Bakterien Geißelfärbung

Interessante Versuche aus der Biologie, Biochemie und Biotechnologie.

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Alf
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Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von Alf »

Bakterien Geißelfärbung

Viele Bakterien besitzen Geißeln (lat. Flagellum). Die Geißeln dienen der aktiven Fortbewegung der Bakterien. Sie sind nur wenige Nanometer dünn und können nicht ohne weiteres im Lichtmikroskop beobachtet werden. Die Anzahl und Anordnung der Geißeln waren ein wichtiger Anhaltspunkt für die Bestimmung. In Zeiten von PCR und Massenspektrometrie zur genauen Zuordnung ist dieses speziellere Verfahren im wissenschaftlichen Alltag in den Hintergrund gerückt.
Die Literatur zur Durchführung ist rar und meistens schon einige Jahrzehnte alt. Am häufigsten begegnet man der Leifson-Methode. Die in diesem Versuch durchgeführte Variante entspricht einer etwas abgewandelten Rezeptur. Man findet zahlreiche Variationen der angegeben Methode, im Prinzip haben aber alle dieselbe Funktionsweise.


Geräte/Materialien:

Bechergläser, Waage, Zentrifugenröhrchen, Pipetten, Pinzetten, Heizplatte, Inkubator, Zentrifuge, Spatel, Objektträger, Deckgläschen, Mikroskop, Handschuhe, Petrischale, Immersionsöl


Chemikalien:

Fuchsin (C.I. 42510) Warnhinweis: attnWarnhinweis: xn
Kristallviolett (C.I. 42555) Warnhinweis: attnWarnhinweis: xnWarnhinweis: cWarnhinweis: n
Malachitgrün G / Brilliantgrün (C.I. 42040) Warnhinweis: attn
Säurefuchsin (C.I. 42685) Warnhinweis: attn
Ethanol 96%, unvergällt Warnhinweis: f
Tannin Warnhinweis: attn
Kaliumaluminiumsulfat

Glycerin

Harnstoff


Natriumchlorid

Agar (oder fertiges Nährmedium)


Sicherheitshinweis:

Die verwendeten Farbstoffe gelten als karzinogen, es sollten Handschuhe getragen werden. Beim Experimentieren mit (potentiell pathogenen) Bakterienkulturen ist unbedingt auf Hygiene zu achten: Handschuhe tragen, kontaminierte Geräte, Hände und Arbeitsflächen gründlich desinfizieren! Die Kultur ist nach spätestens 36 Stunden vernichten.


Versuchsdurchführung


A) Bakterien-Kultur

Eine einfache, sichere und auch zielführende Bakterienkultur wird hergestellt, indem 5 ca. 1 cm dicke Scheiben einer Karotte für ca. 5 Minuten in Wasser weich gekocht werden. Die Karottenscheiben legt man dann in eine Petrischale die mit etwas befeuchteter Watte ausgelegt wurde. Nach 24 Stunden bei 33°C im Brutschrank bilden sich an der Oberfläche, schleimig, klebrige Kolonien aus denen nach oben beschriebener Weise Ausstriche hergestellt werden können. Bebrütet man die Karottenscheiben weiter (für ca. weitere 48 Stunden) kann man auch die Bildung von bakteriellen Endosporen beobachten. Hierbei wachsen vermutlich entweder Bacillus megaterium, oder Bacillus cereus an.


Anzucht auf Nährboden:

Für die Anzucht einer geeigneten Bakterienkolonie wird ein improvisierter Nährboden gegossen (es kann jeder andere Nährboden genauso verwendet werden). In einem 100 ml-Becherglas werden 50 ml dest. Wasser, 5 g fein zerhacktes Hühnerfleisch, 0,5 g Natriumchlorid, 0,5 g Glucose, ca. 3 ml Milch und eine Spatelspitze Harnstoff für 15 Minuten zum Sieden erhitzt. Danach wird die Lösung filtriert, mit 0,5 g Agar versetzt und für weitere 15 Minuten erhitzt, wobei sich der Agar rückstandslos auflöst.

