Die Gattung Pseudomonas umfasst mehrere Arten, wobei alle gramnegativ, polar begeißelt und aerob oder anaerob leben. Sie kommen ubiquitär im Boden vor, leben vor allem in Assoziation von pflanzlichen Wurzeln (Rhizosphäre) und ernähren sich von abgestorbenem organischem Material. Die meisten Pseudomonasarten sind harmlos, einige können aber als Krankheitserreger vor allem bei geschwächten Pflanzen und Tieren auftreten. Vor allem Pseudomonas aeruginosa, als medizinisch wichtigster Vertreter der Gattung, kann beim Vorliegen disponierender Erkrankungen (Immunschwäche, Mukoviszidose) zu wiederkehrenden, schweren Infekten führen.
In diesem Experiment sollen grundlegende mikrobiologische Techniken erlernt werden. Zur Anzucht wird der häufig im Boden vorkommende Pseudomonas fluorescens aus einem Blumentopf (Orchidee) verwendet.
Geräte/Materialien:
Bechergläser, Waage, Erlenmeyerkolben, Pipetten, Pinzetten, Magnetheizplatte, Rührfisch, Inkubator, Spatel, Objektträger, Deckgläschen, Mikroskop, Handschuhe, Petrischalen, Immersionsöl, Druckkochtopf, UV-Lampe (366 nm)
Chemikalien:
Isopropanol


Wasserstoffperoxi 3%

Glycerin
Magnesiumsulfat-Hepthydrat
Kaliumphosphat-Monohydrat


Pepton aus Casein
Agar
Sicherheitshinweis:
Allgemeine Sicherheitsmaßnahmen beim Arbeiten mit Mikroorganismen beachten! Arbeitsflächen und Hände gründlich desinfizieren, Pinzetten, Pipetten, Ösen im Bunsenbrenner ausglühen. Alle Nährböden, Pipette, Eppendorf Gefäße, Objektträger und verwendeten Geräte müssen vor der Entsorgung gründlich sterilisiert werden (z. B. Einlegen in haushaltsübliche Natriumhypochlorit Lösung, Autoklavieren). Auch wenn man davon ausgehen kann, dass die aus einem Blumentopf angereicherten Bakterien (für gesunde Menschen) völlig harmlos sind, muss auf einen vorsichtigen Umgang geachtet werden. Es sollten keine Proben von Weideflächen, Überschwemmungsgebieten, in der Nähe von Kanalisation, oder gedüngten Feldern entnommen werden!
Durchführung:
Nährmedium:
Man beginnt mit der Herstellung und Sterilisation des benötigten Nährmediums und der Petrischalen. Für die Anzucht von Pseudomonas fluorescens werden mindestens 3 Platten mit Kings Festmedium B hergestellt. Dazu werden in 100 mL dest. Wasser 2 g Pepton, 1 g Glycerin, 0,15 g Kaliumphosphat und 0,15 g Magnesiumsulfat gelöst. Sollte die Lösung eine Trübung aufweisen, wird filtriert. Das flüssige Nährmedium wird anschließend in einem 350 mL fassenden Erlenmeyerkolben vorgelegt, 1,5 g Agar und ein Magnetrührfisch beigegeben, mit einer Kappe aus Alufolie lose verschlossen und für 40 Minuten in einem Druckkochtopf bei 120°C (oder Autoklaven) sterilisiert.
Bevor man das Medium in die vorbereiteten Petrischalen gießt, lässt man es so weit abkühlen, dass es handwarm ist. Dadurch wird eine überschüssige Bildung von Kondenswasser auf den Platten vermieden. Das Gießen der Platten erfolgt neben einem Bunsenbrenner mit rauschender Flamme. Sobald der Nährboden erstarrt ist, werden die Platten auf den Kopf gedreht.
Anreicherungskultur:
Aus einem häuslichen Blumentopf wird in ca. 3 cm Tiefe in der Nähe der Wurzeln ein Spatel Erde entnommen und in 5 ml steriler Kochsalzlösung 0.9 % suspendiert. Mit einer in der Bunsenbrennerflamme sterilisierten Öse wird ein Nährboden flächig mit der Erdsuspension beimpft. Im Anschluss werden die Platten bei ca. 28 °C bebrütet.
Vereinzeln und Reinkultur:
Schon nach wenigen Stunden ist ein Bakterienwachstum erkennbar. Nach 36 Stunden wird die Anreicherungskultur unter der UV-Lampe betrachtet und nach fluoreszierenden Bereichen Ausschau gehalten. Sollte nach 48 Stunden kein fluoreszierendes Areal erkennbar sein, wird die Platte verworfen und ein neuer Anlauf unternommen. Aus einem fluoreszierenden Areal werden mit einer sterilen Öse Bakterien entnommen und in einem Eppendorf Gefäß mit 0,5 mL steriler 0,9%iger Kochsalzlösung suspendiert. Mit der so gewonnen Bakteriensuspension wird auf einer frischen Agarplatte ein Kreuzausstrich, wie in Abbildung 1 gezeigt, angefertigt und die Platte für erneut für 36 Stunden bebrütet.

