Nachweis biozider Wirkung

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lkt-tgm
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Nachweis biozider Wirkung

Beitrag von lkt-tgm »

Hallo zusammen.

Für eine Projektarbeit bin ich beim Recherchieren, wie man Mikroorganismen in Wasser nachweisen kann. Dazu muss ich sagen, dass ich keinerlei biologische Ausbildung genossen habe, sondern Materialtechniker bin. Damit bin ich für jeden Hinweis / Tipp dankbar, bitte aber um eine für Laien verständliche Antwort.

Im Detail:
Ich soll die Wirkung mehrerer biozider Stoffe untersuchen, deren Anwendung im Wasserleitungsbereich liegt. Dazu hätte ich mir gedacht, dass ich die Wirkstoffe mit Bakterienkulturen teste und überprüfe, ob diese über das bzw. auf dem Biozid wachsen. Dazu könnte ich mir vorstellen, dass ich eine Petrischale mit etwas Agar bestreiche und in die Mitte meinen Wirkstoff lege. Rundherum träufle ich eine Bakterienlösung auf das Agar und sehe mit dann an, ob die Bakterien den Wirkstoff meiden / überwachsen. Eventuell kann man in einem zweiten Versuch auch sehen, ob die Bakterien wachsen, wenn sie direkt auf den Wirkstoff aufgebracht werden.
Eine andere Methode wäre vielleicht aber auch, dass ich einfach eine Bakterienlösung herstelle und in diese dann den Wirkstoff einbringe. Dann könnte ich mit einem einfachen Schnelltest (keimindikatorstreifen) überprüfen,ob die Bakterien darin weiterwachsen, oder sogar absterben.

Wie schon geschrieben, habe ich aber mit Bakterienkulturen keine Erfahrung, womit wir auch schon zu einer Reihe von Fragen kommen, die sich mir stellen:

a) Welcher Nachweis ist für das Wachstum bzw. vielleicht vielmehr für die biostatische oder biozide Wirkung der Präparate geeignet? Ist das Bebrüten einer Petrischale mit Bakterien und Agar dazu besser geeignet, oder sind diese Schnelltests (Abklatschtests, Keimindikatoren) empfehlenswerter?

b) Welche Bakterienarten kann ich (möglichst gefahrlos) für den Test verwenden und woher bekomme ich diese? Ein Thema wären sicher Legionellen, da diese auch in Trinkwasserleitungen auftreten können.
Anmerkung: Die Bakterien sollten möglichst einfach zu halten sein. Ich habe in meinem Labor grundsätzlich die Möglichkeit Kulturen in Wärmeschränken zu lagern. Die Schränke regeln auf +/- 2 °C genau, haben aber keine CO2-Versorgung. Sofern eine erhöhte Luftfeuchtigkeit erforderlich ist, kann ich diese auch nur mit einem im Ofen platziertem Wasserbad erzeugen.
Hierzu wäre dann auch noch für mich unklar, wie die Kulturen im Schrank gelagert gehören. Sollen diese abgedeckt werden, damit sie sich nicht ungehindert im Ofen ausbreiten? Ich habe da Petrischalen gefunden, die entweder dicht schließend sind oder solche, mit perforiertem Deckel.

c) Wenn ich einen Bakterienstamm kaufe, ist der dann gefroren und portioniert, oder wie kann ich mir das vorstellen? Ich würde gerne Versuche über einen längeren Zeitraum (mehrere Tests über einen Zeitraum von drei Monaten) durchführen. Kann ich dazu die ursprüngliche Kultur einfach immer wieder teilen und den "Überschuss" verwerfen? Reicht es dazu, wenn ich die Kultur regelmäßig mit etwas Agar (?) füttere? Und: Wie entsorge ich den "Überschuss" an Bakterien? Einfach in 100 %-igen Alkohol abtöten?

d) Welche Punkte gilt es noch zu beachten? Die Arbeit in chemischen Laboratorien ist mir vertraut, weshalb ich grundsätzlich denke, dass ich mit infizierten Geräten, etc. umgehen kann. Aber gibt es vielleicht spezielle Punkte in der Handhabung, die zu beachten sind? Ich denke da beispielsweise an die Reinigung von Oberflächen und Pipetten, Vermeidung von Kontaminationen (Übertragung durch Umluft im Ofen auf andere Proben), etc.?

e) Sollte der Weg über die Kultivierung in Petrischalen führen, dann wüsste ich noch gerne, wie man dazu genau vorgeht. Streiche ich da einfach etwas Agar gleichmäßig am Boden der Schale aus, oder brauchen die Bakterien einen dickeren (z.B. 5 mm) Film? Außerdem habe ich gesehen, dass es eine Vielzahl an Agar-Arten gitb, die sich doch recht deutlich im Preis unterscheiden. Zu welchem würdet ihr mir da raten bzw. sind die Spezial-Agar wirklich den 10-fachen Preis wert?