Währenddessen wird eine improvisiert desinfizierte Petrischale vorbereitet. Dazu wird eine Petrischale mit ca. 7 ml 70 % Isopropanol ausgegossen, der Deckel aufgesetzt und solange geschüttelt, bis der ganze Isopropanol durch den Rand aus der geschlossenen Schale hinausgeflossen ist. Im Anschluss wird die geschlossene Schale mit einem Haarföhn von außen auf beiden Seiten solange erwärmt, bis die Schale trocken ist. Dabei darf die Schale nicht mehr geöffnet werden.

Sobald die Petrischale trocken und abgekühlt ist, wird sie seitlich leicht geöffnet, das noch heiße Nährmedium zügig eingegossen und die Schale verschlossen. Nach 1 Stunde ist der Nährboden fest und kann beimpft werden. Dafür wird mit einer Öse zuerst entlang einer Blumenkiste in die Erde getaucht und im Anschluss 3-mal über den Nährboden gestrichen und die Öse daraufhin im Bunsenbrenner ausgeglüht. Sobald die Öse abgekühlt ist, wird wieder 3-mal über den Nährboden gestrichen, wobei durch die 3 Linien aus dem ersten Ausstrich gestrichen wird. Danach wird die Öse nochmals ausgeglüht und wie oben beschrieben ausgestrichen (3 Ösen-Ausstrich). Die Agarplatte wird daraufhin über Nacht bei 33°C in einen Brutschrank gelegt (Deckel nach unten). Nach 16 Stunden können die anwachsenden Kolonien für die Färbung verwendet werden.


B) Farbstoff:

In einem 50 ml-Becherglas werden 0,5 Kaliumaluminiumalaun und 0,4 g Tannin in 7,5 ml dest. Wasser gelöst. Die Lösung wird auf einer Heizplatte vorsichtig zum Sieden erwärmt. In einem 15 ml fassenden Zentrifugenröhrchen werden 0,4 g Fuchsin und 0,2 g Säurefuchsin vorgelegt, in 2,5 ml Ethanol 96 % und 0,5 ml Glycerin aufgenommen und geschüttelt. Im Anschluss wird die Alaun-Tannin Lösung noch warm in das Zentrifugenröhrchen gegossen und sofort für mindestens 1 Minute stark geschüttelt. Danach lässt man das Zentrifugenröhrchen auf Zimmertemperatur abkühlen und für 1 Stunde ruhen, wobei immer wieder geschüttelt wird. Im Anschluss wird die Lösung zentrifugiert (5 Minuten bei ca. 5000 u/min) und der klare Überstand vorsichtig abgegossen.


C) Färbung:

Es werden mehrere Objektträger vorbereitet. Dazu gibt man auf den ersten Objektträger einen großen Tropfen dest. Wasser, auf die anderen einen kleineren Tropfen in der Mitte am Rand einer Längskante. Die Öse wird mit einem Tropfen Wasser befeuchtet und damit eine Kolonie auf dem Nährboden berührt. Dabei sollte man nicht hineinstechen, ein bloßes Berühren der Kolonie mit dem Wassertropfen auf der Öse genügt. Danach wird die Öse in den großen Tropfen des ersten Objektträgers eingetaucht und vorsichtig gedreht, sodass eine leichte Trübung wahrnehmbar ist. Danach wird die Öse ausgeglüht und abgekühlt. Im Anschluss wird die Öse vorsichtig in den großen Tropfen des 1. Objektträgers getaucht und im Anschluss in den kleineren Tropfen des zweiten Objektträgers getaucht. Daraufhin wird der 2. Objektträger der Breite nach gekippt, sodass der Tropfen von der einen zur anderen Seite rollt. Die Lösung des 2. Objektträgers sollte nicht trüb sein, da sonst eine zu hohe Bakterienanzahl vorliegt. Der 2. Objektträger wird an eine ruhige Stelle gelegt und man wartet, bis die Flüssigkeit verdunstet ist. Jetzt wird ober- und unterhalb des getrockneten Ausstrichs mit Wachs eine Linie gezogen, sodass die Färbelösung begrenzt bleibt.

