Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Anorganische Chemie.

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hydrazin
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Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von hydrazin »

Ist es möglich, eine Schwefeldioxidlösung bzw. Schwefelige Säure elektrolytisch zu oxidieren?
Also einfach mit zwei MMO Elektrodenplatten.
Ich habe nämlich zwei Kilo Schwefelpulver herumstehen, und es wäre toll, wenn man so effizient Schwefelsäure daraus herstellen könnte (ich habe keine großen Mengen an H2O2 als Oxidator).
Ansonsten würde ein kleiner Zusatz von Eisen(III)Chlorid das SO2 oxidieren und gleichzeitig wieder elektrolytisch zu Eisen(III)chlorid zurück oxidiert werden.

H2SO3 + H2O --> H2SO4(Anode) + H2(Kathode)
sonst:
2FeCl3 + H2SO3 + H2O --> 2FeCl2 + 2HCl + H2SO4
2FeCl2 + 2HCl --> Cl2(Anode) + H2(Kathode) + 2FeCl2 --> 2FeCl3 + H2 FeCl3 wird regeneriert

Es gibt dazu auch eine Anleitung, die mit Kupferchlorid und Luft funktioniert( aber ineffizient).
Die Eisen Verunreinigung wäre halt schwer zu entfernen.
Ich bin mir aber sehr unsicher, ob das so funktionieren kann, und ob ein Zusatz eines Katalysator wie FeCl3 notwendig ist.
Das wäre eine Möglichkeit Hochreine Schwefelsäure sehr einfach herzustellen.
aliquis
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Wie war das mit dem nicht viel schreiben? :wink:

Ein Großteil des SO2 bleibt rein physikalisch gelöst und liegt nicht dissoziert vor. Das dürfte die anodische Oxidation, die eh schon nicht die schnellste ist, noch weiter verlangsamen.
Wenn Du dreiwertiges Eisen einträgst, liegen zwei konkurrierende Spannungspaare nebeneinander vor. Ob das zielführend ist, weiß ich nicht. Eisen wieder entfernen, ohne dabei auch die Schwefelsäure zu neutralisieren, dürfte auch schwierig werden.
Hochrein, naja... zumindest musst Du überschüssiges Schwefeldioxid wieder austreiben.
Wasserstoffperoxid oxidiert effektiver, ist bis 12 % leicht und günstig verfügbar - ebenso wie 15 %ige Schwefelsäure selbst. Die Frage der Wirtschaftlichkeit stellt sich damit auf jeden Fall.
Mit Schwefel kann man prima Sulfide herstellen. Alkalisufide sind gut geeignet für die Abscheidung von Schwermetallen aus Laborabfällen. Ausserdem hält sich
Schwefel praktisch ewig und ist auch nicht im Fokus des Gesetzgebers. Also keine Not, jetzt auf die Schnelle eine Bulkmengenverwendung zu finden - zumal der Abbrand in Laborgeräten ohnehin eine ziemliche Sauerei ist, deshalb geht man zur Herstellung größerer Mengen Schwefeldioxid auch eher von Natriumdisulfit und Salzsäure aus. Hättest Du vom Disulfit zwei Kilo da, wäre das allerdings nicht unbegrenzt lagerbar...

Eine langfristige Bevorratung in allen Ehren (in heutigen Zeiten nicht die dümmste Idee...), aber wenn Du das Problem mit der Mengenverwendung öfter hast, würde ich an Deiner Stelle mal Deine Beschaffungsphilosophie überdenken. Es macht keinen Sinn, mehr zu bevorraten, als man zu Lebzeiten verbrauchen kann...
Ich habe in fast vier Jahrzehnten vll. 150 g Schwefel verbraucht - und das meiste davon zu Jugendzeiten als die Herstellung pyrotechnischer Mischungen in Kleinmengen noch nicht als Straftat verfolgt wurde... :wink:
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hydrazin
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von hydrazin »

Den Schwefel gab es mal in einem Pflanzenmarkt um 10 Euro pro 5Kg, ausserdem nur in 2kg und 5Kg Säcken.
Waaserstoffperoxid hab ich keines und ist schwer zu kriegen.
Ich habe schon eine Verbrennnungskammer aus Glas mit Luftpumpe gebaut, mit der man einen konstanten SO2 Gasstrom bekommt.
Das einzige Problem ist die beste Methode den zu Schwefelsäure zu Oxidieren...
Mit einer Solarzelle und einem kleinen MMO Elektrolyseur wäre das halt praktisch gewesen.
aliquis
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Also, man könnte einen langsamen Schwefeldioxid-Luft-Strom über zum Glühen erhitztes Eisen-III-oxid als Katalysator leiten, um Schwefeltrioxid herzustellen. Dummerweise löst sich das echt schlecht in Wasser und produziert dabei mehr Hitze als Schwefelsäure.

