BERLINER BLAU

Anorganische Chemie.

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annomann
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BERLINER BLAU

Beitrag von annomann »

Herstellung von BERLINER BLAU

Ein herzliches Hallo in fachliche Runde... :D

Ich möchte gerne das Pigment BERLINER BLAU aus Kaliumhexacyanidoferrat und Eisen (II) Chlorid herstellen.
Kaliumhexacyanidoferrat habe ich bereits. Die Beschaffung von Eisen (III) Chlorid erweißt sich als schwieriger. :roll:
Von daher meine Frage. Kann ich auch eine handelsfertige 40%ige Eisen (III) Chlorid Lösung verwenden?
Und wenn ja, wie muss ich dann die Formel umstellen... ?

Ich gehe von folgender Formel (Netzfund :wink: ) aus: 20g FeCL3 + 14g(K4/Fe(CN)6/) + 50 ml dest. Wasser

Für Antworten und Hilfestellungen bin ich sehr dankbar! :idea2:

Besten Dank im Voraus!
aliquis
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von aliquis »

Hier bekommt man den Feststoff: https://www.gerstaecker.de/gerstaecker- ... 3339393924
Die Lösung ist im Verhältnis zum Massegehalt jedoch meist günstiger als der Feststoff.
Du hast gelbes Blutlaugensalz gekauft? Wenn es rotes ist, gibt es Berliner Gelb statt Blau - es sei denn, Du verwendest in diesem Fall ein zwei- statt dreiwertiges Eisensalz - damit gibt's dann auch Berliner Blau.

Bei der 40 %igen Eisenchlorid-Lösung ansonsten die benötigte Menge durch 0,4 teilen und abwiegen statt abmessen, wenn man die Dichte einer Lösung nicht kennt (bzw. die Dichte durch Abwiegen einer abgemessenen Menge bestimmen...). Für ganz Bequeme: https://www.periodensystem-online.de/in ... erte&sst=7

Hier findest Du die Reaktionsgleichung zum Berechnen der stoichiometrisch benötigten Mengen: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Berliner_Blau
Sechs Moleküle Kristallwasser fürs Eisenchlorid (nur beim Feststoff, nicht bei der Lösung) und drei fürs Blutlaugensalz einkalkulieren! Molmassen ausgerechnet hast Du bisher noch nicht, oder? Dann wärst Du in diesem Fall auf 16,2 g Eisenchlorid (umzurechnen auf Dichte und Konzentration der Lösung wie oben angegeben oder aber 27 g Hexahydrat als Feststoff) und 42,2 g Blutlaugensalz (als Trihydrat) gekommen (wenn man im etwa gleichen Maßstab bleiben möchte). Es muss allerdings mit einem leichten (ca. 10 %igen) Überschuss an Eisensalz gearbeitet werden, sonst entsteht kein Niederschlag, sondern eine kollodiale Lösung.
Normalerweise beginnt man aber andersherum: wieviel Berliner Blau benötigst Du denn und wofür? Wenn der Weg nicht das Ziel ist und es Dir nicht um den Spaß an der Synthese geht, sondern Du das Pigment z. B. nur zum Malen brauchst, kann es wirtschaftlicher sein, es fertig zu kaufen: https://www.kreativ.de/GERSTAECKER-Stud ... KkQAvD_BwE

Beide Ausgangsstoffe sollten zunächst jeweils getrennt in Wasser gelöst und erst dann vereinigt werden. 50 ml sind für die o. g. Eduktmengen natürlich viel zu wenig. Es hilft, sich vorher die Löslichkeitswerte bei Wikipedia anzuschauen. Und selbst dann sollte man hier nicht mit dem Minimum an Wasser arbeiten, sonst gerät das Ganze zu konzentriert und gibt eine dicke, schlecht filtrier- und spülbare Masse... Ohnehin könnte absaugen auf der feinporigen Glasfilterfritte oder gar zentrifugieren hier die bessere Idee sein, da die feinen Partikel teilweise durch jeglichen Papierfilter gehen.

Tipp: Sich niemals allein auf Internetfunde verlassen, lieber immer nochmals selbst nachrechnen.

Am Rande: hartnäckige Reste von Berliner Blau in Geräten oder Textilien lassen sich mit einer nicht allzu verdünnten Sodalösung leicht wieder entfernen.