Im Anschluss werden ca. 0,5 ml der Farbstofflösung aufgetropft. Die Färbedauer beträgt maximal 90 Sekunden, besser 50-60 Sekunden. Eine genaue Angabe der Färbedauer ist schwer möglich, und es bedarf einer Versuchsreihe zur Ermittlung der optimalen Dauer. Nach abgelaufener Zeit wird die Lösung schnell abgespült. Auf dem Objektträger haben sich einige Farbstoffniederschläge gebildet. Die Gegenfärbung erfolgt entweder mit einer 1%igen Kristallviolett-Lösung oder einer 1%igen Malachitgrün G-Lösung in Wasser. Dafür wird 5 Minuten bei Raumtemperatur überschichtet, danach noch 1 Minute bei 70 °C auf der Wärmplatte erwärmt und im Anschluss mit dest. Wasser abgespült. Dabei löst sich ein Teil der Niederschläge im Hintergrund. Danach wird der Objektträger auf die warme Wärmplatte gelegt, zügig getrocknet, ein Tropfen Immersionsöl aufgetragen und bei 1000-facher Vergrößerung im Mikroskop betrachtet.


Dünne Geißeldarstellung:

Möchte man die Geißeln dünner darstellen - was sich bei kleineren Bakterien anbietet, da andernfalls eine Unterscheidung Geißel/Bakterium oft nicht mehr möglich ist - oder überfärbt man ein Präparat und es kommt zur Bildung von Farbstoffniederschlägen, so empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
Zuerst wird das Immersionsöl mit etwas Wundbenzin vom Objektträger gewaschen. Im Anschluss spült man den Objektträger kurz mit 96%igem Ethanol ab und spült danach zügig mit dest. Wasser nach. Dabei löst sich einiges der Färbung und die Geißeln werden weitgehend entfärbt. Jetzt wird erneut gefärbt, indem man den Objektträger für 5 Minuten mit einer 1% Fuchsin Lösung in Ethanol überschichtet. Anschließend spült man mit dest. Wasser ab.


Entsorgung:

Farbstofflösungen kommen in den organischen Abfall. Die Bakterienkultur wird spätestens nach 36 Stunden durch einlegen in 3%ige Natriumhypochlorit-Lösung (DanKlorix) für 24 Stunden vernichtet.


Erklärung:

Durch die Behandlung mit Tannin verdickt die bakterielle Geißel, wird durch das Fuchsin gefärbt und schließlich lichtmikroskopisch sichtbar. Das Tannin lagert sich dabei an dem Flagellin, dem Protein aus dem die Geißeln hauptsächlich bestehen, an. Die Geißeln färben sich dabei immer rot. Der Bakterienzellkörper wird durch die Gegenfärbung entweder violett oder grün gefärbt, wobei sich aber nicht jedes Bakterium gleich gut anfärbt. Für die Gegenfärbung kann wahrscheinlich auch Malachitgrün verwendet werden (ist nicht dasselbe wie das hier verwendete Malachitgrün G).

Generell ist zu sagen, dass diese Färbung - trotz anscheinend gleicher Ausgangsbedingungen - nicht immer gelingt. Das Gelingen hängt von vielen Faktoren ab (zu viel oder zu wenig Farbstofflösung, Einwirkzeit, Anzahl der Flagellen [sie brechen leicht ab und man findet mehr abgebrochene als schön anhaftende], Anzahl der Bakterien, ob überhaupt ausreichend Geißeln vorhanden sind, pH-Wert,..). Die besten Resultate erzielt man mit jungen Kolonien (16-24 Stunden alt), danach scheint die Anzahl der Flagellen abzunehmen (in 48 Stunden alten Kolonien konnte kaum noch verwertbare Bakterien gefunden werden). Die Färbedauer kann durchaus bis zu 8 Minuten betragen, je nach verwendeten Bakterien. Hier ist eine experimentelle Feststellung der optimalen Zeit notwendig, sie liegt aber meist zwischen 30 Sekunden und 8 Minuten. Danach überwiegt die Bildung von störenden Niederschlägen. Generell ist die dadurch hergestellte Bakterienkultur nicht ganz optimal, da sie schwer gleich reproduzierbar ist und jedes Mal andere Keime anwachsen könnten. Viele gängige Bakterien sind aber begeißelt und man sollte damit Erfolg haben.

