Hyperaccumulator plants

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BJ68
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Hyperaccumulator plants

Beitrag von BJ68 »

25% Nickel im Pflanzensaft ist schon eine Hausnummer:

https://boingboing.net/2021/03/09/harve ... round.html

Paper aus dem Artikel:
https://www.researchgate.net/publicatio ... xperiments

bj68
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mgritsch
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von mgritsch »

Von Pflanzen die gewisse Schadstoffe anreichern hat man ja schon öfter gehört, aber gleich 25% - das ist eine gewaltige Akkumulation.
Wie ist so etwas erklärbar? IdR macht die Natur nichts ohne (evolutionären) Zweck, welche Rolle in Stoffwechsel oder Überleben könnte so eine Ni Anreicherung spielen?
BJ68
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von BJ68 »

Könnte mir

a) Schutz gegen Tierfrass und
b) Erschließung neuer Siedlungsräume (Edit: im Vergleich zu anderen Pflanzen für die Ni2+ ein Gift ist)

vorstellen.....

bj68


Edit: Wäre interessant Blätter da mal unters Röntgengerät zu legen...könnte mir vorstellen, dass man da dann doch einen Unterschied sieht....
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lemmi
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von lemmi »

Die Speicherung von Nickel macht als Anpassung an Nickel-reiche Böden/Umgebung keinen wirklichen Sinn. Da wäre es sinnvoller, wenn die Pflanze einen Mechanismus entwickelt hätte, um Nickel gar nicht erst aufzunehmen bzw die entsprechenden Stoffwechselenzyme Schwermetall-resistent wären. Speicherung ist ja mit einem Energieaufwand verbunden.

Fraßschutz? Da Insekten nicht lernfähig sind müsste das eine sehr akut biozide Wirkung haben. Ich bezweifle, dass das zutrifft. Wenn ein Heuschreckenschwarm über eine Pflanze herfällt, nützt es der Pflanze nichts, dass die Heuschrecken 12 Stunden später sterben. Okay, vielleicht sind das Problem ja nicht Heuschrecken sondern eher langfristig an der Pflanze verweilende Schädlinge (irgendwelche Larven z.b.), dann würde das durchaus funktionieren.

Die biologische Bedeutung dieses Phänomens erscheint mir noch etwas fraglich.
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Xyrofl
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von Xyrofl »

IdR macht die Natur nichts ohne (evolutionären) Zweck
Das sollte man meinen und im Großen und Ganzen ist das auch so, aber seltsamerweise macht die Natur eine Menge komische Dinge ohne evolutionären Zweck und es stellt sich im Nachhinein immer erst heraus ob das ein Vorteil war, oder so schlimm ist, dass die neue Erblinie verschwinden muss. Es ist durchaus nicht ungewöhnlich, dass nutzlose Relikte, ein Überschießen oder direkt schädliche Änderungen beobachtet wurden, die einfach nur durch unverschämtes Glück ihre Artgenossen überlebt haben. So etwas passiert, weil Evolution nur im langfristigen Mittel ein gutes Optimierungsverfahren ist, aber im Detail aus tausend seltsamen Irrwegen besteht.
Es ist durchaus möglich, dass es einzelne genetische Merkmale gibt, welche jeweils die von BJ genannten Vorteile besonders ausgeprägt bieten und in Kombination erlauben die eine Anreicherung von Nickel auf >20% aber es hätten auch 3% ausgereicht. Man selektiert ja Gene und nicht Prozente und wenn das so passiert, dann ist das eben so.

Beispiel:
Genetisches Merkmal A spielt an Protein A herum und erlaubt ein Stehen auf nickelhaltigen Böden durch effizienteren Nickeltransport über Ionenpumpen, hat aber nicht so viel Einfluss auf die Konzentration in den Blättern.
Genetisches Merkmal B spielt an Protein B herum und bewirkt auf normalen oder leicht belasteten Böden einen Fraßschutz durch Nickelgehalte in den Blättern und im Pflanzensaft von 0,3-2%.
Auf einmal mendeln sich beide zusammen und schießen über 20% ohne dass jemals darauf gezielt wurde, aber sowohl A als auch B sind für sich und in Kombination vorteilhaft. Solange das durch Effizienz und nicht durch einen kostspieligen Kraftakt erreicht wurde, kostet es keine Fitness und kann auch ohne direkten oder gar klar ersichtlichen Nutzen lange Zeit (mit Glück auch Jahrmillionen) existieren.
Fraßschutz? Da Insekten nicht lernfähig sind müsste das eine sehr akut biozide Wirkung haben.
Insekten und Schnecken vielleicht weniger, aber Säugetiere schmecken Schwermetalle und das wohl nicht ohne Grund. Ich denke Hasen, Rehe und ähnliche würden diese Pflanzen meiden und es reicht für einen Vorteil wenn junge Triebe nicht angefressen werden.
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mgritsch
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von mgritsch »

Wobei ich nicht herauslesen konnte (nicht genau genug geschaut?) was der Ursprung dieser Pflanzen ist. Haben die sich schon lange auf natürlich Nickel-kontaminierten Böden entwickelt und man hat sie entdeckt? Kommen die ursprünglich von einem ganz anderen, "normalen" Boden und man hat nur zufällig entdeckt dass sie das mit dem Nickel auch können? Wurde hier bereits durch Züchtung "nachgeholfen"?
BJ68
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von BJ68 »

Meinte eher Warmblütler...sprich Säugetiere....

