild


Der Kolben wurde nun auf einen Magneten gestellt um die Partikel zu sammeln:
Bild

Um die Nanopartikel möglichst quantitativ in den Niederschlag zu bekommen wurde die Kolbenwandung mit Hexan abgespült:
Bild

Nach einiger Zeit wurde der Überstand klar und konnte abgeschüttet werden:
Bild


Um das Öl komplett zu entfernen wurde der Niederschlag weitere 2 mal mit je 50 ml Aceton gewaschen, dabei wurde das Aceton immer heller. Zudem wurden, nach dem Umschwenken die Wandungen jeweils mit Aceton abgespült um Partikel an den Magneten zu bekommen. Es wurde auch darauf geachtet, dass der vom Magneten verdichte Niederschlag in Partikel beim Waschen zerfällt, um dort eingeschlossene Waschflüssigkeit frei zu bekommen:
Bild

Mit weiteren 60 ml Aceton wurde der Niederschlag in eine tarierte Schale überführt (Tara: 223.95 g), wobei nach dem sammeln am Magneten, das Aceton wieder in den Kolben zurück geschüttet wurde und so der Niederschlag fast quantitativ in der Schale ankam:
Bild

Verbleibende Rest im Kolben wurden in Hexan gelöst und diese Hexanlösung benutzt, um
Bild

den in der Schale vorhandenen aceton-feuchten Niederschlag ebenfalls in Lösung zu bringen:
Bild

Es bildete sich eine Lösung, die wenn eine dünne Schicht trocken geworden ist, Interferenzfarben zeigte:
Bild


Nun wurde die Hexan/Aceton-Mischung langsam abgedampft:
Bild

wobei die Flüssigkeit Ferrofluid-Eigenschaften zeigte:
Bild


Es wurde bis ins Trockene eingedampft:
Bild

was zu einem schwarzen Pulver führte:
Bild

Dies wurde in ein Vial überführt und die Reste in der Schale mit Hexan ausgewaschen:
Bild

Es wurde dann auf 20 ml mit Hexan aufgefüllt, wobei das Waschhexan aus der Schale verwendet wurde:
Bild


Auswaage: 234.56 g was 10.61 g Rückstand in Form von Nanopartikeln entspricht.

Das in Hexan aufgenommene Produkt zeigt Ferrofluid-Verhalten:
Bild



Das Öl:
Bild


Die über 400 ml erhaltene gelbe Lösung mit dem Öl wurden in eine Schale gegeben und o.n. abgedampft.

Tara Schale mit Öl: 442.37 g (Aceton o.n. abgedampft)
Tara Schale nach dem Absaugen des Öls: 431.18 g

= 11.19 g Öl

Tara Vial (leer): 22.01 g
Tara Vial (mit 14 ml Öl): 32.88 g = 10.87 g ρ=0.776 g/ml
Tara: Vial (komplett Öl): 33.16 g = 11.15 g = 14.36 ml
Tara Schale (sauber): 430.89 g
11.48 g Gesamt-Öl = 14.79 ml

Das Öl ist gelb gefärbt und sehr dünnflüssig, beim Abkühlen scheidet sich wenig eines weißen Feststoffes ab, ein Brenntest mit einem Tropfen auf einem saugfähigen Papier zeigte eine stark leuchtende, rußende Flamme die an Petroleum erinnerte....


Bj68
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Ich fasse mal bis hierher zusammen:

20 ml Ferrofluid = 23,08 g enthalten

11,48 g Öl mit einer Dichte von 0,776 g/ml
und
10,61 g Feststoff
(Verlust bei der Trennung : knapp 1 g Substanz - könnten auch flüchtige Bestandteile sein, die mit abdestilliert sind?)

Über den Daumen gepeilt: Verhältnis Nanopartikel zu Flüssigkeit = 1:1.

Woraus besteht der Feststoff? Wenn es dir hilft, biete ich wieder eine Eisenbestimmung an!