Bei der Kultivierung aus Gartenerde wachsen harmlose, peritrich begeißelte Bacillus sp. an. Die Bakterien breiten sich meist innerhalb kurzer Zeit über die Ganze Platte aus, was für eine hohe Motilität spricht.

Eine aufwändige Reinigung der Objektträger (wie in der Literatur oft angegeben) ist nicht notwendig und die Färbung funktioniert mit günstigen, neuen Objektträgern genauso gut.


Beobachtungstipps:

Beim Mikroskopieren ist es ratsam an den Randbereichen des eingetrockneten Ausstriches nach schönen Ausschnitten zu suchen. Das Präparat ist meistens uneinheitlich gefärbt und man muss etwas suchen, bis man schöne Bereiche findet. Sind die Geißeln an einer Stelle schön dargestellt, sind sie oft wenige Mikrometer daneben schon schlecht gefärbt, von Niederschlägen überlagert oder gar nicht vorhanden. Meistens wird man mehr abgebrochene Geißeln beobachten können, die bei zu konzentrierten Ausstrichen das Bild überlagern.


Literatur:

Forbes L. Rapid flagella stain. J Clin Microbiol. 1981 Apr;13(4):807-9. doi: 10.1128/jcm.13.4.807-809.1981. PMID: 6164691; PMCID: PMC273886.


Bilder:


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Nährboden nach 24 Stunden


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Vorbereiten der Ausstriche auf den Objektträgern


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Tannin-Alaun


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Fuchsin und Säurefuchsin


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fertige Färbelösung nach dem Zentrifugieren


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während der Färbung


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Malachitgrün G für die Gegenfärbung

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Anzucht aus Kultur; Methylenblau Gegenfärbung

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Anzucht aus Kultur; Methylenblau Gegenfärbung

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Anzucht aus Kultur; Methylenblau Gegenfärbung

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Anzucht aus Kultur; Malachitgrün G Gegenfärbung

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Anzucht aus Kultur; Malachitgrün G Gegenfärbung

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Karotten-Kultur; kleinere Bakterien; zuerst überfärbt und neu gefärbt


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Karotten-Kultur; kleinere Bakterien; zuerst überfärbt und neu gefärbt


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Karotten-Kultur; kleinere Bakterien; zuerst überfärbt und neu gefärbt
BJ68
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von BJ68 »

Bei Agar, das Bioharzard-Zeichen weg...da der keine Einstufung hat...vgl. https://www.carlroth.com/medias/SDB-355 ... WI0MTFkNGI
oder
https://www.affymetrix.com/support/tech ... 10907A.pdf

Verwenden Vegetarier als Gelatine-Ersatz....


bj68
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immi07
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von immi07 »

Hallo Alf,
Alf hat geschrieben: Montag 3. Januar 2022, 15:42 Dafür wird mit einer Öse entlang einer Toilettenschüssel 3-mal über den Nährboden gestrichen und die ...
Wenn du die beiden Bewegungen in 2 Sätze verpackst... :thumbsup:

c-tags bei den Chemikalien fehlen (sie ermöglichen den direkten Zugriff auf die Wikipedia-Artikel der Chemikalien)

A) Bakterien-Kultur B) Farbstoff: Färbung:

müßten glaube ich unter Durchführung: zusamengefaßt werden

und

Bilder: :arrow: Bilder:

Gruß Thomas
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eule
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von eule »

Schön, ein weiteres/neues Rezept für die Geißeln.
Bisher kannte nur diese aus der Sammlung Aeisner:

http://www.aeisner.de/methoden/farb16.html
http://www.aeisner.de/methoden/farb60.html
http://www.aeisner.de/methoden/farb61.html

