Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

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Powerplay
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Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von Powerplay »

Hallo,
heute geht es mir mal darum, was man mit simplen Polyesterharz alles anstellen kann.
Immoment habe ich gerade die faszinierende Welt der 2K Systeme entdeckt.
Deshalb faszinierend, weil diese Komposition lösungsmittelfrei sein soll und somit einen porenfreien Film herstellen kann. Ich hatte oft Stahlblech lackiert und kurz darauf hat es untendrunter schon wieder gerostet. Nun - nachdem ich gründlich Sandgestrahlt habe - passiert das langsamer, aber immernoch.
Mit Polyester ist da erst mal Ruhe.
Ich habe viel gelesen, aber eben noch nicht den Unterschied zwischen den verschiedenen Produkten des Polyesters gefunden.
Da wird von Abreisgewebe gesprochen, damit das Polyesterharz auch auf der Oberfläche hart wird und nicht klebrig bleibt - somit muss man es nicht schleifen, bevor man die nächste Schicht aufbringt. Andererseits kann man Paraffinöl oder Wachs hin zu tun - damit dieses aufschwimmt und damit für Luftabschluss sorgt und dann eine fest Oberfläche erhalten wird ( ein paar Spritzer sollen genügen).

Soweit sogut - aber bei Gelcoat, welches ja das Laminat schützen soll- spricht man dann von Kieselsäure, die man dem Polyesterharz zusetzt - andererseits von Siliciumdioxyd - also Sand - hm.
Zu Topcoat hab ich nun noch garnichts gefunden. Gestern habe ich beim Lackierbedarf nach Pigmenten gefragt - da bekam ich dann 100 gr. auf Acrylbasis - soll sich einwandfrei mischen lassen und mit dem selben Härter aushärten - naja Versuch macht klug - schaun wir mal.

Allgemein, wird im Bootsbau - Osmose von der Verwendung von Polyester abgeraten, da es nicht so resistent dem Wasser gegenüber sein soll. Andererseits wird behauptet, dass wenn Gel oder Topcoat drauf ist - alles gut wäre und man das teuerere und beständigere Epoydharz nicht bräuchte - ..... ich lese mich noch blöd über dieses Thema.

Würde jemand von Euch die Ehre haben - mich darüber aufzuklären.

Bis bald Adrian
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mgritsch
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Re: Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von mgritsch »

Hi Adrian,

eine Antwort auf deine sehr spezifischen Fragen kann ich leider nicht anbieten, nur den Hinweis dass die "Artikelschmiede" für die Gestaltung unserer Artikel (also Versuchsbeschreibungen und -anleitungen) reserviert ist, habe das Thema also mal nach "spezielle Chemie" verschoben...
Glaskocher
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Re: Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von Glaskocher »

Ich picke mir mal heraus, wovon ich etwas Ahnung habe...
Soweit sogut - aber bei Gelcoat, welches ja das Laminat schützen soll- spricht man dann von Kieselsäure, die man dem Polyesterharz zusetzt - andererseits von Siliciumdioxyd - also Sand - hm.
Siliziumdioxid ist ungefähr so vielsagend wie "Holz" oder "Metall". Und "Sand" gibt es auch ungezählte Sorten.

Fangen wir mal ganz grob an: Quarzkristalle (in jeder Farbe und Größe) können ganz schöne Brocken werden. Weniger geordnet und im Wasser rund geschliffen werden es Kieselsteine. Frisch gebrochen bekommt man Split und scharfen Sand. Sand, der im Wasser transportiert wurde, hat etwas rundere Kanten, eignet sich aber gut zum Bauen. Wenn er über Jahre vom Winde verweht wurde, dann sind die Körner wie poliert und halten nicht mehr gut im Mörtel. Dann hibt es Möglichkeiten, das Siliziumdioxid aus Wasserglaslösungen zu fällen und man bekommt Kieselgel, das aber immer noch recht grob ist, auch wenn gemahlen. Zuletzt kann man Siliconöle oder Silane verbrennen und bekommt einen weißen Rauch, Pyrogene Kieselsäure. Die läßt sich in Harz-Härter-Mischungen einrühren und bremst das Fließverhalten, sobald die Scherkraft vom Pinsel nachläßt.

Du siehst, da gibt es einen ganzen "Zoo" an Substanzen, die alle aus "Kieselsäure" bestehen, aber trotzdem sehr unterschiedliche Eigenschaften haben.