Bei der Analyse des Öls könnte eine Siedepunkt- / Siedebereichsbestimmung vielleicht weitere Orientierung bieten. Ist schon jetzt klar ob es ein Alkan(-gemisch) ist, oder können da andere Lömis drin sein (Aromaten, höhere Ester?)? Eine einfache Beilsteinprobe wäre auch interessant.
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Pok
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Beitrag von Pok »

Ist es überhaupt sinnvoll, die Zusammensetzung als Basis für ein eigenes Rezept zu verwenden? Magnetit scheint ja immer die magnetische Komponente zu sein und die Analyse des Öls stelle ich mir schwierig vor. CD-ROM-Laufwerk hat doch auf VC schon seine Versuchsreihen und ansehnliche Bilder des Produkts gezeigt und dort unterschied sich Erfolg von Misserfolg nicht durch die eingesetzten Stoffe, sondern durch die Temperatur und Fällungsbedingungen usw. Und diese Prozesse lassen sich mit einer Analyse nicht rekonstruieren. Nimm doch einfach sein Rezept, dann musst du nicht das Rad neu erfinden. :wink:
Quecksilberoxid rot
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Beitrag von Quecksilberoxid rot »

Weiß eigentlich jemand, wie man Ferrofluidreste an Glasgefäßen weg bekommt. Nach dem Experimentieren bleibt da immer was kleben und mit einem Schwamm geht auch nicht alles weg.
MfG HgO

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lemmi
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Beitrag von lemmi »

@Pok: kommt auf das analytische Interesse an. Es geht ja nicht darum das Rad zu erfinden sondern zu gucken, aus was es aufgebaut ist. Mich würde z.B. durchaus interessieren, ob sich aus dem Feststoff die Zusammensetzung von Magnetit bestätigen lässt. Manchmal erlebt man ja doch Überraschungen und ein Produkt ist was ganz anderes, als man erwartet. Oder in der Ölphase ist ein chlorierter KW drin oder Xylol oder sonstwas. Oder auch nicht. Dann weiß man, dass das Produkt nicht unter anwendung anderer Ausgangsstoffe hergestellt wurde, sondern es wirklich nur am Prozess liegt, wie Du vermutest.

@HgO: ich habe noch nie mit Ferrofluid zu tun gehabt, aber nach der Zusammensetzung würde ich erwarten, dass es sich erst mit einem organischen Lösungsmittel und dann evtl. mit Salzsäure wegputzen lässt.
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BJ68
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Beitrag von BJ68 »

Nur mal,kurz weil ich auf dem Weg nach Bayern bin....


Habe das Öl genommen und darin meine inzwischen aufgereinigten Nanopartikel gelöst. Es zeigte sich, dass ich rund 20 g der Partikel zugeben musste um so ein Verhalten zu bekommen wie das gekaufte Produkt.

Aus dem Versuch und einigen anderen mit Hexan als Träger, plus das Verhalten der Partikel bei der Aufreinigung oder besser beim Eintrocknen ist meine Vermutung, dass die Menge an Ölsäure die bei der Fällungsreaktion und beim Beschichten in der Hitze eingesetzt wird, einen enormen Einfluss auf das Endprodukt hat und wahrscheinlich es so wie bei der PCR ist, eine zu große Menge hilft nicht immer.....

Bj68



Edit: Mir hat es in der Richtung auch schon was gebracht, weil ich in Bezug auf die Trägerlösung nun auch sehr dünnflüssige Öle in Betracht ziehe....


Edit die Zweite: Das 1 g.....

Keine Ahnung wo das abgeblieben ist....werde wenn ich Zeit habe folgendes machen:

a) 5 ml Ferrofluid

b) 5 ml Ferrofluid + 5 ml Hexan

c) 5 ml Ferrofluid + 5 ml Hexan + 5 ml Aceton

d) 5 ml Ferrofluid + 5 ml Aceton

jeweils auf 50°C erhitzen und Gewichtsverlust aufzeichnen.