Könnten vllt. zum Vergleich herangezogen werden.
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Alf
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von Alf »

Schön, ein weiteres/neues Rezept für die Geißeln.
Bisher kannte nur diese aus der Sammlung Aeisner:

http://www.aeisner.de/methoden/farb16.html
http://www.aeisner.de/methoden/farb60.html
http://www.aeisner.de/methoden/farb61.html
Die original Leifson-Färbung habe ich schon sehr oft ohne Erfolg versucht, es bilden sich leider nur dicke Niederschläge und habe sie schon aufgegeben. Von den anderen Methoden habe ich wegen der Verwendung von Osmium(IV)oxid zu Hause lieber die Finger :D .
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immi07
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von immi07 »

Hallo Alf,

viewtopic.php?p=81809#p81809 ist die c-tag Erklärung

Gruß Thomas
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

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eule
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von eule »

hmm, das mit der osmiumsäure und deren giftigkeit ist verständlich. denke, die methode kann auch ein guter ansatz für die elektronenmikroskopie sein (->kontrastverstärkung)
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lemmi
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von lemmi »

Sehr schöne und detaillierte Versuchsbeschreibung! Ich habe tatsächlich noch nie eine Geißelfärbung gesehen. Ich vermute mal, dass diese Technik aus einer Zeit stammt, als die biochemische Identifizierung von Enterobakterien über die Stoffwechselleistungen (bunte Reihe) noch nicht ausgearbeitet war und man viel mehr morphologische Kriterien herangezogen hat.

Deine Drei-Phasen-Ausstriche (ich denke übrigens, den solltest du nochmal mit einer Zeichnung erläutern - ich glaube, für user, die das nicht kennen, wird die Technik und vor allem der Zweck aus der Beschreibung nicht ganz klar) sehen verblüffend homogen aus. Bei Bakterienmaterial aus der Kloschüssel würde ich doch eine Mischkultur erwarten. War das Zufall? Hat der Nährboden irgendwelche selektiven Eigenschaften? Hast du da Sekundärkulturen aus dem ursprünglichen Abstrich gemacht und nur die pasendste davon fotografiert? Oder ist die Kultur gar nicht so homogen wie sie aussieht (auf den ersten beiden Fotos scheinen auch kleine Kokken vorhanden zu sein - wie sah die Gramfärbung aus?)?

Ich habe aus dem Mikrobiologiepraktikum in Erinnerung, dass Proteus vermöge seiner Geißeln auf der Agarplatte "schwärmt", d.h. sich um eine einzelne Kolonie ein immer weiterer kreisrunder Bakterien"rasen" bildt. Hast du sowas mal bemerkt? Hast du eine Möglichkeit, die Art zu identifizieren?
"Alles sollte so einfach wie möglich gemacht werden. Aber nicht einfacher." (A. Einstein 1871 - 1955)

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Alf
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von Alf »

lemmi hat geschrieben: Dienstag 4. Januar 2022, 22:56 Deine Drei-Phasen-Ausstriche (ich denke übrigens, den solltest du nochmal mit einer Zeichnung erläutern - ich glaube, für user, die das nicht kennen, wird die Technik und vor allem der Zweck aus der Beschreibung nicht ganz klar) sehen verblüffend homogen aus. Bei Bakterienmaterial aus der Kloschüssel würde ich doch eine Mischkultur erwarten. War das Zufall? Hat der Nährboden irgendwelche selektiven Eigenschaften? Hast du da Sekundärkulturen aus dem ursprünglichen Abstrich gemacht und nur die pasendste davon fotografiert? Oder ist die Kultur gar nicht so homogen wie sie aussieht (auf den ersten beiden Fotos scheinen auch kleine Kokken vorhanden zu sein - wie sah die Gramfärbung aus?)?