Das beantwortet jatzt nicht die eigentlichen Fragen.
Nur eine Bemerkung: Das mit dem Paraffinöl mag bei dickeren Teilen funktionieren, kann aber den Verbund mit zu schützendem Metall schwächen. Das würde bedeuten, daß die Beschichtung bei Beschädigung sich möglicherweise leichter vom Metall löst, als ohne den Zusatz. Es können ja auch Stellen erzeugt werden, an denen das Öl als Erstes das Metall berührt und das Harz nicht mehr dran kommt. Jeder Vorteil kann auf anderen Gebieten einen Nachteil mit sich bringen.
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immi07
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Re: Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von immi07 »

Hallo Powerplay,

ich lese deine Frage und mache die Augen zu ...

und es ist der Sommer 1984 und ich habe den Duft von Styrol in der Nase und sehe folgendes Bild
P1160265a.jpg
Ein OstermannWindglider, das Olympiaboard auch der DDR für LA 1984, auf Grund des Boykotts wurde ja dann nichts draus. Wir haben 4 Boards in den großen Ferien gebaut. Wir hatten fürs Board, die Finne und das Schwert (war damals schon ein Klappschwert) zweiteilige Negativformen.

Und wir hatten
P1160266.JPG
In die Form kam zuerst das Trennmittel, war so Polyvinylalkoholgelumpe - wurde mit weichem Pinsel aufgetragen und musste durch trocknen.

Wenn man jetzt die erste Schicht Harz aufragen will wird es runter laufen. Wir hatten Talkum in Massen, Schlämmkreide, Quarzmehl oder andere anorganische Stoffe in ähnlicher Korngröße gehen auch. Das wurde in das Harz gerührt bis das Zeug an der Gefäßwand nicht mehr runtergelaufen ist - ein Gel und weil Englisch so toll ist - Gelcoat damit es nicht wegrennt.

Wenn man waagerecht arbeiten kann braucht man trotzdem eine faserfreie erste Schicht. Topcoat - muß nicht Gel sein könnte aber.
Und sehr clever ist es diese Schichten einzufärben. Spätere Kratzer fallen dann nicht so auf.

Und dann kommen Schicht für Schicht die getränkten Glasfaserlagen. Schön ist, wenn die vorherige Schicht gerade geliert. Dann ist sie einigermaßen stabil aber noch nicht so fest, dass die nächste Faserlage sich auf Unebenheiten nicht runter drücken läßt.

Durchhärten lassen. Ausformen. Fertig. Die Nutzseite ist klebfrei, sie war unter Luftabschluß. Wenn ich positiv arbeite muß ich tricksen.
Ich kann die Wachslösung untermischen, die dann im Laminat aufsteigen soll und den Luftabschluß machen soll. Haben wir bei Laminat nie geschafft - nur im Rührglas war der Rest klebfrei - da konnte das Zeug ungehindert aufsteigen. Man kann eine Folie direkt drauflegen - die Luft raus drücken und rundrum mit Klebeband abdichten. Mach ich beim Bauern so, wenn sie wiedermal mit dem Stapler die Kühlhaustür gestreift haben.

Polyester GFK verwittert. - Wir haben 2001 bei den Eltern in den Büschen am Zaun 15 Jahre alte Laminatreste gefunden. Es zieht Wasser auf jeden Fall über angeschnittene Fasern. Frost Dehn Tau Saug ....
Das macht es auch beim Autospachteln. Du hast mit viel Glück eine geschlossene Oberfläche, die klebt. Also nimmst Du einen Winkelschleifer und machst sie glatt und hast den Hauptgewinn - angeschnittene Fasern. Dann kommt siehe oben.
und es gibt noch eine 98% Technik für klebfreie Oberflächen. dreifache Härtermenge drunterrühren und ganz schnell arbeiten.
Das Abwaschen mit Aceton macht die Oberfläche auch klebfrei es löst nicht ausgehärtetes Polyester.

Es ging schon damals das Gerücht Polyester GFK wäre diffusionsoffen . Habe ich keine Beweise. nicht dafür und nicht dagegen
Aber Kratzer leiten kapilar Wasser an den Fasern. Ein Brett war mit Kühlschrankpurschaum ausgeschäumt. Man hatte so seine Beziehungen. Das hatte ein paar böse Kratzer und nach der Wende haben wir es aufgeschnitten. Vollgesaugter Purschaum.

Andererseits wird behauptet, dass wenn Gel oder Topcoat drauf ist - alles gut wäre und man das teuerere und beständigere Epoydharz nicht bräuchte
sagen die ihr Zeug verkaufen wollen.