Aber wieso bitteschön soll Wasserstoffperoxid 12 % schwer erhältlich sein? Das gibt es bei zig Online-Händlern - ganz legal und ohne EVE. O.k., über Amaz*n oder ibäh würde ich es nicht gerade kaufen, auch nach Möglichkeit nicht mehr als 1 bis 5 Liter auf einmal beim gleichen Händler bzw. pro Jahr und Haushalt (es ist eh nur begrenzt haltbar). Und auch niemals zusammen mit Säuren, Aceton oder Urotropin bestellen, denn das könnte zu unangehmen Missverständnissen führen... Wasserstoffperoxid ist eine vielseitig einsetzbare Haushaltschemikalie. Ein bisschen Preise vergleichen kann nicht schaden. Aber ansonsten: wo ist das Problem?
Oder arbeitest Du ausschließlich mit vor Ort erhältlichen Substanzen? Das würde die Möglichkeiten in der Hobbychemie in der Tat erheblich einschränken.
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hydrazin
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von hydrazin »

Du hast natürlich recht, das es mit Wasserstoffperoxid wohl am besten geht, mir wäre aber ein katalytischer Weg lieber.
Funktioniert das mit Eisen-II-Oxid wirklich, ich dachte, dass man da Vanadiumpentoxid braucht, und auch das nur bei genau der richtigen Temperatur.
Würde es mit etwas HNO3 in einem Großem Glaskolben nicht auch funktionieren (Bleikammerverfahren)? Das könnte man dann nämlich einfach wieder abdestillieren und wäre relativ einfach.
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von Glaskocher »

Ein Problem bei der galvanischen Oxuidation von SO2 ist auch, daß der gebildete Wasserstoff das SO2 aus der Lösung heraus trägt. Zusätzlich vermindert die Gebildete Schwefelsäure die Dissoziation der schwefligen Säure und unterstützt somit das Ausgasen.

Es kann sinnvoller sein, zunächst Perschwefelsäure herzustellen und damit dann das SO2 zu oxidieren, das in die Lösung eingeblubbert wird.
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hydrazin
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von hydrazin »

Ja, aber aber um Peroxomonoschwefelsäure(Piranha) herzustellen braucht man normalerweise ja H2O2, oder meinst du das anders?
Oder entsteht die nicht ohnehin selber bei der Elektrolyse der stärkeren H2SO4?
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

hydrazin hat geschrieben: Montag 3. April 2023, 21:11 Du hast natürlich recht, das es mit Wasserstoffperoxid wohl am besten geht, mir wäre aber ein katalytischer Weg lieber.
Funktioniert das mit Eisen-II-Oxid wirklich, ich dachte, dass man da Vanadiumpentoxid braucht, und auch das nur bei genau der richtigen Temperatur.
Würde es mit etwas HNO3 in einem Großem Glaskolben nicht auch funktionieren (Bleikammerverfahren)? Das könnte man dann nämlich einfach wieder abdestillieren und wäre relativ einfach.
Wie mgritsch sagen würde: https://www.tassen-bedruckt.com/wp-cont ... machen.jpg

Ich kenne keine katalytische Oxidationsmethode zur Herstellung von Schwefelsäure, die zufriedenstellende Ausbeuten im Labormaßstab liefert.

Man braucht übrigens Eisen-III-oxid, nicht Eisen-II-oxid. Das rote Eisenoxid ist im Vergleich zu Vanadiumpentoxid relativ temperaturunempfindlich, was die katalytische Wirkung angeht.

Ja, das Bleikammerverfahren funktioniert (als Modellversuch, aber weniger als effektive Synthese im Labormaßstab), jedoch müsstest Du die Stickoxide dann auf anderem Wege entwickeln als mit Salpetersäure, denn die ist in den notwendigen Konzentrationen für Hobbychemiker noch viel weniger erreichbar als Wasserstoffperoxid - nämlich gar nicht.
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

hydrazin hat geschrieben: Montag 3. April 2023, 21:45 Ja, aber aber um Peroxomonoschwefelsäure(Piranha) herzustellen braucht man normalerweise ja H2O2, oder meinst du das anders?
Oder entsteht die nicht ohnehin selber bei der Elektrolyse der stärkeren H2SO4?
Ja, sie entsteht dabei - in Spuren.
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Montag 3. April 2023, 21:39 Zusätzlich vermindert die Gebildete Schwefelsäure die Dissoziation der schwefligen Säure und unterstützt somit das Ausgasen.