Wie wäre es zunächst mit einer Vorstellung - insbesondere hinsichtlich Vorwissen, Vorerfahrungen und Motivation - im entsprechenden Unterforum, damit wir wissen, woran wir bei Dir anknüpfen können? :wink:
viewforum.php?f=34
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annomann
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von annomann »

Hallo aliquis,

und vielen Dank für die schnelle Antwort, die ich erst einmal "verarbeiten" muss. :shock:

Ich muss mir das erst moch einmal alles durchlesen und verstehen...

Berliner Blau fertig kaufen kommt nicht in Frage, da ich es selbst herstellen möchte. Die Menge ist auch erst einmal für mich unwichtig. Ich schaue was bei meinem Versuch "rauskommt" und dann passe ich alles weitere nach Bedarf an.

Ich melde mich zurück, wenn ich gelesen und verstanden (gekauft) habe... :wink:

Gruß annomann
BJ68
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von BJ68 »

Rechne aber mit Filtrierproblemen...entweder der Ndg. ist zu fein und geht durch den Filter oder er verstopft ihn Dir....

bj68
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aliquis
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von aliquis »

Ich erinnere mich an meine eigene Durchführung der Synthese, dass nach der Schwerkraftsfiltration bzw. nach der Rückstandsspülung auch eher ein Brei als eine trockene Masse im Filter zurückblieb.
Den habe ich dann in einer Porzellanschale auf dem Wasserdampfbad ( = eine kleine leere Konservendose, vom Durchmesser her etwas kleiner als die Porzellanschale, ohne Deckel und Banderole, mit einen kleinen Loch knapp unter der Oberkante, zur Hälfte mit Wasser gefüllt und auf die Espressokochplatte gestellt - es muss nicht immer teures Profi-Equipment sein...) sanft bis zur Trockne eingedampft.

Wenn es erstmal nur ein Testlauf werden soll, würde ich zunächst mit einem Zehntel der o. g. Mengen arbeiten.
Die Ausbeute sollte aber nahezu quantitativ sein, sofern man mit feinporigen Filtern oder mit der Zentrifuge arbeitet.
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Glaskocher
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von Glaskocher »

Eine der günstigsten Quellen für Eisensalz ist der Gartenbedatf. Dort wird "Moosvernichter" verkauft, der aus Eisen(II)sulfat-heptahydrat besteht. Mit gelbem Blutlaugensalz K4[Fe(CN)6] fällt zunächst "Berliner Weiß aus, das man aber zum Berliner Blau aufoxidieren kann. Zumindest wurde früher die entsprechende Blaupigment-Produktion so gemacht. Eventuell hat es ja auch einen Einfluss auf die Filtrierbarkeit.

Manchmal ist es einfacher, das Pigment zunächst durch Sedimentation und Dekantieren vorzuwaschen. Man sollte auch den pH-Wert im Auge haben, um ein "Fenster" heraus zu finden, in dem das Pigment am besten sedimentiert. Da kann etwas gehen, muß aber nicht. Trick zur pH-Messung mit Indikatorpapier in farbiger Suspension: Man beobachtet den durch Kapillarkräfte filtrierten feuchten Bereich oder beim Auftupfen die Rückseite des Papieres. Man sollte aber nicht zu weit ins Alkalische gehen, da das Pigment dann zerstört wird und das Eisen als braunes Eisen(III)oxid-hydroxid ausfallen kann.

Lesenswerter Absatz im Wikipedia-Artikel zur Pigmentdarstellung bezüglich der Filtrierbarkeit und Stöchiometrie.


Jetzt bin ich ein Wenig neugierig, zu welcher Maltechnik Du das Pigment einsetzen willst...
aliquis
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Re: BERLINER BLAU

Beitrag von aliquis »

Dass er malen will, hat er nicht gesagt... :wink: Das kam als Verwendungsbeispiel von mir.

Der industrielle Weg unter Oxidation mit Dichromat oder Chlorat ist wenig hobbytauglich.
Wenn schon Oxidation, dann zunächst das Grünsalz für sich: mit Wasserstoffperoxid unter Zugabe verdünnter Schwefelsäure - und erst dann die Reaktion mit dem Blutlaugensalz. Denn dass Oxidations- und Reduktionmittel mit Ferrocyaniden in Kombination mit Übergangsmetallionen schwer kalkulier-/bestimmbare Sachen machen können, wissen wir seit diesen Diskussionen hier:
viewtopic.php?f=33&t=5790&hilit=Berliner+Wei%C3%9F
viewtopic.php?p=85308#p85308
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