Ihr seht schon, dass ich kein fachpraktisches Wissen bieten kann. Ich hoffe aber zumindest die richtigen Fragen zu stellen.

Für eure Hilfe bin ich jetzt schon dankbar!
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Dimethylsulfoxid
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Beitrag von Dimethylsulfoxid »

Hallo,

zu a) Am besten machst du einen Hemmhoftest, d.h. du streichst mit einem Drigalski-Spatel Bakteriensuspension auf einer Agarplatte aus, anschließend kommt in die Mitte der Petrischale ein Celluloseblättchen, welches den Wirkstoff enthält. Beachte, dass du ggf. die Konzentration anpassen musst, damit es der Realität möglichst nah kommt (Verdünnungseffekte etc.).
Von ''Schnelltests'' würde ich abraten, die sind meistens überteuert und für diese Untersuchung eher ungeeignet.

zu b) Natürlich macht es Sinn, die Untersuchungen mit den Bakterien durchzuführen, die in Leitungen relevant sind. Das können eine Vielzahl sein. Die Arbeit mit Legionellen ist allerdings problematisch. Für solche Pathogene ist eine spezielle Ausrüstung erforderlich wie u.a. Sicherheitswerkbänke. Möglicherweise sogar ein S3 Labor. Mal eben unter S1 Standard so etwas ausstreichen ist zwar möglich (auch ich würde bei hygienischer Arbeit die Infektionsgefahr als sehr gering einschätzen), allerdings verlangt im kommerziellen Bereich der Gesetzgeber ein entsprechendes Labor (siehe Biostoffverordnung/Infektionsschutzgesetz).
Ich würde daher ungefährliche Stellvertreterorganismen wählen z.B. welche die charakteristisch gleiche Anforderungen an Medien und Umweltbedingungen haben bzw. nahe Verwandte, die allerdings unter normalen Bedienungen keine Pathogene sind.
Bakterien brauchen keine CO2-Inkubatoren, so etwas benötigt man für Zellkulturen (dabei beträgt der Gehalt an CO2 in der Atmosphäre nicht mehr als 5 %). Ein normaler Brutschrank reicht daher vollkommen aus, für anaerobe Bakterien müsste man Anaerobiertöpfe verwenden.
Normalerweise verwendet man Petrischalen mit Nocken aus Polystyrol, in denen der Agar bei 60 °C gegossen wird (bitte niemals Petrischalen mit Agar autoklavieren). Diese werden beimpft umgedreht (damit kein Kondenswasser auf das Medium tropft) im Brutschrank gelagert. Der Deckel ist dabei natürlich geschlossen, Bakterien werden sich nicht ausbreiten. Je nachdem welcher Stamm verwendet wurde, sollte der Inkubator aber desinfiziert werden.

Zu c) Bakterien werden gefriergetrocknet, beispielsweise vom DSMZ, bei -80°C geliefert (Trockeneisversand). In der Regel braucht man für die dauerhafte Konservierung einen -80 °C Tiefkühlschrank, kurzfristig sind aber auch Glycerin-Stammkulturen möglich, die bei -20 °C begrenzt gelagert werden können. Du kannst natürlich die Organismen auch immer wieder in einem Medium vermehren. Dabei zu beachte ist, dass Agar selbst kein Medium ist, sondern nur ein Geliermittel. Dem Medium wird als ''Futter'' Hefeextrakte und Aminosäurequellen zugesetzt. Je nachdem sind auch Flüssigkulturen das Mittel der Wahl.

Zu d) Man desinfiziert am besten Oberflächen mit 70 % 2-Propanol, das wirkt gegen Bakterien meist am besten. Für die Hände nimmt man am besten so etwas wie Sterillium (Fa. BODE). Kulturröhrchen und benutzte (!) Petrischalen (auch PS), sowie Pipettenspitzen etc. kommen in einen Autoklavierbeutel und werden bei 121 °C autoklaviert. Am besten Autoklavierband verwenden um eine ausreichende Sterilisation des biologischen Materials sicherzustellen.
Wenn du keine Sicherheitswerkbank zu Verfügung hast, dann kannst du in der näher einer offenen Flamme arbeiten (Bunsenbrenner). Der sich dabei bildende Hitzekegel schafft einen keimfreien Raum. Natürlich sollte man nicht am offenen Fenster arbeiten oder einen Ventilator daneben stehen haben.