Ich habe aus dem Mikrobiologiepraktikum in Erinnerung, dass Proteus vermöge seiner Geißeln auf der Agarplatte "schwärmt", d.h. sich um eine einzelne Kolonie ein immer weiterer kreisrunder Bakterien"rasen" bildt. Hast du sowas mal bemerkt? Hast du eine Möglichkeit, die Art zu identifizieren?
Nein die Abgebildete Kultur ist direkt so gewachsen ich habe den Nährboden leider schon entsorgt. Das Rezept ist angegeben und ich habe das einigermaßen willkürlich weil gerade Hühnerfleisch zu Hause war zusammengerührt und kein spezifisches, oder selektives Medium verwendet. Die Gram-Färbung von mehreren Stellen zeigte immer gram negative Stäbchen. Das typische "Ausschwirren" habe ich nicht beobachtet, was etwas gegen Proteus sprechen würde, aber wie gesagt es ist auch nur eine Vermutung gewesen. Dafür sprechen der Ammoniak Geruch, peritrich, stark begeißelt, gram negativ. Leider habe ich keine Möglichkeit die Kultur weiter zu bestimmen, habe aber den Agar erneut angesetzt und werde berichten was dieses mal so wächst. Ich glaube das war eher Zufall.

Ich persönlich würde rückblickend ohnehin die Karotten Methode bevorzugen, das ist einfacherer, liefert ziemlich sicher Erfolg und ist leicht verfügbar!

Die "Kokken" sind Farbstoffniederschlag der kam zu vermeiden ist bei der Färbung.
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lemmi
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von lemmi »

Spannend! Schon erstaunlich, dass du da anscheinend nur eine Spezies angezüchtet hast! Wenn sich das wiederholen lässt solltest du deinen Nährboden als "Alf-Agar für begeißelte Enterobacteriaceae" patentieren lassen :mrgreen:

Man sollte die biologische Gefahr bei diesem Versuch vielleicht noch etwas betonen! Begeißelte Bakterien können auch z.B. Salmonellen sein, die u.U. schon mit einer kleinen infektiösen Dosis krank machen können.
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von Alf »

Also spezifisch war da bei meinen nachfolgenden Versuchen nichts mehr, und so schöne große begeißelte Bakterien habe ich auch nicht mehr angezüchtet, obwohl ich 4 verschiedene Abstriche gemacht habe und einzelne Kulturen isoliert habe. Das war wohl ein schöner Zufall! :wink:
lemmi hat geschrieben: Mittwoch 5. Januar 2022, 18:55 Man sollte die biologische Gefahr bei diesem Versuch vielleicht noch etwas betonen! Begeißelte Bakterien können auch z.B. Salmonellen sein, die u.U. schon mit einer kleinen infektiösen Dosis krank machen können.


Das ist definitiv richtig! Mit der Karottenmethode fährt man deutlich sicherer und genauso erfolgreich. Ich habe die Agar Methode jetzt als Alternative angeführt!

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mgritsch
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von mgritsch »

Sehr netter Artikel, dank deiner Arbeit bauen wir auch im Bereich Mikrobiologie / Mikroskopie schön langsam einiges auf! Und Kleinigkeiten wie c-Tags für alle / Formatierung ziehen wir ggfs beim Verschieben auch noch gerade.

Was ist die "Karottenmethode"?

Bin auf die nächsten Beiträge gespannt!
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lemmi
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von lemmi »

Er meint die Kultur der Bakterien auf abgekochten Karottenscheiben, quasi als Nährbodenersatz, die er im Artikel beschreibt.
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von Alf »

Genau Karotten-Methode meint die Anzucht auf Karottenscheiben :mrgreen:

Zur Ergänzung: die hier (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articl ... 7-0114.pdf) beschriebene Versilberung liefert ebenfalls sehr schöne Ergebnisse.

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lemmi
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Re: Bakterien Geißelfärbung

Beitrag von lemmi »

Die versilberungstechnik hatte ich auch in Erinnerung. Da muss man aber auch mit Gerbsäure vorbehandeln, nicht wahr?

Sag mal, hast du einen Grund dafür gefunden, dass man zwei Farbstoffe (Furchsin und Säurefuchsin) zusammen einsetzt? Wieso reicht nicht einer? Gibt es dafür eine Erklärung über das hat-sich-halt-als-beste-Methode-herausgestellt hinaus?
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