Meine Abschlussarbeit, Extraktion und Synthese von Alkaloide

Organische Chemie.

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Glaskocher
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Beitrag von Glaskocher »

Ich vermute mal, daß Berberinchlorid in trockenem Dichlormethan eine merkliche Löslichkeit hat. Dichlormethan hat eine recht gute Lösefähigkeit für ionische Verbindungen und mit Chlorid hat man ein geeignetes Anion, das von Dichlormethan komplexiert werden kann.

Die Angabe von Löslichkeiten ist leiner in der gesamten chemischen Literatur "dünn gesäht". Man muss oft schätzen oder selber testen.
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

ENDLICH!
Endlich ist bei einem meiner Berberinextrakte etwas auskristallisiert! :D Die Kristalle sind noch sehr klein, soweit ich unter dem Binokular erkennen kann, ist die Kristallform plättchenförmig-rechteckig, ähnlich wi Kristalle von Kliumdichromat, wobei auch die Farbe etwa diesem entspricht. Ich werde nun einen grossen gleichen Ansatz machen, aber das Resultat kann auf sich warten lassen, diese kleinen Kristalle sind in der Gefriertruhe bei <-25°C über zwei Wochen Zeit kristallisiert. Aber vielleicht wachsen sie durch beimpfen ja schneller.
Glücklicherweise hat ein Gärtner bei uns in der Nähe fleissig eine Berberitzenhecke ausgelichtet, und alles Material liegenlassen, was dann mir zur Beute fiel (es waren viele bis 5 cm dicke "Berberitzenstämmchen" darunter).


EDIT: Nach einigem recherchieren habe ich noch ein interessantes paper gefunden, wo das Berberin als Iodid gefällt wird:
http://link.springer.com.sci-hub.cc/art ... 18?LI=true

mfG
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Hallo,
nun habe ich einen grösseren Ansatz (mit 100 g Berberitzenrindenpulver) gemacht, die kristallisation beginnt schon, das beimpfen hat sich also bewährt!Nachdem ich heute endlich eine Apoteke gefunden hatte (etwa die 7. Apoteke hatte das, ich muste fast lachen, als ich sah, wie die das abgewogen hat, die Verkäuferin hat zuertst das Sicherheitsdatenblatt gelesen, dann hat sie Handschuhe angezogen, und das Kaliumiodid so vorsichtig in kleinsten Portionen "umgelöffelt", als wenn es Pikrinsäure oden Natriumazid gewesen wäre, zuletzt hat sie mir dann noch gesagt, dass ich immer Handschuhe tragen soll, wenn ich mit Kaliumiodid arbeite... :roll: , bis sie die 30 g KI abgefüllt hatte vergiengen etwa 10 min!), die wenigstens Kaliumiodid besass, habe ich auch mal das fällen des Berberins als iodid versucht, das Ergebnis sieht gut aus, auch wenn ich es noch umkristallisieren muss, da es ziemlich unrein aussieht und sehr fein ausgefallen ist.
Ich bin immer noch auf der Suche nach einer Alkaloidsynthese die ohne Dimethylsulfat auskommt, oder kann ich vielleicht z.B. von Coffein aus ein etwas anderes Alkaloid Syntetisieren?

mfG
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Trigonellin z.B. oder hättest du Sachen mit Methyliodid auch ausgeschlossen?

Werde aber irgendwann auch selbst noch synthetisch an das Coniin herangehen.
IOC

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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Was das methyliodid anbelangt, ich weiss einfach, dass ich mit Dimethylsulfat in der Schule nicht arbeiten darf, und zu hause ist das mir wegen mangelnder Infrastruktur zu gefährlich, vorallem wegen der hohen flüchtigkeit, da muss man ja mindestens in einem guten Abzug arbeiten. Giebt es kein Methylierungsmittel das als Feststoff vorliegt, oder einen hohen Siedepunkt hat? Oder könnte man das Dimethylsulfat aus seinem Salz während der Reaktion freizetztn, und dann, das unreagierte DMS anschliessend mit Natronlauge verseiffen, so müsste man nicht mit dem leichtflüchtigen DMS hantieren?