Zu e) Man gießt Agar in die Petrischalen, wenn dieser noch warm ist. Dieser wurde zuvor bei 121 °C autoklaviert. Er darf aber nicht zu heiß sein oder zu kalt. Die Füllhöhe beträgt etwa 1/3 der Petrischale. Anschließend lässt man den Agar erstarren und kann ihn entweder sofort verwenden oder man lagert die Petrischalen (am besten in geschlossenen Plastiktüten oder um klebt) bei 4 °C im Kühlschrank.
Bakteriensuspension streicht man mit einem Drigalski-Spatel aus, dieser wird mit Ethanol über dem Brenner ab geflammt. Man sollte aufpassen, wenn der Spatel noch zu heiß ist, könnte man damit seine Bakterien abtöten.
Welchen Agar oder welches Flüssigmedium man verwendet, hängt von der verwendeten Bakterienart ab. Natürlich gibt es im Fachhandel dafür ein riesiges Angebot. Für Wasseruntersuchungen gibt z.B. von Roth unterschiedliche vorgefertigte Medien. Aber wie gesagt, es richtet sich nach verwendeter Bakterienart. Wenn man viel braucht, kann es sei, dass es günstiger ist, wenn man sich das Medium selber zusammen stellt. Auch hierfür gibt es bei Firmen wie Roth oder Sigma-Aldrich passende Komponenten.
lkt-tgm
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Beitrag von lkt-tgm »

Hallo Dimethylsulfoxid,

vielen Dank für deine Antwort. Damit hast du schon etliche meiner Fragezeichen aufgelöst und mir ist jetzt schon ziemlich klar, wie ich die Versuche durchführen muss.

Zum Punkt b) hätte ich dann noch eine ergänzende Frage. Gibt es eventuell irgendeine gute Datenbank oder ein Verzeichnis (Fachbuch, Internet) in dem man solche ungefährlichen Stellvertreterorganismen (und die für diese erforderlichen Nährmedien) recherchieren kann? Vielleicht kannst du mir auch generell eine gute Fachliteratur empfehlen, in der solch grundlegende Dinge, wie der richtige Umgang mit Kulturen, Probenvorbereitung, etc. beschrieben sind? Eine Art Praxishandbuch wäre da denke ich für den Anfang schon nützlich.

Auch wüsste ich noch gerne, ob ich anstelle der Sterilisation mittels Autoklav auch UV-C-Strahlung verwenden kann? Dass sollte ja auch alle Organismen abtöten und wäre für mich in der Handhabung einfacher, da ich einen entsprechenden Prüfstand (für Werkstoffprüfungen) zur Verfügung hätte.
Wobei mir ist noch nicht ganz klar, wozu die verbrauchten Petrischalen autoklaviert werden. Wenn ich die Kulturen mit Isopropanol abtöte, dann reicht das doch eigentlich, oder ist das zu blauäugig von mir? Die Schalen landen dann ohnehin im Sondermüll.

Nochmals danke für deine Unterstützung!

Mit freundlichen Grüßen!
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Dimethylsulfoxid
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Beitrag von Dimethylsulfoxid »

Zum einen könntest du in einschlägiger Fachliteratur zu dem Thema schauen, alternativ am DSMZ anfragen. Was Abwasseruntersuchungen angeht bin ich selber nicht so im Thema. Wenn es nur darum geht die grundsätzliche bakterizide/antimikrobielle Wirkung nachzuweisen, eignen sich vllt. schon einfache Standardorganismen wie E. coli (Gram-negativ) oder Bacillen ( Gram-positiv). Im Wasser kommen ja häufig Pseudomonas-Arten vor, welche auch relativ einfach zu handhaben sind.
Im Internet gibt es verschiedene Texte zur Arbeit mit Mikroorganismen. Besonders Anleitungen für Uni-Praktika sind nützlich. Einfach mal so etwas wie ''Mikrobiologisches Praktikum Uni'' oder ''Mikrobiologische Methoden'' googeln, dann kommt man oft auf sehr nützliche PDFs oder verweise auf Fachliteratur. Ich habe das ältere Buch ''Mikrobiologisches-Biochemisches Praktikum'' von Süßmund, welches von Thieme verlegt wurde. Das ist ziemlich alt, allerdings gelten die dort beschriebenen Arbeitsweisen für die Mikrobiologie auch noch heute.
Meistens gibt es beim DSMZ zu jeden Organismus ein Medienrezept.
Theoretisch ist die Sterilisation von Medien mit sehr starker UV-Strahlung möglich, dies ändert sich aber rasch bei Trübungen und hoher Zelldichte. Die Sterilisation mit einem Autoklaven ist sicherer und üblich. Nach dem autoklavieren kannst du davon ausgehen, dass nichts mehr drin ist.
Das Abtöten mit 2-Propanol ist nur bedingt möglich, da Desinfektionsmittel nur die Anzahl an Bakterien stark reduzieren, eine Garantie der vollständigen Vernichtung hast du nur mit dem autoklavieren. Wenn du keinen Autoklaven zu Verfügung hast, kannst du auch einen Schnellkochtopf ersatzweise nehmen. Da erreichst du ähnliche Temperaturen und Drücke.
lkt-tgm
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Beitrag von lkt-tgm »

Hallo Dimethylsulfoxid.

Okay, dann werde ich mich nochmal auf der DSMZ-Seite schlau machen.
Grundsätzlich stehen mir zwei Autoklaven zur Verfügung, das ist also kein Problem.

Nochmals danke für deine Hilfe!

Mit freundlichen Grüßen!
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