Es kann sinnvoller sein, zunächst Perschwefelsäure herzustellen und damit dann das SO2 zu oxidieren, das in die Lösung eingeblubbert wird.
Hätte die Perschwefelsäure nicht den gleichen "anti-dissoziativen" Effekt?
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Glaskocher hat geschrieben: Montag 3. April 2023, 21:39 Ein Problem bei der galvanischen Oxuidation von SO2 ist auch, daß der gebildete Wasserstoff das SO2 aus der Lösung heraus trägt. Zusätzlich
Ich sehe zusätzlich das Problem, dass der Wasserstoff das Schwefeldioxid außerdem zu Schwefelwasserstoff reduzieren könnte, und dieses dann wiederum mit Schwefeldioxid zu elementarem Schwefel und Wasser reagiert.
Jede Menge Chancen für begrenzende Effekte, Nebenreaktionen und Kontaminationen - wie leider so oft bei elektrolytischen Verfahren im Hobbylabormaßstab.
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von hydrazin »

Ja, das Bleikammerverfahren funktioniert (als Modellversuch, aber weniger als effektive Synthese im Labormaßstab), jedoch müsstest Du die Stickoxide dann auf anderem Wege entwickeln als mit Salpetersäure, denn die ist in den notwendigen Konzentrationen für Hobbychemiker noch viel weniger erreichbar als Wasserstoffperoxid - nämlich gar nicht.
Mann kann einfach NaHSO4 mit NH4NO3 destillieren, das ist relativ einfach und die Ausbeute ist sehr gut. 8)
Sogar sehr hohe Konzentrationen kann man erreichen.


Es gibt also leider keine einfache Möglichkeit ohne H2O2 aus Schwefel eine kleine Menge Schwefelsäure zur verwendung als Katalysator herzustellen?
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Die Methode mit Schwefeldioxid aus Disulfit und Salzsäure, eingeleitet in eine eisgekühlte Wasserstoffperoxid-Lösung funktioniert jedenfalls. Das habe ich schon selbst ausprobiert.
Man sollte jedoch einen deutlichen Überschuss (mind. 100 %) an Schwefeldioxid bzw. Disulfit einplanen, denn wie Glaskocher richtig sagte: je saurer die Mischung wird, desto weniger Schwefeldioxid nimmt sie auf, das dann noch mit Peroxid reagieren könnte.
An sich hat man hinterher fast immer eher einen Überschuss an Wasserstoffperoxid im Produkt als an Schwefeldioxid. Aber auch das könnte man noch auskochen. 3 %iges Wasserstoffperoxid aus der Apotheke reicht übrigens auch schon - sonst kommst Du von der Endkonzentration des Produkts (insbesondere nach dem Auskochen) ggf. auf Werte, auf die Du gar nicht kommen darfst...
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

Es gibt also leider keine einfache Möglichkeit ohne H2O2 aus Schwefel eine kleine Menge Schwefelsäure zur verwendung als Katalysator herzustellen?
Doch, aber eben nur sehr kleine Mengen, die schlecht zu isolieren sind - das ist der springende Punkt.

Mach es Dir doch nicht unnötig schwer: führe die katalytische Oxidation zum Spaß im Modellversuch durch und als Verbrauchssäure kaufe Dir Flüssig-pH-Minus 14,9 % für kleines Geld im Online-Handel - und fertig ist die Laube.
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Re: Elektrolytische Oxidation von Schwefeldioxid

Beitrag von aliquis »

hydrazin hat geschrieben: Montag 3. April 2023, 22:09 Mann kann einfach NaHSO4 mit NH4NO3 destillieren, das ist relativ einfach und die Ausbeute ist sehr gut. 8)
Sogar sehr hohe Konzentrationen kann man erreichen.
Das ist eine gleich in mehrfacher Hinsicht schlechte Idee:

1. Weder der Privatbesitz von Salpetersäure über 3 %, noch von Ammoniumnitrat rein oder in Gemischen mit Stickstoffanteil von über 16 % ist in der EU gestattet.
2. Bei den Temperaturen, bei denen Hydrogensulfat in der Lage ist, Salpetersäure aus Nitrat zu treiben, zersetzt sich auch Ammoniumnitrat bereits in andere gasförmige Produkte - wenn Du Pech hast im Zuge einer ziemlich heftigen Reaktion... Das mag neunmal gut gegangen sein, aber beim zehnten Mal geht es vll. schief - Finger weg, sonst Finger weg!
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