Wenn ich die Möglichkeit habe repariere ich Polyester immer mit Epoxi. Mein Bauer hat ne GFK Wanne - 1 Kubikmeter, da wird der Feldsalat drin gewaschen.
tödlichste Kombination ever. Winter - Wasser - mech. Beanspruchung und GFK Polyester

ob ich die mal überholen kann... mit 50 Euro Materialkosten oder mit 200 - na mit 50 natürlich, das war vor acht Jahren - seit 5 Jahren ist sie innen mit Epoxi beschichtet.



in der Hoffnung ein wenig Licht ins Dunkel gebracht zu haben bedanke ich mich für das Heraufbeschwören der Erinnerung...
Danke und Gruß Thomas
Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Pläne zu machen, Arbeit zu verteilen, Werkzeug zu holen und Holz zu schlagen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer. Dann bauen sie das Schiff von alleine.

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immi07
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Re: Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von immi07 »

Noch ein paar Bemerkungen:
Vorsicht bei Polyester
- mit größeren Ansätzen, Temperaturen über 25°, und zuviel Härter
Alles beschleunigt die Reaktion, dehalb konzentriert arbeiten und alles benötigte Glasfasermaterial vorher vorbereiten.
sonst
Man stell das Zeug ab, dreht sich um und macht mit der Glasfaser rum. Und plötzlich fangen hinter dir die Spannungsrisse an zu knistern, hat der Behälter 180° und das Zeug fängt an weiß zu qualmen. Wir haben nicht probiert, ob es sich entzündet. Ein wassergefüllter Zehnlitereimer hat die Sache immer kanalisiert.
Der Einfluß der Härtermenge ist sehr groß. Man kann über die Härtermenge bei 25°C Umgebungstemperatur Gelierstarts von 2 bis 20 min erreichen. Deshalb Härter genau abmessen, lieber knapp weniger Härter nehmen. Ich habe noch keinen nicht härtenden Ansatz erlebt.
Ich arbeite am liebsten mit gekühltem Harz. Im Wassereimer auf 15°C bringen und das Laminat mit Fön (nicht mit Heisluftpistole) anwärmen. Da kann man schon mal 45min offene Verarbeitungszeit bekommen oder mit 5% Härter in 15min eine klebfreie Oberfläche herstellen.

um Eingüsse zu machen ist es völlig ungeeinet, denn man wird die Rührblasen nicht los und Polyester schrumpft
- es entstehen in dünnen Schichten Spannung, bis zum Abriß vom Untergrund, problematisch bei dynamischer Beanspruchung am Auto.
- in größeren Ansätzen gibt es Spannungsrisse

auch Epoxi hat ein paar Tücken:
nicht modifiziert hat es (unendliche) bis zu 4 Stunden Gelierzeit, wenn man den richtig angelierten aber noch "nass in nass Moment" verpasst muss man zwingend anschleifen.
Man muss sehr genau die Mengenverhältnisse einhalten, unvernetzte Reste ändern die Eigenschaften bis klebrig

Aber tote Käfer und Libellen eingießen geht ganz toll. Man nimmt ein glasklares Harz mit 3h offener Verarbeitungszeit bei 20°C. Man rührt die benötigte Menge an, ganz langsam aber gründlich. min 3 min mit Stopuhr - nicht nach Gefühl. Mit möglicht wenig Luftblasen. Dann füllt man die Form (z.B. quadratisches Acrylrohr mit Deckel) zur Hälfte abzüglich halbe Präparatdicke mit den Harz, deckt gegen Staub ab und wartet auf den Gelierbeginn (immer mal wieder mit dünnem Draht oä. prüfen). Die Luftblasen haben genug Zeit aufzusteigen. Die andere Hälfte kommt verschlossen ins kalte Wasserbad. Bei Gelierbeginn wird das Präparat eingesetzt und 10 min fixiert. Danach sollte es genug kleben, um nicht mehr aufzuschwimmen. Jetzt den gekühlten Ansatz einfüllen und unter Staubabschluß aushärten lassen. Wenn alles gut gegangen ist sollte die Trennschicht unsichtbar sein.

Gruß Thomas
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immi07
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Re: Unterschiede Polyester - Topcoat, Gelcoat, ...

Beitrag von immi07 »

Da wird von Abreisgewebe gesprochen, damit das Polyesterharz auch auf der Oberfläche hart wird und nicht klebrig bleibt - somit muss man es nicht schleifen, bevor man die nächste Schicht aufbringt.
Das ist falsch.

die klebrige nicht ausgehärtete Oberfläche wird von der nächsten Schicht durchgehärtet. (auch nach Tagen)
die geschliffen Oberfläche geht eine sehr viel schlechtere Verbindung ein.

das gilt für Polyester

Epoxi muß man anschleifen
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