Wer mal Kupfersulfat probiert, hat weiß was ich meine....schmeckt beschissen....


Edit: Xyrofl hats schon angeschnitten...



bj68
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eule
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von eule »

sorry Leute,
ich finde in dem paper nur 2.5% Nickel, nicht 25. Vllt habe ich da was übersehen, aber so steht es da. Das ist aber ebenfalls eine beeindruckende Konzentration für so eine Pflanze.
Phyllanthus rufuschaneyi accumulates exceptional concentrations of Ni in the shoot tissues,
with up to 2.5 wt% in the old leaves and 1.23 wt% in the twigs (van der Ent et al., 2015; van der Ent
and Mulligan, 2015). The Ni concentrations in the phloem sap and the seeds are high, with mean
concentrations of 8830 mg L-1 and 1.8 wt%, respectively (van der Ent and Mulligan, 2015).
Considering the high shoot Ni concentrations, coupled with its multi-stemmed habit, rapid re-growth
after coppicing, ease of propagation and pest resistance
Unendliche Vielfalt in unendlicher Kombination.

Agressiv und feindselig, boshaft, manipulierend und hinterhältig, hämisch, überkritisch, herrschsüchtig und sinnlos brutal, das sind die Primärtugenden, die zusammengenommen Menschen vor allen anderen Spezies auszeichnen.
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von BJ68 »

eule hat geschrieben: Donnerstag 11. März 2021, 01:28 sorry Leute,
ich finde in dem paper nur 2.5% Nickel, nicht 25. Vllt habe ich da was übersehen, aber so steht es da. Das ist aber ebenfalls eine beeindruckende Konzentration für so eine Pflanze.
Anscheinend ein Fehler im BoingBoing-Artikel:
If you cut open the leaf of a hyperaccumulator plant, you get sap that's blue-green, because it's fully 25% nickel. That's an astonishingly high concentration; it's higher than the ore that goes into a nickel smelter.
bj68
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von mgritsch »

eule hat geschrieben: Donnerstag 11. März 2021, 01:28
The Ni concentrations in the phloem sap and the seeds are high, with mean
concentrations of 8830 mg L-1 and 1.8 wt%, respectively (van der Ent and Mulligan, 2015).
ähm, 8,8 g/l und 1,8 wt-% würde erfordern dass die Dichte des Pflanzensafts 4,8 beträgt.....? :eek: :out:
Kann ich mir nicht so ganz vorstellen, trotz Ni Gehalt. :)
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lemmi
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von lemmi »

Die 1,8 % bezogen sich auf die Samenkörner, die 8800 mg/l auf den Pflanzensaft. 8)

Das mit dem Kommafehler (25 statt 2,5 %) erinnert mich an den angeblich irrsinnig hohen Eisengehalt des Spinats, der auch jahrzehntelang Kindern das Leben schwer gemacht hat, und sich dann als Abschreibfehler herausstellte! :lol:
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von Calciumcitrat »

Das erinnert mich an das angeblich Arsenat statt Phosphat enthaltene Erbgut gewisser extremophiler Bakterien, was dann widerlegt wurde: https://de.wikipedia.org/wiki/GFAJ-1.

Sind nicht auch einige Pilze dafür bekannt, Actinoide aus dem Boden anzureichern?
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eule
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von eule »

du meinst das Hier beschriebene? (Radioaktive Belastung von Wildbret und Wildpilzen in der Folge von Tschernobyl)
Unendliche Vielfalt in unendlicher Kombination.

Agressiv und feindselig, boshaft, manipulierend und hinterhältig, hämisch, überkritisch, herrschsüchtig und sinnlos brutal, das sind die Primärtugenden, die zusammengenommen Menschen vor allen anderen Spezies auszeichnen.
Calciumcitrat
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von Calciumcitrat »

Ja, z.B.. Einige Arten scheine auch bevorzugt Polonium aufzunehmen.

Inzwischen werden solche DInge, hefebasiert, auch schon künstlich designt:, z.B für Chrom, Arsen, Cadmium und Strontium-90: https://www.nature.com/articles/s41467-019-13093-6
BJ68
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Re: Hyperaccumulator plants

Beitrag von BJ68 »

In "Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf" wurde ähnliches erwähnt....vgl. https://link.springer.com/article/10.10 ... 6113905129 und https://www.sciencedirect.com/science/a ... 9002000055 auch wenn die Mengen gering sind (Papers nur überflogen), so ist es deswegen interessant, weil das Wurzelsystem da recht tief geht und damit Böden auch in tieferen Schichten dekontaminiert werden können.

bj68
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