EDIT: ich sehe gerade, dass DMS einen recht hohen Siedepunkt hat. Wie heikel oder gefährlich ist denn die verwendung von DMS?


mfG
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NI2
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Beitrag von NI2 »

Man könnte mit Natriummethylsulfat arbeiten, im basischen bzw unter hohen Temperaturen alkyliert das zwei mal (Bipyridine werden bei Raumtemperatur nur einmal methyliert und es bildet sich das Methylsulfatanion), aber das ist so - naja unsinnig. Dennoch würde ich von DMS abraten. Bei Methyliodid hat man, trotz hoher Flüchtigkeit, - wenn ich mich nicht täusche - in den vergangenen Jahren festgestellt, dass es nicht so schlimm ist wie DMS und sein Gefahrenpotential pauschalisiert und überschätzt wurde, so dass ich damit eigentlich ganz gerne arbeite - dennoch ist damit natürlich Vorsicht geboten, zumal man es auf der Waage verdampfen sehen kann. Wenn ich mich recht entsinne gab es doch auf VC (oder Lambda) einen Thread, in dem es darum ging, dass jemand nach einem DMS Unfall in die NA musste.

Prinzipiell ist die Synthese ziemlich einfach und straight forward, hatte es aber beim Umkristallisieren versaut, aber naja.

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Trigonellin*HI

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Trigonellin
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Vielen Dank,

Hier mal zwei Bilder des soeben abgenutschten Berberinchlorids:

Bild
Das Berberinchlorid, noch in der Nutsche

Bild
In einer Kristallisierschale zum Trocknen.

Das Berberin und sein Chlorid ist wirklich sehr gut löslich in Wasser und EtOH, und es hat eine sehr starke Färbekraft, besonders die Hände werden gut gefärt, da das Berberin sich chemisch mit den Proteinen der Haut verbindet, und so nicht mehr abwaschbar ist (sieht vor allem unter Schwarzlicht lustig aus). Auf jeden fall haben sich die vielen Versuche gelohnt (es waren sicher gegen die 30 Stück), eine DC und eventuell umkristallisieren werde ich auch noch machen. Wenn ich Zeit finde, Schreibe ich vielleicht auch noch einen Artickel darüber, Berberitze ist übrigens die Alkaloide reichste Arzneihpflanze von Zentraleuropa.

Liebe Grüsse
Lithiumoxalat
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Nun ist wieder einige Zeit vergangen, inzwischen habe ich die Rohfassung des schriftlichen Teils abgegeben. Sie wurde von der Prüffungskomission mit dem Kommentar "eine beeindruckende Arbeit" angenommen (falls jemand Interesse an dem schriftlichen Teil hat bitte PN, dann kann ich dies per e-mail schicken).
Ich werde nun bis zur Präsentation dieser Arbeit (anfang Februar) noch einige Versuche machen, aber ich bin froh, das der "Pflichtteil" nun vorüber ist.

LG
Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Nun ist es so weit, meine Abschlussarbeit habe ich heute in einem kurzen Vortrag präsentiert und den Praktischen Teil ausgestellt. Die Schriftliche Arbeit (in welcher ich ausführlich über die Alkaloide, deren Gewinnung, Verwendung, Eigenschaften usw. geschrieben habe) könnte ich falls Interesse besteht jemandem per e-mail zusenden (PN).

LG
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Lithiumoxalat hat mir eine Probe seines aus Chinarinde isolierten "Chinins" sowie eine Probe Chininum sulfuricum aus einem ca. 60 Jahre alten Apothekenstandgefäß zur Verfügung gestellt und ich teile hier das Ergebnis der DC-Untersuchung mit.

Analysenlösung. 2 mg Substanz in 1 ml Methanol
Referenz: je 1 mg Cinchonidin, Chinidin und Chinin in 1 ml Methanol
Laufmittel: Dichlormethan+Diethylamin = 9+1
Kammersättigung, Entwicklungszeit 18 Minuten
Sprühreagenz: ethanolische Schwefelsäure (für UV 365nm), Iodplatinat-Lösung (für vis)

Ergebnisse:

Bild Bild Bild
v.l.n.r: Fluoreszenzlöschung UV 254 nm - Fluoreszenz UV 365 nm - Detektion mit Iodplatinat
linke Spur: Chininum sulfuricum - mitte: Referenz - rechte Spur: Präparat aus Chinarinde

Das Präparat zeigt zwei fluoreszenzmindernde Spots, die sich mit Iodplatinat anfärben und die beide nicht auf Höhe einer der Referenzsubstanzen laufen. Beim Hauptspot (oben) handelt es sich um Cinchonin, das in der Referenz fehlt. Bei dem Nebenspot kann es sich nur im Dihydrocinchonin handeln. Chinidin und dihydrochinidin sind in geringen Mengen vorhanden (UV 365 nm), aber so wenig, daß sie sich im vis nicht anfärben und keine Fluoreszenzlöschung erzeugen. Chinin ist nur in verschwindend geringen Spuren anwesend (in der Fluoreszenz eben sichtbar). cinchonidin ist nicht nachweisbar. Allerdings kann es in Mengen vorhanden sein, die mit dem Reagenz keine Färbung ergeben und entgeht dann der Detektion, da es im UV nicht fluoresziert.