Mal sehen ob sich da was ändert.....
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Wo ist denn die Ölsäure bei deiner Trennung abgeblieben? Im Feststoff oder gelöst im Öl?
BJ68 hat geschrieben:...zeigt sich auch bei längerem stehen an der Luft bei RT kein Eintrocknen der Trägerflüssigkeit und zudem ist es auch sehr dünnflüssig.
Das spricht schon mal dagegen, daß es sich bei der Trägerflüssigkeit um niedrigsiedende Aliphaten (Hexan) handelt. Paraffinöl scheidet im Grunde auch aus (ist dickflüssig). Was kann es also sein? Womöglich ein pflanzliches Öl, oder ein synthetischer Glycerin- / Glykolester? Versuch doch mal, ob es sich verseifen lässt!
BJ68 hat geschrieben: (Aceton o.n. abgedampft)
was bedeutet "o.n."?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

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Pok
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Beitrag von Pok »

Über Nacht (over night) denke ich mal. Paraffinöl würde ich nicht ausschließen. Es gibt auch ziemlich dünnflüssige mit hohem Siedepunkt, die auch auf lange Zeit praktisch gar nicht verdunsten. Und zur Ölsäure: die wurde ja noch gar nicht nachgewiesen. Es könnten auch andere Suspensionsmittel sein, wie hier gezeigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die perfekten Industrieprodukte auch nur mit billiger Ölsäure hergestellt werden.
BJ68
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Beitrag von BJ68 »

lemmi hat geschrieben:Wo ist denn die Ölsäure bei deiner Trennung abgeblieben? Im Feststoff oder gelöst im Öl?
BJ68 hat geschrieben:...zeigt sich auch bei längerem stehen an der Luft bei RT kein Eintrocknen der Trägerflüssigkeit und zudem ist es auch sehr dünnflüssig.
Das spricht schon mal dagegen, daß es sich bei der Trägerflüssigkeit um niedrigsiedende Aliphaten (Hexan) handelt. Paraffinöl scheidet im Grunde auch aus (ist dickflüssig). Was kann es also sein? Womöglich ein pflanzliches Öl, oder ein synthetischer Glycerin- / Glykolester? Versuch doch mal, ob es sich verseifen lässt!
BJ68 hat geschrieben: (Aceton o.n. abgedampft)
was bedeutet "o.n."?


Der Überschuss wird bei der Herstellung durch den Waschschritt mit Aceton entfernt....was ich mit der Menge meinte ist z.B. das:
http://spie.org/Publications/Proceeding ... /12.838355

D.h. wird ein Überschuss Ölsäure verwendet, dann bekommt man "bilayer oleic acid-coated nanoparticles" was dann zu dem führen kann:
http://soft-matter.seas.harvard.edu/ind ... 9_fig1.jpg
aus
http://soft-matter.seas.harvard.edu/ind ... r_solvents

Öl.....könnte sich um sehr dünnflüssiges Mineralöl handeln oder Petroleum vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Petroleum allerdings stimmt der Geruch nicht....


o.n. ist über Nacht wie Pok schon schrieb....


Bj68
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Pok
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Beitrag von Pok »

BJ68 hat geschrieben:Öl.....könnte sich um sehr dünnflüssiges Mineralöl handeln oder Petroleum vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Petroleum allerdings stimmt der Geruch nicht....
Manche hochsiedenden Mineralöle riechen nach praktisch gar nichts. Rossmann hat neuerdings ein Lampenöl im Angebot, das selbst auf Papier gebracht nach etlichen Tage kein bisschen verdampft und sehr dünnflüssig ist (was mit deinen Beobachtungen im Einklang ist) und nur sehr schwach wahrzunehmen ist, wenn man direkt die Öffnung unter die Nase hält und auf die Flasche drückt. Da sind ausnahmslos Alkane drin. Wenn bei deinem gekauften Produkt was riecht, muss es ja nicht das Öl selbst sein, sondern ggf. irgendein Zusatzstoff oder Verunreinigung.
CD-ROM-LAUFWERK
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Beitrag von CD-ROM-LAUFWERK »

Das erinnert mich an dieses Alkan-Petroleum, welches ich auch schon bei VC verlinkt hatte.
Das riecht quasi nicht (verdunstet also auch nur seeeehr langsam), ist sehr dünnflüssig und für Ferrofluid super geeignet.
Beispielsweise Paraffin kann man hingegen vergessen als Trägerflüssigkeit.
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