Abb. 1: Kreuzausstrich; zuerst entlang der roten Linie ausstreichen, dann Öse sterilisieren und im Anschluss geschlängelt über die ganze Petrischale ausstreichen.
Die sich am Rand bildenden Einzelkolonien werden unter UV-Licht auf Fluoreszenz überprüft. Von einer fluoreszierenden Kolonie wird erneut eine Suspension in steriler Kochsalzlösung angefertigt und danach auf einer frischen Platte ausgestrichen. Jetzt sollte ausschließlich Pseudomonas fluorescens anwachsen.
Die Reinkultur wird für weitere Bestimmungsverfahren, nämlich Geißel-Färbung, Gram-Färbung und Katalase-Test, verwendet.
Entsorgung:
Alle zur Anzucht verwendeten Gefäße werden sterilisiert und verworfen oder erneut verwendet. Überschüssiges Nährmedium kann dem Hausmüll beigegeben werden.
Erklärung:
Aus der Anreicherungskultur werden allerhand Bodenbakterien gewonnen unter anderem Pseudomonas fluorescens. Der zweite in diesem Experiment angereicherte Keim ist wahrscheinlich Bacillus subtilis, der innerhalb kurzer Zeit (schon nach 6 Stunden) den halben Nährboden überwuchern kann. Auch Pseudomonas fluorescens ist motil und die Einzelkolonien breiten sich ziemlich schnell aus. Pseudomonas fluorescens kommt häufig im Bereich von Wurzeln vor und sezerniert verschiedene antibiotisch wirksame Substanzen in die Rhizosphäre. Dadurch wird die besiedelte Pflanze in einem gewissen Grad vor anderen Pathogenen geschützt. Dabei gibt P. fluorescens (wie auch P. aeruginosa) fluoreszierende Pyoverdine ab. Die sezernierten Pyoverdine dienen als Siderophore und binden Fe3+ Ionen im Boden. Der Pyoverdin-Fe3+-Komplex kann im Anschluss durch spezifische Transporter wieder in die Bakterienzelle aufgenommen werden. Durch den Entzug von Fe3+ Ionen und der antibiotischen Wirkung der Pyoverdine hemmt P. fluorescens das Wachstum anderer Keime im Bereich der Wurzeln. Man erkennt die Pyoverdin bei älteren Kulturen auch im Tageslicht an einer leichten Gelbfärbung. Pseudomonas fluorescens wächst psychrotolerant bei niedrigen Temperaturen 25-30 °C am besten, wächst schlecht bei Temperaturen über 35 °C und ab 42 °C überhaupt nicht mehr. Die korrekte Einstellung der Temperatur ist wichtig. Ich hatte zuerst bei 35 °C bebrütet, erst nach über 36 Stunden ein kleines fluoreszierendes Areal festgestellt und die Platte war binnen weniger Stunden durch B. subtilis überwachsen. Erst nachdem ich meinen Fehler bemerkt und die Temperatur auf 28 °C gesenkt hatte, wuchs P. fluorescens sehr gut. Andere Pseudomonas Arten, wie P. aeruginosa wachsen auch bei 42 °C und verfärben den Nährboden eher blau/grün. Außerdem riecht P. aeruginosa charakteristisch süßlich. Bei mit P. aeruginosa infizierte Wunden kann man manchmal schon makroskopisch eine Blau-/Grünfärbung erkennen. Das temperaturabhängige Wachstum von P. fluorescens kann zur Differenzierung von P. aeruginosa herangezogen werden.
In der Gramfärbung erkennt man kleine, gram negative Stäbchen. In der Geißelfärbung zeigt sich P. fluorescens monopolar begeißelt. Manchmal sieht man mehrere Geißeln, meist werden die Geißeln durch die Färbung aber nur als eine einzige dargestellt (außerdem kann man so kleine Strukturen lichtmikroskopisch kaum noch auflösen). Der Katalase Test fällt positiv aus.
Literatur:
Steinbüchel, A., Oppermann-Sanio, F. B., Ewering, C. & Pötter, M. (2021). Mikrobiologisches Praktikum:
Versuche und Theorie (German Edition) (3. Aufl. 2021 Aufl.). Springer Spektrum.
Bilder:

Gießen der Nährböden.

Anreicherungskultur mit kleinem fluoreszierendem Areal; die Platte war sonst vollständig von B. subtilis überwachsen, was sich auch durch einen unangenehmen Geruch bemerkbar macht.

Kreuzausstrich (etwas überladen); die randständigen fluoreszierenden Einzelkolonien werden auf einer frischen Platte ausgestrichen; in der Mitte, obwohl sie fluoresziert, wächst auch noch B. subtilis, wie man in der Gram-Färbung erkennen kann.

Gram-Färbung aus mittlerem Bereich des Kreuzausstriches; große gram positive Bacillen neben kleinen, gram negativen Stäbchen (P. fluorescens).

Erhaltene Reinkultur.

Gram Färbung; gram negative, kleine, teilweise leicht gekrümmte Stäbchen.

Geißelfärbung; 1) peritrich begeißelter Bacillus; 2)-4) polar begeißelter P. fluorescens

Positiver Katalase-Test mit 3%igem Wasserstoffperoxid.