Das historische Chininsulfat gibt nur den Spot des Chinins (mit den üblichen geringen beleitenden Mengen Dihydrochinin).

Auswertung:
lithiumoxalat hat geschrieben:Chinin aus Chinarinde
Ich habe 40 g Chinarinde in einer Reibschale möglichst fein pulverisiert und mit 20 g Calciumoxid und 80 ml 5%-iger Natronlauge zu einem Brei gemischt, den ich danach für etwa vier Stunden bei Raumtemperatur Quellen ließ. Anschließend habe ich den Ansatz in eine Zellulosehülse gefüllt und in einer Soxhlet-Apparatur für sechs Stunden, mit 350 ml Toluol extrahiert. Während dem Soxhletieren bildete sich dunkelbrauner Schlonz, der in den Kolben gelangte, aber wie sich nachher zeigte, an der Kolbenwand haftete, so dass ich das Toluol Extrakt ohne Verunreinigung abgießen konnte. Das Extrakt habe ich dann am Rotationsverdampfer auf etwa 100 ml eingeengt, wobei nach dem Stehen über Nacht bei Raumtemperatur Kristalle von Chinin ausfielen, die ich abfiltrierte. Anschließend habe ich das eingeengte Extrakt im Scheidentrichter dreimal mit je 40 ml 10%-iger Schwefelsäure ausgeschüttelt. Die vereinigten wässerigen Phasen habe ich dann in einem Becherglas zum Sieden erhitzt und mit so viel 10%-iger Natronlauge versetzt, bis der ph-Wert etwa sechs war. Anschließend stellte ich die Lösung über Nacht in den Kühlschrank, wobei das Chininsulfat in nadeligen Kristallen ausfiel, die sich gut abnutschen ließen. Die Ausbeute beträgt etwa 1,2 g.
Die mir übersandte Probe besteht nicht aus Chinin sondern aus Cinchonin, das einen deutlichen Anteil Dihydrobase enthält. In deinem Laborbericht steht, es sei einmal "Chinin" auskristallisiert und dann hättest du "Chininsulfat" auskristallisieren lassen. Welches der beiden Isolate hast du mir zugeschickt?
Vermutlich hast du ein Ausgangsmaterial mit überweigendem Cinchoninanteil verarbeitet. Hast du von der Original-Rinde noch was übrig?
Historisch wurde das Cinchonin übrigens auch zuerst isoliert, und zwar schon 1812 durch den portugiesischen Arzt Gomez (8 Jahre vor der Entdeckung des Chinins durch Caventou und Pelletier).

Das historische Chininsulfat besteht aus reinem Chinin (mit den üblichen geringen beleitenden Mengen Dihydrochinin).
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Lithiumoxalat
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Beitrag von Lithiumoxalat »

Vielen Dank für die Analyse!
Interessant, ich habe nochmals nachgeschaut, die Probe, die ich lemmi gegeben habe ist das Produkt , welches am Anfang auskristallisierte. Das Endprodukt der Extraktion war vermutlich stark verunreinigt mit Natriumsulfat, es löste sich sehr gut in Wasser und als ich es vor ca. einem Jahr reinigen wollte (durch ausfällen der Chininbase) gab es kein Niederschlag :roll: . Von der Rinde habe ich noch eine kleine Menge (ca. 2 g) und es steht ebenfalls noch ein "Toluolischer" Auszug von mit Ammoniaklösung verriebener Rinde im Regal. Ende nächste Woche werde ich etwas Zeit haben um eine DC zu machen.

LG
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lemmi
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Beitrag von lemmi »

Das bestätigt meinen Verdacht: das Cinchonin kristallisiert als Base zuerst aus, denn das Sulfat ist viel besser wasserlöslich als dasjenige des Chinins und sollte beim letzten Schritt eigentlich in Lösung bleiben.
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